Dürfen Schüler an Seen/am Meer... baden? Baden-Württemberg

  • Doch, er funktioniert. Und er ist interessant. Aber es ist kein Dokument, auf das ich mich rechtlich verlassen kann. Die dort beschriebene Situation weicht außerdem einfach zu sehr von meiner ab. Konkret:


    Dort geht eine Lehrerinnen mit Schülern an einen Baggersee, obwohl ein erheblicher Teil der Klasse Nichtschwimmer ist. Dass IN DIESEM FALL bereits die Wahl des Ausflugsziels eine Pflichtverletzung darstellt und entsprechend fahrlässig ist, ist ja logisch. Mit meiner Situation, in der alle Schüler recht gut schwimmen können, hat das eben zu wenig zu tun.

  • Zitat

    Original von Rolf1981
    Doch, er funktioniert. Und er ist interessant. Aber es ist kein Dokument, auf das ich mich rechtlich verlassen kann. Die dort beschriebene Situation weicht außerdem einfach zu sehr von meiner ab. Konkret:


    Dort geht eine Lehrerinnen mit Schülern an einen Baggersee, obwohl ein erheblicher Teil der Klasse Nichtschwimmer ist. Dass IN DIESEM FALL bereits die Wahl des Ausflugsziels eine Pflichtverletzung darstellt und entsprechend fahrlässig ist, ist ja logisch. Mit meiner Situation, in der alle Schüler recht gut schwimmen können, hat das eben zu wenig zu tun.


    Ich bin mir nicht sicher, ob du etwas erwartest, was die Schuljuristen weder leisten noch tun können: Dir unter vorgegebenen Bedingungen einen Freischein für das Schwimmen deiner Schüler zu geben.
    Interessanter an dem Urteil ist doch,


    - dass der Lehrer quasi gehalten ist, sich von den Schwimmfähigkeiten der Schüler zu überzeugen,
    - und dass eine schriftliche Einverständniserklärung der Eltern NICHT ausreichend ist.


    Wenn du also korrekt vorgehst,


    - müsstest du die Schüler (möglichst unter Wellengang) vorschwimmen lassen oder - falls die Schüler Schwimmunterricht haben - den Sportlehrer nach seiner fachlichen Einschätzung befragen,
    - müsstest du einen Elternabend abhalten. Ggf. müsstest du sicher stellen, dass ausländische Bürger oder solche mit Migrationshintergrund alles verstanden haben. Eltern, die fehlen, müsstest du telefonisch informieren,
    - außerdem müsstest du dich vergewissern, dass keine der schriftlichen Erlaubnisse gefälscht sind (also am besten am Elternabend ausfüllen lassen).


    Anschließend müsstest du selbst eine entsprechende Rettungsbefähigung erwerben oder eine Person mit einer solchen mitnehmen. Im letzteren Fall aber bitte darauf achten, dass die Befähigung immer wieder aufgefrischt worden ist und auch die körperlichen Voraussetzungen zur Rettung noch vorhanden sind.


    Dann lebst du aber immer noch mit dem Risiko, dass du an Stellen bist, die unübersichtlich sind und so eine Beaufsichtigung aller Schüler nicht möglich ist (wer hat schon einen Aufsichtsturm im Gepäck...). Des Weiteren könnte man dir zum Vorwurf machen, dass du nicht entsprechendes Rettungsgerät bereit hältst (z.B. Rettungsbot).


    Auch wenn es sich stellenweise ironisch anhört, das sind in der Tat alles Faktoren, die bei einer Würdigung vor Gericht eine Rolle spielen. Soll heißen, entweder du nimmst das Risiko auf dich und versuchst es zu minimieren (hierzu hast du ja nun genügend Anhaltspunkte) oder du lässt es. Kein Schuljurist wird dir eine Dienstanweisung geben, wie du vorzugehen hast.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

    2 Mal editiert, zuletzt von Timm ()

  • genau das ist der Punkt.


    totale Absicherung geht nur dann, wenn wir praktisch unseren Auftrag im Hinblick auf Aktionen zur Förderung der Klassengemeinschaft generell sein lassen würden. Dann wären wir zwar auf der sicheren Seite, aber wohl auch auf der pädagogisch falschen. Lösung: Verantwortungsbewusst handeln und in Sachen Schwimmen als Beispiel so entscheiden, schließlich will ein Lehrer generell, dass alle Schüler gesund wieder heimkommen (und auch nicht bei 18 Hinfahrern mit 18 + 1 im Bauch zurückkommen :), er will nicht ins Gefängnis (die Größer der Gefahr will ich nicht einschätzen), aber er will sicher auch nicht aus übertriebener Angst vor jedem Risiko den Schülern jeden Spaß nehmen.


    Nebenbei: Vor einem Prozess gegen Eltern, die auch dann, wenn nichts passiert, einem etwas anhängen wollen, würde ich mich garantiert nicht fürchten! Schließlich können wir schon etwas Vertrauen in den Rechtsstaat haben, wie das Ergebnis einer juristischen Probenzerpflückung ja bewiesen hat!

  • Zitat

    Original von John2
    [...] aber er will sicher auch nicht aus übertriebener Angst vor jedem Risiko den Schülern jeden Spaß nehmen.


    Sorry, aber das Dauer-Argument "Spaß" kann ich nicht mehr hören.


    Beim Schwimmen ist die Sache rechtlich eindeutig geregelt.


    Man kann mit den Schüler und Schülerinnen genug andere Sachen machen, die auch "Spaß" machen. Eine Lehrkraft, die sich aus Bequemlichkeit immer den Schülerwünschen beugt ("Aber wir wollen Schwimmen gehen!") ist wegen mangelnder Führungskompetenz definitiv kein "Pädagoge" (was ja m.W. nach soviel wie "Knabenführer" heißt), sondern ein "Weichei". Muss ich mal so hart sagen.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

    Einmal editiert, zuletzt von Mikael ()

  • Hallo,


    Zitat

    Man kann mit den Schüler und Schülerinnen genug andere Sachen machen, die auch "Spaß" machen.


    An der Adriaküste in Kroatien? Da brauch ich nicht hinfahern, wenn sie nicht ins Meer dürfen. Hinfahren macht aber wegen Schüleraustausch Sinn.

  • Es geht hier doch um eine prinzipielle Frage, da sollte man sich doch nicht an dem Wort Spaß aufhängen oder gar pädagogische Kunst darin sehen, den Schülern möglichst viele Vorschriften zu machen.


    Verantwortungsbewusstsein muss Trumpf sein, sonst nichts!


    Wie haltet ihr es mit Schülern in einer Großstadt, mit oder ohne gebundener Freizeit?


    Maßnahmen zur Sicherheit (Gruppenbildung, Handynummer, Verbote der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel usw. sind selbstverständlich), aber will (darf) ihnen den "Spaß" an einem selbständigen Einkuafsbummel nehmen?


    Ist es unpädagogischer oder weicheiiger, berechtigten Schülerwünschen im Bewusstsein der Verantwortung nachzugeben und nach bestem Wissen und Gewissen Gefahrenmomente zu minimieren, als sich hinter Verboten, Verordnungen und Sicherheitsaspekten zu verschanzen, damit die Schüler verzichten lernen!


    Was ist bequemer, Kollege Mikael????

  • Ich bin gerne bereit Fahrten und Aktionen von Schülern zu begleiten und bisher haben sich da auch immer noch genug Dinge gefunden, die den Schülern Spass gemacht haben. Wenn man sich in einer rechtlichen Grauzone befindet, heißt das für mich auch nicht, dass ich vorsorglich alles verbiete, sondern nur dass ich meinen gesunden Menschenverstand benutze und alle sinnvollen Sicherheitsvorkehrungen treffe.
    Es sieht aber anders aus, wenn die Lage rechtlich eindeutig geregelt ist und beim Schwimmen ist das (zumindest in Niedersachsen) so. Hier mit dem Argument zu kommen "Ich will aber, dass meine Schüler Spass haben, daher ignoriere ich geltendes Recht" halte ich für reichlich ... .
    Es mag ja sein, dass unser Dienstherr manchmal Rechtssituationen schafft, bei denen wir uns aus pädagogischen Gründen eine andere wünschen. Es kann aber nicht sein, dass wir diesen Mangel dann jedes mal dadurch kompensieren, dass wir auf eigenes persönliches Risiko handeln.
    Gerade beim Schwimmen hört man diese Diskussionen oft, übrigens aber nie von Schwimmlehrern, die stehen eigentlich immer auf dem Standpunkt, dass die Rechtslage schon ihren Sinn hat, weil sie die Risiken kennen (und beim Schwimmen, gerade im offenen Meer, gibt es erhebliche Risiken).
    Wenn du mit einem Austausch in Kroatien bist, sind die Schüler doch in Familien untergebracht, es spricht ja nichts dagegen, dass die Gastfamilien mit ihren Gästen an's Meer fahren, als Schulveranstaltung ohne Lehrer mit Rettungsschein würde ich so etwas aber nie machen.


    Grüße,
    Moebius

  • In SH ist ganz genau beschrieben, wann ein Lehrer ausreichend qualifiziert ist, seine Schüler schwimmen zu lassen:


    [URL=http://www.schleswig-holstein.de/Bildung/DE/Service/Broschueren/Bildung/LernenAmAnderenOrt,templateId=raw,property=publicationFile.pdf]Lernen am anderen Ort[/URL] , S.29


    Auch sonst ist der Leitfaden sehr lesenswert!


    À+

  • Zitat

    Original von John2
    Ist es unpädagogischer oder weicheiiger, berechtigten Schülerwünschen im Bewusstsein der Verantwortung nachzugeben und nach bestem Wissen und Gewissen Gefahrenmomente zu minimieren, als sich hinter Verboten, Verordnungen und Sicherheitsaspekten zu verschanzen, damit die Schüler verzichten lernen!


    In unserem Job sind wir nun einmal an die entsprechenden Vorschriften gebunden. Wen das stört, der soll lieber ein privates Erlebniscamp für Jugendliche aufmachen, meinetwegen auch an der kroatischen Adriaküste. Aber auch dann wird man sicherlich die eine oder andere Vorschrift befolgen müssen...


    Ansonsten verweise ich auf die Ausführungen von Kollege Moebius.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Zitat

    Original von John2
    Ist es unpädagogischer oder weicheiiger, berechtigten Schülerwünschen im Bewusstsein der Verantwortung nachzugeben und nach bestem Wissen und Gewissen Gefahrenmomente zu minimieren, als sich hinter Verboten, Verordnungen und Sicherheitsaspekten zu verschanzen, damit die Schüler verzichten lernen!


    Ich muss ganz ehrlich sagen, wenn es potenziell juristisch um meinen Allerwertesten ginge, würden Schülerwünsche auf meiner Prioritätenliste so ungefähr in Bodenhöhe rangieren.


    Nele

  • Aus gegebenem Anlass hole ich diesen Thread noch einmal hoch.


    Ich bin gerade völlig geplättet angesichts meiner Naivität!
    Nächstes Jahr fahre ich mit meiner Abschlussklasse in die Toscana. Selbstverständlich habe ich eigentlich mindestens einen Tag am Strand geplant. Auch die Unterkunft stellte ich mir richtig idyllisch am Wasser vor - ich habe bzw. hatte schon ein Campinplatz im Visier. Heute erzähle ich nichtssahnend meinem Kollegen davon (ist noch nichts gebucht) - da bekommt der einen Lachanfall! Camping - Meer - Abenddisco - und 30 junge Wilde?!? Er frage mich, ob ich Lust hätte mit 5 Alkoholtoten, 5 Ertrunkenen und 5 Schwangeren nach Hause zu fahren! Ich sagte: "Nein, ich weigere mich die 10 toten im Bus mitzunehmen!" Okay, ist nicht besonders lustig.
    Jetzt bin ich schon davon abgekommen, eine Residenz diekt am Meer zu buchen. Aber würdet ihr wirklich nicht einmal einen kleinen Strandbesuch in Erwägung ziehen?
    Dann, nächste Frage: Ich habe eine sehr schöne Jugendherberge in Florenz ausfindig gemacht - die hat aber einen Pool. Ich brauche euch wohl nicht zu fragen, ob ich im schlimmsten aller Fälle denselben juristischen Ärger bekommen würde?
    Zudem würde ich einen Kollegen mitnehmen, der ebenfalls kein Sportler ist. Zumindest ICH würde bis zum nächsten Jahr auf jeden Fall einen ERste-Hilfe-Kurs machen. (Das muss ich sowieso!)


    Wie würdet ihr das mit dem Baden machen?
    Würdet ihr ein Hotel mit Pool buchen?


    Grüße
    Mara

    "Die beste Methode das Gute im Menschen zu wecken ist, ihn so zu behandeln, als wäre er schon gut." (Gustav Radbruch) :troest:

  • Zitat

    otale Absicherung geht nur dann, wenn wir praktisch unseren Auftrag im Hinblick auf Aktionen zur Förderung der Klassengemeinschaft generell sein lassen würden. Dann wären wir zwar auf der sicheren Seite, aber wohl auch auf der pädagogisch falschen.


    da ist mir das rechtlich sichere Hemd näher als die pädagogisch relevante Hose:


    Wenn die Vorschriften/ Rechtsprechung dergestalt ist, dass man sich so absichern muss, werden eben keine Fahrten mehr gemacht. Zumindest nicht zum Baden, Kanufahren usw.
    Und ganz ehrlich: muss es ja auch nicht. Klassenzusammenhalt kann man auch anders schaffen

  • Zudem würde ich einen Kollegen mitnehmen, der ebenfalls kein Sportler ist. Zumindest ICH würde bis zum nächsten Jahr auf jeden Fall einen ERste-Hilfe-Kurs machen. (Das muss ich sowieso!)


    Wie würdet ihr das mit dem Baden machen?
    Würdet ihr ein Hotel mit Pool buchen?


    1. und 2.: Wenn Pool, dann nur mit Koellegen, der einen Rettungsschwimmschein hat.
    3. Nein.


    Erste-Hilfe ist schön und gut, müssen wir eh alle 2 Jahre machen, aber das ersetzt keinen Rettungsschwimmschein.

  • Ich würde sagen, du bewegst dich da rechtlich auf sehr dünnem Eis. Schau mal hier:


    http://sasu.insweb.de/erlassschwimmen.htm


    Hmm, aber dann wären ja einige Schulverantstaltungen an unserer Schule gar nicht erst zulässig!
    Es ist gang und gäbe den Wintersporttag mit einem Teil der Schüler im Thermalbad abzuhalten. Kein einziger Lehrer hat da das Goldene Abzeichen im Schwimmen. Die Sportlehrer sind an diesem Tag beim Skifahren.
    Sogar die Grundschullehrer meiner Kinder gehen im Sommer mit den Kindern zum Baden.
    Warum lassen Schulleitungen so eine Art von Veranstaltungen dann überhaupt zu?


    Ich bin gerade echt geplättet.
    Ich bin ja nicht erst seit gestern Lehrerin, aber von diesen strengen Vorschriften habe ich noch nie gehört. Klar - offenes Meer - das sehe ich wirklich ein. Aber, dass ein kleiner Pool rechtlich auch problematisch sein soll?


    Grüße
    Mara

    "Die beste Methode das Gute im Menschen zu wecken ist, ihn so zu behandeln, als wäre er schon gut." (Gustav Radbruch) :troest:

    Einmal editiert, zuletzt von mara77 ()

  • Ich bin ja nicht erst seit gestern Lehrerin, aber von diesen strengen Vorschriften habe ich noch nie gehört. Klar - offenes Meer - das sehe ich wirklich ein. Aber, dass ein kleiner Pool rechtlich auch problematisch sein soll?


    Warum müssen Schwimmmeister (http://de.wikipedia.org/wiki/Schwimmmeister) und Fachangestellte für Bäderbetriebe (http://de.wikipedia.org/wiki/Fachangestellter_für_Bäderbetriebe) wohl eine langjährige Ausbildung durchlaufen und Rettungsschwimmabzeichen besitzen?


    Sich als Lehrkraft ohne den Nachweis der entsprechenden Rettungsfähigkeit auf das Abenteuer "Schwimmen gehen mit Schülern" einzulassen ist nicht nur leichtsinnig sondern, sorry, auch äußert töricht.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Ich dürfte in der Schule niemals Schwimmen unterrichten, ohne einen entsprechenden Rettungsschein. Warum sollte das bei Freizeitaktivitäten mit Schülern bzw Klassenfahrten anders sein ??
    Das ist doch fahrlässig ! Selbst mit Schein würde ich das mit den Schülern nicht auf Klassenfahrten machen. Mir wäre das Risiko zu hoch. Das würde ich den Schülern so kommunizieren. Punkt. Hinterher kommt keiner und sagt:"naja , Sie wollten halt, dass die Schüler Spaß haben..... Ist ja verständlich ...."
    Und meinem Gewissen würde selbst der Satz dann nix mehr bringen.
    10 Mal geht das vielleicht gut..... Aber nur vielleicht.
    Panama

    "Du musst nur die Laufrichtung ändern..." sagte die Katze zur Maus, und fraß sie.

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