Ich kann manchen Ärger hinsichtlich der Stundenplanung und die Rücksichtnahme auf Eltern verstehen. Letztendlich war ich bis vor 5 Jahren auch in VZ und eben keine Mama. Ich war tatsächlich oftmals am Augenrollen, wenn es wieder „Extrawünsche“ verschiedenster Elternteile gab.
Mein Blick darauf hat sich erst geändert, als mein Kind nach Corona in den Kindergarten kam. Mein Mann und ich arbeiten beide in gleichen Anteilen TZ. Nicht, weil wir das unbedingt wollen, sondern weil wir beide Lehrer sind, uns unseren Dienstort nur bedingt aussuchen können, unsere Arbeitszeiten starr sind und von Jahr zu Jahr (teilweise von Quartal zu Quartal) variieren und wir nur sehr wenig Einfluss drauf haben, außer eben zu bitten und zu betteln.
Der Kindergarten hat im Zuge des Personalmangels die Betreuungszeiten gekürzt. An zwei Tagen die Woche ist nun um 15 Uhr Schluss. Selbst mit Teilzeit habe ich oft bis 14:55 Uhr Unterricht, mein Mann hat an seiner Schule ebenfalls nachmittags. Nächstes Jahr wird es spannend, dieses Jahr passt es zufälligerweise immer irgendwie.
Der Kindergarten macht um 7 Uhr auf. Mein Mann muss zu ersten um 7:30 da sein, ich um 7:45, mit Frühaufsicht um 7:25. Egal, wie pünktlich ich am Kindergarten bin, wenn auch nur eine Ampel rot ist, schaffe ich es nicht pünktlich zur Schule. Auch das geht sich in diesem Schuljahr zufälligerweise aus, dass immer einer zufällig später hat, wenn der andere früh hin muss.
KIndergartenwechsel? Ein fünfjähriges Kind zwingt man nicht einfach so aus seinem Umfeld raus. ER hat mittlerweile Freundschaften usw. Zumal wir in einer Städt. Kita sind und somit keinen Anspruch auf einen Platzwechsel ohne Umzug haben und uns niemand sagen kann, ob wir überhaupt irgendwo einen Platz bekämen. Auf gut Glück verlassen und vertrauen, dass es schon irgendwie passt und wir irgendwo unterkommen ist hanebüchen. Außerdem kann mir niemand zusichern, dass es im nächsten Kindergarten besser wird. Viele öffnen erst um 7:30 Uhr. Und dann?
Ich würde sehr gerne VZ arbeiten, weil TZ einfach sch… ist als Lehrer. Aber: In VZ wäre die Wahrscheinlichkeit 99%, dass wir an 2-3 von 5 Tagen den Kurzen nicht rechtzeitig abholen könnten/bringen könnten. Wie soll das gehen? Verfügbare Familie haben wir hier nicht (mehr). Und der Witz: Wir zahlen im Monat knappe 600 Euro dafür.
Meiner Erfahrung nach ist der Lehrerjob vieles, aber definitiv nicht familienfreundlich. Ja, ich bin teilweise nachmittags da (wäre ich mit TZ in anderen Jobs auch) und habe mehr Kinderkranktage. Jo. Aber im normalen Alltag wiegen andere Faktoren viel mehr. Tatsächlich sind wir in unserem Straßenzug bis auf eine Nachbarin (lustigerweise ebenfalls Lehrerin) und einem Nachbarn (eigene Firma) die einzigen Deppen, die 1. an starre Arbeitszeiten gebunden sind, 2. zum Arbeiten immer vor Ort sein müssen 3. wo TZ eben NICHT bedeutet, dass ich verlässlich früher zuhause bin und 4. viel Arbeit am WE erledigt wird.
Ich bin mir sicher, dass es viele Beispiele von Jobs gibt, wo das ähnlich ist wie bei Lehrern. Aber die oben genannten Bedingungen sind auch ein Grund dafür, warum 1. immer weniger Lehrer (bei uns wenigstens, mehr als die Hälfte der rund 140 Kollegen hat keine Kids) keine Kinder oder nur ein Kind bekommen und 2. warum der Beruf immer unattraktiver wird. Gleiches gilt für viele andere Jobs mit starren Arbeitszeiten.
Spannend wird es dann in der Grundschule, wenn man keinen OGS-Platz bekommt (Personalmangel). Dann ist um 11:45 Schicht im Schacht. Einen Sechsjährigen bis zu vier Stunden allein daheim lassen finde ich nicht so toll. Mal sehen.
Vieles davon weiß man, bevor man Kinder bekommt, vieles kann man nichtmal im Ansatz verstehen/nachvollziehen oder erahnen. Wir hatten unseren Kindergarten eben wegen der Betreuungszeiten (ursprünglich bis 16:30) ausgesucht. Wir hatten unseren Wohnort wegen der Schule meines Mannes ausgesucht, dann brach die A45 zusammen. Ich wusste nicht, dass an meiner Schule innerhalb kürzester Zeit in meinem Zweitfach 5 Fachlehrer für 4 Kurse vorhanden sein würden, so dass ich fast nur noch mein NOCH korrekturintensiveres Fach unterrichten würde. Wir hatten ursprünglich damit gerechnet, dass meine Schwiegereltern hier und da helfen könnten. Usw. Usw.
Und trotz all der oben genannten Probleme kann ich verstehen, wenn kinderlose VZ-Kollegen sich ärgern, wenn die das Gefühl haben, dass sie alles ausbaden müssen. So sollte es aber auch nicht sein.