Darf ein Lehrer....?

  • Nuki: Eine furchtbare Geschichte. So etwas möchte man wirklich nie erleben - weder als Schüler noch als Lehrer. Ein gewisses Risiko gibt es beim Rausschicken auf jeden Fall - trotzdem mache ich es.


    Helmut:


    Zitat

    Meine Frau hat da folgenden Trick: Wenn sie einen Schüler vor die Türe schickt, dann muss dieser die Türklinke nach unten gedrückt halten. Das sieht man von innen.


    Hab ich auch mal gemacht. Mit den Hauptstörern in einer vollkommen ausgerasteten 7ten Klasse - mit Kindern die NICHTS (im schulischen Maßnahmenkatalog) beeindruckt hat (außer: gezielten Bloßstellungen vor der gesamten Klasse - das war allerdings die Methode des Klassenlehrers, nicht meine).


    Hat auf dem ersten Elternabend natürlich gleich zu schwer angeschärften Nachfragen geführt. Ist halt total unpädagogisch, das wissen sogar Eltern, die sonst über ihre Kinder gar nichts wissen ;).

    • Offizieller Beitrag

    Magister


    Was das "Rausschmeißen" angeht, so hätten wir dann aber mit anderen Gründen, aus denen die Schüler den Klassenraum verlassen, auch ein Problem.


    Was wäre zum Beispiel mit den Toilettengängen der Schüler während der Unterrichtszeit?
    Die müsste ich dann ja so gesehen verbieten, denn aus dem Fenster springen kann ein Schüler immer.


    Was wäre mit dem Kreideholen oder anderen Aufgaben? So gesehen dürfte man die als Lehrer dann auch nicht mehr vergeben.


    Wenn ich einem Schüler eine klare Anweisung gebe, von der ich erwarte, dass sie auch ausgeführt wird, dann kann es an sich nicht in meiner Verantwortung liegen, wenn der Schüler dieser Anweisung nicht Folge leistet.


    Wäre dem nicht so, dürfte ich künftig keine Schüler mehr aufs Klo gehen lassen. Unabhängig von der schulspezifischen Regelung, die sich nach meiner Wahrnehmung weniger an der Gesetzeslage als an dem Maß an "Disziplin" orientiert, kann das ja wohl nicht Sinn der Sache sein, oder?


    Gruß
    Bolzbold

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Unser Föderalismus im Bildungswesen hat die unterschiedlichsten Regelungen hervorgebracht; deshalb ist es wichtig, immer das Bundesland anzugeben. Was in einem Land geht, ist im anderen nicht zulässig.


    Magister: ich wiederhole das schon gebetsmühlenartig, hilft aber nicht viel. ;)


    Bolzbold: ich nehme an, dass es da juristisch einen Unterschied zwischen "Kreide holen" und "rausstellen" gibt. Der Rausgestellte hat ja schon bewiesen, dass ich ihm nicht vertrauen kann. Also kann ich ihm auch nicht vertrauen, dass er sich daran hält, wenn ich ihm sage, er solle vor der Tür stehen bleiben / nichts anstellen / ...


    kl. gr. Frosch

  • Kann es sein, dass der "Darf ein Lehrer"-thread bisher eher zur Verwirrung als zur Klärung beiträgt?
    Ich würde ja den Chef oder die Chefin fragen, die haben das zu wissen.


    Bei uns ist es derzeit zum Beispiel Mode, zu den beiden "Doc Holidays" zu gehen, die hier in der Nähe ansässig sind, und die Schülern auf Zuruf Atteste ausstellen, wie die Narren in Köln zu Fassenacht Konfetti.
    Jene Schüler beginnen jetzt, diese Atteste selektiv einzusetzen (also für den Kurztest in der ersten und zweiten Stunde - und dann aber nicht mehr in der 3. und 4. , 5. und 6. Stunde).


    Das berechtigte Rückweisen dieser Atteste seitens der Kollegen wurde öfter mal mit der Frage "Darf ein Lehrer ein Attest zurückweisen?" kommentiert. Es gab Diskussionen.


    Wir haben den Chef gefragt, und der hat gesagt "Klar darf man so einen Quatsch zurückweisen", hat das über die Klassenlehrer den Schülern mitteilen lassen und seitdem ist Ruh.

  • Zitat

    "Das berechtigte Rückweisen dieser Atteste seitens der Kollegen wurde öfter mal mit der Frage "Darf ein Lehrer ein Atest zurückweisen" kommentiert. Es gab Diskussionen.


    Wir haben den Chef gefragt, und der hat gesagt "Klar darf man so einen Quatsch zurückweisen", hat das über die Klassenlehrer den Schülern mitteien lassen und seitdem ist Ruh.

    "




    Also ich kann die Problematik gut verstehen, wir haben auch Ärzte, die mit dem Ausstellen von Krankenscheinen sehr übereifrig sind. Ich halte es aber für sehr problematisch, solche Atteste einfach willkürlich als Quatsch zurückzuweisen. Der Schulleiter ist kein Arzt und hat nicht das Recht ein solches Attest zu ignorieren. Wenn ein Lehrer sich mit Attest krank meldet, dann kann der Schulleiter das ja auch nicht einfach übergehen. Haben sich denn noch nie Eltern in solchen Fällen beim Schulamt beschwert?

    2 Mal editiert, zuletzt von philosophus ()

  • Zitat

    Störende Schüler vor die Tür zu stellen, ist dem Buchstaben nach verboten.


    Stimmt meines Wissens für BW nicht. Zumindest ist es nicht die gängige Rechtsprechung. "Aufsichtspflicht" bedeutet nicht, dass der Lehrer jeden Schüler immer im Blick haben muss. Es bedeutet, dass die Schüler sich beaufsichtigt fühlen und ihr Verhalten entsprechend anpassen. Ist dies gewährleistet, dürfen Kinder auch vor die Tür geschickt werden. Zu berücksichtigen ist dabei noch Alter und Charakter des individuellen Kindes (Kinder, die für Vandalismus bekannt sind, sollte man eher nicht allein auf den Gang schicken.)


    Siehe etwa auch hier


    http://www.seminaroffenburg.de…2008_Aufsichtspflicht.pdf (Seite 13)

  • Zitat

    Original von Knödelfee
    Also ich kann die Problematik gut verstehen, wir haben auch Ärzte, die mit dem Ausstellen von Krankenscheinen sehr übereifrig sind. Ich halte es aber für sehr problematisch, solche Atteste einfach willkürlich als Quatsch zurückzuweisen. Der Schulleiter ist kein Arzt und hat nicht das Recht ein solches Attest zu ignorieren. Wenn ein Lehrer sich mit Attest krank meldet, dann kann der Schulleiter das ja auch nicht einfach übergehen. Haben sich denn noch nie Eltern in solchen Fällen beim Schulamt beschwert?


    Es gibt in NRW rechtlich im Zweifelsfall die Möglichkeit, schulischerseits eine amtsärztliche Gegendiagnose ausstellen zu lassen - ich habe aber noch niemals davon gehört, dass eine solche Maßnahme tatsächlich durchgeführt worden wäre.


    Ich wäre allerdings auch sehr vorsichtig damit, ein ärztliches Attest aus dem Hangelenk zurückzuweisen, auch wenn es von einem notorischen Doc Holiday käme; immerhin bin ich medizinischer Laie und kann nicht beurteilen sondern nur vermuten, ob eine krankheitsbedingte Unterrichtsunfähigkeit vorliegt oder nicht. Wenn der Schulleiter das auf seine Kappe nimmt und eine entsprechende Dienstanweisung gibt, ist das für mich in Ordnung, aber selber würde ich die Verantwortung für so eine Entscheidung nicht tragen.


    Nele


  • Für Bayern:


    1) in den freien Nachmittag hinen: nicht ohne Vorinformation der Eltern (und da habe ich unterschiedliche Aussagen, wie weit vorher die Eltern zu informieren sind - das reicht von 48 Stunden bis zu einer Woche) - also am selben Nachmittag länger da behalten ist nicht möglich. Davon abgesehen der Hinweis, dass Kollektivstrafen nicht erlaubt sind, von daher muss man schon einzelne Schüler rausnehmen.
    Schüler sollen natürlich darüber hinaus ihre Busse erreichen.


    in die Pause: ich würde sagen streng genommen generell nein. Es dürfte nichts dagegen sprechen, noch ein oder zwei Sätze aufzuschreiben, aber auch Schüler haben ein Recht auf eine Pause.


    2) Nein, Strafarbeiten sind nicht erlaubt, "pädagogische Maßnahmen" bzw. "Erziehungsmaßnahmen" durchaus ...


    3) in Bayern grundsätzlich nicht - denn erstens wird hier die Aufsichtspflicht strenger ausgelegt und zweitens haben die Schüler ein Recht auf Unterricht und dieses "Recht" kann ihnen der einzelne Lehrer nicht nehmen (wie es mit dem Recht der anderen auf ungestörten Unterricht aussieht ...), dazu bedarf es mWn einen Beschluss des Disziplinarausschusses/der Lehrerkonferenz. Also vor die Tür stellen - auch mit Klinke runterdrücken - geht definitiv NICHT.


    Friesins "Laufzettel" ist meiner Einschätzung nach eher im Graubereich angesiedelt, wird aber an einigen Schulen praktiziert.


    Ärztliche Atteste: Wir können grundsätzlich keine Atteste "anzweifeln", allerdings kann es dann schon passieren, dass man bestimmte Schüler in Zukunft zum Amtsarzt schickt.


    Das ist evtl. interessant:


    http://www.lehrerfreund.de/in/schule/1s/was-duerfen-lehrer/


  • Naja, es wird ja keine ärztliche Diagnose zurückgewiesen. Aber wenn ein Schüler für einen Tag krank geschrieben ist - und in der 3. - 6. Stunde desselben Tages piepsgesund und fröhlich zum Unterricht erscheint, nur nicht zur ersten und zweiten Stunde, wo der Test war - dann ist er ganz offensichtlich an dem Tag nicht krank oder unterrichtsunfähig. Und eine Krankschreibung kann vom Schüler nicht selektiv stundenweise eingesetzt werden. Bzw dann gilt das nicht als Entschuldigung für den Test!


    Wenn er konsequent den ganzen Tag fehlt, muss man es, wenn auch zähneknirschend, akzeptieren. Übrigens auch dann, wenn man den Schüler nachmittags beim Getränkemarkt trifft mit einem sixpack unterm Arm - oder?

  • Zitat

    Original von helmut64
    Meine Frau hat da folgenden Trick:


    Wenn sie einen Schüler vor die Türe schickt, dann muss dieser die Türklinke nach unten gedrückt halten. Das sieht man von innen.


    Gab´s da nicht ma irgendein Urteil, in dem entschieden wurde, das sei gegen die Menschenwürde? Ich meine, das gelesen zu haben ..

  • Zitat

    Original von Blue


    Gab´s da nicht ma irgendein Urteil, in dem entschieden wurde, das sei gegen die Menschenwürde? Ich meine, das gelesen zu haben ..


    Das fände ich auch ohne Gerichtsurteil entwürdigend. Auf jeden Fall wäre der anzunehmende pädagogische Schaden im Zweifelsfall größer als der Nutzen.


    Nele

  • Da das wirklich schlimm war damals begleite ich kurz das jeweilige Kind zu einer meiner Kolleginnen und lasse meine Tür offen stehen.
    Das geht gut. Draußen stehen muss niemand. Meistens reicht es bei meiner Klasse auch völlig damit zu drohen.


    Das mit der Türklinke finde ich auch übel und ich muss auch ehrlich sagen, ich kann mir nicht vorstellen,d ass man permanent auf die Tür starrt ob die Klinke noch gedrückt ist. Ich gehe viel rum in meinen Stunden und helfe einzelnen Kindern und da stehe ich oft mit dem Rücken zur Tür.

    • Offizieller Beitrag

    Die Nummer mit der Türklinke finde ich entwürdigend. Könnte ich jedenfalls nicht einsetzen.
    In der Grundschule machen wir es schon mal so, dass wir einzelne Kinder, die gewusst regelmäßig komplette Ausraster kriegen, zum Schulleiter schicken. Nicht als Strafe, sondern um sich da abzuregen.
    Vielleicht kann man auch mit einer Kollegin vereinbaren, dass man gelegentlich Kinder "tauscht", die den Unterricht massiv stören. Mit Arbeit ausgestattet sind sie in einer fremen Klasse meist ganz lieb. ;)
    Kinder einfach vor die Tür zu stellen ist m.E. verboten - zumindest in Hessen und RLP. Kommt aber vielleicht auch auf das Alter der Kinder an... Pädagogisch wertvoll ist die Maßnahme jedenfalls nicht (sagt eine, die früher öfter vor der Tür stand ;) ).


    Kritisch find eich es auch, wenn Atteste nicht anerkannt werden. Klar hat man keine Lust, sich veräppeln zu lassen, aber letztlich sind wir alle keine ausgebildeten Mediziner und ein gewisses Maß an Eigenverantwortung muss ja dann doch sein. Sind die Jugendlichen (um die es ja wohl hier geht) noch minderjährig würde ich mit den Eltern über diese Atteste reden. Sind sie volljährig, kann man an ihre Vernunft appellieren, aber vernatwortlich für versäumten Schulstoff sind sie selber.

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    was ist denn entwürdigend, wenn ein Schüler die Türklinke festhalten soll? Es zwingt ihn doch niemand, den Unterricht zu stören ?(


    Es führt den Schüler vor, wenn man ihn dazu nötigt, zu Kontrollzweckebn dauerhaft eine solche künstliche Haltung einzunehmen. Da Erwachsene und junge Menschen keine unterschiedliche Formen persönlicher Würde haben, ist übrigens ein sicherer Indikator für entwürdigende Maßnahmen, sich mal sich selbst am receiving end der Maßnahme vorzustellen.


    Ich würde mich definitiv entwürdigt fühlen, wenn mir jemand die Anweisung gibt, bei einer geschlossenen Tür die Klinke runterzudrücken, damit ich nicht weggehe - und bei meiner Persönlichkeit würde mich das auch zu renitenten Gegenmaßnahmen provozieren!


    Wer oder was zwingt ein Kind oder einen Jugendlichen, den Unterricht zu stören? Vielleicht kindliche Gedankenlosigkeit oder pubertäre Stürme? Oder noch nicht erlernte Sozialkompetenzen bzw. Selbstdisziplin. Eine pädagogisch sinnvolle Reaktion ist dafür da, dem Kind eine Hilfe zu geben, in die Grenzen zurückzufinden und die Kompetenzen zu erwerben. Es ist nicht notwendig, ein Kind dazu zu erniedrigen!


    Nele


    [AARGH! Entschuldige Friesin, ich habe auf den falschen Button gedrückt und deinen Text kaputtgemacht. Tut mir leid. ;( )


  • Öhm, das hab ich doch nicht so wörtlich gemeint - mir war schon klar, dass das an Deiner Schule so gehandhabt wird und nicht Du die Urheberin bist ... Ich denke auch, dass man dazu wirklich einen Schulrechtsfachmann bräuchte, um zu entscheiden, ob so ein "Laufzettel" wirklich wasserdicht ist.

  • Zitat

    Gab´s da nicht ma irgendein Urteil, in dem entschieden wurde, das sei gegen die Menschenwürde? Ich meine, das gelesen zu haben ..


    Bestimmt. Genau besehen ist die ganze Schule gegen die Menschenwürde. Wir warten noch auf einen bundesdeutschen Richter, ders verkündet :).


    Zitat

    Das fände ich auch ohne Gerichtsurteil entwürdigend. Auf jeden Fall wäre der anzunehmende pädagogische Schaden im Zweifelsfall größer als der Nutzen.


    Das mag sein. Funktioniert m. E. aber vor allem auf den Einzellfall bezogen und schon nicht mehr, wenn es um dreißig Kinder geht.

  • Hallo,


    danke für eure Einschätzungen und Ideen. Mein Schulgesetz (HH) bietet kaum genauere Hinweise. Letztendlich sind es wohl schulinterne Regelungen, die im entscheidenden Fall ausschlaggebend sind. Die Bücher werde ich mir zu Weihnachten schenken lassen.


    Gruß, klöni

  • Zitat

    Original von neleabels


    Es gibt in NRW rechtlich im Zweifelsfall die Möglichkeit, schulischerseits eine amtsärztliche Gegendiagnose ausstellen zu lassen - ich habe aber noch niemals davon gehört, dass eine solche Maßnahme tatsächlich durchgeführt worden wäre.


    Hast du dazu zufällig die passende Quelle zur Hand?
    Meines Wissens nach ist ein amtsärztliches Attest gar nicht so einfach anzufordern, sondern darf nur in ganz wenigen Fällen erbeten werden. Auf jeden Fall nicht, wenn man als Lehrer glaubt ein Arzt hätte ein "Freundschaftsattest" erstellt. Eine Diagnose steht ja sowieso nie auf dem Attest, also wird es mit der Gegendiagnose immer Probleme geben; auch ein Migräneanfall kann nunmal innerhalb weniger Stunden wieder vorbei sein, so dass der Amtsarzt nichts feststellen kann.


    Grüße
    Peter

  • Zitat

    Original von neleabels


    Das fände ich auch ohne Gerichtsurteil entwürdigend. Auf jeden Fall wäre der anzunehmende pädagogische Schaden im Zweifelsfall größer als der Nutzen.


    Ich finde das absolut gar nicht entwürdigend. Das hat m.E. nichtmal was mit Würde zu tun.

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