Motivation ukrainischer Schüler

  • Der Deutschlandkurier hängt der Erfahrung an meiner Schule ein halbes Jahr hinterer. Nicht so extrem, wie beschrieben, aber in Tendenz war es zwischenzeitlich auch bei uns so, als die Schüler noch davon ausgingen nur kurzzeitig hier zu sein. Nach dem ersten Fluchtschock, kam das Motivationsloch. Inzwischen hat sich das völlig verändert, weil sie davon ausgehen dauerhaft hier zu leben.


    Beim 4teachers-Artikel hab ich gedacht: "Gut dass wir das weitgehend alles haben." Da zahlte sich aus, dass wir schon sehr lange unter anderem eine Schwerpunktschule für neu Geflüchtete sind. Der Lehrplan ist bei uns allerdings der deutsche. (Was ich auch richtig finde, da die Kinder vermutlich noch Jahre hier leben werden.)

  • Ich habe mehrere ukrainische SuS in Mathe E-Kursen. Die sind sehr motiviert, können akzeptabel Englisch und schon recht gut Deutsch für die kurze Zeit. In Mathe sind sie den anderen in Klasse 10 weit voraus. Allerdings auch schon ein Jahr älter.


    Drei von ihnen wollen auf jeden Fall hier studieren, sind recht fleißig. Sie machen parallel online Prüfungen in der Ukraine.

    Die Weisheit des Alters kann uns nicht ersetzen, was wir an Jugendtorheiten versäumt haben. (Bertrand Russell)

  • Hinzu kommt bei uns, dass die "Wanderpokale" den Unterricht in diesen Klassen übernehmen dürfen.

    Was verstehst du denn unter "Wanderpokalen"? An meiner Schule sind in verschiedenen Klassen SuS aus der Ukraine und werden von denselben KuK unterrichtet wie alle anderen SuS.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Dachte der Begriff wäre auch anderswo schon schon im normalen Sprachschatz vorhanden.

    Bei uns sind damit Kollegen gemeint, die durch Minderleistung und/oder hohen Fehlzeiten auffällig geworden sind und daher in den Bildungsgängen weniger gewünscht sind.

    Der duale Partner würde uns Ärger machen oder der Ausfall im Abendunterricht ist nicht mehr auszugleichen.


    Diese Kollegen werden in die unbeliebtesten Klassen und gerne in Randstunden abgeschoben.

  • Auch bei den ukrainischen Schülern gibt es solche und solche. Ein Kind hat bei uns innerhalb von 6 Wochen deutsch gelernt und gehört jetzt nach 6 Monaten zu den besten des Jahrgangs (hat neben deutsch zwei Fremdsprachen nachgelernt). Andere benötigen länger. Schwierig, aber nachvollziehbar, ist die doppelte Anforderung durch deutschen Schulunterricht am Vormittag und ukrainischen Onlineschulunterricht am Nachmittag inklusive Prüfungen. Dazu kommt die Angst um den Vater und ältere Brüder in der Ukraine. Ich bewundere sie, wie gut sie damit umgehen.


    Wir haben in fast jeder Klasse mehrere ukrainische Flüchtlinge, auch weil wir sehr viele Russlanddeutsche oder ukrainische Migranten (vor dem Krieg zu uns gekommen) haben. Sie unterstützen hervorragend (auch wenn ich mich anfangs an Simultandolmetschen gewöhnen musste).

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  • Wir haben ganz unterschiedliche Kinder.

    Weil wir jemanden kennen, der dolmetschen kann, weiß ich bei jedem Kind einen Teil des Hintergrundes. Im Unterricht selbst habe ich keine anderen Kinder, die dolmetschen könnten, dabei.


    Ich bin beeindruckt, wie sehr sich die Kinder doch darauf einlassen,

    ich bin erstaunt, wie schnell sie sich an Schule gewöhnen und wie sehr sie sich darüber freuen, denn etliche haben in den Jahren zuvor zu Hause gelernt und platzen vor Glück, wenn sie ihre erste Sportstunde haben oder den Farbkasten auspacken.

    Und ja, einige Kinder brauchen eine Weile, um anzukommen, bei uns haben die Kinder zu Beginn häufig gewechselt, einige waren in max. 6 Monaten 6 mal umgezogen von Einrichtung zu Einrichtung weitergereicht. Derzeit ist es regional etwas ruhiger.

    Auch gibt es Kinder, die dann in der 4. oder 5. Schule ankommen sollen oder Kinder, die zunächst eine Weile in Polen waren und begonnen hatten, Polnisch zu lernen.


    Ich zolle den Eltern große Achtung, dass sie sich so sehr um ihre Kinder kümmern, und habe Verständnis für jede persönliche Katastrophe, die es eben auch gibt, denn auch Erwachsene wissen nicht, wie sie mit der Situation umgehen sollen, und nicht alle können es gut kanalisieren oder Erlebtes verdrängen.


    Inzwischen können einige Kinder recht gut Deutsch, sie verstehen vieles, sie helfen sich gegenseitig. Einige sind erst ein paar Wochen da.


    Wie auch bei anderen Schüler:innen gibt es auch unter denen, die flüchten oder zu uns ziehen, intelligente und weniger intelligente. Es gibt auch Kinder von Flüchtenden, bei denen ich begründet einen Unterstützungsbedarf GE vermuten würde.


    Dass es an den Schulen schwierig ist, stimmt sicher. Ich möchte die Schule sehen, die nicht nur Stühle hinzustellen muss, sondern entsprechend der Erlasse Förderkurse oder Klassen mit entsprechender Besetzung einrichten kann, zusätzlich zu den bisherigen Möglichkeiten.

  • Dachte der Begriff wäre auch anderswo schon schon im normalen Sprachschatz vorhanden.

    Bei uns sind damit Kollegen gemeint, die durch Minderleistung und/oder hohen Fehlzeiten auffällig geworden sind und daher in den Bildungsgängen weniger gewünscht sind.

    Der duale Partner würde uns Ärger machen oder der Ausfall im Abendunterricht ist nicht mehr auszugleichen.


    Diese Kollegen werden in die unbeliebtesten Klassen und gerne in Randstunden abgeschoben.

    Nein, dieser Begriff ist in meinem Sprachschatz ganz sicher nicht für die von dir beschriebenen Lehrkräfte vorhanden! Und an meiner Schule werden KuK auch zum Glück nicht derart behandelt.

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  • Dachte der Begriff wäre auch anderswo schon schon im normalen Sprachschatz vorhanden.

    Ich kenne den Begriff "Wanderpokal" leicht anders; ebenfalls als Kollegen die durch Unfähigkeit und Uneinsetzbarkeit auffallen, die allerdings alle paar Jahre an andere Schulen "weggelobt" werden, damit der aktuelle Schulleiter das Elend nicht weiter ausbaden muss.

  • Im Übrigen finde ich ganz schön heftig, über die "Motivation" im Unterricht von Kindern & Jugendlichen diskutieren zu wollen, deren Land gerade in Schutt und Asche zerlegt wird, die hier komplett neu anfangen müssen & sich dann in einem neuen Schulsystem mit neuer Sprache zurecht finden müssen.

    Ich finde den Begriff in Ordnung. Motivation heißt ja nicht nur "Lust" auf etwas haben, sich für etwas begeistern können oder dergleichen. Es geht ja auch um die Gedanken der Schüler, was sie um- und antreibt, oder was sie eben nicht bewegt und was eher hinderlich ist.

    Ich finde deine Unterstellungen hier besonders contradproduktiv. Aber ich bin dankbar für die bisherigen produktiven Kommentaren, danke an dieser Stelle.

  • Ich kann dazu nur schreiben: Ukrainische Jugendliche gibt es in der Region Basel eigentlich einige, die kommen allerdings nie bei uns am Gymnasium an weil sie die Voraussetzungen dafür nicht mitbringen. Die werden sowohl in der Stadt als auch bei uns im Landkanton erst mal am Zentrum für Brückenagebote in Integrationsklassen gesammelt und dann schaut man, was sie können. Ich kenne über die Gewerkschaft ein paar Kolleginnen und Kollegen, die am ZBA arbeiten und es wird schon so sein, wie die erzählen. Mehr als Berufslehre ist da in den meisten Fällen nicht drin und selbst damit wird es oft schon schwierig, weil die Jugendlichen an der Berufsschule nicht hinterherkommen. Wir haben exakt eine Schülerin am Gymnasium, noch nicht mal an der Fachmittelschule sind welche angekommen. Bei den jüngeren Kindern geht es wohl besser, für die gibt es an den Volksschulen nach Möglichkeit eigene Klassen. Aber auch hier höre ich von den KuK, dass es schwierig bis unmöglich ist, die Kinder direkt in die Regelklassen zu integrieren weil es an so vielem fehlt. Und ja, es gibt die Geschichten von ukrainischen Muttis die meinen, aber in der Ukraine sei doch alles so toll gewesen, Niveau und so. Offensichtlich aber nicht.

  • Ich finde den Begriff in Ordnung. Motivation heißt ja nicht nur "Lust" auf etwas haben, sich für etwas begeistern können oder dergleichen. Es geht ja auch um die Gedanken der Schüler, was sie um- und antreibt, oder was sie eben nicht bewegt und was eher hinderlich ist.

    Ich finde deine Unterstellungen hier besonders contradproduktiv. Aber ich bin dankbar für die bisherigen produktiven Kommentaren, danke an dieser Stelle.

    Und so gibt es unterschiedliche Haltungen zu Begriffen - ich hab übrigens, wie bereits mehrfach erwähnt, mich mit der Kritik auf die Artikel bezogen, die du zitiert hast, nicht auf dich.

  • Ich kenne den Begriff "Wanderpokal" leicht anders; ebenfalls als Kollegen die durch Unfähigkeit und Uneinsetzbarkeit auffallen, die allerdings alle paar Jahre an andere Schulen "weggelobt" werden, damit der aktuelle Schulleiter das Elend nicht weiter ausbaden muss.

    So kenne ich ihn auch (und bevor jemand sich aufregt, d.h. nicht, dass ich den Begriff aktiv verwende).


    Bei uns wird aber versetzt oder abgeordnet, nicht weggelobt.

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  • Und ja, es gibt die Geschichten von ukrainischen Muttis die meinen, aber in der Ukraine sei doch alles so toll gewesen, Niveau und so. Offensichtlich aber nicht.

    Das ist wohl der Unterschied zwischen Deutschland und er Schweiz:


    In DE steckt man sie einfach trotzdem in die regulären Klassen nach dem Motto: Wird schon stimmen. In der Schweiz schaut man sich die "Leistung" wohl genauer an.

  • Ich denke das ist eine Frage der Ressourcen. Unser Volksschulsystem ist weit entfernt von "berühmt", hier läuft einiges wirklich gar nicht rund. Der Kanton stellt dann aber trotzdem das Geld für Integrationsklassen zur Verfügung, daran scheitert es eigentlich nie. Wer dann da am Ende vor den Kindern steht und die beschult, das fragst du jetzt besser nicht. Die Sekundarstufe II ist einfach das Prestigeprojekt der schweizer Bildungslandschaft, drum darf von all diesen Problemen bei uns nichts ankommen. Da wäre man nämlich mit Lehrpersonen konfrontiert, die sehr fix den Mittelfinger zeigen und einfach gehen.

  • Das ist wohl der Unterschied zwischen Deutschland und er Schweiz:


    In DE steckt man sie einfach trotzdem in die regulären Klassen nach dem Motto: Wird schon stimmen. In der Schweiz schaut man sich die "Leistung" wohl genauer an.

    Das stimmt bei uns nicht. Wir arbeiten sehr eng mit einer benachbarten Gemeinschaftsschule zusammen (nehmen Kinder von dort auf oder geben sie ab, das gilt auch für Kinder aus anderen Ländern) und unsere SL schaut sich Zeugnisse sehr genau an und lehnt auch ab. Anfangs ist es manchmal schwer, Leistungen richtig einzuschätzen (die meisten beginnen hier daher mit der Gemeinschaftsschule).


    Außerdem spätestens im 2. Jahr müssen die gleichen Leistungen erbracht werden, "Schonzeit" ist also ein Jahr.


    Ich denke der Unterschied ist, das Schweizer Gymnasien erst viel später beginnen, bei uns kommen auch keine ukrainischen Schüler mehr neu in die Oberstufe. Die älteren beenden auch bei uns ihre ukrainische Schullaufbahn online.


    Aber typisch state_of_Trance, deutsches Schulsystem komplett bashen und Schweizer allgemein loben (und selbst wenn es für NRW und Basel-Land stimmen sollte, sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz gibt es Unterschiede).


    Ergänzt, mein Beitrag hat sich mit Antimons überschnitten.

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  • Aber typisch state_of_Trance, deutsches Schulsystem komplett bashen und Schweizer allgemein loben (und selbst wenn es für NRW und Basel-Land stimmen sollte, sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz gibt es Unterschiede).

    Hm, ja, soweit ich es mitbekomme, scheint das Gymnasium in BW auch ein wenig mehr "Prestigeobjekt" zu sein, wie es Antimon beschrieben hat.


    Du hast ja selbst in NRW gearbeitet, da hast du sicherlich auch eine Meinung zu ;)

  • Ich denke der Unterschied ist, das Schweizer Gymnasien erst viel später beginnen, bei uns kommen auch keine ukrainischen Schüler mehr neu in die Oberstufe. Die älteren beenden auch bei uns ihre ukrainische Schullaufbahn online.

    Das ist absolut ein Punkt. Die Niveauunterschiede sind einfach so gross, dass es besser ist, den Abschluss im ukrainischen System zu machen um überhaupt mal irgendeinen Abschluss zu haben. Wie viel der dann hier wert ist, wird sich zeigen und das natürlich auch nur bei denen, die bleiben. Dass Ausbildungs- und Studienabschlüsse nicht anerkannt werden, das ist immer schon so und wird wohl auch bei den Ukrainern so sein. Ich kenne unterdessen genügend Geschichten von Schülereltern, die im Kosovo mal Herr oder Frau Doktor irgendwas waren und in der Schweiz bestensfalls noch als Polier auf dem Bau arbeiten.

  • Ich kenne unterdessen genügend Geschichten von Schülereltern, die im Kosovo mal Herr oder Frau Doktor irgendwas waren und in der Schweiz bestensfalls noch als Polier auf dem Bau arbeiten.

    Das wiederum ist in Deutschland ein ähnliches Problem, damit bin ich ja an meiner Schulform tagtäglich konfrontiert. Die Schüler haben teilweise in ihrer Heimat bereits studiert und bekommen hier dann die 10. Klasse anerkannt.

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