Promovieren als Lehrer

  • Ausser, dass man zweiunddrölfzig-mal pro Stunde von den Schüler "Herr/Frau/Fräulein Dr. XY" angesprochen wird - oder eben nicht und jedes Mal erläutern kann, dass es "Herr/Frau/Fräulein Dr. XY" heißt.

    Du erwartest allen Ernstes, dass die Schüler dich mit Dr. ansprechen? Wir hatten mal einen Vertretungslehrer, der wollte das auch, da haben wir im Kollegium aber ganz schön den Kopf drüber geschüttelt. Um das mal vorsichtig auszudrücken.

  • Ich werde von neuen Klassen eigentlich immer irgendwann während des ersten Monats gefragt, ob ich mit Herr ... oder Herr Doktor ... angesprochen werden möchte, worauf ich schon seit dem ersten Mal sage, dass mir das völlig egal ist und sie das halten können wie sie es gerne möchten (was hauptsächlich daran liegt, dass ich in den Jahren als Mitarbeiter an der Uni in meinem Fachbereich niemanden getroffen hab, der jemand anderen (untereinander) mit Titel oder Amtsbezeichnung angesprochen hätte. Studenten hingegen lieben das über alle Maßen und bei Schülern ist es ziemlich ähnlich...vielleicht 10% nutzen die Ansprache ohne und 90% mit (manche machen daraus auch einfach Kurzformen, also anstatt Herr ... einfach nur Doc), bei den Eltern sind es ziemlich sicher 100%, ich kann mich nicht an ein einziges Mal erinnern, dass das jemand weggelassen hätte. Du musst das nicht erwarten oder darum bitten oder sonst was, die Schüler machen das seltsamerweise/aufgrund ihrer Sozialisation von alleine und gerne.

    If you look for the light, you can often find it.
    But if you look for the dark that is all you will ever see.

  • Gerade im schulischen Kontext finde ich so einen Standesdünkel seitens eines Pädagogen eher unpassend...

    ... was aber vor allen möglicherweise die nicht-promovierten so sehen

    Ich werde von neuen Klassen eigentlich immer irgendwann während des ersten Monats gefragt, ob ich mit Herr ... oder Herr Doktor ... angesprochen werden möchte, worauf ich schon seit dem ersten Mal sage, dass mir das völlig egal ist und sie das halten können wie sie es gerne möchten (was hauptsächlich daran liegt, dass ich in den Jahren als Mitarbeiter an der Uni in meinem Fachbereich niemanden getroffen hab, der jemand anderen (untereinander) mit Titel oder Amtsbezeichnung angesprochen hätte. Studenten hingegen lieben das über alle Maßen und bei Schülern ist es ziemlich ähnlich...vielleicht 10% nutzen die Ansprache ohne und 90% mit (manche machen daraus auch einfach Kurzformen, also anstatt Herr ... einfach nur Doc), bei den Eltern sind es ziemlich sicher 100%, ich kann mich nicht an ein einziges Mal erinnern, dass das jemand weggelassen hätte. Du musst das nicht erwarten oder darum bitten oder sonst was, die Schüler machen das seltsamerweise/aufgrund ihrer Sozialisation von alleine und gerne.

    vielleicht machen sie das aber auch, weil du nicht explizit sagst, dass du keinen Wert darauf legst. So viel Feingefühl haben Schüler dann ja doch oft.

  • Studenten hingegen lieben das über alle Maßen

    Muss so eine Generationengeschichte sein. In meinem Umfeld vor +/- 20 Jahren wäre niemand auf die Idee gekommen, Mittelbaudozenten oder auf Professoren mit Titel anzusprechen. Da war es immer nur "Herr/Frau XY".
    Vielleicht gab es im ersten Semester noch ein paar Unsicherheiten, aber danach...
    Interessanterweise ertappe ich mich dabei, dass ich gerade bei Ärzten unbewusst dazu neige, den Doktor mitzusprechen, obwohl mir durchaus bewusst ist, dass der Dr.med im Regelfall von Aufwand und Leistung kaum mit anderen Promotionen zu vergleichen ist.


    Zum Thema:
    Es ist durchaus mein Eindruck, dass eine Promotion bei bestimmten Beförderungsstellen hilfreich ist. Zumindest findet man in den Organigrammen der MBs (das bayerische Gegenstück zu den Schulämtern) und vor allem im KM verstärkt promovierte Kollegen. Bei Abordnungen an die Unis sowieso - aber da macht es ja auch Sinn. D.h., wenn es aus der eigentlichen Schule raus geht, scheint es zu helfen.
    Wenn man Seminarlehrer werden will, schadet es sicher auch nicht.

  • In meiner Wahrnehmung war völlig egal immer keinen Wert darauf legen...ich mecker niemanden an der es weglässt und niemanden der es benutzt. :)
    Ich glaube einfach, dass in der deutschsprachigen Gesellschaft Titel immer noch einen sehr hohen Rang haben (das sieht man bei uns z.B. noch daran, dass jeder Arzt automatisch Herr/Frau Doktor ist, in Österreich ist es noch um ein Vielfaches extremer), ist vielleicht so ein "Hauptmann von Köpenick"-Ding. ;)

    If you look for the light, you can often find it.
    But if you look for the dark that is all you will ever see.

  • Ich würde mich wahrscheinlich erschrecken würde mich jemand an der Schule mit "Frau Doktor" ansprechen. Ist mir noch NIE passiert obwohl es jeder sehen kann weil meine Chefin irgendwie gefunden hat es müsse auf allen Stundenplänen etc drauf stehen. Wir haben so viele Promovierte an der Schule, da schert sich (ausser meiner Chefin) kein Mensch drum.

  • Da gerade der Universitätsaspekt aufgegriffen wurde: Ich habe meine Dozenten auch noch nie mit Titel angesprochen und auch in den E-Mails lasse ich den weg (die Dozenten lassen ihn im E-Mail-Verkehr im Übrigen auch oft selbst weg). In den Hausarbeiten kommt er halt dazu, aber das ist eher eine reine Formalität. Ich denke mir dann meist: Die Dozenten wissen selbst, dass sie einen Doktoren- oder Professorentitel haben - warum sie also daran erinnern?


    OT, aber ich erinnere mich an eine Mathematikvorlesung, in der die Dozentin vorne damit beschäftigt war, ihre Gedanken zu sammeln. Um ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen und damit ihren Gesprächsanlass kundzutun, rief eine Kommilitonin die Dozentin mit vollem Namen. Ich musste mir verkneifen, nicht zu lachen, weil es in dem Moment einfach total unerwartet und auch unpassend erschien, aber gut... Sie hatte die Aufmerksamkeit der Dozentin. Ich denke, dass in der konzeptionellen Mündlichkeit ein Bestehen auf Nennung der Titel eher aufgesetzt wirkt, aber jedem Tierchen sein Pläsierchen ;) .

  • ... was aber vor allen möglicherweise die nicht-promovierten so sehen


    Was für eine wiiiiiiiiiiiderliche Aussage. :uebel:


    Wie oft erlebe ich diese Art von Scheinlogik in Diskussionen, in denen der vermeintlich Schlauere keine sinnvollen Argumente findet.


    "Sie haben wohl keine Kinder, sonst könnten Sie das und das verstehen und würden das und das anders machen."

    "Sie sind wohl nicht hochbegabt, sonst würden Sie verstehen, wie Justin-Cederik sich fühlt, wenn er blablabla."

    "Sie haben wohl keinen Doktor-Titel, sonst würden Sie auch auf die Nennung bestehen."


    Weder eine professionelle Einschätzung (die auf Studium, Ausbildung und Berufserfahrung basiert), noch eine persönliche Meinung müssen doch noch gestärkt werden, indem man sich selbst zu den Betroffenen zählt. Was, wenn der Mörder dem Psychologen seine Kompetenz abspricht mit dem Argument, dieser habe schließlich noch nie jemanden ermordet.
    Und was, wenn ich jetzt doch Kinder habe? Diese aber gut erzogen sind und ich bestimmtes Verhalten aber trotzdem nicht erlaube. Sind meine pädagogischen Maßnahmen dann eher legitimiert?
    Was, wenn ich aber selbst hochbegabt bin, es aber nicht auf meinem Namensschild steht? Sind meine Fördermaßnahmen dann sinnvoller?
    Und was, wenn ich promoviert habe, der Gegenüber es aber genau deshalb nicht weiß, weil ich weder meine persönliche noch meine berufliche Existenz mit einem Titel schmücken muss?
    Manchmal überlege ich, vielleicht doch mal 5 Jahre Freizeit zu investieren, um in diesen Momenten sagen zu können: "Doch, hier ist meine Promotionsurkunde, ätschibätschi, was machste jetzt?" Aber ist es das wert? :D
    Neulich habe ich eine Diskussion Jordan oder LeBron James durch das Zeigen meiner Siegerurkunde der Bundesjugendspiele '93 im Keim erstickt. Sieg auf ganzer Linie.



    Und nun meine Anekdoten zum Doktortitel:


    1. Lehrer erwischt uns als Schüler auf dem Weg zum Bäcker (damals verboten) und zwingt uns, unseren Tadel selbst zu formulieren und handschriftlich zu verfassen, während er neben uns steht. Mitschüler schreibt: "Herr Arschloch (Name wurde geändert, d. Red.) hat uns erwischt...." Lehrer schreit uns an: "DAS HEIßT DOKTOR! ICH HABE KEINEN DOKTOR GEMACHT, UM HERR GENANNT ZU WERDEN!" Warum dann wohl? Genau. :uebel:


    2. Kollege am anderen BK begegnet einem der Teilzeit-Ärzte und möchte freundlich etwas wegen der Räumlichkeiten besprechen. "Ach, Herr Dummbirne (Name wurde geändert) ...." Dummbirne: "Das heißt DOKTOR Dummbirne. Ich bin DOKTOR. Nicht wahr? Das lernst du auch noch, Jungchen." Wörtlich so geschehen. :uebel:


    3. Ich komme ursprünglich aus Münster, wo in diesem Jahr die Landtagswahlen stattfanden. Da das Verschicken der Wahlbenachrichtigungen automatisiert ist, wurde der TITEL auf diesen nicht abgedruckt. Das Ergebnis? Beschwerden, Beschwerden und viele Beschwerden. Es hat die kleinwutzigen Leute wirklich aufgeregt, dass auf einem maschinell erstellten Papier, das niemand zu Gesicht bekommt, ihr Titel nicht abgedruckt wurde. Tausende Wahlbenachrichtigungen mussten neu erstellt und verschickt werden. Kosten: Eine 5-stellige Summe. Nachbarort Havixbeck hat direkt nachgezogen und den gleichen Müll auch gemacht. :uebel:


    4. Ein neuer, älterer Kollege wird auf der Konferenz mit Titel vorgestellt und erklärt sogleich, dass man ihn damit wirklich nicht ansprechen muss, auch weil das mit dem Beruf und dem was er tut, wenig zu tun hat. Ich hab ihn dann ge-Dutzt, wie alle da. :top:

  • @Lehramtsstudent: Da kommen dann eventuell auch noch Fachunterschiede dazu...in Mathe haben wir manche Dozenten auch geduzt, in Geschichte war das Ganze sehr konservativ... :)
    Trapito: In diesem Fall ist es kein Argument, es ist aber kein genereller Argumentationsfehler. Ich halte es tatsächlich für (Gott sei Dank) unwahrscheinlich, dass sich ein forensischer Psychologe nicht exakt in einen soziopathischen Serienmörder hineinversetzen kann und halte es auch für unwahrscheinlich, dass irgendwer nachvollziehen kann, wie es ist ein Kind zu verlieren, der das nicht selbst erlebt hat. Das heißt aber nicht, dass der Psychologe nicht über Schuldunfähigkeit und psychische Diagnosen reden kann (dafür ist er schließlich Spezialist) oder dass man Personen in Trauer nicht trösten kann (Man sollte sich nur nicht anmaßen sie zu verstehen). Und deine Anekdoten zum Doktortitel sprechen in drei Fällen wohl eher dafür, dass du überproportional Menschen mit zu wenig Selbstvertrauen getroffen hast. :P


    Bei den von dir angesprochenen Hochbegabten muss man auch unterscheiden zwischen den echt hochbegabten und den für Geld diagnostizierten Hochbegabten (oft im Gutachten als "teilhochbegabt" bezeichnet, weil es nur auf einer Skala dafür gereicht hat, die gar nicht für die Einzelmessung geeignet ist). Einen echt hochbegabten wird man in vielen Gedankengängen tatsächlich nicht direkt nachvollziehen können, das ist aber gar nicht schlimm, weil es zwischen Hochbegabten und "normal" intelligenten Menschen keinerlei Unterschiede im emotionalen und sozialen Bereich gibt (wenn dann eher zugunsten der Hochbegabten. "Marburger Hochbegabtenstudie", falls jemand nachlesen möchte)...die kommen schon mit dir klar... :P


    P.S.: ad 3) war klar, dass so eine Scheiße in Westfalen passiert...im Rheinland oder Ruhrgebiet wär die Antwort eher "komm ma klar Jung" gewesen :P

    If you look for the light, you can often find it.
    But if you look for the dark that is all you will ever see.

  • 1. ich habe ein Problem mit dem Wort "Dünkel".
    2. ich sehe nicht, warum das im "pädagogischen" Umfeld besonders unpassend sein soll. Die Leistung bleibt die gleiche. Entweder "gestehe" ich demjenigen immer die Nennung zu oder nie. Der Großteil will meiner Beobachtung nach nicht so genannt werden, wenn es jemandem so wichtig ist, dass er den Titel genannt haben will, Bitteschön. Fällt mir kein Zacken aus der Krone.

    • Offizieller Beitrag

    Danke Trapito. Ich habe überlegt, ob ich auf Lisams Beitrag selbst eingehen sollte, habe mir dann aber gedacht, dass das bei einer solch kruden Logik verschwendete Zeit gewesen wäre.


    @Lisam


    Das mit dem Bestehen auf dem Nennen des Dr. Titels suggeriert für mich den verzweifelten Versuch des Herstellens einer institutionell legitimierten Überlegenheit. Das scheint ein typisch deutsches Problem zu sein, dass man seine vermeintliche oder echte Position in der Gesellschaft durch so etwas sichern muss.
    Letztlich bin ich da aber ganz entspannt, weil die meisten Doktoren, die ich getroffen habe, keinen Wert auf die Nennung ihres akademischen Grads legen.


    Wieso lege ich eigentlich genauso wenig Wert darauf, mit meiner Dienstbezeichnung angesprochen zu werden.

  • Ich würde mich wahrscheinlich erschrecken würde mich jemand an der Schule mit "Frau Doktor" ansprechen. Ist mir noch NIE passiert obwohl es jeder sehen kann weil meine Chefin irgendwie gefunden hat es müsse auf allen Stundenplänen etc drauf stehen. Wir haben so viele Promovierte an der Schule, da schert sich (ausser meiner Chefin) kein Mensch drum.

    Die Diskussion hatten wir vor ein paar Jahren auch mal.
    Aber anscheinend gab es bei uns mal einen Dr. der ziemlich beleidigt war, weil er in unserem Vertretungsplan nicht mit vollem Titel genannt wurde und die Schüler ihn deshalb mit Herr ... angesprochen haben. :ohh:
    Seitdem wird bei allen Aushängen/Stundenplänen ... darauf geachtet, dass auf jeden Fall der Titel drauf steht.

    Gerade in Elternzeit, deshalb fast nur stille Mitleserin :essen:

  • Ich finde ein Bestehen darauf auch seltsam, gibt es bei uns auch nicht; der Einzige, der darauf bestand, ist inzwischen im Ministerium gelandet. Dennoch empfinde ich es nicht als Dünkel, für manch einen ist es möglicherweise das Gefühl einer Art Art erhöhten Glaubwürdigkeitsmachung.
    Es ist aber auch ein Unterschied, ob jemand sagt "Ich möchte oder brauche nicht so angesprochen zu werden" (auch im Sinne von "ich brauche das nicht für mein Ego") oder ob jemand sagt "Ich rede dich nicht so an, weil das dünkelhaft ist".
    Prinzipiell werden Dinge aber möglicherweise vermehrt von den Leuten herabgewürdigt, die die entsprechenden Dinge nicht haben (Kinder, Besitz, Titel).

  • Ergänzend zur Fragestellung: Ich würde mir die Mühe glaube ich sparen; man hat ja schon so genug zu tun und berufliche Vorteile hat man ja eher nicht. Wenn man natürlich darauf brennt, (noch) einmal vertieft zu forschen, kann man es überlegen.

  • Es ist mein subjektiver und persönlicher Eindruck, dass vor allem in den Geisteswissenschaften der überwiegende Großteil der Studenten darüber nachdeknt zu promovieren. Auch noch eine gewisse Zeit nach Abschluss des Studiums. Dann legt sich das bei den meisten, manche gehen es dann doch noch an. Ich denke, pauschale Empfehlungen kann man da nicht aussprechen. Man kann nur so objektiv wie möglich den Nutzen eines solchen Titels für die angestrebte Laufbahn darstellen. Und hier bleibe ich bei meinem Eindruck, dass eine Promotion auch in einer schulischen Laufbahn für bestimmte Positionen durchaus einen Vorteil bei der Bewerbung darstellen kann. Ob dieser Vorteil die Mühen einer Promotion rechtfertigt, muss wohl jeder selbst wissen.
    Was man durchaus klar artikulieren sollte, ist die Belastungen, die so eine Promotion mit sich bringen können. Valerianus hatte sie schon angedeutet und vielleicht sollte man sie noch etwas näher ausführen. Ich glaube nämlich, dass viele Absolventen - genau so wie ich damals auch - so ein Projekt unterschätzen und eher denken, das sei "halt eine längere Seminararbeit" oder so.

  • Ich glaube nicht, dass einem das Fachwissen, das man sich während der Promotion erarbeitet, in der Schule so viel weiter bringt.

    Also die Doktoren, die dir bei uns am BK haben, haben ihren Titel weit vor der Schule gemacht und sind dann als Quereinsteiger bei uns angefangen, weil sie auch mit dem Dr.-Titel in der Tasche in der Wissendschaft immer nur von einem befristeten Arbeitsvertrag zum nächsten eingestellt wurden.

  • Also die Doktoren, die dir bei uns am BK haben, haben ihren Titel weit vor der Schule gemacht und sind dann als Quereinsteiger bei uns angefangen, weil sie auch mit dem Dr.-Titel in der Tasche in der Wissendschaft immer nur von einem befristeten Arbeitsvertrag zum nächsten eingestellt wurden.

    Hier auch und bei vielen weiß ich gar nicht ob die einen Doktortitel haben oder nicht.

    Only Robinson Crusoe had everything done by Friday.

  • @m_sens57: Falls du genauere Fragen zum Ablauf hast, kannst du mich per PN anschreiben.


    plattyplus: Das Hauptproblem ist, dass die Universitäten und Professoren aus Eigennutz am Markt vorbei produzieren. Doktoranden sind extrem billig (50%-65% TVL E-13), arbeiten aber problemlos mehr als 100% der regulären Arbeitszeit, sie schreiben Artikel auf denen der Doktorvater mit draufsteht und erhöhen damit dessen Marktwert (über bestimmte Rückmeldefaktoren gilt das auch für die Fakultäten und Universitäten selbst), d.h. für den gesamten Universitätsbetrieb ist es sinnvoll, so viele Doktoranden zu haben wie eben möglich. Da es aber kaum noch in nennenswertem Umfang Mittelbaustellen gibt und jedem klar sein sollte, dass die Professorenstellen nie im Leben für alle Doktoranden reichen, wenn ein Professor gleichzeitig mehrere Doktoranden betreut, die alle nach 3-5 Jahren fertig sind...kann sich jeder selbst ausmalen, dass die wohl in die Wirtschaft oder in den öffentlichen Dienst strömen. Das sagt nicht unbedingt etwas über die Qualifikation der Personen aus (ok, jetzt bin ich befangen), es gibt dafür verschiedene Gründe: Finanzielle Aspekte (die gehen nur in die Wirtschaft), nicht ausreichendes Forschungsinteresse, keine herausragende Promotion (im Grunde kann man nur mit magna oder summa cum laude im Universitätsbetrieb bleiben), Interesse an wirtschaftlicher und familiären Sicherheit (die meisten Ehepartner sind mäßig begeistert, wenn man alle 3-6 Jahre umzieht um irgendwann nach 10-20 Jahren endlich auf einer festen W3 Stelle zu sitzen).


    WillG: Der größte Anteil an Promotionen ist in den Naturwissenschaften, nicht für den schulischen Bereich, aber in der Wirtschaft wird das de facto erwartet, ansonsten kann man gleich nach dem Bachelor aufhören oder eine Ausbildung machen. Und die Mediziner...aber die machen das "studienbegleitend".


    Bolzbold: Vielleicht legst du deshalb keinen Wert auf die Amtsbezeichnung, weil die einzige in Deutschland für die Anrede gebräuchliche Amtsbezeichnung "Professor" ist, während "Doktor" der einzige akademische Grad ist, der in Deutschland für die Anrede gebräuchlich ist (zumindest habe ich noch nie erlebt, dass jemand mit Diplom, Magister, Bachelor oder Master angesprochen worden ist), allerdings im Regelfall einfach für alle Mediziner zweckentfremdet wird. :P

    If you look for the light, you can often find it.
    But if you look for the dark that is all you will ever see.

  • Wieso lege ich eigentlich genauso wenig Wert darauf, mit meiner Dienstbezeichnung angesprochen zu werden.

    Keine Ahnung wieso du da keinen Wert drauf legst, ich lege da auch keinen Wert drauf.


    In meiner Ausbildungsschule wollten sie mal für alle Kollegen Visitenkarten drucken lassen in "Corporate Identity", also mit Schullogo und so. Da wurden dann an dem kaufmännischen BK auch alle Kollegen gefragt, ob die Amtsbezeichnung (also Studienrat etc.) mit auf die Karten soll. Die meisten Kollegen wollten das haben.


    Hab dann nur noch schriftliche geantwortet, daß ich gerne meinen Dipl. auf der Karte haben will anstelle von Ref., StR z.A. oder sonstwas, wenn die schon alle mit so einem Mist ankommen. Da hing dann wieder der Haussegen schief im Kollegium, daß der Reffi dann in dem Zug den akademischen Grad haben will. :ohh:

Werbung