Aufgabenwust und Kontrollwahn

  • Hallo zusammen,


    zunächst eine kurze Beschreibung der Situation: Meine beste Freundin arbeitet an einer Sekundarschule in NRW. Ihre Schule ist direkt von der A45 Sperrung betroffen, d.h., ein Großteil des Lehrpersonals hat keine "Anfahrt" mehr sondern zeitlich betrachtet eher eine "Anreise". Die Sekundarschule ist recht klein (3-4 Züge, nur ein Standort, aber mit zwei völlig getrennten Gebäuden) und ist mit sieben Stellen unterbesetzt. Sie steht in direkter Konkurrenz zu zwei anderen Sek I - Schulen am Standort und das Klientel ist äußerst schwach. Man könnte sagen, das Kollegium geht ziemlich am Stock. Meine Freundin hat unter der vorherigen SL eine Beförderungsstelle A13 angenommen (und hat dafür einen nicht ganz kleinen Aufgabenbereich übernommen). Die alte SL ist weg, nun wurde eine neue SL dorthin versetzt. Diese neue SL unterliegt scheinbar einem ausgeprägten Kontrollwahn. Ein paar Beispiele:


    - Alle LuL müssen jede Klassenarbeit mit Notendurchschnitt und Erwartungshorizont UND allen dazugehörigen grünen Notenheften jedes Mal bei der SL abgeben und kontrollieren sowie genehmigen lassen. Für meine Freundin (WP-Fach + Fremdsprache in Kursen) bedeutet das, bei jedem Klausurdurchgang hinter ~ 30-40 Notenheften hinterherzurennen.


    - Sämtliche Aufgaben, die von den LuL bereits vor Ankunft der neuen SL nach bestimmten Vorgaben erledigt wurden, werden nun nach Gutdünken umstrukturiert und vor allem kontrolliert (i.e. der Lehrmittelbeauftragte bestellt Bücher, so will die SL zunächst jedes einzelne Buch selbst inspizieren, bevor er diese verteilend arf, nur eine kleine Anekdote).


    - Völlig unabhängig davon, ob jemand, der/die eine Beförderungsstelle hat, dafür bereits eine/mehrere Zusatzaufgaben erledigt, so wird diesen (auch unabhängig von TZ) ständig mehr aufgebürdet: Meine Freundin ist nun - zusätzlich - in der Steuergruppe, in der Schulkonferenz, im Projektwochenaussschuss, im Krisenausschuss usw.


    - Unabhängig von der TZ wird keine Möglichkeit angeboten, abseits vom Unterricht Aufgaben zu teilen (Reduktion der Konferenzen etc.).


    - Unabhängig von der Lage vor Ort findet die SL stets neue Aufgaben, die letztendlich im so oder so schon überlasteten Kollegium verteilt werden, vorrangig aber an die A13er.


    - Die Zahl der Konferenzen steigt mit jedem Quartal: Beispielsweise tagt die Steuergruppe nun alle zwei Wochen zwei Stunden, statt einmal im Monat effizient zu arbeiten. Es gibt weitere Beispiele.


    Mittlerweile geht Sie echt am Stock und ich würde ihr sehr gerne helfen. MUss man sich diese Dinge gefallen lassen? Gibt es Möglichkeiten, dagegen vorzugehen (allein schon der Zeitaufwand für Punkt 1 mit den Noteheften bringt sie an den Rand des Wahnsinns)? Ich bin bereits fleißig am Googlen, aber so richtig finde ich nichts.


    Ich bin eigentlich der Meinung, dass das an Schikane grenzt. Meine eigene SL ist sehr beflissen, ware irgendwas davon ein "MUSS", müsste wir das mit Sicherheit auch so handhaben, tun wir aber nicht.


    Ich wäre für etwas Hilfe dankbar!


    LG


    Edit: Ergänzung: Wenn jemand Unmut äußert, wird jedes Mal mit dem Worrt "Dienstanweisung" gewunken. Wenn es keine rechtlich manifeste Grundlage für etwas gibt, darf die SL dann überhaupt eine solche aussprechen?

  • Was der SL mit den Klassenarbeiten veranstaltet, ist bekanntlich in Bayern völlig normal und nennt sich "Respizienz", ist aber natürlich auch per Verordnung geregelt. In NRW dürfte das anders sein, so dass mir zumindest dieses Ansinnen der SL auf wackligen Füßen zu stehen scheint.


    Der Rest: Ja, Kontrollwahn mit einem Schuss Unfähigkeit und einer Prise "neue Besen kehren gut". Es hilft wohl nur eines: Überlastungsanzeigen schreiben. Ständig und immer wieder.

  • Also ich würde zuerst mal die rechtliche Seite überprüfen (lassen) und den Personalrat einbeziehen, ggf. an den übergeordneten Personalrat eskalieren.

    Außerdem sollte es eine Verordnung geben, die was zur Gestaltung von Teilzeitregelungen aussagt.

    Ist etwas rechtswidrig, das gibt es das Mittel der Remonstration. Man kann auch wg. rechtlichen Fragen das zuständige Schulamt anfragen, immer schön auf dem Dienstweg, damit die Schulleitung gleich bescheid weiß.

    Es gibt die Möglichkeit einer Überlastungsanzeige.

    Und natürlich kann man auch gegen derartige Ansinnen der Schulleitung mit deren eigenen Waffen vorgehen. D.h. ich würde dann ggf. bei jeder Kleinigkeit eine Mail schreiben und fragen ob du das so richtig verstanden hast, wie z.B. besprochen, und da dann so auch machen darfst. Das sollte dann von mehreren/alle Kollegen passieren und mehrfach pro Woche.

    Und wenn es auf die Gesundheit geht, dann muss man auch so eigennützig sein und sich krankschreiben lassen wg. psychischem Streß.

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :_o_P


    8_o_) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

  • Ja, so in etwa sagen meine bisherigen Ratschläge ebenfalls aus. Ich hatte jedoch gehofft, auch etwas zu finden, das ihr Rückhalt gibt, wenn sie sich hoffentlich zukünftig weigert, derart hanebüchene Dienstanweisungen (Notebücher etc.) umzusetzen.

  • Das hört sich nach einer waschechten Sekundarschule aus dem Sauerland (Regierungsbezirk Arnsberg) an.

    Ob Schulleitung oder Bezirksregierung, dort handelt es sich im Allgemeinen um einen unfähigen Sauhaufen. Der Personalrat aus Arnsberg ist auch Gaga. Bei uns sagte der zuständige Personalrat 4x hintereinander ab, weil 4x angeblich das Auto kaputt war. Wer es glaubt....

    Ich bin an solch einer Kontrollwahnschule angestellt (ebenfalls Sekundarschule) und die Mechanismen sind dieselben.

    An unserer Schule will jeder Zweite weg von dieser irren Sekundarschule.


    Kleiner Tipp: Irgendwo die Grenze ziehen und auch mal NEIN sagen. Reichst du der falschen SL den Finger, nimmt sie direkt die ganze Hand. Einziger Ausweg ist der Versetzungsantrag, den man so schnell wie möglich stellen sollte. Denn es dauert mitunter 5 Jahre, bis man endlich gehen kann.

  • Bitte meinen Lachsmiley nicht missverstehen. Aber die Schulleitung handelt derart dumm und inkompetent, dass mir nichts Besseres eingefallen ist.

    So zerstört man eine Schule, die aufgrund der Schülerschaft ohne starkes Eigenengagement des Kollegiums keine Chance hat.

  • Wie hier schon geschildert wurde:


    - mit Personalrat Kontakt aufnehmen

    - Vorgänge rechtlich prüfen lassen und ggf. remonstrieren

    - Krankschreibung

    - sich mit den anderen KuK verbünden und gemeinsames Vorgehen absprechen

    - Verhalten der SL (für sich) dokumentieren - insbesondere Fehlverhalten

    - Versetzungsanträge stellen

    - Überlastungsanzeige


    Und, wenn man hin und wieder etwas unabsichtlich "vergisst" und es ein wenig drauf ankommen lässt, kommt man auch besser klar. Was soll die SL schon machen, wenn man mal den EWH/Notenspiegel nicht miteingereicht hat? Und man einfach ein wenig vergesslich geworden ist durch den Stress...


    edit: Falls es zu unerwünschten Anrufen der SL kommt - private Nummer ändern und nicht mehr an die Schule rausgeben. Dann kann man die SL ja um ein Diensthandy bitten.

  • Ich ergänze die Liste von k_19 um die Möglichkeit "Dienstaufsichtsbeschwerde". Diese geht über den Dienstweg an die übergeordnete Stelle. Eine Überlastungsanzeige muss nicht weitergegeben werden. Einen Versetzungsantrag kann die SL ablehnen.

  • Klassenarbeiten:

    Die Kontrolle finde ich ok. Kenne ich auch so. Ich war mal an einer Schule da musste ich sogar immer drei Beispielarbeiten aus dem Notenspektrum abgeben.

    Das Notenbuchproblem ist ein organisatorisches. Stellt die doch gesammelt irgendwo hin statt sie als Lehrer mitzunehmen. So machen wir das.


    Umstrukturierung/Kontrolle:

    Hört sich nach neuer ungeschickter SL an. Ein gewisses Maß an Umstrukturierung ist bei einem SL-Wechsel sicher zu erwarten. Die SL ist natürlich gut beraten, sich erstmal die vorhanden Strukturen zu nutze zu machen.

    Kontrolle gehört zum Job der SL. Nicht jeder findet da leider das richtige Maß. Ich denke die SL wird sowas wie Bücherkontrolle nicht dauerhaft durchhalten.

    Ansonsten würde ich bei dem konkreten Problem mal proaktiv alle 6000 Bücher zur Kontrolle bei ihr im Büro abliefern. Danach wird man sicher vorsichtig behandelt und wird aber auch als "schwierig" gelten. ;)

    Versuch es als Marotte zu sehen. Ist nervig, manche sind so, aber man kann darum herumarbeiten. Letztlich sorgt die SL mit überbordender Kontrolle nur dafür, dass sie selbst in Arbeit versinkt.


    Überbordende Zusatzaufgaben:

    Ablehnen bzw. Fragen, welcher Teil an Arbeit dafür reduziert werden soll.

    Ansonsten Lehrerrat einschalten, um eine strukturelle Vereinbarung herbeizuführen und individuell Überlastungsanzeige schreiben.


    Neue Aufgaben für A13:

    Siehe der Punkt davor. Natürlich gehen mit der Beförderungsstelle auch erhöhte Aufgaben einher. Schreibt die A13-Bereiche fest.


    Teilzeit/Aufgaben teilen:

    Erstellt ein Teilzeitkonzept.


    Konferenzen:

    Beschließt eine Konferenzordnung und legt die Anzahl, Art, Länge und Struktur der Konferenzen fest.

    Das hilft bei Arbeitsgruppen natürlich nur bedingt, weil es da freiwillig ist. Trotzdem kann man es auch da versuchen. Schaltet den Lehrerrat ein und versucht darüber ein Gesamtkonzept unter Einbeziehung aller schulischer Arbeitsgruppen zu erstellen. Beantragt für die Steuergruppe Entlastung aus dem Lehrertopf! Die Verteilung der Entlastungsstunden aus dem Lehrertopf beschließt die Gesamtkonferenz auf Vorschlag der SL.


    "Das ist Dienstanweisung":

    Nach Rechtsgrundlage fragen, um schriftliche Anweisung bitten, remonstrieren (falls nicht gedeckt) oder Überlastungsanzeige schreiben.


    Ganz grundsätzlich und Schritt 1:

    Sammelt die Anliegen beim Lehrerrat und lasst den Lehrerrat als erstes die Probleme bei der SL ansprechen! Kommunikation ist alles und verhindert in 95% der Fälle die Notwendigkeit weiterer Eskalation. Eventuell ist der SL die Problemlage nicht bewusst. Der Lehrerrat sollte sich vorher allerdings dringend informieren, welche Belastungen rechtlich gedeckt sind (Notenkontrolle), welche im Graubereich liegen, welche keine Rechtsgrundlage haben und welche struktureller Natur sind.

    • Offizieller Beitrag

    In solchen Fällen kann es sinnvoll sein, das Ganze an das MSB zu eskalieren. Je nach Sachverhalt muss dann die BR eine Stellungnahme einreichen oder das Ganze in Eigenverantwortung bearbeiten und dem MSB berichten. Auf alle Fälle würde das Ganze dann mit höherer Wahrscheinlichkeit nicht mehr im Sand verlaufen. Was ist mit dem HPR?

    Gruß
    #TheRealBolzbold

    Ceterum censeo factionem AfD non esse eligendam.

  • Ich kenne eure gesetzlichen Grundlagen nicht, aber die ganzen (sicher absolut richtigen!) Hinweise klingen nach ebenfalls extrem viel Arbeit. Was passiert denn, wenn man das tut, was sich quiet quitting nennt? Wenn ich in Teilzeit wäre würde ich nicht zu 2h Konferenz aller 14 Tage gehen. Soll der Chef das doch alles schriftlich anweisen, dann kann ich mit dem gesammelten Irrsinn zum Bezirkspersonalrat, oder wie immer das bei euch heißt, gehen. Oder vielleicht zur Bild-Zeitung, die mal im Oberschulamt anruft? Ohne Witz, in der ganzen Republik fehlen Lehrer, vor allem an SEK-Schulen. Ich würde bei dem ganzen Zirkus nicht mitmachen und erst mal gucken, was passiert. Der neue Besen mag gut kehren, es muss aber Kehrschaufeln geben, die seinen Dreck wegmachen.


    Edit: gibt es Eltern, die man mal bemühen könnte? Bei meinen Kindern fällt permanent Unterricht aus. Wenn ich wüsste, dass Lehrkräfte Projektwochen und anderen Firlefanz planen müssen und deswegen Versetzungsanträge schreiben, womit noch mehr Unterricht ausfällt, würde ich gerne und beherzt einschreiten. Die meisten Eltern haben Sorge bzgl. Unterrichtsausfalls.

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