schriftlich 1 - mündlich nur auf Nachfrage

  • Ich habe eine Schülerin (9. Klasse), die schriftlich sehr gut ist und in den Arbeiten immer 1en schreibt. Im Unterricht hingegen beteiligt sie sich nur auf Nachfrage, sie meldet sich nie von selber. Übungen im Unterricht erledigt sie zügig und auch richtig, aber man muss die Ergebnisse von ihr immer abfragen.
    Ich habe ihr bereits mehrfach gesagt und auch unter die Arbeiten geschrieben, dass sie sich mehr beteiligen soll, doch es ändert sich nichts.


    Ich bin nun etwas unsicher, wie diese mündliche Leistung zu bewerten ist bzw. ob man dieser Schülerin auf dem Zeugnis noch eine 1 geben kann.
    Wie seht ihr das?


    edit: Rechtschreibfehler und Ergänzung der Klasse

  • Ich würde ihr keine 1 auf dem Zeugnise geben. Sie reagiert zwar auf Deine Nachfragen, das ist dann vielleicht mündlich mit HA und Arbeitseinstellung eine gute 3. Aber um eine 1 insgesamt zu rechtfertigen, sollte sie schon eigenständig und regelmäßig mündliche Leistung erbringen. Das würde ich ihr auch so sagen und ihr eine 2 geben.

  • Bei uns in Ba-Wü gibt es mündliche Noten und noch die Mitarbeit als Kopfnote.


    Wenn du sie fragst und sie die richtige Antwort gibt, wäre das für mich auch eine gute bis sehr gute mündliche Leistung.


    Die Häufigkeit ihrer Wortmeldungen würde ich dann in die Mitarbeitsnote einfließen lassen.


    Gibt es das so bei euch in NRW nicht?


    Gruß
    Super-Lion

  • Tach auch,


    wenn man hier mal die Rechtsvorschriften bemüht: Hol - bzw Bringschuld.


    Da die Schülerin in der Sek I ist, hast du als Lehrer zunächst einmal eine Hohlschuld. Wie Du schreibst, antwortet die Schülerin auf Nachfrage passend, arbeitet zügig, gewissenhaf, richtig und wird (denke ich mal) auch im Bereich Hausaufgaben ihren Teil leisten.


    Denke daher z.B. auch nicht das besagte Schülerin in der Kopfnote "Leistungsbreitschaft" eine drei angedroht bekommt - denn erfahrungsgemäß sind "ruhige" SuS dies meist in sehr vielen Fächern....


    Daher kann man in der "sonstigen Mitarbeit" durchaus eine zwei rechtfertigen. Zusammen mit den schriftlichen Leistung kann das durchaus eine eins werden.


    Ich bitte dabei zu bedenken das die "Sonstige Mitarbeit" nicht nur die "mündliche Leistung" widerspiegelt.


    Dennoch sollte man die Schülerin drauf hinweisen, in wie weit sich Bewertungsmaßstäbe in der Sekundarstufe II ändern - auf der anderen Seite sind auch wir gefordert (ja auch der Sekundarstufe II) SuS die Möglichkeiten einzuräumen gute schriftliche Leistungen in der "sonstigen Mitarbeit" zu bestätigen.


    Pommes

    Kann ich jetzt nach Hause gehen und die Wand anstarren? - Bernd das Brot

    Einmal editiert, zuletzt von pommes ()

  • Bei uns gibt es ja die sog. Kopfnoten mit dem Bereich "Leistungsbereitschaft". Dort wird so etwas sicherlich auch berücksichtigt.


    Aber die Häufigkeit und auch auch Eigenständigkeit der Meldungen fließt in die mündliche Note mit ein. Zwei gleich gute Schüler, bei der der eine mir durch Melden seine Ergebnisse anbietet kann m.E. nicht die gleiche Note bekommen wie jemand, der nur auf Nachfrage die Lösung präsentiert.

  • @ Aktenklammer:
    Hast du die Schülerin mal gefragt, warum sie den Mund nicht freiwillig aufmacht? Hat sie vielleicht Angst...? Wenn ja warum / vor wem?


    Hawkeye:
    Die Holschuld gilt in NRW für die Sekundarstufe I in allen Fächern und gibt uns Lehrern vor, dass wir besonders die mündliche Leistung von den SuS einfordern müssen, wenn sie nicht von selber kommt.
    In der Sek. II haben die SuS dann die sog. Bringschuld. Das heißt, diee SuS sind dort für ihre SoMi-Note selber verantwortlich. Wer nichts sagt und nichts macht hat halt selber Schuld....


  • Ich halte die strikte Trennung von Mitarbeit und Leistung für nicht machbar und auch nicht für sinnvoll. Ich denke auch, dass es sich bei der für BW immer wieder erwähnten strikten Trennung um eine Überinterpretation der rechtlichen Vorgaben handelt.


    Für mich ist die Kopfnote eine Zusatzinformation, die einen bestimmten Aspekt in den Vordergrund rückt. Das heißt aber nicht, dass ich diesen Teil nicht auch in die Fachnote einfließen lassen kann. Wer mir Gegenteiliges anhand von entprechenden Verordnungen für BW belegen kann, dem wäre ich wirklich dankbar. Bislang habe ich nämlich nichts derartiges finden können. (Klar ist natürlich, dass entsprechende Regelungen auf Schulebene hier eine bindende Wirkung entfalten können.)


    Da ich schwerpunktmäßig sozialwissenschaftliche Fächer unterrichte, halte ich zumindest in diesem Bereich auch eine Trennung von mündlicher Leistung und mündlicher Mitarbeit spätestens ab der Mittelstufe nicht mehr für angebracht. Die Fähigkeit, sich ausdrücken zu können und sein Wissen in Arbeitsprozesse einbringen zu können ist aus meiner Sicht Bestandteil einer fachspezifischen Kompetenz, die es laut Bildungsplan in meinen Fächern zu erwerben gilt (Kommunikationskompetenz). Wie bei den anderen Kompetenzfeldern auch, geht die Leistungsfähigkeit des Schülers eben in die Fachnote ein.


    Eine Schülerin, die sich nicht von selbst mündlich in den Unterricht einbringen kann, hat klare Defizite in diesem Bereich und das drückt eben auch die Fachnote im Zeugnis aus. Eine 1 würde besagte Schülerin von mir also nicht bekommen können.


    Eine Ausnahme gibt es: Ich habe z.B. eine Autistin bei mir im Unterricht. Von der kann ich diese Teilleistung einfach nicht erwarten. Dementsprechend wird sie auch nicht bewertet.

    • Offizieller Beitrag

    rechtliche Infos dazu kenne ich gerade nicht.


    Aber: ich hatte mal ein paar Jahre eine Schülerin, die der Klasse (in Deutsch) um Lichtjahre voraus war. Arbeiten waren durchgängig Einser. Mündlich hat sie sich auch hauptsächlich auf Nachfrage beteiligt.
    Ihre Antworten waren aber (wie vorauszusehen) absolut korrekt.


    Ich habe ihr aber aus den geringen Meldungen keinen "Strick" gedreht, sondern es pragmatisch betrachtet.
    Wenn sie sich "vernünftig" gemeldet, "vernünftig" mitgearbeitet hätte, wäre der Rest der Klasse auf der Strecke geblieben. Die hätten teilweise gar nicht mehr verstanden, worum es ginge.


    Sie hat daher (wenn nicht mal schriftliche Zweier dazwischen kamen) die EINS trotz der eher schlechten Quantität der Mitarbeit bekommen.


    kl. gr. Frosch

  • Ich habe die Schülerin mehrmals darauf angesprochen und gefragt, aber eine wirkliche Antwort hat sie nicht, sie lächelt immer nur. Eine Autistin ist sie meines Wissens nicht. Nur wohl schüchtern oder eben vielleicht auch daran gewöhnt dass sie - mit einem erhobenen Zeigefinger "eigentlich..." - immer die Höchstnote bekommen hat, obwohl sie so dermaßen schweigsam ist.

  • Zitat

    Original von Aktenklammer
    Nur wohl schüchtern oder eben vielleicht auch daran gewöhnt dass sie - mit einem erhobenen Zeigefinger "eigentlich..." - immer die Höchstnote bekommen hat, obwohl sie so dermaßen schweigsam ist.


    Spätestens mit dem Eintritt in das Berufsleben rächt es sich dann aber gewaltig, wenn man eine solche Strategie verinnerlicht hat. Schon allein aus diesem Grund würde ich der Schülerin eben auch JETZT über die Note deutlich aufzeigen, dass sie nicht in allen Kompetenzfeldern "sehr gut" ist.

  • Bei uns in der Sek. II wird das Schriftliche zu 50 % gewichtet. Ich kläre die Schüler zu Beginn des Schuljahres auf, dass ich Eigeninitiative erwarte und diese auch bewerte. Wenn jemand nur da sitzt und selber nichts sagt, dann ist das bei mir ne 4-5, das mit der 1 im Schriftlichen wäre dann eine 3 insgesamt... :)

  • Was passiert, wenn Du mal was wirklich Schweres/Kompliziertes fragst (bei dem sich sonst niemand meldet oder das niemand weiß)? Schon mal probiert und eine Weile mit Warten durchgehalten?

  • Wenn ein Schüler konzentriert zuhört, sich nicht selber meldet aber wenn ich ihn aufrufe richtige und gute Antworten gibt, ist das für mich durchaus im Bereich "sehr gut" (da spielen auch Verordnungen eine Rolle, so dass es wieder mal vom Bundesland abhängt).
    Wir in Bayern haben eher eine Holschuld als Lehrer.


    Ich finde das aber auch ganz in Ordnung, denn Noten sollen das abbilden, was der Schüler kann - und nicht, ob er es nur nach Aufforderung unter Beweis stellt oder freiwillig.


    Dafür gibt es bei uns die Zeugnisbemerkung in "Mitarbeit".

  • Zitat

    Original von Blau
    Was passiert, wenn Du mal was wirklich Schweres/Kompliziertes fragst (bei dem sich sonst niemand meldet oder das niemand weiß)? Schon mal probiert und eine Weile mit Warten durchgehalten?


    Es handelt sich um eine Fremdsprache im 2. Lernjahr, "wirklich Schweres" taucht da nicht so auf. Wenn es um das Erschließen von neuen Strukturen geht, drängt sie sich nicht in den Vordergrund, da haben eher die anderen Ideen.

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von Nighthawk
    Wenn ein Schüler konzentriert zuhört, sich nicht selber meldet aber Ich finde das aber auch ganz in Ordnung, denn Noten sollen das abbilden, was der Schüler kann - und nicht, ob er es nur nach Aufforderung unter Beweis stellt oder freiwillig.


    Dafür gibt es bei uns die Zeugnisbemerkung in "Mitarbeit".


    Was ein Schüler "wirklich" kann, zeigt sich ja bereits im Schriftlichen.

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