Extreme Unterrichtsstörungen und massives Fehlverhalten

  • Hallo Zusammen -


    Ich brauche mal euren Rat. Ich arbeite an einer Realschule im sozialen Brennpunkt. In den meisten Klassen sind etwa 60-70% sehr verhaltensauffällige Schüler. Ein Unterrichten mit Unterrichtsgespräch ist eigentlich gar nicht möglich. Wir haben zwar ein dreistufiges Ermahnungssystem; wenn ich ich das konsequent nutze, schreibe ich jedoch in einer 45 minütigen Unterrichtsstunde 40 oder mehr Namen an - Wenn man das einmal ausrechnet geht dabei quasi die ganze Stunde für Ermahnungen drauf. Vor allem, da immer angefangen wird, zu diskutieren.

    Erreichen die SuS die höchste Stufe, muss dann natürlich kleinlich dokumentiert werden, was vorgefallen ist. Wenn ich das System konsequent durchziehe, bedeutet das für mich jeden Tag mindestens 1,5 Stunden Nacharbeit nur für die Vorfälle.


    Da Unterrichtsgespräche quasi unmöglich sind, versuche ich jetzt im Stationslernen zu arbeiten. Dabei brauchen sie Zwangsweise iPads- ohne die geht das nicht, da sie Lernvideos brauchen. Diese dürfen sie mit Kopfhörer gucken. Immerhin die Starken arbeiten daran. Das sind so 7-8 SuS. Die anderen machen gar nichts.


    Ich habe aber leider kaum eine Chance, mich um die zu kümmern, die arbeiten. Um sich das besser vorstellen zu können, beschreibe ich einmal die letzte Stunde, die tatsächlich das total typische Verhalten widerspiegelt (auf dem Niveau ist das Verhalten der SuS eigentlich immer...):


    Jahrgang 8:

    Ich komme zum Raum - die ersten schubsten und fangen sich an zu prügeln. Eine Tasche die Treppe herunter versteckt. Ich beruhige die SuS und lasse sie in den Raum. Sie SuS wissen genau, dass sie direkt zu ihrem Platz gehen sollen. Trotzdem wird der Lehrerstuhl direkt geklaut, mit dem Drehstuhl durch den Raum geschoben. Daran beteiligen sich 4-5 Schüler. Währenddessen rennen 3 Schüler vorne zum Pult und bringen das Lehrmaterial auf dem Pult durcheinander. 4 weitere sitzen auf der Fensterbank und weigern sich da herunter zu kommen und meinen, ihr Hintern müsse gekühlt werden, sonst können sie nicht arbeiten. Ein weiterer spaziert durch den Raum und pöbelt mich an, was ich denn von ihm wolle und dass ich ihm gar nichts zu sagen habe als ich ihn auffordere, sich hinzusetzen.


    Währenddessen kommen immer wieder SuS, die klopfen und zu spät kommen. Auch, weil sie ihren verhüllten Klassenraum noch aufräumen mussten.


    Ich möchte die SuS begrüßen. Dafür müssen sie kurz aufstehen. Keiner wird ruhig. Die SuS stehen schon 10 Minuten, es stehen schon zig Namen an der Tafel. Erst als ich einmal sehr laut kurz in den Raum brülle, wird es ruhig genug für den Begrüßung. Danach wird es direkt laut und ich kann nicht sprechen. Sobald Ruhe ist, kann ich einen Satz anfangen und es fangen direkt 10-12 SuS an zu reden. Bei Arbeitsanweisungen hört niemand zu.


    Das Stationslernen beginnt. Die SuS gehen zu ihrem Material. Dieses liegt nach Tischgruppen sortiert in Ablagen. Sie holen ihr Material raus und schmeißen das Material der anderen SuS einfach an die Seite oder auf den Boden. Zugehört, welche Zettel sie nehmen sollen hat niemand. Trotzdem klappt es irgendwie, dass doch die meisten, die arbeiten wollten, ihre Zettel gekriegt haben.


    Die Arbeitsphase beginnt. Manche SuS haben haben Fragen. Jedes Mal, wenn ich jemandem helfe, aktiviert irgendjemand auf dem großen TV ein Gangsterrap Video. Ich kann beim helfen nie mehr als einen Satz reden, ohne dass ich jemanden zurechtweisen muss. Auf den iPads wird von mindestens 8-10 SuS nervige Geräusche über Lautsprecher abgespielt. Arbeitenden Schülern werden, wenn sie nicht aufpassen, ihre iPads weggenommen und von störenden Kindern Pornoseiten geöffnet.

    Mindestens 10 SuS gucken permanent irgendwelche YouTube Videos.


    Ein Schüler will auf Toilette. Er kommt für 30 Minuten nicht wieder und 5 weitere drängeln, dass sie dringend müssen. Wir dürfen nicht mehr als einen gehen lassen.


    Zwei Schüler fangen an zu rangeln. Während ich diese auseinander bringe, verschwinden 3 weitere im Flur. Diese kommen wieder und berichten, dass im Flur gerade Feuer gemacht wird. Tatsächlich: Ein Schüler einer anderen Klasse macht gerade mit einem Edding Feuer im Flur. Ich sammle seinen Edding ein und schicke ihn zur Schulleitung.


    Ich breche die Arbeitsphase ab- auch weil sich das Stundenende nähert. Tatsächlich zeigen mit ein paar der SuS, die gearbeitet haben ihre wirklich guten Ergebnisse - Wow, ein Lichtblick.


    Ich fordere die SuS auf, die Stühle hochzustellen und aufzuräumen. Sie wissen genau, wie sie die iPads wegbringen sollen. Fast alle legen die iPads einfach wahllos nach vorne, stellen ihre Stühle nicht hoch und fangen an zu pöbeln, als ich sie nicht gehen lassen will. Zwei SuS sind dann doch bereit, die iPads wegzuräumen.


    Das alles passiert in 45 Minuten und das ist auch nicht übertrieben oder etwas dazu gedichtet, sondern einfach die Realität.


    Ich darf keine SuS rauswerfen. Alle Störer bekommen zwar Sanktionen, müssen aber bleiben. Eigentlich hätte ich aber alle bis auf vielleicht 6-7 SuS rauswerfen müssen, um ein vernünftiges Arbeiten zu ermöglich. Bei den meisten Kollegen läuft es leider ähnlich.


    Ich weiß nicht, wie ich dagegen ankommen soll. Ich kann doch nicht nur vorne Wache stehen... Aber eigentlich muss ich konsequent sagen, dass die SuS alleine arbeiten müssen und keine Hilfe bekommen, weil ich vorne zum Sanktionieren stehen bleiben muss. Abschreibstunden haben wir auch schon gemacht - auch wenn das eigentlich nicht geht, weil es eine Strafe für alle ist.


    Zuhause bin ich nur frustriert. Ich will Kindern helfen, kann aber nicht. Viele Unverschämtheiten machen einen irgendwann auch einfach wütend, sodass es extrem schwer fällt, professionell zu bleiben.


    Das Kollegium an der Schule ist super - die Ausstattung ist großartig, weil alles neu ist. Die SuS machen aber beim Experimentieren meistens auch einfach alles kaputt. Sobald sie irgendetwas in die Hand bekommen, ist das erste, was gemacht wird kokeln, kaputt machen oder Sachen durch die Gegend werfen, die zum Experimentieren da sind. Ermahnt man sie wird man beleidigt oder es wird gesagt, man mache doch nichts oder die anderen machen das doch auch.


    Ich weiß nicht mehr, wie lange ich das durchhalten kann. Eine Versetzung wäre erst ein 3,5 Jahren möglich.


    Hat vielleicht jemand ein paar Tipps für solche Extremfälle?

  • Hier ist leider die kritische Masse, wo man nicht mehr einzelne Störer sanktionieren und so ein Exempel statuieren kann, erreicht. Das macht es erst einmal deutlich schwieriger. Die Frage ist dann: Wie bringe ich die "Herde" zum Umdenken?


    Was tatsächlich helfen kann (ja, auch bei 8ern - ja, auch an einer "schwierigen Realschule im Brennpunkt") ist der Geduldsfaden mit Sternesystem. Dazu mache ich mit Kreide einen Strich von der oberen zur unteren Tafelkante. Dieser wird immer dann kürzer, wenn es mir zu laut ist. Ist er am Ende ganz weg, gibt es keinen Stern. Ist noch etwas davon übrig, gibt es einen Stern. (Wenn der Strich weg ist und weiter gestört wird, gibt es einen neuen Geduldsfaden und jetzt geht es an die schon erarbeiteten Sterne aus vorherigen Stunden). 10 Sterne ( also 10 gute / erträgliche Stunden - je nach Schulart) = 1 Stunde Film / Handy / Spiele / etc. Einen Versuch ist es wert.


    Ansonsten:

    - an Einzeltische setzen

    - massiv mit Körpersprache arbeiten, aufrecht und selbstsicher mittig stehen bis absolute Ruhe ist ... ggf. auch mal poltern (dosiert - Schockeffekt)

    - Die Eltern durchtelefonieren und ggf. einbestellen ist auch eine Möglichkeit. Bei 8ern leider nicht mehr ganz so effektiv.

    - Konsequent die ganze Stunde abschreiben lassen. Idealerweise vom Visualizer, damit du nicht mit dem Rücken zur Klasse stehst. Die S. haben die Wahl, wie lange sie diese Art von Unterricht wollen. Normalen Unterricht bekommen sie dann wieder, wenn sie sich entsprechend verhalten - ihre Entscheidung.

    - Spontantests aus der Tasche ziehen. (Pöhse, pöhse - aber in der Not ...)

    - Ausflüge bzw. deren Streichung als Zuckerbrot und Peitsche

    Nach den Ferien ist vor den Ferien.

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  • Da ich gerade leider nicht viel Zeit habe, erstmal zum Teil eher stichpunktartig, was mir so spontan dazu einfällt:


    Stationenlernen würde ich lassen, da erst ganz grundsätzliche Verhaltensweisen eingeübt werden müssen. Aus demselben Grund erstmal nichts mit ipads planen. Experimentieren auch erstmal lassen. Den SuS auch erklären, weshalb.

    Wenn ein eng geführtes Unterrichtsgespräch wirklich auch nicht geht, dann wird eben nur ein Tafelbild (am besten: vorbereitet, also über Beamer oder OHP an die Wand geworfen) abgeschrieben. Immer wieder unterbrochen von kurzen Phasen, in denen andere Sozialformen/Unterrichtsmethoden getestet werden - wenn diese nicht klappen, sofort zurück zur Einzelarbeit. Wieder erläutern, weshalb - also immer vorher Konsequenz ankünden und dann auch durchziehen. "Wir machen ein kurzes Experiment, wenn ihr erst den Anweisungen zuhört". "Ihr habt jetzt 5 min, um ... zu erledigen. Wenn das klappt, könnt ihr anschließend dazu experimentieren. Wenn nicht, müssen wir theoretische Übungen machen." usw. Dabei versuchen, nicht beleidigt, hysterisch oder genervt zu klingen (ist zugegebenermaßen oft schwer), sondern das Sprüchlein über deine Erwartungen und über die verschiedenen Konsequenzen von positivem und negativem Verhalten eher mantraartig zu wiederholen. Sich nicht provozieren lassen.


    Abschreibestunden fühlen sich wie eine Strafe für alle an, aber auch das kann man erklären. "Ja, es ist schade, dass das nun auch diejenigen trifft, die eigentlich gut arbeiten. Ihr als Klasse wollt vermutlich dasselbe wie ich: Spannenden Unterricht. Aber den kann ich leider erst mit euch gestalten, wenn es wirklich mit euch ist. Sprich: Jeder muss seinen Anteil beitragen und leider gelingt das noch nicht allen. Wir üben das also erstmal und wenn es klappt, dann können wir auch coolere Sachen im Unterricht machen."


    Wenn was klappt: Loben, positiv verstärken. Sowieso hilft es manchmal mehr, Störer zu ignorieren, sich auf Diskussionen nicht einzulassen, stattdessen denjenigen, die z.B. bereits sitzen, einen "Daumen hoch" zu geben. Positiv bleiben, jeden Tag als Neubeginn mit neuen Chancen sehen.

    ein paar der SuS, die gearbeitet haben ihre wirklich guten Ergebnisse

    Fokussiere dich also (noch) mehr auf diese SuS. Denn es gibt sie!


    Das ist extrem anstrengend, was du da durchmachen musst, da wünsche ich dir viel Gelassenheit. Ich bin sehr froh, dass ich derzeit keine solche Klasse ertragen muss.


    Sind die Eltern kontaktiert? Wie reagieren die?


    Sind Einzelgespräche mit den Störenden erfolgt?

  • Grundsätzlich diskutierst du nichts.


    Ich würde auf Einzelarbeit umstellen. Die ganzen kooperativen Lernformen setzen eine kooperative Lernatmosphäre voraus.


    Ipads und Experimente gibt es nicht, solange die Klasse sich nicht benimmt und nicht in der Lage ist, damit verantwortlich umzugehen. 0-Toleranz an der Stelle. Wer Mist baut, verwirkt das Privileg solche Medien zu nutzen.


    An euren Störungssystem müsst ihr als Kollegium arbeiten, denn es scheint offensichtlich ins Leere zu laufen.

    Wichtig ist dabei eine niedrige einheitliche Toleranzschwelle, Vorhersehbarkeit und klare Konsequenz.


    Persönlich lasse ich Störer und auch exzessive Klo-Gänger grundsätzlich nacharbeiten. Stufe 1 durch Nacharbeitsaufgaben und Stufe 2 mit Präsenzpflicht. Schließlich müssen sie den versäumten Stoff aufholen. Das impliziert selbstverständlich auch sinnvolle fachliche Förderaufgaben und keine Abschreibtexte etc. Darüber hinaus werden konsequent (und individuell) die Eltern informiert und bei Wiederholungen zum Gespräch gebeten. Wenn das nichts hilft werden Ordnungsmaßnahmen eingeleitet.


    Gutes Verhalten und gute Mitarbeit der ganzen Klasse loben und Fortschritte positiv zurückmelden.


    Bitte nicht falsch verstehen:

    Kennst du alle Schüler mit Namen und kannst du sie ansprechen?

  • Die gute Nachricht zuerst: das kann man ändern!


    Praxiserprobte Ideen dazu:


    - einzeln in den Raum lassen und darauf achten, dass sie am Platz bleiben (am besten stur Jungs und Mädels abwechseln, bis alle drin sind).

    Klappt nicht? Alle wieder raus und von vorn. Ja, wirklich so lange bis es klappt, und wenn es 45 Minuten dauert


    - keine Diskussionen zulassen (Warum soll ich dies und das, wenn der....??? Einfach abwürgen mit "Weil ich es gesagt habe.")


    - solange es nicht anders geht: Einzelarbeit! Keine iPads, keine Gruppenarbeit, kein Wegbewegen vom Platz. Maximal Ergebnisse vergleichen an der Tafel. Gib ihnen Aufgaben, die sie gut bewältigen können und die sie nicht zu sehr überfordern und bringe sie erstmal zum arbeiten. Keine langen Fragestellungen, sondern kurz und schnell zu erledigen (im Stil von Englisch Workbook).

    Ankündigen, dass du nach jeder Stunde nach Zufallsprinzip von je 5 Schülern die Arbeiten mitnimmst und durchschaust.


    Das kannst du dann, wenn es wirklich! funktioniert langsam und Schritt für Schritt wieder auflösen (Partnerarbeit, max 5 Minuten Unterrichtsgespräch... Bis zur Gruppenarbeit wird es noch dauern).


    Gib ihnen im Unterricht so wenig wie möglich Chance Chaos zu veranstalten.

    Melde dem Klassenlehrer zurück, was in deinem Unterricht geht und was nicht. Evtl. bitte ihn unangekündigt Mal vorbei zu schauen. Das wirkt manchmal Wunder im Brennpunkt.


    Überprüfe dein Auftreten. Wirkst du unsicher? Wie ist deine innere Haltung? Auch das merken die Schüler und nutzen jede Unsicherheit aus.


    Verabschiede dich von kreativem Unterricht. Das kommt später, wenn der Laden läuft!

  • Und noch vergessen... Sollte es wirklich an der ganzen Schule so chaotisch zugehen, könnte man über die Einführung eines Trainingsraums nachdenken.

    Die Regeln dazu lassen sich aber auch so gut einsetzen:

    • Jeder Lehrer und jede Lehrerin hat das Recht, ungestört zu unterrichten.
    • Jeder Schüler und jede Schülerin hat das Recht zu lernen
    • Alle achten die Rechte der anderen

    Wunderbar ist dann auch ein vorgeschaltetes Classroom Management. Auch da ist Einheitlichkeit im Brennpunkt das A und O. Den Schülern fällt es oft schwer sich darauf einzustellen, dass bei Lehrer X das geht und bei Lehrer Y dann was anderes gilt.

  • Ergänzend zu den vielen guten Ideen:

    Die, die gut mitarbeiten, jede Stunde belohnen mit ... etwas Passendem (bei meinen Schülern gibt es eine Schatzkiste, für deine...? Schokoriegel, Duschgels etc sind bei mir drin).

    Während der Stunde die mitarbeitenden Schüler an die TA schreiben und für jede 3-5 Minuten Arbeit, die sie leise leisten, einen Stern geben oder ein Plus oder so, dass mal die Guten vorne stehen, ist oft überraschend und meist sehr motivierend für alle.

    Und ja, langweilige Textarbeit, abschreiben, Lückentext, sonst nix.

    Und evtl als Belohnung für die, die wirklich arbeiten, die Ipads.

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

  • Ich sehe das auch so wie laleona . Statt einem sanktionierendem Ermahnungssystem - welches übrigens scheinbar die Message enthält, dass man mind. 2x pro Stunde einen Freifahrtschein für Störungen hat - ist die positive Verstärkung erwünschten Verhaltens vermutlich wesentlich nachhaltiger.

  • Ich hatte mal eine sechste Klasse, die war so ähnlich wie die von dir beschrieben Klasse. Da es an meiner Schule eine 1:1 Ausstattung mit iPads gibt, habe ich Einzelarbeit mit iPads machen lassen, aber die Schüler:innen in einer App "eingesperrt.

    Das habe ich 6 Monate lang durchgezogen, weil es die einzige Form von Arbeit war, die in der Klasse möglich war.


    Viele Schüler:innen haben mir zurückgemeldet, dass ihnen mein Unterricht der liebste sei, weil es da ruhig wäre. Ich dachte erst die veräppeln mich (ich fand den Unterricht schrecklich), aber sie haben auch zu anderen Lehrer:innen gesagt, "bei Frau Stark ist es immer ruhig". (Es war nur ruhigER, aber den SuS kam es ruhig vor).


    Ich habe, als es mir nach ein paar Woche zu bunt wurde, auch damit angefangen, dass ich ich geübt habe, in den Raum zu gehen. Alle raus, dann ruhig rein gehen, Tasche an den Platz, nicht reden, hinstellen Begrüßung. Das habe ich dann erst aml 35 Minuten gemacht. Danach ging das schon mal besser.


    Am Ende jeder Stunde habe ich die letzten 5 Minuten genutzt, um die Schüler:innen ihr Verhalten reflektieren zu lassen. Das hat auch noch mal geholfen, bewusst zu machen, warum Unterricht manchmal gut und manchmal nicht gut läuft.

  • Danke für die Tipps - Vielleicht sollte ich dazu sagen, dass ich nur Fachlehrer im Fachraum bin. Einzeltische gibt es nicht. Einzelarbeit werde ich versuchen - eigentlich ist das ja auch so gedacht. Ich habe auch schon einen Spontanes gemacht - Ergebnis: 6 Leute konnten den Inhalt der Stunde reproduzieren, die Antworten aller anderen sahen so aus, als hätten sie niemals von dem Thema gehört...


    Anrufen habe ich bisher nicht viel gemacht - die meisten Eltern können aber kein Deutsch. Das bedeutet, ich werde mit den Geschwistern telefonieren oder mit dem Schüler selbst, der übersetzt und dabei natürlich oft lügen wird...

  • Danke für die Tipps!

    An sich sind die Sachen ja als Einzelarbeit ausgelegt. Der Jahrgang ist aber tatsächlich so drauf, dass selbst bei Arbeiten gestört wird. Als wir zuletzt in einem anderen Fach eine Arbeit geschrieben hatte, musste ich permanent ermahnen und für Ruhe sorgen. Es wurde auch massiv versucht zu schummeln, indem ständig fachliche Fragen gestellt wurden, die ich da natürlich nicht beantworte. Die SuS stellen gezielt unsinnige Fragen, damit andere abschreiben können. Arbeiten wurden eingesammelt, aber es sind halt viel zu viele - ich hätte quasi die Hälfe einsammeln müssen.

    Aufforderungen zur Stillarbeit werden von den meisten dann erst recht ignoriert. Dann gibt es die Konsequenzen, nächste Teilkonferenz, weil sie auch nach der höchsten Stufe nicht aufhören zu stören.


    Diskutieren lasse ich nicht mit mir; wenn ich dann aber einfach weiter machen will, stehen die Schüler einfach auf und stellen sich direkt vor mich.


    Konsequenzen bekommen die SuS - die meisten der massiven Störer hatten schon mehrere Missbilligungen. Jede Woche sind Teilkonferenzen. Unsere Plätze zum Nacharbeiten sind über Wochen ausgebucht. Wenn jemand sich jetzt daneben benimmt, muss er in 3-4 Wochen nacharbeiten.


    Einzelgespräche haben auch stattgefunden. Mehrere SuS wissen, dass sie es nicht packen werden. Sie haben schon aufgegeben, bekommen aber keinen Platz auf einer anderen Schule.


    Ich spreche alle Störer immer mit Namen an ;) Schließlich schreibe ich sie oft genug auf. Das prägt sich ein.


    Gute Arbeit lobe ich immer. Auch wenn es inhaltlich oft nicht so gut ist, versuche ich jeden Funken von Engagement deutlich zu loben.


    Ein paar mal habe ich schon einen Telefonnachmittag gemacht. Leider verstehen die meisten Eltern kein Wort.

  • Das ist schon sehr knifflig. Ich war an einer heftigen Brennpunkt-WRS, aber das von dir geschilderte S.-Verhalten in Kombination mit langer Wartezeit fürs Nacharbeiten, fehlendem Leistungsanreiz UND keiner / minimaler Kommunikationsmöglichkeit mit den Eltern ist tatsächlich maximal bescheiden. Ich wüsste ehrlich gesagt auch nicht, wo ich da noch ansetzen soll. Und vermutlich kommen auch die erprobtesten Sek-1-Brennpunkt-Kollegen hier an ihre Grenzen. Ich hoffe, dass ich mit meiner Einschätzung falsch liege. Manchmal geht in solchen Situationen noch ein bisschen etwas über Sympathie oder auch "Connections" zu älteren Geschwistern. Vielleicht - wenn die S. offen sind - mal bei einer passenden Situation über gemeinsame Hobbies / Interessen plaudern.


    Mich wundert ja auch, dass diese Szenen sich an einer Realschule und nicht an einer Hauptschule abspielen. Nehme mal an, dass ein Großteil / die Mehrheit der S. hier de facto Hauptschüler sind.

    Nach den Ferien ist vor den Ferien.

    Einmal editiert, zuletzt von MLSek1 ()

  • Mich wundert ja auch, dass diese Szenen sich an einer Realschule und nicht an einer Hauptschule abspielen. Nehme mal an, dass ein Großteil / die Mehrheit der S. hier de facto Hauptschüler sind.

    Das ist definitiv so. In dem Viertel gibt es keine Hauptschule mehr. Die gab es mal. Ab Jahrgang 9 geht die Schülerschaft wieder halbwegs. Etwa 50% der SuS sind dann aber auch weg. Dann sind noch ca. 20 SuS in den Klassen, 5-6 sind dann auch jeweils wieder dazu gekommen. Etwa die Hälfte schafft es nicht.

  • Auch als Fachlehrer macht es bei solchem Verhalten manchmal Sinn, ins Klassenzimmer zu wechseln!


    Hol dir die Klassenleitung ins Boot. Eltern abtelefonieren kannst du dir im Brennpunkt ehrlich gesagt schenken...


    Wenn Nachsitzen so krass zeitversetzt stattfindet, hat es keinen Effekt mehr. Dann lass sie irgendwas abschreiben und dir am nächsten Morgen ins Fach legen.


    Ich hab mich in einer Klasse Mal bei jeder Störung (und es waren viele) konsequent ans Lehrerpult auf den Stuhl gesetzt. Wenn es ruhiger wurde erklärt, dass ich nicht bereit bin sie zu unterrichten, wenn sie nicht bereit sind aufmerksam zu sein.

    Ich saß da am Anfang ziemlich oft.


    Nach 4 Wochen hat es gereicht den Schritt Richtung Pult zu gehen und die ganze Klasse zischte "Boahhh halt die Klappe, sie ist jetzt richtig sauer!"


    War super für mich, weil ich nie wieder laut werden musste

  • Ergänzend zu den vielen guten Ideen:

    Die, die gut mitarbeiten, jede Stunde belohnen mit ... etwas Passendem (bei meinen Schülern gibt es eine Schatzkiste, für deine...? Schokoriegel, Duschgels etc sind bei mir drin).

    Während der Stunde die mitarbeitenden Schüler an die TA schreiben und für jede 3-5 Minuten Arbeit, die sie leise leisten, einen Stern geben oder ein Plus oder so, dass mal die Guten vorne stehen, ist oft überraschend und meist sehr motivierend für alle.

    Und ja, langweilige Textarbeit, abschreiben, Lückentext, sonst nix.

    Und evtl als Belohnung für die, die wirklich arbeiten, die Ipads.

    So wie die Schüler drauf sind, hört sich das nicht an, als ob die sich mit Schokoriegel und Duschgel bestechen lassen.

    Bei den Jüngeren funktioniert das eher. Ich mache das auch so ähnlich mit dem Geduldsfaden wie MLSekI.

  • Das ist definitiv so. In dem Viertel gibt es keine Hauptschule mehr. Die gab es mal. Ab Jahrgang 9 geht die Schülerschaft wieder halbwegs. Etwa 50% der SuS sind dann aber auch weg. Dann sind noch ca. 20 SuS in den Klassen, 5-6 sind dann auch jeweils wieder dazu gekommen. Etwa die Hälfte schafft es nicht.

    Wo sind denn die Schüler, wenn sie weg sind? Hauptschule gibt es ja nicht mehr...

  • So wie die Schüler drauf sind, hört sich das nicht an, als ob die sich mit Schokoriegel und Duschgel bestechen lassen.

    Bei den Jüngeren funktioniert das eher. Ich mache das auch so ähnlich mit dem Geduldsfaden wie MLSekI.

    Drum schrieb ich ja: Ich habe diese Sachen.

    Funktioniert bei mir aber tatsächlich bis zur 9. Klasse.

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

  • Ergänzend zu den vielen guten Ideen:

    Die, die gut mitarbeiten, jede Stunde belohnen mit ... etwas Passendem (bei meinen Schülern gibt es eine Schatzkiste, für deine...? Schokoriegel, Duschgels etc sind bei mir drin).

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

  • Das Schlimme ist, dass die Eltern einen auch oft nicht unterstützen. Ich habe neulich einem Drittklässler eine Strafarbeit aufgegeben, weil er in Musik immer stört. Zuhause hat er erzählt, er muss das Lied abschreiben, weil er nicht mitgesungen hat. Die Mutter schreibt mir, dass er es nicht machen kann, weil er LRS hat. In meinen Anfangsjahren hätte ich jetzt einen Aufriss gemacht. Inzwischen denke ich... "Ich schone meine Nerven." Bin immer noch am überlegen, ob überhaupt und wie ich reagiere. Lege mir jetzt Matheblätter in die Tasche, die er dann als Strafe bekommt.

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