Trans sein als Lehrkraft?

  • Wenn das ein Aprilscherz ist, ist er extrem grausam.


    Wenn nicht, dann ist das natürlich möglich und ich würde der Person alle Unterstützung der Welt wünschen, sowohl für die Bürokratie als auch die Transition an sich.


    Wo soll geschrieben stehen, dass man das nicht darf? Bzw. wie kommst du darauf, dass das evtl. nicht möglich ist.


    Was soll in dem Punkt Beamt:innen von anderen Arbeitnehmer:innen unterscheiden?.

    Das ist natürlich kein Aprilscherz! Meine Sorge war nur, ob damit ein Problem wäre, weil mittlerweile ja noch viel Transphobie gängig ist und vielleicht die Transition als unangebracht oder ähnliches gesehen wird. Persönlich finde ich das ja nicht so, ich bin ja trans, aber die generelle Meinung dazu von anderen fehlt mir halt.

  • Herzlichen Glückwunsch! Du lebst in einer sehr schönen Bubble.
    Quer- und Transfeindlichkeit ist 2023 weiterhin Alltagsgeschäft. Es ist wichtig, alle Anliegen ernstzunehmen, so "veraltet" sie einm vorkommen können.

    Vielen Dank! Das genau war meine Sorge, meine Familie und Teile meines Umfelds sind leider transfeindlich, was genau meine Sorge war und der Grund, weshalb ich gefragt habe. Meine Frage ist weder Aprilscherz noch Ironie, nur ernsthafte Sorge um meine Zukunft. Danke für dein Verständnis! <3

  • Die individuelle Toleranz unterscheidet sich noch einmal von der gesamtgesellschaftlichen. Es ist schön, dass hier viele User die Frage als offensichtlich betrachten und es hat sich in den letzten Jahren bereits viel in Sachen Aufklärung über Transexualität getan, dennoch bestehen bei vielen Leuten noch einige Berührungsängste und Vorbehalte. Dieses Jahr gewann die erste Person mit einem Transhintergrund einen Grammy. Auch in Politik und Sport ist das Phänomen noch relativ neu. Sehr viele Menschen kennen keine einzige transidentitäre Person persönlich. Manche älteren Kollegen tun sich womöglich noch schwer im Umgang mit dem Thema und wenn es noch nicht allzu lang her ist, dass Schüler selbstbewusst die "Schwuchtel" und "schwul" mit deutlich negativer Konnotation auf dem Schulhof gebrauchen, kann man sich denken, dass Schüler aus konservativen Elternhäusern hiermit erst recht Schwierigkeiten haben könnten.

    Rechtlich dürfen transidentitäre Menschen jeden Beruf ausüben, für den sie formal qualifiziert sind (und da ist Deutschland schon viel weiter als andere Länder auf der Welt), die faktische Akzeptanz dauert vermutlich noch ein paar Jahre. Schule ist weiterhin ein sehr konservativer Ort, was ja auch in dem Jogginghosenthread immer mal wieder angesprochen wurde.

    Vielen Dank! Ich wurde selber schon "Schwuchtel" und ähnliches genannt, was auch ein Grund für die Frage war. Eine queere Lehrerin habe ich sogar, eine erwachsene Transperson außer mir und einer Freundin habe ich aber noch nie gesehen, besonders keine Lehrkräfte.

  • und ehrlicherweise: als Beamt*in geben wir schon einige Rechte auf eine gewisse Art und Weise ab, da ist es gar nicht so abwägig zu glauben, dass der Beamtenstatus durch eine Transition erschwert werden kann.
    Aus meiner Erfahrung mit transitierten Lehramtsstudierenden (von denen ich es zufällig und im Vertrauen erfahren habe): ich würde es noch so tun, dass ich mit neuer Identität im Referendariat starte. Nicht jede*r hat Lust, die Bürde des Exempels zu tragen. Statistisch gesehen werde ich schon Transfrauen oder Transmänner getroffen haben, ohne zu wissen, in welchem Körper sie geboren wurden. Und es geht mich nichts an.
    Der Wechsel von Frau Müller zu Herrn Müller über die Osterferien ist sicher kein Trauma für die Schüler*innen (ich bin sicher, ich habe schon von einem solchen Fall gelesen), aber wenn es sich anders lösen lässt, ist es sicher einfacher (aber auch hier weiß ich: sowas kann man schwer vollständig steuern).

    Dankeschön! Haben Sie noch Tipps o.ä. wie ich am besten Vorgehen könnte? Ich habe außerdem gehört, dass eine Therapie, sie ja für die Transition notwendig ist, die Verbeamtung erschwert, wissen Sie darüber noch etwas?

    • Offizieller Beitrag

    Eine queere Lehrerin habe ich sogar, eine erwachsene Transperson außer mir und einer Freundin habe ich aber noch nie gesehen, besonders keine Lehrkräfte.

    aber woher solltest du es wissen? Ich meine, wenn du die Transition nicht selbst erlebst, dann weißt du es nicht. Wenn mein Student mir nicht unbedingt alte Praktikumszeugnisse hätte geben wollen (Schulzeugnisse wurden ja umgeschrieben) und mir das also erzählt hat, hätte ich es nie erfarhen. Wie du es ja selbst weißt: nur weil jemand vorher im Körper einer Frau gelebt hat, sieht man es ihm jetzt nicht mehr an, und er hat das Anrecht, "nur noch" Martin zu sein. und kein "Transmann" zu sein, sondern ein "Mann". Punkt.

    • Offizieller Beitrag

    Mmm... ich befürchte, das Forum ist nicht die richtige Anlaufstelle für eine beratung für eine Transition. Dafür gibt es ja wirklich bessere Stellen.
    und ja, für die Transition wird vermutlich ein Arztzeugnis mit "Dysphoria" und damit eine "F-Diagnose" (Psychische Diagnosen) benötigt werden.
    Was ist die Alternative? Im falschen Körper weiterleben und erst mit 30 transitionieren, aber dann beim Psychiater angeben, dass man seit 20 Jahren weiß, ein Mann/eine Frau zu sein? es erscheint mir - neben dem vermutlichen, täglichen Leiden - nicht der richtige Weg.
    Aber spezialisierte Stellen werden da entsprechend beraten und informieren können.

  • aber woher solltest du es wissen? Ich meine, wenn du die Transition nicht selbst erlebst, dann weißt du es nicht. Wenn mein Student mir nicht unbedingt alte Praktikumszeugnisse hätte geben wollen (Schulzeugnisse wurden ja umgeschrieben) und mir das also erzählt hat, hätte ich es nie erfarhen. Wie du es ja selbst weißt: nur weil jemand vorher im Körper einer Frau gelebt hat, sieht man es ihm jetzt nicht mehr an, und er hat das Anrecht, "nur noch" Martin zu sein. und kein "Transmann" zu sein, sondern ein "Mann". Punkt.

    Stimmt, das ist mir irgendwie entgangen. Ich kann Ihnen nur zustimmen! Vielen Dank!

  • Mmm... ich befürchte, das Forum ist nicht die richtige Anlaufstelle für eine beratung für eine Transition. Dafür gibt es ja wirklich bessere Stellen.
    und ja, für die Transition wird vermutlich ein Arztzeugnis mit "Dysphoria" und damit eine "F-Diagnose" (Psychische Diagnosen) benötigt werden.
    Was ist die Alternative? Im falschen Körper weiterleben und erst mit 30 transitionieren, aber dann beim Psychiater angeben, dass man seit 20 Jahren weiß, ein Mann/eine Frau zu sein? es erscheint mir - neben dem vermutlichen, täglichen Leiden - nicht der richtige Weg.
    Aber spezialisierte Stellen werden da entsprechend beraten und informieren können.

    Vielen Dank! Wird diese Diagnose dann die Verbeamtung erschweren?

  • Mir sind mehrere Lehrkräfte bekannt, die transitioniert haben. Teilweise vor dem Ref, teilweise während der Lehrtätigkeit.

    Das hat in diesen Fällen jeweils gut geklappt. Das Outing vor Eltern, Kolleg*innen, Schüler*innen wurde gut akzeptiert.

    Die Verbeamtung stellt meines Wissens kein Problem mehr dar, falls man die Transition schon vor dem Ref bzw. der Verbeamtung angeht.

  • Man muss auch wirklich sicher sein, dass es das Richtige für einen ist. Detransition ist ein Phänomen im niedrigen einstelligen Bereich, aber es gibt es, weil ein geringer Teil der Bevölkerung vermeintlich davon ausgeht, dass das Unwohlfühlen im eigenen Körper mit Geschlechtsdysphorie in Verbindung steht. Kann sein, aber es kann auch 1.000 Gründe geben, die in einigen Fällen auch einfach zeitlich begrenzt waren. Mal ganz plakativ formuliert: Es gibt Mädchen, die gerne als Kind Fußball spielen und die Haare kurz tragen. Womöglich sind sie ihr ganzes Leben dann eher maskulin, fühlen sich dennoch dem weiblichen Geschlecht zugeordet, womöglich tendenzieren sie auch in eine ganz andere Richtung später und kleiden sich gerne betont feminin.
    Vielleicht gibt es da auch viel persönliche Unsicherheit an den Schnittstellen, z.B. "Wann bin ich einfach ein femininer Mann und wann wirklich eine Frau?", daher kann ich dir an der Stelle unbedingt empfehlen, dir selbst Zeit zu geben und mit möglichst vielen Personen mit Fachwissen zu sprechen, sodass du dich wirklich so entscheiden kannst, dass du dich auch noch in 20, 30 oder 40 Jahren wohlfühlst.

  • Vielen Dank! Wird diese Diagnose dann die Verbeamtung erschweren?

    Nein, die Diagnose sollte die Verbeamtung nicht erschweren. Manche Trans*-Menschen leiden zusätzlich unter psychischen Erkrankungen (z.B. Depressionen, evtl. durch die Belastung bedingt) , die eher zum Problem werden können.

  • Hier mal ein Beispiel von einem Polizeianwärter, der trans ist:

    https://www.tagesschau.de/inla…in-trans-polizei-101.html


    Bis Anfang 2022 hatten in vielen Bundesländern sowie bei der Bundespolizei Trans*-Menschen keine Chance bei der Polizei, wenn ihre Trans-Identifikation vor Einstellung schon bekannt war aufgrund gewisser merkwürdiger Einstellungsvoraussetzungen (mind. ein funktionstüchtiger Hoden bei Männern, keine Brustimplantate bei Frauen). Inzwischen ist da die Verbeamtung auch kein Problem mehr.


    Eine Lehrkraft, die trans ist und sich so offen in den Medien präsentiert, ist mir nicht bekannt.

  • Hallo, ich würde gerne wissen ob man als Lehrkraft trans sein bzw. während des Berufs und als Verbeamtete*r am Gymnasium eine Transition machen darf?


    LG

    Warum solltest du das nicht dürfen? Der Beamtenstatus schließt Menschenrechte gerade nicht aus. Tatsächlich werden Angestellte wie Beamte nicht grundlos auf das GG vereidigt, was impliziert (implizieren sollte), dass dieses selbstredend auch für Lehrkräfte in ihrer Rolle als Bürger: innen, nicht nur als Akteure Wirksamkeit hat.


    Wie aufgeschlossen man als Schulleitungsteam bzw. Kollegium Transpersonen begegnet ist, wie auch manche Debatten in diesem Forum rund um Fragen der Bekleidung, Tätowierungen, etc. von Lehrkräften sieht sicherlich noch einmal (leider) eine ganz andere Sache und- sollte dich das Thema persönlich betreffen- eher der Schritt, den du bewusst durchdenken und mental vorbereiten solltest, um dich zu stärken, aber auch zu schützen bei Bedarf, sowie dir Unterstützer: innen an die Seite zu holen.

    An meiner Refschule gab es eine Kind, welches zu Schuljahresbeginn darüber informiert hat, dass es statt mit weiblichem Namen X von nun an mit männlichem Namen Y angesprochen werden wolle samt entsprechender Pronomina, die Jungstoilette nutzen und am Sportunterricht der Jungs teilnehmen wolle. Die Toilettenfrage ließ sich lösen durch einen Schlüssel für eine Einzeltoilette, die sonst nur Lehrkräfte nutzten (dank Funkcode hat der Schlüssel des Schülers nur dort funktioniert), die Sportfrage war in dem Schuljahr erst einmal noch kein Thema, durch koedukativen Sportunterricht, die Namensfrage aber für manche KuK bereits eine Zumutung, die auch deutlich gemacht haben, dass sie eine Teilnahme des Schülers am reinen Jungssport für untragbar erachten würden. Dank aufgeschlossener KLs und aufgeschlossener SL gab es dennoch keinen Eklat, das hätte aber durchaus auch anders laufen können.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

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  • Vielen Dank! Solche Einstellungsvoraussetzungen sind eindeutig skurril..

  • Mir sind mehrere Lehrkräfte bekannt, die transitioniert haben. Teilweise vor dem Ref, teilweise während der Lehrtätigkeit.

    Das hat in diesen Fällen jeweils gut geklappt. Das Outing vor Eltern, Kolleg*innen, Schüler*innen wurde gut akzeptiert.

    Die Verbeamtung stellt meines Wissens kein Problem mehr dar, falls man die Transition schon vor dem Ref bzw. der Verbeamtung angeht.


    Das freut und erleichtert mich zu wissen, vielen Dank!

  • Das ist natürlich kein Aprilscherz! Meine Sorge war nur, ob damit ein Problem wäre, weil mittlerweile ja noch viel Transphobie gängig ist und vielleicht die Transition als unangebracht oder ähnliches gesehen wird. Persönlich finde ich das ja nicht so, ich bin ja trans, aber die generelle Meinung dazu von anderen fehlt mir halt.

    Danke für die Klarstellung.


    Wenn du dir Sorgen über Transphobie machst, würde ich schauen, dass du an eine Schule in einem Raum kommst, in dem das tendenziell besser ist und dann auch die Schulform dementsprechend aussuchen. Ein katholisches Gymnasium im tiefsten Bayern (sorry) ist vielleicht anstrengender als eine Kölner Gesamtschule, um mit den Stereotypen zu spielen.

  • Vielen Dank! Das genau war meine Sorge, meine Familie und Teile meines Umfelds sind leider transfeindlich, was genau meine Sorge war und der Grund, weshalb ich gefragt habe. Meine Frage ist weder Aprilscherz noch Ironie, nur ernsthafte Sorge um meine Zukunft. Danke für dein Verständnis! <3

    Das tut mir wirklich von Herzen leid für dich, dass dein nächstes Umfeld dich nicht so annehmen kann als Mensch wie du bist. :troest: Ich hoffe, du hast oder findest zunehmend einen Freundeskreis, der dich dabei stärkt und unterstützt deinen Weg zu dir zu gehen. Es gibt wirklich gute Vereine, die queere Menschen unterstützen. Vielleicht wäre das ein weiterer möglicher Ankerpunkt in deinem Umfeld, damit du deinen Weg nicht alleine gehen musst.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Vielen Dank! Ich wurde selber schon "Schwuchtel" und ähnliches genannt, was auch ein Grund für die Frage war. Eine queere Lehrerin habe ich sogar, eine erwachsene Transperson außer mir und einer Freundin habe ich aber noch nie gesehen, besonders keine Lehrkräfte.

    Ich weiß zumindest von der GEW, dass es dort auch Untergruppen für queere Menschen gibt. Das könnte eine Kontaktadresse sein, um vielleicht auch Lehrkräfte in Transition kennenlernen zu können, mit denen du dich austauschen könntest.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Dankeschön! Haben Sie noch Tipps o.ä. wie ich am besten Vorgehen könnte? Ich habe außerdem gehört, dass eine Therapie, sie ja für die Transition notwendig ist, die Verbeamtung erschwert, wissen Sie darüber noch etwas?

    Die Therapie ist nicht fakultativ für die Transition, sondern medizinisch begründet und sogar verpflichtend. Das lässt sich sicherlich- auch wenn Amtsärzten die Erfahrung im Umgang fehlen dürfte- sehr gut sortieren und begründen, warum selbst eine fortgesetzte Therapie nach erfolgter Transition an dieser Stelle gerade kein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Dienst wahrscheinlich macht. Lass dich mit ausreichendem zeitlichen Vorauf vor dem Ref von deiner Gewerkschaft ganz ausführlich beraten in der Frage, um entsprechende ärztliche Gutachten vorbereiten und mitführen zu können. Gute Vorbereitung ist alles.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

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