Unterrichten unter Coronabedingungen - schwerhörige Lehrerin

  • Ich habe lange überlegt, ob ich mein Problem hier schildern soll, da ich befürchte eine Nebendiskussion loszutreten.


    Vorweg: Ich habe kein Problem mit der Maskenpflicht im Unterricht. Ich achte da streng drauf bei SchülerInnen und auch bei mir.


    Aber ich habe ein Problem. Ich bin schwerhörig. Bisher (vor Corona) bin ich gut zurechtgekommen. Die Kombination aus Hören und Lippenlesen funktionierte gut. Letzteres ist dabei sehr wichtig. Durch musste ich nicht oft nachfragen. Durch die Maskenpflicht fällt das Lippenlesen nun komplett weg. Ich muss sehr oft nachfragen. Oft auch 2 bis 3mal bis etwas verstehe. Das hat im letzten Schuljahr dann in einigen Klassen (nicht in allen) zu folgenden Problemen geführt:

    - die SchülerInnen sind nicht mehr bereit Antworten mehrfach zu wiederholen

    - bei der Wiederholung der Antwort wird dann extrem laut gebrüllt (kontraproduktiv)

    - andere MitschülerInnen wiederholen was gesagt wurde laut und meist dann mehrere gleichzeitig

    - einige SchülerInnen produzieren, wenn etwas gesagt wird, Nebengeräusche (Klopfen mit Stift auf dem Tisch; lautes Schnäuzen + räuspern; "Stuhlhüpfen"; Sachen fallen lassen, ...)

    => Unterrichtsgespräche sind unmöglich


    Dadurch bin ich nach diesen Unterrichtsstunden fix und fertig. Ich habe auch schon mal zuhause bei der Vorbereitung nur geweint.


    Da ich leider auch nicht mehr hören kann aus welcher Richtung ein Geräusch kommt, kann ich den/die ÜbeltäterIn nicht immer ausmachen.


    Folgen Maßnahmen habe ich bereits ergriffen:

    - Gespräch mit den Eltern (wenn ich den/die Übeltäterin wusste) => hat kaum was geändert; jede/r verschanzt sich hinter wem anders

    - Gespräch mit der Schulleitung => "Wir haben es doch alle zur Zeit schwer!"


    Nun habe ich dann fast nur noch Stillarbeit gemacht. Die Ergebniskontrolle verlief dann auf Selbstkontrolle, Legen der Antworten unter der Dokumentenkamera (nur in wenigen Räumen möglich).


    Jetzt fängt morgen die Schule wieder an. Ich mache mir nun schon länger Gedanken wie ich den Unterricht gestalten soll.


    Habt ihr eine Idee was ich machen könnte bzgl. Unterrichtsgestaltung?

    Freundlichkeit ist kostenlos, aber niemals umsonst.

  • Habe mir für den Unterricht eine Aktivbox und ein Handmikrofon besorgt - dies wird dann für Redebeiträge genutzt und dadurch hören sich die SuS auch untereinander besser. Auch meine Ansagen gelangen dadurch bis in die letzte Reihe.


    Alles Gute für dich!

  • Habe mir für den Unterricht eine Aktivbox und ein Handmikrofon besorgt - dies wird dann für Redebeiträge genutzt und dadurch hören sich die SuS auch untereinander besser. Auch meine Ansagen gelangen dadurch bis in die letzte Reihe.


    Alles Gute für dich!

    Kannst du das ausführlicher beschreiben?


    Hier wird gerade an einer Lösung für einen schwerhörigen Schüler gearbeitet. Wir haben u. a. darauf hingewiesen, dass Unterrichtsgespräche in der Grundschule eher lebhaft sind, dass es viele Sprecherwechsel gibt … mal hält ja keine Vorträge. Wie ist das bei euch? Wird immer in dieses Mikrofon gesprochen? Ist das ein Funk- oder ein kabelgebundenes Mikrofon? Wo steht die Aktivbox?

  • Eine Kollegin hat seit diesem Jahr ein Hörgerät, weil sie durch die Maskenpflicht ähnliche Probleme hatte.

    Wir wissen es und wenn es im Lehrerzimmer zu hoch hergeht, sagt sie es.


    Innerhalb der Klassen haben wir Räume, die zusätzlich schallgedämmt sind, dafür sollte in der Inklusion der Schulträger sorgen, was er für genau einen Raum übernommen hat.


    Bei Unterrichtsgesprächen in der Grundschule finde ich es auch schwierig, bei Partner- und Gruppenarbeiten gebe ich das Mikrophon an eineN MitschülerIn und wenn möglich geht die Gruppe mit dem Kind in einen anderen Raum.


    Als Lehrkraft ist es schwierig, in der SekI womöglich noch einmal mehr.

    Kannst du, Ruhe, das Problem den SchülerInnen transparent machen?

    Ist es in deiner Schule möglich, dafür Regelungen zu treffen, sodass sich die SchülerInnen selbst daran halten?

    Könntest du irgendwo eine Beratung bekommen?

  • Eine Kollegin hat seit diesem Jahr ein Hörgerät, weil sie durch die Maskenpflicht ähnliche Probleme hatte.

    Ich trage Hörgeräte seit ich Denken kann.

    Kannst du, Ruhe, das Problem den SchülerInnen transparent machen?

    Das habe ich schon oft versucht. Den SchülerInnen zuerst. Dann den Eltern.

    Die Eltern sind dann zwar betroffen und sind der Meinung, dass so ein Verhalten nicht geht. Aber, wenn es dann konkret um ihr Kind geht ...

    Freundlichkeit ist kostenlos, aber niemals umsonst.

  • Bei Unterrichtsgesprächen in der Grundschule finde ich es auch schwierig, bei Partner- und Gruppenarbeiten gebe ich das Mikrophon an eineN MitschülerIn und wenn möglich geht die Gruppe mit dem Kind in einen anderen Raum.

    Dann habt ihr auch ein schwerhöriges Kind? Könntest du dazu (auch) etwas schreiben?


    Uns wurde ein System vorgestellt mit Umhänge- bzw. Ansteckmikrofon für die Lehrerin plus einem Handmikrofon zum Herumreichen in der Klasse. Das Mikrofon zum Herumreichen können wir uns nur schlecht vorstellen, weil es ja auch mal Wortbeiträge von fünf oder zehn verschiedenen Sprechern in der Minute gibt. Dann wurde gesagt, es könnten auch ein oder zwei Mikrofone fest im Raum installiert werden. Aber meiner Erfahrung nach kommt es sehr auf den Abstand des Sprechenden zum Mikrofon an und auch auf den Winkel. Ich denke, da bräuchten wir eher sechs Mikrofone für den ganzen Raum und dafür gibt es weder Geld noch Platz.

    Hier soll das alles über Funk gemacht werden, der Empfänger sitzt im Hörgerät des Kindes. Es geht aber erst in ein paar Tagen los.

  • Dann habt ihr auch ein schwerhöriges Kind? Könntest du dazu (auch) etwas schreiben?

    Ja, kann ich, aber ich finde es schwierig, die beiden Themen zu mischen, obwohl es natürlich eine Schnittmenge gibt.

    Könntest du die Frage nicht in einem neuen Forum formulieren?

    Ruhe braucht für sich erst mal andere Antworten, denke ich.

  • Welche Fächer in welchen Klassenstufen betrifft das am meisten?

    Am meisten tritt das in "normalen" Klassenräumen auf.

    Wenn wir die Fachräume (in meinem Fall Physik und Chemie) benutzen dürfen, dann tritt das hauptsächlich in Mathe auf.

    In den Fachräumen haben wir im Gegensatz zu den "normalen" Klassenräumen Beamer, Dokumentenkameras u.ä., so dass ich die Schülerlösungen auch an die Wand projizieren kann und dann lesen kann. Das hilft natürlich bei Unterrichtsgesprächen nicht.

    Als wir coronabedingt die Fachräume nicht nutzen durften hatte ich die Möglichkeiten nicht.

    Da ich eine Klasse in allen drei Fächern hatte letztes Schuljahr (jetzt zu Glück nicht mehr) wurde das in allen Fächern zum Selbstläufer.

    Freundlichkeit ist kostenlos, aber niemals umsonst.

  • Es gibt doch mehr KollegInnen, die das betrifft, da wird es doch Erfahrungsberichte anderer Betroffener geben.


    https://www.taubenschlag.de/20…o%CC%88riger-lehrerinnen/

    Da wird einiges aufgezeigt.

    Vielleicht kannst du dort Kontakte finden, mit denen du dich austauschen kannst, wenn hier nicht so viele gute Tipps kommen.

    Dort sind Erfahrungen zusammengefasst und ganz unten gibt es auch einen Kontakt.


    An die Schwerbehindertenvertretung habe ich auch gedacht, steht auch ganz unten im Artikel.

    Vielleicht brauchst du jemanden, der dich in deinen Forderungen unterstützt, damit Schule und Schulträger zu Veränderungen bereit sind.

  • Da du im anderen Bundesland bist, müsstest du dich vor Ort durchfragen.

    Der Personalrat/ die Personalvertretung könnte AnsprechpartnerIn sein.


    Letztlich gibt es hier nun von der Landesschulbehörde ein Verfahren für Lehrkräfte, die länger krank sind (es reichen 6 Wochen, die nicht unmittelbar nacheinander sein müssen). In Nds. hat man dann ein Anrecht auf eine Beratung.

    Die Erfolge sind unterschiedlich, aber es könnte sich lohnen, dass man sich informiert und dort dann anspricht, dass man unter derzeitigen Bedingungen die Arbeitsleistung nicht aufrecht erhalten kann.

    Das Land sollte ein Interesse daran haben, Lehrkräfte mit Beeinträchtigungen zu unterstützen, damit sie weiter als Lehrkraft arbeiten können.

  • Okay, dann sind es zumindest nicht allzu redelastige Fächer, das ist schon mal ein Lichtblick.

    Das habe ich schon oft versucht. Den SchülerInnen zuerst. Dann den Eltern.

    Die Eltern sind dann zwar betroffen und sind der Meinung, dass so ein Verhalten nicht geht. Aber, wenn es dann konkret um ihr Kind geht ...

    Unabhängig von Expertenmeinung zum Thema würde ich darauf zurückkommen wollen. Es ist, wenn ich es richtig verstehe, möglich, Menschen mit Maske zu verstehen, wenn sie langsam und deutlich sprechen? Dann würde ich die Gesprächsregeln zu SJ-Beginn als erstes thematisieren und zwar nicht als Option oder Bitte, sondern als Voraussetzung für Unterricht. Wenn nicht absolute Ruhe ist, während einer spricht, gehen wir zur Stillarbeit über.


    Kann der, der spricht aufstehen? Kannst du eine Klangschale betätigen, wenn Gemurmel oder Tralala ist? Es wird erst gesprochen, wenn du das Zeichen gibst, solange du missbilligend die Augen runzelst/Schweigekarte hochhebst/Finger auf die Maske legst, kann X oder Y seine Antwort nicht geben. Offenbar sind sie auf dem Niveau von 11-Jährigen Pubertieren und da muss der Dompteur sie einfangen8_o_)


    Mir scheint auch, als ob um dich gerade nur Leute wuseln, die an sich denken und du dran bist, an dich zu denken.


    Viel Erfolg, hoffentlich ist Maske bald Geschichte! :bussi:

  • dann sind es zumindest nicht allzu redelastige Fächer,

    Huch? Mach ich seltsamen Unterricht oder ist das vielleicht ein Fehlschluss/nicht allgemein so? Gerade in Physik gibt es bei mir häufige Phasen mit extrem viel Unterrichtgespräch. In Mathe vielleicht etwas weniger, aber auch da würde ich das nicht als "nicht allzu redelastig" bezeichnen. Hm.


    Ruhe, leider kann ich dir bei deinem Problem nicht wirklich weiterhelfen, hätte aber auch als erstes überlegt, ob du dich vielleicht an eine Behindertenvertretung wenden kannst, die Erfahrung mit solchen Dingen haben. Vielleicht weiß CDL auch noch allgemeine Ansprechpartner für beeinträchtigte Lehrkräfte? Auch, wenn du möglicherweise keinen Schwerbehindertenstatus hast, Ruhe, ich stimme den anderen zu, dass hier der Arbeitgeber ein Interesse hat, dass Lösungen für dich gefunden werden - und du solltest dabei von deinem Umfeld Unterstützung erhalten, nicht alleine gelassen werden. Ich drück dir die Daumen!

  • Huch? Mach ich seltsamen Unterricht oder ist das vielleicht ein Fehlschluss/nicht allgemein so?

    Sorry, ich wollte euch nicht das Reden absprechen. Ich dachte nur im Vergleich zu Ethik oder Englisch :)

  • Die Schüler könnten beim Reden auch die Maske abnehmen. Laut neuer Betreuungsverordnung ist das in dem Fall definitiv erlaubt. Man muss das halt nur als Lehrer auch wollen.

  • Ich bin mir nicht ganz sicher, ob das dir tatsächlich weiterhelfen würde: meine spontane Idee war, dass man vielleicht (wenn ansonsten für dich das Lippenlesen gut funktioniert und du dich damit im allgemeinen wohlfühlst - falls Mikros dir besser weiterhelfen würden, wäre das natürlich der bessere Weg) kurzfristig von Seiten der Schule/ des Schulträgers transparente Masken anschaffen könnte? Also nicht die nutzlosen Plastikvisiere, sondern Masken mit Sichtfeld zum Lippenlesen? Einzelne Beispiele hierfür hat der Gehörlosenbund auf seiner Website aufgelistet. Allerdings weiß ich nicht, ob es welche gibt, die auch als medizinisch zugelassen sind und in der Schule genutzt werden könnten.

  • meine spontane Idee war, dass man vielleicht kurzfristig von Seiten der Schule/ des Schulträgers transparente Masken anschaffen könnte?

    Hm. Die Preise scheinen bei ca. 10 Euro loszugehen. Das wäre also die Zahl der von Ruhe unterrichteten Schüler mal 10 mal die Anzahl der benötigten Masken... ich will bestimmt nicht pessimistisch erscheinen, aber den Schulträger möchte ich sehen, der da mitspielt.

  • Soll denn in NRW noch länger die dauerhafte Maskenpflicht im Unterricht gelten?

    Ansonsten erübrigt sich das Problem mittelfristig vielleicht von selbst. Man will ja zur Normalität zurück.

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