Schwierige Klasse hat sich abgesprochen, nicht mitarbeiten zu wollen

  • Hallo Zusammen,


    ich hatte am Mittwoch eine sehr schwierige Stunde in einer Klasse und bin mir unsicher, wie ich damit umgehen soll. Ich würde mich sehr über ein paar Ratschläge von erfahreneren KollegInnen freuen.


    Es geht um eine 7. Klasse, die ich in Deutsch unterrichte. Es gibt ein paar SchülerInnen mit Förderbedarf (ES), die manchmal sehr herausfordernd sind. Als ich die Klasse übernommen habe, hatten wir zu Beginn Schwierigkeiten. Ich bin dann dazu übergegangen Zuhause anzurufen, wenn die Störungen massiv waren. Das hat auch gefruchtet, so dass die Situation sich sehr verbesserte und normaler Unterricht in einer angenehmen Lernatmosphäre wieder möglich war. Bis gestern. Es war die letzte Stunde vorm langen Wochenende. Heute bis einschließlich Dienstag haben wir schulfrei.


    Vor der Stunde warnte mich der Sportlehrer, der sie vorher hatte, schon vor und sagte mir, dass manche sich abgesprochen haben nicht mitarbeiten zu wollen. Genauso war es dann leider auch. Der Arbeitsauftrag, der nicht schwer war, wurde angeblich nicht verstanden und trotz wiederholter Erläuterung wurde so getan, als sei er zu schwer und nicht verständlich. Etwa 4 SchülerInnen fielen besonders auf und beschwerten sich lautstark, dass sie das nicht verstehen und nicht arbeiten können.

    Die 4 SchülerInnen reichten leider, um die ganze Stunde zu sprengen. Da normaler Unterricht nicht möglich war, kommunizierte ich, dass alle nun die Aufgaben selbstständig bearbeiten und ich die Ergebnisse am Ende der Stunde einsammle und bewerte. Kollektivstrafen sind natürlich grenzwertig und eigentlich überhaupt nicht mein Stil, aber ich wusste mir wirklich nicht anders zu helfen. Drei Schüler gaben ihr Ergebnis nach wenigen Minuten ab und sagten, es sei ihnen egal dass sie eine schlechte Note bekämen. Es entspannte sich dann, gab aber von einzelnen deutliche Proteste und eine spürbare Abwehrhaltung. Ich ignorierte dies und ermahnte bei Störungen. Ich wollte die Klasse so nicht ins Wochenende entlassen und bat sie kurz vorm Ende der Stunde um ein ehrliches Gespräch.

    Ich sagte, dass ich jetzt keine Ausreden hören wolle, sondern ehrlich wissen möchte, was heute los war. Die erste die sich meldete, schieb mir die ,,Schuld in die Schuhe“. Ich hätte nicht geholfen, der Arbeitsauftrag wäre zu schwer gewesen etc. pp. Das Spiel ging also erstmal weiter. Den Vorwurf wies ich von mir. Die nächste Schülerin die ich dran nahm gab dann zu, dass einige aus der Klasse sich dazu verabredet hatten heute nicht mitarbeiten zu wollen. Dann kamen Ausreden. Sie seien kaputt gewesen von Sport, hätten deswegen keine Lust auf Unterricht gehabt etc. Ich bedankte mich bei der Schülerin die ehrlich war und sagte ihr, dass ich vorher schon über die Absprache Bescheid wusste und so ein Verhalten nicht toleriere. Nach der Stunde suchten einige dann noch das Gespräch mit mir und sagten mir, dass sie das von Beginn an nicht fair fanden und auch nicht dabei mitmachten wollten. Es waren auch tatsächlich nur wenige SchülerInnen, die gegen mich arbeiteten. Dies allerdings sehr massiv.


    Ich muss schon zugeben, dass mich das Verhalten verletzt und enttäuscht hat. Und ich bin mir unsicher, wie ich der Klasse in der nächsten Stunde begegnen soll. Was würdet ihr an meiner Stelle tun? Auf jeden Fall möchte ich der Klassenlehrerin davon erzählen und sie auch um Rat fragen.

    Würdet ihr normal weiter unterrichten?

    Oder in der nächsten Stunde nochmal in Einzelarbeit Arbeitsaufträge bearbeiten lassen, sie bewerten und einsammeln? Ich möchte auf jeden Fall ein klares Zeichen setzen und eine Grenze ziehen, damit so etwas nicht nochmal passiert.

    Mich würde auch interessieren, was ihr zu meinem Umgang mit den Störungen aus der letzten Stunde sagt.


    Ich bin seit etwas über einem Jahr Lehrerin und lege sehr großen Wert auf eine angstfreie und angenehme Lernatmosphäre. Mir fehlt aber die Erfahrung im Umgang mit solch herausforderndem Verhalten und ich möchte auch nicht über das Ziel hinausschießen.


    Viele Grüße

  • Ich finde, du hast das großartig gemeistert. Dass die Situation nicht eskaliert ist, sondern sogar ein Gespräch möglich war, spricht eindeutig für deinen souveränen Umgang mit der Situation.

    Ich würde die Arbeit bewerten, so wie angekündigt und ansonsten normal weitermachen. Ich persönlich habe nicht das Gefühl, als ob sich die Lage zuspitzen würde und die Klasse weiterhin deinen Unterricht torpedieren wird.

  • ich schließe mich @karuna an. Meiner Meinung hast du souverän gehandelt und die Situation optimal gemeistert!


    Ich würde vermutlich bei den einzelnen Störer:innen nachhaken und sie einzeln in der nächsten Woche nach der Stunde zu mir bitten, um nach den wahren Gründen für ihr Verhalten zu fragen. Ich denke aber, dass das keine böse Absicht gegen dich als Person war.

  • Dass sich Schüler*innen organisieren für irgendeine Form von Widerstand, hat ja durchaus meinen Respekt. Auch, wenn das für Dich natürlich auch nervig und anstrengend ist. Was wäre passiert, wenn Du tatsächlich was Anderes gemacht hättest? Ein paar Rätsel, eine offene Stunde, in der man mal offen redet, was bei den Schüler*innen so los ist, something like that?

    Man muss Partei ergreifen. Neutralität hilft dem Unterdrücker, niemals dem Opfer. Stillschweigen bestärkt den Peiniger, niemals den Gepeinigten.“

    Elie Wiesel

  • Dass sich Schüler*innen organisieren für irgendeine Form von Widerstand, hat ja durchaus meinen Respekt. Auch, wenn das für Dich natürlich auch nervig und anstrengend ist. Was wäre passiert, wenn Du tatsächlich was Anderes gemacht hättest? Ein paar Rätsel, eine offene Stunde, in der man mal offen redet, was bei den Schüler*innen so los ist, something like that?

    Meinen Respekt hat es nicht. Ist das nicht schon so was wie mobbing?

    Hast du denn sofort ein paar Rätsel usw. parat? Ich finde, Lilli hat es gut gemacht, v.a. am Ende und ich stimme karuna auch zu.

  • Nein. Sich gegen ihnen überlegende Machtpositionen zu verbünden, würde ich nicht als Mobbing empfinden. Schule ist nun mal ein Ort voller Hierarchien und Machtstrukturen.


    (Und tatsächlich hatte ich in meiner Tasche immer ein paar Rätsel. Und (wenn nicht gerade die nächste wichtige Klausur ausgerechnet in der Stunde danach anstünde) ein offenes Ohr für Gründe.))


    Das heißt ja nicht, dass die oben genannte Variante nicht auch funktioniert…

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    Elie Wiesel

  • Also ich empfinde meine Lehreinnenpersönlichkeit nicht als überlegene Machtposition. Wenn es einen Grund gibt, ist es natürlich gut, sich zusammen zu wehren. Aber auf diese Art und ohne Absichtsformulierung ist das doch wenig zielführend.

    Höchstens wenn es jedes mal eine Rätselstunde gibt, wenn man sich verweigert. Was los ist, haben sie ja erst am Ende und auf Nachfrage gesagt.

  • Ob auf das so empfindest oder nicht, ändert nichts daran, dass Du in einer überlegenen Machtposition bist. Das ist dann halt vor allem eine Frage der Selbstreflexion.

    (Sieht man aber auch sehr leicht schon im vorliegenden Fall an der Möglichkeit, bei Eltern anzurufen bei Störungen oder mit schlechter Benotung zu drohen. Am Ende entscheiden Lehrer*innen über Lebensentwürfe und Lebenschancen und ich finde, das sollte man auch entsprechend reflektieren.)


    Und welche Reaktion in dem konkreten Fall sinnvoll ist, mag ich gar nicht abschließend beurteilen wollen. Es ging mir mehr darum, auch eine andere Sicht auf die Situation aufzuzeigen. Und je nachdem hätte ich das vielleicht genau so auch mit Schüler*innen diskutiert anhand der konkreten Bedürfnisse. (Schule bügelt da ohnehin an ganz vielen Stellen drüber.)

    Man muss Partei ergreifen. Neutralität hilft dem Unterdrücker, niemals dem Opfer. Stillschweigen bestärkt den Peiniger, niemals den Gepeinigten.“

    Elie Wiesel

  • Erstens hat die TE das Gespräch gesucht, zweitens ist die Zusammenarbeit mit Eltern unerlässlich und drittens ist es kein Drohen mit Noten sondern eine Möglichkeit, konsequent zu handeln, wenn die mangelnde Mitarbeit Unterricht unmöglich macht. Mit Rätseln garniere ich schöne Stunden und belohne kein Fehlverhalten.


    Zudem gab es ja gar keinen im Unterricht entstandenen Konflikt, den es zu klären gab. "Macht und Hierarchie" nun gut, es besteht Schulpflicht. Die sehe ich als Errungenschaft der Moderne. Dass SuS dagegen rebellieren ist zwar der Lauf der Dinge, aber als Schule mit Erziehungsauftrag müssen wir damit auf eine wie auch immer geartete Weise umgehen.

  • Frl. Lilli, du hast absolut perfekt reagiert und meiner Meinung nach ist die Situation jetzt besser als zuvor. Das zeigt sich daran, dass einige Schüler und Schülerinnen nach der Stunde auf dich zu kamen, noch mehr, dass sich Schüler in der Stunde getraut haben, es offen zuzugeben (dazu gehört Mut). Ihnen ist jetzt bewusst, dass ihr Verhalten nicht richtig war, darüber haben sie vorher nicht nachgedacht. Zerstöre dieses Vertrauen nicht, indem du nachtragend bist. Ich würde die Arbeit auch korrigieren und nach den Ferien normal weiter unterrichten. Ich habe ähnliches vor über 20 Jahren auch einmal erlebt, ich habe übrigens ähnlich reagiert, die übrigen Schüler merkten, es klappt nicht, es blieb bei dem einem Mal. Und sie arbeiteten besser mit. Die paar Störenfriede blieben isoliert (und versuchten zumindest teilweise auch mitzuarbeiten).


    Birgit, lässt du dich wirklich erpressen? Wenn die Schüler merken, es klappt, werden sie es immer wieder probieren. Unangenehme Themen zu unterrichten ist dann unmöglich. Man kann mal spielen, wenn die Schüler müde sind, aber doch nicht als Belohnung für Arbeitsverweigerung. Und Respekt dafür, dass sie keine Lust haben, habe ich auch nicht. Hätten sie sich etwas kreatives ausgedacht, um mich zu überzeugen, etwas anderes zu tun, dann ja (da fällt mir ein, ich habe seit vielen Jahren keinen Streich mehr erlebt, in meiner Schulzeit, in meinen ersten Jahren Lehrertätigkeit gab es so etwas noch).

    Meine Beiträge werden auf einer winzigen Tastatur eines Tablets mit Autokorrektur geschrieben. Bitte entschuldigt Tippfehler. :mad:

  • Ich muss schon zugeben, dass mich das Verhalten verletzt und enttäuscht hat. Und ich bin mir unsicher, wie ich der Klasse in der nächsten Stunde begegnen soll. Was würdet ihr an meiner Stelle tun? Auf jeden Fall möchte ich der Klassenlehrerin davon erzählen und sie auch um Rat fragen.

    Würdet ihr normal weiter unterrichten?

    Oder in der nächsten Stunde nochmal in Einzelarbeit Arbeitsaufträge bearbeiten lassen, sie bewerten und einsammeln? Ich möchte auf jeden Fall ein klares Zeichen setzen und eine Grenze ziehen, damit so etwas nicht nochmal passiert.

    Ich würde das der Klasse auch genau so sagen: "Eure Aktion der letzten Woche fand ich sehr enttäuschend und das hat mich auch verletzt."


    Vielleicht als Alternative zu den Aufträgen in Einzelarbeit: Wenn mich eine Klasse in einer Stunde zur Weißglut treibt, dann kündige ich immer an, dass in der kommenden Stunde ein Test über die bisherigen Unterrichtsinhalte geschrieben wird. Ein Test hat diesen zusätzlichen "offiziellen Charakter" den sich mehr SuS zu Herzen nehmen als eine normale Arbeitsphase.

  • Machtposition? Also ich habe keine Macht über meine Schüler. Was für eine merkwürdige Vorstellung des eigenen Lehrer:innen-Bildes. Und ich finde es auch überhaupt nicht richtig, vo so einem Verhalten auch noch Respekt zu haben. Hier rotten sich Schüler:innen zusammen, um die Lehrerin in Verlegenheit zu bringen, weil sie nicht mehr gemacht hat, als ihren Job und das soll ich auch noch mit Rätselstunden belohnen? Niemals nie!


    Frl. Lilli Du hast hier absolut perfekt und richtig gehandelt. Bleib bei Deiner Linie und ich habe wirklich Respekt vor Dir, dass Du so in deinem ersten Jahr handeln konntest. Ich wäre da weitaus hilfloser gewesen. Ich würde nun weiterarbeiten, weiterhin klare Linie, gern auch mal eine benotete Einzelarbeit hinterher, denn das gute Verhältnis müssen sie sich nun erstmal wieder verdienen. Schließlich haben sie es nachhaltig gestört. Du musst ja nicht lange nachtragend sein, aber deutlich machen, dass man das nicht einfach so hinnimmt, würde ich in jedem Fall.

  • Machtposition? Also ich habe keine Macht über meine Schüler. Was für eine merkwürdige Vorstellung des eigenen Lehrer:innen-Bildes. (...)

    Ich glaube, Birgit und du oder auch Zauberwald sprechen hier von zwei verschiedenen Dingen. Du (oder auch Zaberwald) sprichst über deine persönliche Haltung und wie du den Beruf ausübst, Birgit spricht meines Erachtens in Beitrag #8 von grundlegenden gesellschaftswissenschaftlichen Überlegungen zu Macht und Hierarchie im System Schule, die ganz unabhängig davon, wie man seinen Beruf dann individuell ausübt und welche Haltungen man persönlich hat natürlich immer bestehen. Das ist einfach ein unabänderlicher Teil des Systems Schule, der selbst den selbsternannten demokratischen freien Schulen innewohnt, denn dort entscheiden am Ende ja auch zunächst einmal Erwachsene darüber, welche Entscheidungsfreiheiten Kinder und Jugendliche haben sollen, ehe diese sie dann ausüben dürfen. Das eine ist also die grundlegende politikwissenschaftliche Überlegung, das andere das, was jede_r einzelne von uns individuell daraus macht, was im System erst einmal angelegt ist. Wie Birgit zurecht angeführt hat (und das bezieht sich nicht auf den konkreten Fall) ist der Umstand, dass wir Noten geben dürfen, Prüfungen abnehmen, die formale Zugangsvoraussetzung sind für diverse Berufe sind, Eltern oder auch andere Ämter einbeziehen können (usw.) alles Aspekte von Macht und Hierarchie. Meine SuS können mich zwar evaluieren, mich benoten können sie nicht, meine Eltern zu kontaktieren würde als Nachstellung interpretiert werden. Das ist also ein ungleiches Verhältnis die Einflussmöglichkeiten betreffend, ändert aber natürlich nichts daran, dass ich meinen SuS auf Augenhöhe begegne und mich menschlich nicht über sie erhebe. Dennoch bin ich mir dessen bewusst, was im System an Ungleichgewicht angelegt ist und thematisiere das auch an vielen Stellen in meinem Unterricht. Das ist nämlich etwas, was Schülerinnen und Schüler sehr genau wissen, dass es diese Art von Machtungleichgewicht gibt, weshalb sie immer sehr interessiert daran sind, wenn wir z.B. in GK Rechtsfragen und Mitbestimmungsfragen besprechen. Schon meine Siebtklässler wollen so beispielsweise wissen, ob Lehrkräfte eigentlich ihre Zettelchen, die sie im Unterricht austauschen lesen dürften, obwohl es doch ein Briefgeheimnis gebe. Und schon sind wir bei Aspekten von Macht und dem Umgang damit im schulischen Alltag.


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    Frl. Lilli Ich finde auch, dass du gut reagiert hast. Ich würde in der nächsten Stunde normal weiterarbeiten, mir aber überlegen, was ich mache, wenn sich das noch einmal wiederholen sollte und das dann auch der Klasse zu Beginn einmal ankündigen. Also klare Ansage, klare Regel und mögliche Konsequenz, aber eben auch einfach das Prinzip "neuer Tag, neue Chance" und damit die Möglichkeit für die Klasse es einfach anders zu machen, als beim letzten Mal.

    Hab keine Sorge davor, mal übers Ziel hinauszuschießen Natürlich möchte das niemand von uns. Am Ende sind wir aber alles Menschen und Fehler passieren.Entscheidend ist dann, wie man mit solchen eigenen Fehlern umgeht. Ich fahre sehr gut damit, auch so etwas dann der Klasse gegenüber anzusprechen oder einzelnen SuS gegenüber, um Entschuldigung zu bitten und ein klärendes Gespräch zu führen. Das ist es letztlich ja auch, was wir von unseren SuS erwarten, wenn sie einen Fehler machen- umgekehrt erleben sie es aber deutlich seltener, dass Erwachsene das ihnen gegenüber praktizieren. Ich hatte kurz vor den Herbstferien eine wirklich schlimme Doppelstunde in einer Klasse mit extremen Provokationen, Beleidigungen etc. Nachdem ich an dem Tag auch noch persönlich sehr belastet war, war ich dünnhäutiger als sonst und habe verbal grenzwertig reagiert einem Schüler gegenüber, der seit Schuljahresbeginn in jeder Stunde auffällig war, mit dem ich dann in der Folgestunde noch einmal das Gespräch gesucht habe, mich entschuldigt habe, ihm zugehört habe, warum er sich eigentlich so aufgeführt hatte. Als ich um Entschuldigung gebeten habe haben die Augen dieses großen Kerls geleuchtet, das hat ihm unglaublich viel bedeutet. In der Folge konnte er dann einfach offen ansprechen, was ihm Probleme bereitet im Unterricht, wovon er sich immer so provozieren lässt und wir konnten einen Plan entwickeln, wie es bei ihm nicht mehr so eskalieren muss. Seitdem komme ich hervorragend klar mit diesem Schüler und hatte keinerlei Probleme mehr. Eigene Fehler können also- bei entsprechendem Umgang- eine Chance sein, um an der Beziehung zu arbeiten und gemeinsam voranzukommen.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Machtposition? Also ich habe keine Macht über meine Schüler. Was für eine merkwürdige Vorstellung des eigenen Lehrer:innen-Bildes. Und ich finde es auch überhaupt nicht richtig, vo so einem Verhalten auch noch Respekt zu haben. Hier rotten sich Schüler:innen zusammen, um die Lehrerin in Verlegenheit zu bringen, weil sie nicht mehr gemacht hat, als ihren Job und das soll ich auch noch mit Rätselstunden belohnen? Niemals nie!

    Wie man an der konkreten Stelle reagiert, ist eine Diskussion.


    Dass Du Deine Machtposition nicht siehst, finde ich allerdings ein wenig erschreckend. Das sehe ich durchaus als ein Grundproblem von Schule, dass Hierarchien nicht einmal hinterfragt werden.

    Man muss Partei ergreifen. Neutralität hilft dem Unterdrücker, niemals dem Opfer. Stillschweigen bestärkt den Peiniger, niemals den Gepeinigten.“

    Elie Wiesel

  • Wie man an der konkreten Stelle reagiert, ist eine Diskussion.


    Dass Du Deine Machtposition nicht siehst, finde ich allerdings ein wenig erschreckend. Das sehe ich durchaus als ein Grundproblem von Schule, dass Hierarchien nicht einmal hinterfragt werden.

    Ich glaube, für Nicht-Gesellschaftswissenschaftler ist es- anders als für jemanden wie dich oder mich- weniger selbstverständlich über diese grundlegenden, systemimmanenten Aspekte nachzudenken und sich bewusst zu machen, dass es diese ganz unabhängig von dem, was man individuell daraus macht immer gibt. Das ist insofern einfach ein Stück weit unsere "Fachbrille", die wir konstant aufhaben, die es für dich oder mich völlig normal und naheliegend macht, das nicht nur zu sehen, sondern konstant mitzubedenken, so wie andere Fachwissenschaften eben andere Fachbrillen tragen und dadurch andere Zusammenhänge als völlig naheliegend erachten, es womöglich im ersten Moment erschreckend finden, dass man etwas derart Offensichtliches nicht direkt mit auf dem Schirm hat. Ich kenne Sissymaus als äußerst reflektierte Schreiberin in diesem Forum, die an vielen Stellen deutlich macht, dass sie letztlich derartige Hierarchien durchaus mit auf dem Schirm hat an vielen Stellen, auch wenn sie das so explizit nicht formuliert, und diese implizit mit bedacht hat oftmals bzw. daraus resultierende Prozesse kritisch hinterfragt- eben mit ihren eigenen Fachbrillen, Perspektiven und Haltungen. :)

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Dass Du Deine Machtposition nicht siehst, finde ich allerdings ein wenig erschreckend.

    Okay, mein Chef hat auch eine Machtposition. Soll ich mich mit den Kolleginnen verabreden, dass wir demnächst alle nicht arbeiten, um Widerstand zu leisten? Beispielsweise wegen des schlechten oder nicht vorhandenen WLANs? Das ist doch einfach nur kindisch. Wenn ich was zu kritisieren habe, dann formuliere ich das und das sollen die Schüler auch lernen. Und nicht wortlos boykottieren.

  • Ich habe eine Weile in einer Schule gearbeitet ohne hierarchische Strukturen. Wo Schüler nur am Unterricht teilnahmen, wenn sie Lust hatten, usw. Selbstregulierung war das Zauberwort. Es war keineswegs besser. Es führte dazu, dass 10jährige nicht lesen konnten, weil sie lieber Fußball spielten, dass die Theater-AG nie was aufführen konnte, weil die Schauspieler nur sporadisch, wenn ihnen danach war, zur AG erschienen. Dass die Eltern 10mal hintereinander Linseneintopf kochten, weil die Eltern das Mittagessen übernahmen und sich nicht absprechen wollten. Dass Lehrer Türen knallten, weil sie nicht mehr konnten....

    Inzwischen wurde das Konzept übrigens geändert.


    Und liebe CDL, so sehr ich dich auch schätze, du brauchst nicht zu übersetzen, was ich oder andere meinen. Ich will auch mal was rauskotzen, ohne die liebe Zauberwald zu sein.

  • Ja, ich vergebe Noten, bin aber auch von mitarbeitenden Schülern abhängig. Schüler können Lehrer in den Wahnsinn treiben. Wir haben es als Achtklässler geschafft, dass eine junge unerfahrene angestellte Kollegin die Schule verlassen musste (ich gehörte zu den Zuschauern, ich schäme mich heute noch dafür, es wurden Wetten abgeschlossen, wie lange es dauert bis sie weint). Vor ein paar Jahren habe ich erlebt, dass Schüler es geschafft haben, dass ein verbeamteter Kollege in die Nachbarstadt versetzt wurde (er hat auch nachgegeben und den Schülern ihre Wünsche erfüllt, wenn sie keine Lust hatten, statt Anerkennung erhielt er Spott) . Dort waren Schüler, Eltern und Kollegen so wenig begeistert, dass er von Anfang an keine Chance bekam (sein Ruf war ihm voraus geeilt, ein Bruder dort an der Schule hat gereicht). Er hat schließlich aufgegeben und ist nicht mehr Lehrer.


    Ja, es gibt Machtverhältnisse, es gibt überall Chefs und einfache Mitarbeiter. Aber Arbeitsverweigerung ist auch in der freien Wirtschaft nichts, was Respekt verdient, was mit Spielen (Beförderung, Lohnzuschlag etc.) belohnt wird. Wie wollt ihr in Zukunft Grammatikübungen oder andere nicht so spannende Sachen durchsetzen?


    Ich sehe Macht daher nicht so einseitig verteilt, ja, es ist sicher keine Gleichberechtigung, aber auch ich muss Befehle von oben ausfüllen (und auch meine SL weiß, dass die Erfolge größer sind, wenn wir gemeinsam arbeiten, wenn sie nicht gegen mich arbeitet).


    Für mich ist das oben beschriebene Verhalten eine kurzfristig überlegte Handlung der Schüler, deshalb würde ich es bei einmal ansprechen belassen. Sie hatten, so klang es, in Sport keine Lust auf Deutsch und ein Wort ergab das andere. Wenn es zu stark thematisiert wird, verliert man evtl. die Wohlgesonnenen (und die benötigt man). Anders würde ich reagieren, wenn ich das Gefühl hätte, es wäre nach langer Überlegung entstanden. Aber einen Machtkampf kann auch ein Lehrer nur verlieren. Wir leben nicht mehr in den 50er Jahren.

    Meine Beiträge werden auf einer winzigen Tastatur eines Tablets mit Autokorrektur geschrieben. Bitte entschuldigt Tippfehler. :mad:

  • Das mit der Macht ist so eine Sache. Die Klasse meines Sohnes war in der 5. schlecht in Mathe. Also war die junge Mathelehrerin Schuld. Die Eltern verbündeten sich, man sollte irgendwas unterschreiben und die Elternvertreter gingen damit zum Rektor. Bei sowas habe ich nie mitgemacht, weil man das doch nicht beurteilen kann. Ich wusste es gar nicht mehr, mein Sohn hat es erst neulich nochmals erzählt, obwohl es schon 10 Jahre her ist. In so einem Fall würde ich doch erst einmal zu einem Gespräch, wenn möglich mit allen Eltern und der Lehrerin tendieren, bevor ich irgendwelche Unterschriften sammle. Es war der erste Jahrgang ohne verbindliche GS-Empfehlung in BaWü.

  • Wie man an der konkreten Stelle reagiert, ist eine Diskussion.


    Dass Du Deine Machtposition nicht siehst, finde ich allerdings ein wenig erschreckend. Das sehe ich durchaus als ein Grundproblem von Schule, dass Hierarchien nicht einmal hinterfragt werden.

    Vielleicht verstehe ich unter Macht etwas anderes als Du. Macht ist für mich negativ besetzt. Macht ausüben ebenfalls.


    Natürlich kann ich Dinge bestimmen, die die Schüler zu akzeptieren haben, aber das nahezu alles davon ist etwas, was auch ich nicht ändern kann (Haus- und Schulordnung, Stundenplan, Lehrplan, Kammer-Prüfungen, Schulgesetz). Und genau das erkläre ich meinen Schüler*innen auch. Welche Macht habe ich denn über sie? Dass ich sie benote(n muss), ist für mich keine Macht, sondern ein Reflektieren ihres Leistungsstandes. Ich habe das größte Interesse daran, dass meine Schüler*innen eine ausreichend große Problemlösungskompetenz und persönliche Kompetenz erwerben, um ihren Beruf auszuüben. Alles andere interessiert mich nicht. Ich bin natürlich in der glücklichen Lage, mit nahezu erwachsenen Schüler*innen arbeiten zu dürfen, aber ich empfinde es nicht als Macht, dass ich vorne stehe, während sie auf den Stühlen sitzen.

    Hierarchische Strukturen in der Schule gibt es natürlich, aber auch da empfinde ich es nicht als Machtposition. Auch meine Vorgesetzten sind in ganz großem Maße anderen Vorgaben verpflichtet, die sie an mich weitergeben.


    Was genau empfindest Du als Deine Macht in der Schule?

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