Schüler immer schlechter?

  • Ich fände es für alle gut, wenigstens im letzten Jahr vor der Einschulung. Es ist anstrengend, Kinder zu integrieren, die nicht im Kindergarten waren.

    Wobei eine generelle Pflicht ganz andere Optionen eröffnen würde, das fände ich auch gut und offenbar für sehr viele auch notwendig.

    Freiheitseingriffe, damit deine Arbeit nicht mehr so anstrengend ist? Finde ich einen fatalen Ansatz.

  • Die Forderung, Kinder, die nicht ausreichend Deutsch können, könnten nicht eingeschult werden, braucht immer auch einen Plan für die Alternative. Was ist denn dann? Diese Kinder können ja auch nicht einfach zu Hause bleiben.

    Richtig

    Genauso braucht die Forderung, wirklich alle müssten in Gesamtschulen beschult werden einen Plan. Den gibt es aber nicht.

  • Wie willst du das hinbekommen, dass die Eltern, selbst oft selbst bildungsfern, mitmachen?

    Wie definierst du "bildungsfern"? Als "verfügen über geringe Bildung" oder als "Bildungsangeboten gegenüber negativ/ablehnend eingestellt"?

    Ich kann selbst über geringe Bildung verfügen, aber meine Kinder mit Bildung fördern so gut wie es nur irgendwie geh. Dass sind dann oft die Kinder, die die Ersten in der Familie sind, die das Abitur machen oder studieren.

    Ich kann aber auch meinen Kindern Bildungsangebote verwehren, weil ich mir einrede, dass sie diese nicht bräuchten und es ja eh im Leben wichtigere Dinge gebe.

  • Freiheitseingriffe, damit deine Arbeit nicht mehr so anstrengend ist? Finde ich einen fatalen Ansatz.

    Was ist denn an der Forderung nach einem verpflichtenden Vorschuljahr ein Freiheitseingriff? Oder bezeichnest du die Schulpflicht auch als Freiheitseingriff?

    Und dass "Palims Arbeit nicht mehr so anstrengend ist" ist ja nun wirklich nicht der Grund. Kinder sollen einfach mit einem gewissen Repertoire ausgestattet in die Schule kommen, um im Anfangsunterricht nicht erst lernen zu müssen, wie man Brotzeitboxen öffnet, Schuhe anzieht, Stifte hält, Jacken schließt, sich zum Sport umzieht, und ja, bestenfalls auch die Sprache versteht und spricht. Das alles, also der Erwerb dieser Kompetenzen, dieser Selbstständigkeit, passiert leider nicht mehr zuverlässig zuhause (vielleicht ist es das auch noch nie, ich empfinde es allerdings mit jedem Jahr etwas extremer). Und bei Familien mit nichtdeutscher Muttersprache kommt dann noch dazu, dass die Kinder, die keinen Kindergarten oder keine Vorschule besucht haben, eben teilweise doppelt benachteiligt sind - ihnen fehlt es dann zum Beispiel an oben genannten Kompetenzen und sie tun sich sprachlich schwer.

  • Was ist denn an der Forderung nach einem verpflichtenden Vorschuljahr ein Freiheitseingriff? Oder bezeichnest du die Schulpflicht auch als Freiheitseingriff?

    Ja, die Schulpflicht ist, wie viele andere Verpflichtungen oder Verbote von staatlicher Seite ein Eingriff in die Grundrechte. In der Abwägung ist sie aber gewichtiger, als die eingeschränkten Rechte. Meiner Ansicht nach gilt das auch für ein verpflichtendes Vorschuljahr.

  • Ich kann selbst über geringe Bildung verfügen, aber meine Kinder mit Bildung fördern so gut wie es nur irgendwie gut. Dass sind dann oft die Kinder, die die Ersten in der Familie sind, die das Abitur machen oder studieren.

    Nein,

    auch hier reden wir wieder über ganz unterschiedliche Gruppen.

    Wenn du selbst über geringe Bildung verfügst, also nicht lesen kannst oder nicht rechnen kannst - oder gerade mal eben so, dann ist es für dich um ein Vielfaches schwieriger, deine Kinder zu fördern. Und das sind sehr selten die Kinder, die als erste Abitur in der Familie machen.

    Akademiker-Kinder sind nach wie vor häufiger auf dem Gym, machen häufiger Abi und gehen häufiger studieren, auch weil diese Eltern einen Einblick ins System haben, wissen, wie man sich kümmert, worauf man achten muss, was dazu gehört und was nicht.

    Und wenn du selbst über geringe Bildung verfügst, hast du auch ein geringeres Budget, um dir außerschulisch Bildung oder Hilfe einkaufen zu können und scheust vielleicht Sachen, weil du Sorge hast, dass du sie dir nicht leisten kannst.

  • Dann müsste man sich mal die Unterstützungssysteme in HH angucken … und in BY,

    zwei ganz unterschiedliche Systeme, in denen es aber innerhalb dieses Systems Hilfen gibt.

    HH hat mehr Stunden im GS-Bereich, als alle anderen Länder und setzt in dieser Zeit auch das Leseband um, das dann nicht aus den anderen Stunden heraus umgesetzt werden muss.

    Ich wüsste gerne, was es sonst an Möglichkeiten gibt, die zu unterstützen, die mehr Anschub und mehr Betreuung benötigen.

    Hamburg hat doch auch dieses Verfahren, dass die Kinder schon mit 4 1/2 Jahren auf ihren Entwicklungsstand untersucht werden, oder nicht?

  • Was ist denn an der Forderung nach einem verpflichtenden Vorschuljahr ein Freiheitseingriff? Oder bezeichnest du die Schulpflicht auch als Freiheitseingriff?

    Na, selbstverständlich ist die Schulpflicht ein Eingriff in die Freiheit und in andere Grundrechte. Das kann doch niemand ernsthaft bestreiten? Wir können uns fragen, ob dieser Eingriff gerechtfertigt ist und eine große Mehrheit in Deutschland wird diese Frage mit Ja beantworten. Ich halte ihn persönlich nicht für gerechtfertigt, u. a. weil die Schulpflicht im Zweifel gegen das Recht auf Bildung geht, aber die juristische herrschende Lehre ist da klar, auch wenn die Minderheitenmeinung hier sehr starke Vertreter hat, unter anderem die ja jetzt doch bekanntere Frauke Brosius-Gersdorf.

    Ein verpflichtendes Vorschuljahr greift massiv in das Grundrecht der Erziehungsfreiheit der Eltern ein (Art. 6 Abs. 2 GG). Der Staat kann bei Versagen tätig werden, er ist aber erstmal keine eigene Erziehungsinstanz.

  • Ich fände verpflichtende Vorschulbildung für Kinder mit Sprach- und Entwicklungsdefiziten durchaus auch sinnvoll. Aber bitte bedarfsgerecht und nicht pauschal für alle Kinder, egal, ob Notwendigkeit besteht oder nicht.

  • Na, selbstverständlich ist die Schulpflicht ein Eingriff in die Freiheit und in andere Grundrechte. Das kann doch niemand ernsthaft bestreiten?

    Ja, aber du tust so, als wäre das gleichzusetzen mit einem Gefängnisaufenthalt ;-). "Freiheitsberaubung von kleinen Kindern, nur damit Palim sich vormittags ausruhen kann", so habe ich deinen Beitrag interpretiert.

  • Palim: Die Statistiken, nach denen Kinder von Akademikern viel häufiger studieren als Kinder von Eltern ohne akdemischen Hintergrund, kenne ich. Dennoch, wir sprechen ja auch hier im Forum oft davon, dass der Anteil an Gymnasiasten innerhalb eines Jahrgangs so sehr gestiegen sei oder die Abiturquoten immer besser werden. Ob diese Ergebnisse objektiv gerechtfertigt sind oder nicht, ist ein anderes Thema, aber das reine Zustandekommen dieser Ergebnisse zeigt doch, dass Profiteure viele Jugendliche sind, die eben "die Ersten in der Familie, die..." sind - oder sehe ich da etwas falsch?

  • Ja, aber du tust so, als wäre das gleichzusetzen mit einem Gefängnisaufenthalt ;-). "Freiheitsberaubung von kleinen Kindern, nur damit Palim sich vormittags ausruhen kann", so habe ich deinen Beitrag interpretiert.

    Ich habe nicht von einem Gefängnisaufenthalt gesprochen. Ich habe es ganz sachlich als Freiheitseingriff bezeichnet. Und da genügt dann als Begründung nicht, dass die Integration in die schulischen Strukturen so anstrengend ist (mal davon abgesehen, dass diese Anstrengung ja ohnehin nur verlagert würde).

  • Ich halte ihn persönlich nicht für gerechtfertigt, u. a. weil die Schulpflicht im Zweifel gegen das Recht auf Bildung geht, aber die juristische herrschende Lehre ist da klar, auch wenn die Minderheitenmeinung hier sehr starke Vertreter hat, unter anderem die ja jetzt doch bekanntere Frauke Brosius-Gersdorf.

    Frauke Brosius-Gersdorf bezieht keine Position gegen die Schulpflicht, sie hält nur die Möglichkeit der Erfüllung der Schulpflicht durch Heimunterricht für sinnvoll. Das ist ein erheblicher Unterschied.

  • Frauke Brosius-Gersdorf bezieht keine Position gegen die Schulpflicht, sie hält nur die Möglichkeit der Erfüllung der Schulpflicht durch Heimunterricht für sinnvoll. Das ist ein erheblicher Unterschied.

    Schulpflicht bedeutet den Besuch der Schule verpflichtend zu machen. Brosius-Gersdorf hält das für falsch. Sie bezieht da sehr wohl Position gegen die Schulpflicht.

  • Schulpflicht bedeutet den Besuch der Schule verpflichtend zu machen. Brosius-Gersdorf hält das für falsch. Sie bezieht da sehr wohl Position gegen die Schulpflicht.

    Du verstehst den Begriff Schulpflicht zu eng.

    Lies mal nach was Frau Brosius-Gersdorf genau sagt.

  • Du verstehst den Begriff Schulpflicht zu eng.

    Lies mal nach was Frau Brosius-Gersdorf genau sagt.

    Ich verstehe den Begriff Schulpflicht genauso wie er gemeint ist, nämlich als eine Konkretisierung der Bildungspflicht.

    Wir müssen dafür noch nicht mal in ihre wissenschaftlichen Schriften schauen, ein Blick in die jüngere Presse reicht bereits.

    Edit: Aber gib mir gerne Lektüreempfehlungen.

  • Braucht es nach den heftigen Auswirkungen der Coronazeit auf das Bildungsniveau junger Menschen in Deutschland wirklich diese Haarspalterei ob Frau Brosius-Gersdorf von Schul- oder Bildungspflicht spricht? Gerade die Erkenntnisse aus den Jahren 2020 und 2022 sollten uns gezeigt haben, wo die Schwerpunkte im deutschen Bildungssystem liegen sollten.

  • Braucht es nach den heftigen Auswirkungen der Coronazeit auf das Bildungsniveau junger Menschen in Deutschland wirklich diese Haarspalterei ob Frau Brosius-Gersdorf von Schul- oder Bildungspflicht spricht? Gerade die Erkenntnisse aus den Jahren 2020 und 2022 sollten uns gezeigt haben, wo die Schwerpunkte im deutschen Bildungssystem liegen sollten.

    Das sind natürlich wichtige Erkenntnisse, die man auf jeden Fall berücksichtigen muss. Sie sind aber nur bedingt belastbar auf eine Nicht-Krisen-Situation zu übertragen. Es fordert aber auch niemand einen Abbruch aller Schulen und nur noch Heimunterricht, informelles Lernen oder andere alternative Bildungsangebote. Allein ein niedrigschwelliger Zugriff auf diese sollte ermöglicht werden.

  • Dieser niederschwellige Zugang würde, um mal Richtung USA zu schauen, dann auch von fundamentalistisch eingestellten Eltern genutzt werden. Oder von Eltern, die meinen "Ach, Bildung ist eh überbewertet. Habe ich selbst auch nie gebraucht.".

    Es müsste sowohl niedrigschwellig als auch von staatlicher Seite engmaschig kontrolliert werden, um das hohe Missbrauchspotential zu begrenzen, und das wiederum würde daran scheitern, dass kein Bundesland bereit wäre, diese Extrakosten (auch personell) zu tragen.

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