Länder und Ver.di einigen sich auf Lohnerhöhung

  • Zitat

    Original von erdbeerchen
    Ja, sehe ich ein, aber meint ihr ernsthaft, dass es möglich ist, in diesen "schweren Zeiten" noch mehr zu erhalten??? Durch eine Ablehnung und Streiks


    Das ist jetzt zwar polemisch und wohl stark vereinfacht aber ich schreibs trotzdem:


    Wenn ich verfolge, was gerade unter dem Stichwort Konjunkturprogramm an Geld rausgepustet wird, kann ich eine Lohnzurückhaltung nur schwer akzeptieren. Schließlich sind nachfragesteigernde Maßnahmen (und dazu zähle ich Lohnerhöhungen) im Sinne des nun wieder so populären Keynesianismus das konjunkturförderdernde Mittel schlechthin.

  • Zitat

    Original von erdbeerchen


    Ja, sehe ich ein, aber meint ihr ernsthaft, dass es möglich ist, in diesen "schweren Zeiten" noch mehr zu erhalten??? Durch eine Ablehnung und Streiks .


    Ja, natürlich. Und zwar aus zwei Gründen:


    1. Auch für Lehrer gibt es einen Arbeitsmarkt und der ist in vielen Bundesländern und Bereichen der Sekundarstufe bereits leer gefegt. Der aktuelle Spiegel meldet, dass bis 2015 jeder zweite Kollege in den Ruhestand geht und ausreichend Nachwuchs (schon jetzt) nicht zur Verfügung steht. Krankheitsvertretungen können - wie bei uns aktuell geschehen - nur durch die Reaktivierung pensionierter Kollegen geregelt werden. Auch für unseren Arbeitsmarkt gilt das Prinzip von Angebot und Nachfrage. Prinzipiell müssten die Gehalter der Lehrer also steigen, da einer wachsenden Nachfrage ein sinkendes Angebot gegenüber steht. Hier sind m.E. die Bemühungen der Gewerkschaften völlig unzureichend, speziell für den Lehrerstand Zulagen auszuhandeln. Wenn man sieht, wie in anderen Mangelberufen (Ärzte) abgesahnt wurde, machen unsere Verbände schlicht eine lächerliche Arbeit.
    2. Der Zusammenhang Haushaltslage und Besoldung/Entlohnung der Lehrer bzw. Staatsdiener wird immer so gewendet, wie er für den Fiskus vermeintlich sinnvoll ist. Jetzt sind wir in schlechten Zeiten, also geben die Haushalte keinen großen Spielraum vor. In guten Zeiten müssen dann aber die Schulden der schlechten beglichen werden, so dass die Staatsdiener wieder keine großen Sprünge machen können. Wenn man ein wenig von Wirtschaftspolitik Ahnung hat, wäre es jetzt (da das Konzept der Nachfrageorientierung ja gerade auf breiter Seite neu entdeckt wird) sinnvoll, die Nachfrageseite in Form der zur Verfügung stehenden Gehälter der Staatsbediensteten zu erhöhen, um stärker Nachfrage zu kreieren. Das müssen keinen unvernünftigen Summen sein wie in den 70igern, aber immerhin so viel, dass es zu realen und gefühlten Nettolohnzuwächsen kommt. Denn vergessen wir nicht, was von der Bruttolohnerhöhung schon allein wieder von der kalten Progression gefressen wird!


    Gerade auf den zweiten Punkt haben sich die Gewerkschaften gestürzt und gestützt. Nun müssen wir sogar hoffen, dass durch die zweijährige Laufzeit des Tarifvertrags 2010 die Konjunktur nicht zu schnell anspringt. Sollte das der Fall sein, werden wir mit stark steigenden Rohstoffpreisen rechnen müssen. Da die EZB nicht sofort beim Anspringen der Konjunktur die Geldmenge verringern wird (Zinserhöhung=Abwürgen des Wachstums) müssen wir in diesem Fall mit einer hohen Inflation rechnen und gehen wohl wieder mit einem Reallohnminus nach Hause. Also bitte alle beten, dass 2010 kein merklicher Wirtschaftsaufschwung stattfindet! Wie pervers, aber wahr!


    Zuletzt zur Schlagkraft der Gewerkschaften: Man ist nun jedem echten und längeren Konflikt ausgewichen. Durch die Tarifunion mit verdi hätten schnell einmal in den letzten Wintertagen durch Streik in den Straßenmeistereien wirklich Druck aufgebaut werden können. Stattdessen hat man geplante Streiks sogar zurückgezogen - unzumutbar, dass Autofahrer zu spät ins Geschäft kommen. Hätten die Lokführer so ihre Tarifauseinandersetzung begangen, würden sie wohl jetzt einen ähnlichen Abschluss erreicht haben...

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

    Einmal editiert, zuletzt von Timm ()

  • Timm hat mit seiner Argumentation völlig recht. Es ist leider so, dass ohne Druck heutzutage nichts mehr zu holen ist. Die Ärzte, Lokführer und aktuell die Banken zeigen es. Wir müssten als Lehrer und Lehrerinnen zeigen, dass auch unsere Arbeit "systemkritisch" ist, und das könnten wir, wenn wir wollten...
    Natürlich würde es "Unschuldige" treffen, aber das ist bei den Ärzten (Verschiebung von Behandlungen), Lokführern (Arbeitnehmer, die nicht oder verspätet zur Arbeit kommen) und natürlich den Banken genauso (massive Steuererhöhungen drohen, damit die Banker ihre gutbezahlten Arbeitsplätze behalten). Diese Entwicklungen mag man bedauern, aber einfach mit dem Hinweis auf "gute Arbeit" ist heutzutage nichts mehr zu holen...


    Nebenbei: Es ist eine Schande, dass quasi bankrotte Bundesländer wie Schleswig-Holstein den Banken die Milliarden hinterherwerfen und gleichzeitig bei der Bildung geizen, wo es nur geht. Und wenn die von Bund und Ländern ausgesprochenen Garantien (Soffin) fällig werden sollten, dann werden wir alle Einsparorgien bei den öffentlichen Dienstleistungen und evt. Gehaltskürzungen sehen, bei denen sich viele fragen werden, ob wir ein dritte Welt Land geworden sind. Man sehe sich zur Vorsorge schon einmal unsere europäischen Nachbarn an (insbesondere Island und Irland).


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

    • Offizieller Beitrag

    Remus Lupin:


    Zitat

    Und ob es so hilfreich ist, dass Gymnasiallehrer bei diesen verhandelten Abschlüssen immer weniger im Vergleich verdienen? Eine Gewerkschaft, die es als Erfolg ansieht, wenn ich (egal ob Mitglied oder nicht) im Vergleich zu anderen immer schlechter verdiene, die ist für mich nicht wirklich so attraktiv.


    Hm, je länger ich diese beiden Sätze lese, desto stärker grübele ich über zwei Möglichkeiten:
    1. du hast überlesen, dass es sich um eine prozentuale Steigerung handelt. Das heißt zu gut Deutsch, dass Lehrer, die derzeit mehr verdienen, auch eine höhere Gehaltssteigerung erhalten.
    2. du regst dich über die 40 Euro Sockelbetrag auf, weil das ja dir gegenüber ungerecht ist.


    Timm:

    Zitat

    Stattdessen hat man geplante Streiks sogar zurückgezogen - unzumutbar, dass Autofahrer zu spät ins Geschäft kommen.


    Streng genommen ist das unzumutbar. Denn was können die Autofahrer dafür, dass die Länder nicht mehr zahlen wollen. Für die Autofahrer ist das unzumutbar. ;)


    kl. gr. Frosch

  • Ist doch klar: Jede absolute Gehaltserhöhung egalisiert die Gehälter. Durch einen Sockelbetrag wird meine Erhöhung mit Sicherheit nicht 5,8% sein, sondern maximal 5%. Das ist sicher von der Gewerkschaft so gewollt gewesen und ich soll jetzt auch noch "Danke dafür" sagen.


    Im übrigen gebe ich Timm mit seiner Analyse weitestgehend recht. Wenn sogar die Kommentare vieler Tageszeitungen / Sender dem ÖD bescheinigen, Anspruch auf eine deutliche Lohnerhöhung zu haben, kann ich das Zaudern wirklich nicht nachvollziehen.


    Mein Gehalt könnte ich tatsächlich sofort verbessern, wenn ich meinen schulpflichtigen Kindern einen Bundeslandwechsel aufdrängen würde.


    Oder wir lernen von der Gewerkschaft der Lokomotivführer und bilden eine Gewerkschaft der systemrelevanten Mangelfachlehrer. Damit führen wir dann (wie die Richter) eine neue Besoldungsgruppe ein.


    (Ich finde es schon fast peinlich, dass es vor Gericht um mehr Gehalt geht als in der Tarifverhandlung...)

    Die Wälder wären sehr still, wenn nur die begabtesten Vögel sängen - HEnRy vAn dyKe

    Einmal editiert, zuletzt von Remus Lupin ()

  • Zitat

    Original von Meike.


    Ja liebe Leut: wie hättet ihr's denn gern?? Mit dem Silberteller und dem kleinen Löffelchen ans Bett gebracht??


    Wie "wir" es hätten, kann ich dir nicht sagen. Ich spreche nur für mich. Für MICH hättest du dich nicht auf die Straße stellen müssen. (hast du da überhaupt gestanden?) Für MICH muss niemand etwas erkämpfen. Ich habe nicht darum gebeten und verbitte mir jetzt einfach mal sämtliche Dankbarkeitsaufforderungen.
    Danke.


    Ich habe einige Zeit in der freien Wirtschaft gearbeitet ... vielleicht daher meine Bescheidenheit ...


    Sunny

  • Hast du dich jetzt angesprochen gefühlt, Sunny?


    Ich gebe jetzt einfach mal zu, dass ich zwar GEW- Mitglied bin, aber mein Engagement hält sich ebenfalls in Grenzen.
    Ich will aber auch nix mit dem Löffelchen gefüttert bekommen - bin nicht unzufrieden, wies ist.
    Was nicht heißt, dass ich nicht gerne mehr Geld hätte :tongue:.

    Vermeintliche Rechtschreibfehler sind ein Vorgriff auf kommende Rechtschreibreformen und deren Widerruf.

  • Zitat

    Original von Remus Lupin
    Und ob es so hilfreich ist, dass Gymnasiallehrer bei diesen verhandelten Abschlüssen immer weniger im Vergleich verdienen?


    Naja, gut, nun könnte ich ja argumentieren, dass ich den deutlich höheren Verdienst sowieso nicht nachvollziehen kann. OK, ihr habt in bestimmten Bereichen mit Sicherheit höhere Anforderungen (Abiturprüfung etc.), dafür arbeiten Lehrer am Gymnasium doch auch einige Stunden weniger als in der Grundschule, oder? (Beispiel Niedersachsen: volle Stelle an der GS: 28 Stunden)


    Aber das ist jetzt ein anderes Thema. Sorry, dass ich abgedriftet bin, ich möchte auch keinem zu nahe treten, es ist mir nur gerade beim Lesen eingefallen.

    • Offizieller Beitrag
    Zitat


    Bekommen wir mehr Geld, weil einge auf die Straße gegangen sind, oder weil wir gute Arbeit leisten, die einfach auch gut bezahlt sein sollte?
    Bekommen wir mehr Geld, weil einige ganz laut geschrieen haben, oder weil unsere Leistung mehr Geld wert ist, als wir bislang erhalten?


    Ja, mag sein, dass die Gewerkschaft auf die Missstände aufmerksam gemacht hat und nur dadurch mehr Geld auf mein Konto fließen wird. Aber mit Verlaub: Erabreitet habe ICH mir das! Ich krümme für mein Gehalt täglich mehr als einen Finger! Das tut ganz gewiss keiner der krakelenden Gewerkschaftler für mich!


    Also diese Haltung finde ich gelinde gesagt grotesk.


    Deine Gehaltserhöhung hast Du im Wesentlichen den Gewerkschaften zu verdanken und nicht den Fingern, die Du täglich krumm machst.
    Das, was künftig mehr in Deine Taschen fließt, haben andere für Dich erstritten, und Du stellst Dich selbstgerecht hin und sagst "das steht mir aufgrund meiner hervorragenden Arbeit zu".
    Von irgendwelchen moralischen Idealen wie "unsere Leistung ist mehr Geld wert als wir bislang erhalten haben" wurde meiner Erinnerung nach selten eine Gehaltserhöhung durchgesetzt. Eher schon von denjenigen, die sich für diese Ideale aktiv (!) die Finger schmutzig - äh nein "krumm" - gemacht haben und die Du ja angeblich dafür nicht gebraucht hättest.


    Entschuldige bitte, aber das ist mehr als peinlich. Man sollte Solidarität schon buchstabieren können.


    Gruß
    Bolzbold

  • Bolzbold, ich habe diese Leute nicht gebraucht, weil ICH nicht zwingend eine Gehaltserhöhung gebraucht hätte. Es geht mir gut. Tendenz zu sehr gut. Viel besser als vielen vielen anderen.
    Ich stelle mich nicht selbstgerecht hin. Ich schaue verwundert in die Runde der beifallheischenden Gewerkschaftler.


    Da haben Leute jetzt etwas erstritten, was ich gar nicht haben wollte. Und nun verlangen Sie Dankbarkeit und Demut.
    Beides wird es von mir nicht geben. Nicht so ...


    Um es deutlich zu machen: Ja, ihr habt auf der Straße gestanden. Weil IHR mehr Geld wolltet. Einzig aus diesem Grund. Ni9cht für mich, ganz gewiss nicht.
    Und das habt ihr nun bekommen. Freut euch doch darüber und erstickt nicht am Neid auf die, die jetzt auch mehr bekommen (und das vielleicht gar nicht wollten).
    An meiner Schule haben sich 3 nicht am Streik beteiigt. Und das sind genau die drei, die sich noch NIE über die Bezahlung beschwert haben. Dürfen wir das nicht? Müssen alle ins gleiche Horn blasen? Mir reicht das, was ich habe. Ich freue mich über den Gehaltszuwachs, würde mir den aber nie erstreiten. Nenn es Demut, nenn es Bescheidenheit ... egal.


    Ich finde den Kinderbonus übrigens auch völlig schwachsinnig und werde ihn daher nicht für mich in Anspruch nehmen. Weil ich ihn schlichtweg nicht brauche und das in meinen Augen verschleudertes Geld ist, das man anders hätte besser einsetzen können. Wozu braucht ein leitender Angestellter mit 5000 netto denn 100 Euro Kinderbonus? Lächerlich ...
    ... aber da ist ein anderes Thema ...


    Sunny

  • Das Thema Solidarität ist in diesem Zusammenhang- mit Verlaub - ein ideologischer Kampfbegriff. Rational aus Sicht des Individuums ist er nicht. Wie schreibt Mancur Olson: "Wenn Mitglieder an einer starken Gewerkschaft interessiert sind, wird eine hohe Beteiligung günstig für sie sein; jedoch hat der einzelne Arbeiter keinen wirtschaftlichen Anreiz (es sei denn, es würden Geldbußen für Nichterscheinen erhoben), einer Versammlung beizuwohnen. Er wird aus den Leistungen der Gewerkschaft Vorteil ziehen, ob er die Versammlungen besucht oder nicht [...]
    Mancur Olson: Die Logik kollektiven Handeln, Tübingen 1992


    Es ist auch nicht rational, einer Organisation, die wie Gewerkschaften ein Kollektivgut bereit stellt, beizutreten. Das Kollektivgut wird mit oder ohne mein Mitwirken bereit gestellt. Anders sieht es aus, wenn es individuelle Anreize gibt: Soziales Prestige, gesuchtes Gemeinschaftsgefühl, individuelle Leistungen wie Rechtsschutz oder negativ Streikposten und Druck auf Nichtmitglieder. Letztes versucht das verdi-Pamphlet. Die Wirksamkeit bezweifle ich aber auch.


    Wenn die Gewerkschaften und Berufsverbände es nicht schaffen, die individuellen Anreize so zu gestalten, dass sie Mitglieder halten und gewinnen, kann man doch nicht die Aussteiger und Nichtmitglieder verurteilen!


    Solidarität ist konkret für mich auch falsch verstanden, wenn sich die Gewerkschafts- und Verbandsmitglieder sinnlos mit ihrer Führung gemein machen. Es ist doch kein Widerspruch, die Leistungen an der Basis anzuerkennen und gleichzeitig auf die schlechte Verhandlungsführung der Vertreter am Verhandlungstisch hinzuweisen.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

    2 Mal editiert, zuletzt von Timm ()

  • Zitat

    Original von SunnyGS
    Ich finde den Kinderbonus übrigens auch völlig schwachsinnig und werde ihn daher nicht für mich in Anspruch nehmen. Weil ich ihn schlichtweg nicht brauche und das in meinen Augen verschleudertes Geld ist, das man anders hätte besser einsetzen können. Wozu braucht ein leitender Angestellter mit 5000 netto denn 100 Euro Kinderbonus? Lächerlich ...


    Interessant. Ich habe vor einigen Wochen morgens im Deutschlandfunk ein Interview mit einem Grundschullehrer gehört, der meinte, dass es schwierig ist, von seinem Gehalt eine Familie zu ernähren. Ob der das auch so lächerlich findet?


    Die persönliche Situation ist ja immer so eine Sache - mit doppelt A13 geht es meiner Frau und mir sehr gut, deswegen können wir als Privatleute die Tarifverhandlungen natürlich viel gelassener abwarten, als z.B. ein Feuerwehrmann oder ein Polizist im mittleren Dienst. Aber das ändert doch nichts daran, das jetzt allmählich mal ein Ausgleich für die Gehaltskürzungen der letzen Jahre durch Inflation und offene (Nullrunden) wie kalte (Weihnachtsgeld, Selbstbeteiligung bei der Beihilfe) Kürzungen fällig ist.


    Oder sollen wir verzichten, weil uns unser Traumberuf so ausfüllt?


    Wieso du die "freie Wirtschaft"® hier als Argument einführst, verstehe ich ehrlich gesagt nicht. Tarifauseinandersetzungen, Arbeitnehmervertretungen und Streikrecht sind ureigenste Domäne der freien Wirtschaft - seit dem 19. Jh. Wenn du in der Wirtschaft gearbeitet hast, solltest du doch wissen, dass man überhaupt nichts bekommt, wenn man es nicht entschieden einfordert...


    Zitat

    Ich freue mich über den Gehaltszuwachs, würde mir den aber nie erstreiten.


    Da freut sich natürlich der Dienstherr...


    Nele

    2 Mal editiert, zuletzt von neleabels ()

    • Offizieller Beitrag

    In Frankfurt kannst du inzwischen von einem Lehrergehalt keine Familie mehr ernähren.


    Zitat

    Wenn die Gewerkschaften und Berufsverbände es nicht schaffen, die individuellen Anreize so zu gestalten, dass sie Mitglieder halten und gewinnen, kann man doch nicht die Aussteiger und Nichtmitglieder verurteilen!


    Wenn die Klasse nicht mitzieht und gelangweilt auf dem Handy SmSt, weil sie von zuhause nix anderes gewohnt sind, wenn die Schüler den Ansprüchen des Lehrplans bei G8 einfach nicht gerecht werden, wenn nicht jede Klasse morgens lachend und strahlend zum heiß ersehnten Lernen in die Schule pilgert und jeder eine eins bekommt und Abi macht - dann ist das ja auch natürlich das Versagen ...des Lehrers. Der muss halt die individuellen Anreize so gestalten, dass er das Interesse der Kundschaft erhalten kann - für schlechte Noten kann man doch keinesfalls die Schüler ... ;);) gell?

  • Wenn ich das als Ausrede benutze, dass mein Unterricht nicht gelingt, dann ist das ein Versagen des Lehrers. Ich muss dann das Arsenal positiver und negativer Sanktionen nutzen, um den Unterricht zum Erfolg zu bringen. Ebenso ist es Aufgabe großer Gruppen, entsprechend selektive Anreize zu setzen. Natürlich kann ich in beiden Beispielen nie allen gerecht werden. Aber den Fokus einfach auf das böse, unsoziale Individuum zu setzen ist falsch.
    Das Bild vom sozialen Gutmenschen hat schon im real existierenden Sozialismus nicht funktioniert. "Abweichler" dann als unsoziale Gemeinschaftsschädlinge hinzustellen ist die daraus resultierende Praxis.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

  • Zitat

    Original von Meike.
    In Frankfurt kannst du inzwischen von einem Lehrergehalt keine Familie mehr ernähren.


    In Sachsen auch nicht, zumindest wenn man etwas gehobenere Ansprüche hat. Einsteiger liegen hier oft nur knapp über 1000 netto.
    Aber ich bin glücklicherweise nicht NUR von meinem Gehalt abhängig. Und darum sage ich für MICH, dass es MIR reicht. Und ICH nicht streiken werde und auch nicht dankbar dafür bin, dass andere etwas für mich erstreikt haben, was ich ja eigentlich gar nicht so wirklich dringend brauche. Solidarisch ist das nicht ... ich weiß.
    Aber seien wir ehrlich, die wenigsten Lehrer nagen am Hungertuch. Vielleicht sollten wir mal unsere Nettogehälter offen legen? Und dann mal ganz vorsichtig überlegen ob es uns wirklich sooooo schlecht geht?


    Meist gibt es zudem einen Partner, einen Nebenjob, Unterhaltszahlung ... oder alles zusammen. Eine ganze Familie muss nur selten von einem allein ernährt werden. Und selbst wenn, ist das wieder ein ganz anderes Problem und hat nichts mit der scheinbaren Unterbezahlung im Lehrerjob zu tun.
    Eine Kollegin hat heute übrigens im Lehrerzimmer ihre 40 Euro Brutto den streikenden Kollegen angeboten. Ich stehe also mit meiner Meinung nicht allein da ...


    Nele, mit dem Hinweis auf die freie Wirtschaft meinte ich, dass dort oft ein härterer Wind weht als in der Schule. Dort konnte ich nicht so frei über meine Arbeitszeit bestimmen und hatte auch sonst deutlich weniger Freiheiten. Und meine ehemaligen Arbeitskollegen verdienen heute allesamt nicht mehr als ich. Bei den gleichen Bedingungen wie damals ...
    Und es handelte sich dabei auch durchaus um einen Akademikerjob, also keine Aushilfstätigkeiten ...
    Hört doch mal auf zu jammern! So schlecht geht es uns doch gar nicht!


    Zitat

    Zitat:
    Original von SunnyGS
    Ich finde den Kinderbonus übrigens auch völlig schwachsinnig und werde ihn daher nicht für mich in Anspruch nehmen. Weil ich ihn schlichtweg nicht brauche und das in meinen Augen verschleudertes Geld ist, das man anders hätte besser einsetzen können. Wozu braucht ein leitender Angestellter mit 5000 netto denn 100 Euro Kinderbonus? Lächerlich ...


    Interessant. Ich habe vor einigen Wochen morgens im Deutschlandfunk ein Interview mit einem Grundschullehrer gehört, der meinte, dass es schwierig ist, von seinem Gehalt eine Familie zu ernähren. Ob der das auch so lächerlich findet?


    Ich schrieb, dass ich es lächerlich finde, wenn jemand mit 5000 netto einen Kinderbonus von 100 Euro erhält.
    Sollte der von dir angesprochene Grundschullehrer 5000 verdienen, sollte/würde er die 100 Euro auch lächerlich finden. Verdient er die nicht, passt dein Vergleich irgendwie so gar nicht ...


    Sunny

  • Zitat

    Bolzbold, ich habe diese Leute nicht gebraucht, weil ICH nicht zwingend eine Gehaltserhöhung gebraucht hätte. Es geht mir gut.Tendenz zu sehr gut. Viel besser als vielen vielen anderen.
    Ich stelle mich nicht selbstgerecht hin. Ich schaue verwundert in die Runde der beifallheischenden Gewerkschaftler.


    wenn ich nicht wüsste, dass du selber aus sachsen kommst, würde ich dich eine böse zynikerin nennen. könnte es sein, dass ihr einen doppelverdiener haushalt habt ... ?! ich finde es nicht okay, dass lehrer am freitag pizza austragen müssen um ihre familien durchzubringen (bzw. einen hauch luxus zu ermöglichen... kino, schwimmmbad, etc.).


    Zitat

    Da haben Leute jetzt etwas erstritten, was ich gar nicht haben wollte. Und nun verlangen Sie Dankbarkeit und Demut.
    Beides wird es von mir nicht geben. Nicht so ...


    sunnygs, das ist jetzt mal richtig daneben. lies dir doch bitte noch einmal durch, was verdi und ich genau angeprangert haben. es geht uns nämlich um diejenigen, die ständig nöhlen, aber selber keinen finger krumm machen ODER sogar die gewerkschaften für niedrige lohnabschlüsse verantwortlich machen.


    deine haltung finde ich zwar schade und sehr arbeitnehmerfeindlich, aber damit kann ich deutlich besser umgehen - schließlich stellst du ja keine erwartung.


    Zitat

    Und das habt ihr nun bekommen. Freut euch doch darüber und erstickt nicht am Neid auf die, die jetzt auch mehr bekommen (und das vielleicht gar nicht wollten).
    An meiner Schule haben sich 3 nicht am Streik beteiigt. Und das sind genau die drei, die sich noch NIE über die Bezahlung beschwert haben. Dürfen wir das nicht? Müssen alle ins gleiche Horn blasen? Mir reicht das, was ich habe. Ich freue mich über den Gehaltszuwachs, würde mir den aber nie erstreiten. Nenn es Demut, nenn es Bescheidenheit ... egal.


    also, entweder führt deine ip direkt ins sächsische finanzministerium ;) oder du proklamierst hier auf geradezu traurige direktheit die wiedereinführung der entlohnung nach gutsherrenart.


    es widerspricht sich m.e. keineswegs, dass man seinen beruf SEHR gerne (und gut!) ausübt und dennoch für einen bessere bezahlung eintritt.


    Zitat

    Ich finde den Kinderbonus übrigens auch völlig schwachsinnig und werde ihn daher nicht für mich in Anspruch nehmen. Weil ich ihn schlichtweg nicht brauche und das in meinen Augen verschleudertes Geld ist, das man anders hätte besser einsetzen können. Wozu braucht ein leitender Angestellter mit 5000 netto denn 100 Euro Kinderbonus? Lächerlich ...
    ... aber da ist ein anderes Thema ...


    stimmt :)


    ich brauche die 5% übrigens auch nicht zwingend, aber ich weiß, dass es anderen (insbesonders mittleren lohngruppen) deutlich schlechter geht. vielleicht bist du noch verbeamtet worden oder hast einen gut verdienenden (ehe)partner oder du hast eine lebensweise gefunden, in der du mit wenig geld viel lebensqualität schaffen kannst - aber andere angestellte des öd befinden sich vielleicht nicht in dieser situation und brauchen wirklich mehr geld.

  • jetzt hast du es ja beantwortet mit dem doppelten einkommen ;)


    Zitat

    In Sachsen auch nicht, zumindest wenn man etwas gehobenere Ansprüche hat. Einsteiger liegen hier oft nur knapp über 1000 netto.
    Aber ich bin glücklicherweise nicht NUR von meinem Gehalt abhängig. Und darum sage ich für MICH, dass es MIR reicht.


    du sagst es doch selber: du bist GLÜCKLICHERWEISE nicht in der situation, nur mit deinen 1000 euro auskommen zu müssen.


    Zitat

    Meist gibt es zudem einen Partner, einen Nebenjob, Unterhaltszahlung ... oder alles zusammen.


    "meist" !!! das heißt also, der lehrerberuf ist für dich nur noch eine art "zusatzeinkommen" für botiquenlehrerinnen und gelangweilte hausfrauen/hausmänner. der partner schafft echte kohle in der freien wirtschaft ran und mutterchen macht mal 'nen bisschen schule im öd (für den 3. urlaub im jahr) ?!? ich bin platt ...


    Zitat

    Eine Kollegin hat heute übrigens im Lehrerzimmer ihre 40 Euro Brutto den streikenden Kollegen angeboten. Ich stehe also mit meiner Meinung nicht allein da ...


    Es sind ca. 130 euro / monat. und das 12mal im jahr, also ca. 1500 euro brutto im jahr. gilt das angebot nur für eure kolleginnen oder dürfen sich auch andere bewerben? ich würde die 40 euro nehmen.


    kontaktaufnahme über >>> schlauby@neue-dateien.de

  • Ich habe mich nicht in diesen Thread eingeklinkt, damit ich mich munter mit der Judäischen Volksfront prügeln kann. Ich bin stinksauer auf die Römer und würde zur Abwechslung gerne mit denen mal quit werden! Zu diesem Zweck ziehe ich eine Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft auch ernsthaft in Betracht. Wenn man dort aber mehr daran interessiert ist, warum ich bislang kein Mitglied war und mich deswegen erst einmal beleidigen will, dann gehe ich prompt beleidigt wo anders spielen und schwenke die Fahne des Verfassungsgerichtes!

    Die Wälder wären sehr still, wenn nur die begabtesten Vögel sängen - HEnRy vAn dyKe

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Ebenso ist es Aufgabe großer Gruppen, entsprechend selektive Anreize zu setzen. Natürlich kann ich in beiden Beispielen nie allen gerecht werden. Aber den Fokus einfach auf das böse, unsoziale Individuum zu setzen ist falsch.


    Also, ich dachte, ich hätte es des Längeren und Breiteren beschrieben: Anreize gibt es ja nu wirklich genug!
    - Diensthaftpflicht
    - Rechtsberatung
    - Schlüssenversicherung
    - allgemeine Beratung
    - Begleiter zu Dienstgesprächen
    - massenhaft ausgehandelte Dienstvereinbarungen mit divesen Ämtern auf diversen Ebenen (muss man halt lesen)
    - jederzeit einladbare Referenten für Personalversammlungen (muss mer halt einladen)
    - umfassende Information der Kollegien (muss mer halt lesen, gell..)
    - Schulungen - kostenlos oder kostengünstig (muss mer halt hingehen)
    - Streikkassen (da muss mer halt streiken)
    - Öffentlichkeitsarbeit, umfassend
    - ... uvm, etc, pp.


    Dass das alles nicht wirklich immer genutzt wird, ist sehr wohl die Entscheidung des Individuums, das sich nicht schulen lässt, die Rechtsberatung nicht anruft, den Umschlag nicht öffnet und nicht mitdemonstriert/streikt.


    Beispiel hab ich ja nun weiter oben genug gemacht.

  • Zitat

    Original von schlauby
    "meist" !!! das heißt also, der lehrerberuf ist für dich nur noch eine art "zusatzeinkommen" für botiquenlehrerinnen und gelangweilte hausfrauen/hausmänner. der partner schafft echte kohle in der freien wirtschaft ran und mutterchen macht mal 'nen bisschen schule im öd (für den 3. urlaub im jahr) ?!? ich bin platt ...


    Pssst... Nicht so laut. Oder willst du hier Interna über den Lehrerberuf ausplaudern? ;)


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

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