Seiteneinstieg Berufsschule NRW

  • Hallo zusammen,



    ich interessiere mich sehr für den Seiteneinstieg als Berufsschullehrer. Ich bin zu Zeit Maschinenbauingenieur mit knapp 10 Jahren Berufserfahrung und habe vor meinem Studium eine Ausbildung gemacht. Das erforderliche Fachwissen sollte ich somit gut abgedeckt bekommen. Den pädagogischen Teil muss ich natürlich noch erlernen, habe mich diesbezüglich gut informiert und schätze mich so ein, dass ich es gut schaffen sollte. So die Theorie ;)


    Leider kann ich den Arbeitsaufwand nicht abschätzen, den man durchschnittlich für eine gute Unterrichtsstunde benötigt. Meine Fächer wären Maschinenbau- kombiniert mit Fertigungstechnik. Ich weiß der Zeitaufwand kann ins unermessliche steigen, je nachdem wie schnell man ist und wie perfektionistisch man an die Sache rangeht. Ich für mich möchte einen guten Unterricht gestalten, der die Schüler motiviert und ggf Spaß macht, mich aber nicht in den Burn Out treiben. Ich hätte gerne ein paar Abschätzungen, was ihr als erfahrene Lehrer an Zeit pro Unterrichtsstunde im Durchschnitt benötigt. Klar braucht man am Anfang länger. Damit würdet ihr mir wirklich helfen.



    Damit mich keiner falsch versteht:


    Ich möchte keinen lauen Job machen. Ich schreibe das hier nochmal ausführlich, weil ich keine Diskussion über Industrie und Beamtentum lostreten möchte. Dies habe ich zu genüge gelesen ;)



    Viele Grüße


    BeMa

  • Hallo,

    Seiteneinstieg als Berufsschullehrer.

    als erstes in NRW ist es das Berufskolleg, die Berufsschule ist nur ein Teil davon.


    Falls noch nicht geschehen, würde ich auch ein Praktikum empfehlen, also mal in einer Schule reinschnuppern, mit den Fächern sind die Zahl der Schulen eh überschaubar.


    Zeit pro Unterrichtsstunde im Durchschnitt

    Ich persönlich könnte das gar nicht festmachen.

    Am Anfang sicherlich mal 60 Minuten und mehr. Mittlerweile kann ich auf vieles zurückgreifen, wenn man in den gleichen Bildungsgängen bleibt. Trotzdem kommen immer neue Aufgaben hinzu, es ist ja nicht nur die Unterrichtsvorbereitung.


    Wenn ich mal keine/wenig Zeit habe, gibt es Standard-Aufgaben aus einem Buch.

  • Hallo Kiggie,


    vielen Dank für deine super schnelle Antwort.

    Kannst du denn ungefähr festmachen, wie viel ein Lehrer in der durchschnittlichen Woche arbeitet?

    35 Std, 40 Std oder doch eher 50 Std?


    Vielen Dank für deine Hilfe

  • Ich fürchte so eine Antwort gibt es nicht. Alleine der Unterschied zwischen einem Anfänger und einem Profi mit sagen wir 10 Jahren Erfahrung ist brutal. Der Anfänger braucht pro 45 Minuten mindestens ebenso lange bis 90 Minuten um das ganze vorzubereiten. Der Erfahrene Lehrer hat sein Material und passt es nur noch an. Und das zieht sich durch alle Bereiche durch. Allerdings kann dich auch als Anfänger kaum einer zwingen die nötige Zeit rein zu stecken (Außer du hast noch Unterrichtsbesuche). Du kannst als Lehrer mit 35 Stunden in der Woche durchkommen. Auch als Anfänger. Allerdings schlägt sich das auf die Qualität nieder. Du kannst aber auch 60 Stunden pro Woche machen. Irgendeine Zahl dazwischen ist wohl realistisch.

  • 35 oder 40 Std wäre etwas wenig, man schiebt in einigen Wochen sicherlich Überstunden, dafür haben wir dann ja entsprechend die Ferientage. In den Ferienwochen komme ich nicht auf 35 Stunden pro Woche, dafür arbeite ich in den Unterrichtswochen (manchmal) mehr.
    Andere arbeiten in den Ferien viel.


    Ich habe insgesamt nicht das Gefühl, dass ich mich überarbeite. ;) Kann die Anzahl der Stunden aber nicht in Worte fasse, ich schreibe nichts auf.

  • Der Erfahrene Lehrer hat sein Material und passt es nur noch an.

    Aber auch ich als erfahrene Lehrerin (bin inkl. Referendariat jetzt schon 20 Jahre dabei) kann ich nicht immer auf bereits vorhandenes Material zurückgreifen. Bspw. werden immer mal wieder die Rahmenlehrpläne und die Ausbildungsordnungen geändert, man wird als Lehrkraft nicht immer in denselben Bildungsgängen (oder Jahrgängen an den allgemein bildenden Schulen) eingesetzt, in der Oberstufe - bei uns am Beruflichen Gymnasium - ändern sich regelmäßig die Abiturthemen und damit die in den Kursen durchzunehmenden Materialien usw.


    Was die Arbeitszeit angeht, gebe ich den beiden Vorschreiber*innen absolut recht!

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Aber auch ich als erfahrene Lehrerin (bin inkl. Referendariat jetzt schon 20 Jahre dabei) kann ich nicht immer auf bereits vorhandenes Material zurückgreifen. Bspw. werden immer mal wieder die Rahmenlehrpläne und die Ausbildungsordnungen geändert, man wird als Lehrkraft nicht immer in denselben Bildungsgängen (oder Jahrgängen an den allgemein bildenden Schulen) eingesetzt, in der Oberstufe - bei uns am Beruflichen Gymnasium - ändern sich regelmäßig die Abiturthemen und damit die in den Kursen durchzunehmenden Materialien usw.


    Was die Arbeitszeit angeht, gebe ich den beiden Vorschreiber*innen absolut recht!

    Jetzt mach mir die Hoffnung nicht kaputt dass es irgendwann besser wird ... Ich bin doch noch einer dieser Anfänger und UBs hab ich auch noch :)

  • Aber auch ich als erfahrene Lehrerin (bin inkl. Referendariat jetzt schon 20 Jahre dabei) kann ich nicht immer auf bereits vorhandenes Material zurückgreifen.

    Nicht immer, aber ich merke nun nach 3 Jahren (+1,5 Jahre Ref) schon langsam, dass ich grundlegendes habe. Dort mal eine Aufgabe, die ich für einen Bildungsgang anpassen kann.
    Und wenn ich von 25,5 Stunden, die Hälfte in bekannten Bildungsgängern/Fächern habe ist das schon eine enorme Entlastung.

    Jetzt mach mir die Hoffnung nicht kaputt dass es irgendwann besser wird ...

    Von daher kann ich dir schon etwas Hoffnung machen. :)

    Kommt aber sicherlich auch auf die Fächer / die Schule an.

  • Vielen Dank für die Einblicke. Ich denke es ist auch sehr Abhängig von den Fächern oder? Wenn ich mich an meine technische Berufsausbildung erinnere, wurde viel aus Büchern gemacht und dann zusammen gefasst und praktische Beispiele genannt.

  • Der erfahrene Lehrer weißt auch eben durch diese Erfahrung, wo die Stolpersteine sind, welche didaktische Reduktionen notwendig sind, welche methodischen Reduktionen notwendig sind und weiß, was überflüssig ist oder nicht.

    Auch das. Ich habe das absolut nicht abwertend gemeint. Aber ich sehe ja gerade in den Nachbesprechungen des Ausbildungsunterrichts, dass die Erfahrung vieles Einfacher macht. Gerade wegen dem was du erwähnt hast.

  • Jetzt mach mir die Hoffnung nicht kaputt dass es irgendwann besser wird ... Ich bin doch noch einer dieser Anfänger und UBs hab ich auch noch :)

    Um Himmels Willen, so war das nicht gemeint! Es bessert sich auf jeden Fall! Ich wollte nur sagen, dass man nicht immer nur auf bereits vorhandene Materialien zurückgreifen kann, sondern sich als Lehrkraft immer mal wieder auf Veränderungen einstellen sollte.

    Ich gebe Kiggie miit diesen beiden Äußerungen absolut recht (wobei ich an der BBS hier in NDS unfairerweise nur 24,5 Stunden Unterrichtsverpflichtung habe ;) ) :

    Und wenn ich von 25,5 Stunden, die Hälfte in bekannten Bildungsgängern/Fächern habe ist das schon eine enorme Entlastung.

    Kommt aber sicherlich auch auf die Fächer / die Schule an.

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  • Vielen Dank für die Einblicke. Ich denke es ist auch sehr Abhängig von den Fächern oder? Wenn ich mich an meine technische Berufsausbildung erinnere, wurde viel aus Büchern gemacht und dann zusammen gefasst und praktische Beispiele genannt.

    Ja, zum einen ist es fächerabhängig, aber auch sehr stark abhängig vom Bildungsgang. In einer Berufsschulklasse, im Beruflichen Gymnasium, der Fachoberschule oder einer Fachschulklasse arbeite ich definitiv anders als in einer Berufseinstiegsklasse, wo die allermeisten Schüler*innen keinen Schulabschluss haben.

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  • Ich mache ja aktuell noch OBAS mit einer vollen Stelle. Ich würde sagen, dass ich eher bei 45-50 Stunden liege und sicherlich auch mal Peaks darüber hatte. Da wir Blockunterricht haben, schwankte aber auch meine Stundenzahl und wenn ich Glück hatte konnte ich auch schon auf Material was ich selbst erstellt hatte zurückgreifen und habe manchmal auch etwas von Kolleginnen und Kollegen bekommen, was ich dann angepasst habe. Das hat viel Zeit gespart, gerade am Anfang. Und ich hatte das Glück, dass mir durch meine vorherige Tätigkeit Erfahrungen in Unterrichtsplanung generell hatte und mir das Entwürfe schreiben für einen UB sehr leicht gefallen ist. Dadurch habe ich an einem Entwurf nicht so viele Stunden gesessen wie manch anderer. In den Ferien habe ich zum Teil auch vorbereitet, aber ich habe versucht mir zumindest die üblichen 30 Tage Urlaub auch wirklich zu nehmen. Wie das nach der Ausbildung aussieht kann ich dir noch nicht sagen. Auf der einen Seite kommen dann mehr Unterrichtsstunden und weitere Aufgaben der Schule hinzu, auf der anderen fällt das Seminar und die Unterrichtsbesuche weg.

  • Mit deinen Fächern kann ich nach ähnlichem Werdegang sagen: Zeitaufwand am Anfang immens, weniger werdend. Mit nun 11 Jahren am BK mit den gleichen Fächern habe ich nur noch wenig Vorbereitungszeit. Ich kann sehr schnell planen und passe meine Situationen dann an die Klasse nur noch an. Im Jahr denke ich mir 2-3 neue Lernsituationen aus, das dauert dann mal 2-3 Stunden. Ansonsten wie gesagt: vorhandenes Material anpassen/ändern.


    Viel Erfolg! Einen Schnuppertag würde ich auch empfehlen. Deine Fächer sind immer gesucht, da findest du schnell etwas.

  • Hallo Sissymaus,


    vielen Dank für deine Antwort. Wie lange hast du gebraucht, bis du aus dem Gröbsten raus warst? Was hast du gebacht, wenn du mal nicht fertig geworden bist? Geht es dann auch mal eine Vorlesung zu halten und Aufgaben zu stellen?

  • Also, ich hab das FH-Programm gemacht. Ich musste also noch 2 Jahre zur Uni und hab parallel unterrichtet. Ich erinnere mich, dass das meine ineffektivste Zeit war. Dann kam OBAS, da habe ich viel Zeit investiert, viel ausprobiert etc. die ersten 4 Jahre waren also für mich die „schlimmsten“. Danach war mein erstes Berufsjahr noch hart, aber es wurde schnell besser. 2 Jahre nach meinem Abschluss hab ich schon Zusatzaufgaben übernommen, ein Zeichen dafür, dass ich mit dem Rest nicht mehr ausgelastet war. :pfeif:


    Vorlesung: geht in kaum einer Klasse. Im besten Fall hören sie dir nicht zu, im schlimmsten Fall zerlegen sie dir den Klassenraum. Aufgaben: ja! Auch wichtig: Bücher nutzen. Nicht das Rad neu erfinden.

  • Geht es dann auch mal eine Vorlesung zu halten und Aufgaben zu stellen?

    Vorlesung - nein!

    Einfacher Unterricht in Form von - frontaler Input, Aufgaben, Besprechung - ja! Das rettet. Und in harten Zeiten komplett am Buch arbeiten und kein AB selbst machen.


    Gerade am Berufskolleg denkt man irgendwann aber nicht mehr in Stunden, sondern auch in großen Einheiten und Projekten. Ich habe da in Woche 1 viel Arbeit und dann läuft es und ich kann Kaffee trinken (überspitzt gesagt).

    Aber ein gutes Projekt / eine gute Lernsituation braucht eine Weile. Das kommt mit der Zeit.

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