Eingestelltes Ermittlungsverfahren - angeben?

  • Beitrag von lilacpaper ()

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  • Puh, wie sollen wir sagen, was daraus am Ende wird, wenn selbst Juristen sich uneins sind… Mit welcher Begründung meinten die denn wahlweise, es spiele eine oder keine Rolle? Was für Fachanwälte waren das, also für welche Fachrichtung, Strafrecht, Verwaltungsrecht?


    Ansonsten: Wurde das Verfahren gegen Auflagen eingestellt oder mangels Beweisen oder weil man davon ausging, dass dein Verhalten noch unter Notwehr fallen würde oder warum wurde eingestellt?

    Davon könnte es abhängen, ob du das angeben musst oder eben nicht. Ob es dann zum Ausschlussgrund für eine Verbeamtung wird dürfte dann noch einmal eine ganz andere Frage sein, über die sich mutmaßlich vortrefflich streiten lässt angesichts der widersprüchlichen Aussagen der beiden Anwälte.


    Meine Vermutung geht dahingehend, dass du das zwar angeben wirst müssen, weil es nun einmal ein staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren war, aber völlig offen ist, ob dieses am Ende ein Hinderungsgrund sein muss für eine Verbeamtung oder eben nicht. Dafür dürfte es auf die Gründe für diese Einstellung ankommen. Wie lange das Verfahren zurückliegt spielt dabei keine Rolle. Immerhin geht es bei der Verbeamtung um die Frage „auf Lebenszeit“, dafür schaut ein Dienstherr eben besonders gründlich auf die charakterliche Eignung.


    Seph , Bolzbold  fossi74 : Habt ihr vielleicht einen hilfreichen Hinweis?

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Mich irritiert tatsächlich die Formulierung in dem Schreiben.

    Auch eine völlig unschuldige Person kann betroffen von einem Ermittlungsverfahren sein und das Verfahren kann wegen erwiesener Unschuld eingestellt werden. Dann gibt es für mich als Laie überhaupt keine rechtliche Basis auf der ein neuer Arbeitgeber Jahre später Verlagen kann, darüber informiert zu werden. Ein berechtigtes Interesse gibt es für mich nur bei einer Verurteilung oder einem offenen Verfahren.

    Der Arbeitgeber kann ein erweitertes Führungszeugnis verlangen, ich sehe keinen Auskunftsanspruch für Dinge, die da nicht drin stehen.

    (Im übrigen bist du im 2. Semester, bis das akut wird ist der Vorfall 6 Jahre her, in meinen Augen ist es nicht schuldhaft, wenn man so einen Vorfall nach 6 Jahren vergessen hat.)

  • Wenn man den Wortlaut der Erklärung liest, würde ich sagen, dass Du das angeben musst.
    Die charakterliche Eignung wird Dir dadurch sicherlich nicht per se abgesprochen. Aber hier aus Angst oder aus Versehen eine falsche Angabe zu machen, dürfte m.E. schädlicher sein als ein eingestelltes Ermittlungsverfahren.

    Gruß
    #TheRealBolzbold

    Ceterum censeo factionem AfD non esse eligendam.

  • Ich würde auch zu "nicht angeben" tendieren. Die Einstellung nach § 170 erfolgt, wenn schon kein hinreichender Tatverdacht vorliegt. Da gibt es dann auch keine Auflagen.

    Die Formulierung "anhängig war" ist schon unglücklich gewählt - entweder das Verfahren ist gerade anhängig, oder es ist (mit Freispruch, Urteil oder Strafbefehl) abgeschlossen.

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

  • Beitrag von CDL ()

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  • Mit welcher Begründung meinten die denn wahlweise, es spiele eine oder keine Rolle? Was für Fachanwälte waren das, also für welche Fachrichtung, Strafrecht, Verwaltungsrecht?

    Anwalt 1: ich muss es angeben, hat keine Begründung genannt


    Anwalt 2: anhängig ist etwas erst, wenn es vor Gericht eingeht. Das Verfahren war nie bei Gericht -> es ist keine Anhängigkeit vorhanden


    Beide waren fürs Beamtenrecht spezialisiert.


    Und das Verfahren wurde gemäß Paragraph 170 StPO eingestellt, d.h. es gab keinen hinreichenden Tatverdacht.


    Die Verbeamtung wäre mir egal, ich habe nur Angst, dass ich ÜBERHAUPT nicht zum Ref, auch nich als Angestellte zugelassen werde.


    Ich werd jetzt nochmal einen dritten Anwalt befragen…

  • Die Formulierung "anhängig war" ist schon unglücklich gewählt - entweder das Verfahren ist gerade anhängig, oder es ist (mit Freispruch, Urteil oder Strafbefehl) abgeschlossen.

    Genau das hat der eine Anwalt auch gesagt

  • Dass du gar nicht zugelassen wirst sehe ich vor dem Hintergrund dessen, dass das Verfahren mangels Tatverdachts eingestellt wurde nicht, eh sei denn, dein erweitertes Führungszeugnis enthält irgendwelche Einträge, die du bislang verschwiegen hast. Ohne diese Einträge gibt es keine Rechtfertigung dich gar nicht erst für den Schuldienst zuzulassen. Das RP steht an der Stelle ja nicht über der Justiz. Das sollten dir deine beiden Anwälte aber gesagt haben bzw. Du bei diesen erfragt haben..

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Nein ich hatte nie nie nie Probleme mit der Justiz. Mein Führungszeugnis is 1A sauber. Die Anwälte meinten auch, dass sie eine Verwehrung des Refs bezweifeln, vor allem weil es in BW ja Teil der Ausbildung ist.

  • Um dir ein Tipp zu geben: du redest zu viel, weil du wohl auch zu ehrlich bist. Das solltest du dir abgewöhnen.


    Das verlinkte Merkblatt hat noch eine relevante Fußnote. Die Formulierung des Blattes kommt mir komisch vor. Die Richter vom VG, die bei uns beispielsweise die Examensvorbereitung machen, sind durchaus „verstockt“, i.e. da könnte schon eine Kleinigkeit reichen.


    Letztendlich die Frage ist, wie du deinen Sachverhalt unter die Formulierung subsumierst. Faktisch bedeutet eine Einstellung gem. § 170 Abs. 2 StPO, dass keine Rechtskraft erreicht wird, da kein Strafklageverbrauch eintritt. Erst eine endgültige Verjährung (oder Auftauchen anderer Verfahrenshindernisse) würde diese beseitigen. Deshalb ist man manchmal geneigt, ein Angebot der Einstellung gem. § 153a StPO anzunehmen. Ja, die pressen Geld raus und den Strafverteidigern ist das egal – die machen dadurch ja auch ihre Kohle. Verjährung für die gefährliche Körperverletzung tritt in 10 Jahren nach der letzten Handlung der StA (hier: Entscheidung nach § 170 Abs. 2 StPO) ein. In beiden Fällen steht nichts im Zentralregister (und damit auch nicht im (erweiterten) Führungszeugnis). Allerdings könnte es in deinem Fall wieder aufgenommen werden und dann steht es dort.


    Dementsprechend kommt das "anhängig war“ für das Strafverfahren bei der StA infrage, obwohl das eine ungewöhnliche Formulierung ist (anhängig heißt eigentlich nach der Anklageerhebung und die wurde bei dir ja gerade verneint, aber die meinen hier wohl bei der StA "liegend").


    Somit musst du es abgeben. Was ich an deiner Stelle tun würde: stilles Schaf spielen: leeres Führungszeugnis eintragen, nicht drüber reden und wenn es "auffliegt", das "Weiß nicht mehr so genau, wurde doch eingestellt".

  • Mich irritiert tatsächlich die Formulierung in dem Schreiben.

    Auch eine völlig unschuldige Person kann betroffen von einem Ermittlungsverfahren sein und das Verfahren kann wegen erwiesener Unschuld eingestellt werden. Dann gibt es für mich als Laie überhaupt keine rechtliche Basis auf der ein neuer Arbeitgeber Jahre später Verlagen kann, darüber informiert zu werden. Ein berechtigtes Interesse gibt es für mich nur bei einer Verurteilung oder einem offenen Verfahren.

    Genau das finde ich auch!! In allen anderen BL‘s wird entweder nach aktuellen Verfahren, nach Verfahren in den letzten 3/5 Jahren gefragt oder einfach das Bundeszentralregister herangezogen, wo auch Verurteilungen stehen, die unter 90 Tagessätzen sind. Ab 90 TS steht‘s ja eh im FZ. Ich denke dass ich vor Gericht auch eine realistische Chance gehabt hätte, dass man das Verhalten als Notwehr oder vllt. überzogene Notwehr deutet. Ich bin ja sonst nie in meinem Leben straffällig gewesen. Ich hatte in dem Moment einfach sehr sehr viel Angst und Panik und bin davon ausgegangen, dass die Polizei mir hilft und vllt. meinen Bruder aus der Wohnung verweist. Davon ist aber nix passiert. Ist halt doppelt bitter als Opfer. Ich war danach auch bei einer Ärztin und habe die Verletzungen, die ich erlitten habe, dokumentiert.

    Einmal editiert, zuletzt von lilacpaper ()

  • Die Voraussetzungen für eine Notwehr sind sehr eng und bei einem Fall des Notwehrexzess wirst du trotzdem verurteilt. Ersttäterschaft ist dann lediglich auf der Rechtsfolgenseite ein Strafmilderungsgrund (aber: einer mit Gewicht). Wie genau dein Zwischen- und Hauptverfahren gelaufen wäre, das kann dir niemand sagen.


    Unter 90 TS steht es u.U. auch im FZ, § 32 Abs. 2 Nr. 5 a.E. BZRG.

    Nein ich hatte nie nie nie Probleme mit der Justiz. Mein Führungszeugnis is 1A sauber. Die Anwälte meinten auch, dass sie eine Verwehrung des Refs bezweifeln, vor allem weil es in BW ja Teil der Ausbildung ist.

    Ja, es geht "Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG" auch bei mir an. Ich denke auch an Datenschutz. Wie gesagt, mir kommt die Formulierung der Erklärung auch komisch vor.

  • Beitrag von lilacpaper ()

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  • Beitrag von Websheriff ()

    Dieser Beitrag wurde vom Autor gelöscht ().
  • Um dir ein Tipp zu geben: du redest zu viel, weil du wohl auch zu ehrlich bist. Das solltest du dir abgewöhnen.


    (…)


    Somit musst du es abgeben. Was ich an deiner Stelle tun würde: stilles Schaf spielen: leeres Führungszeugnis eintragen, nicht drüber reden und wenn es "auffliegt", das "Weiß nicht mehr so genau, wurde doch eingestellt".

    Ich halte deine beiden Ratschläge für ziemlich bescheiden. Ehrlichkeit ist kein Charakterfehler, eine Angabe bewusst zu unterschlagen und sich dann versuchen rauszulügen, was du hier letztlich rätst, kann einen dagegen erheblich mehr kosten als das einfach ehrlich anzugeben.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Ich halte deine beiden Ratschläge für ziemlich bescheiden. Ehrlichkeit ist kein Charakterfehler, eine Angabe bewusst zu unterschlagen und sich dann versuchen rauszulügen, was du hier letztlich rätst, kann einen dagegen erheblich mehr kosten als das einfach ehrlich anzugeben.

    Im ersten Satz geht es um das „viel Reden“ und das ist vor der Justiz, auch der Verwaltung, eine sehr schlechte Idee – zumindest als Nichtjurist.


    Bzgl. der letzteren Sache: er versteht doch Folgen des § 170 Abs. 2 StPO nicht so richtig und als Laie kann man ihn das nicht vorhalten. Sein RA hat ihm das auch empfohlen (wenn der Beitrag noch nicht gelöscht wurde), wieso wohl: der will ihn vor den zermalmenden Mühlen bewahren, die auch häufig zu Unrecht laufen.


    Wie unsere anthropologischen Ansichten sich unterscheiden mögen, das ist nicht Thema.

  • danke für eure beiträge! ich werde den anfänglichen beitrag löschen, bin aber dankbar für eure meinungen

  • Ohne die Ausgangsfrage genau gelesen zu haben (da gelöscht), könnte ich mir vorstellen, dass folgendes Urteil des BAG interessant sein könnte:


    Frage an Stellenbewerber nach eingestellten Ermittlungsverfahren - BAG 6 AZR 339/11
    Der Arbeitgeber darf den Stellenbewerber wegen seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung grundsätzlich nicht nach eingestellten strafrechtlichen…
    kanzlei-moegelin.de


    Das Recht zur Lüge besteht auch bei diversen Fragen im Vorstellungsgespräch, die schlichtweg unzulässig sind.

    Beispiel: Planen Sie umzuziehen?


    Die Zulässigkeit oder nicht Zulässigkeit ergibt sich aus dem Datenschutzgesetz und den sonstig geltenden Rechtsvorschriften.

    Stellt die Behörde eine Frage, so ist das eine Datenerhebung. Diese ist nur zulässig, wenn es für die Erhebung eine Rechtsgrundlage gibt, nach der die Erhebung dieser Daten erforderlich ist.

    An alle Deutschlehrer:
    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. :doc:

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