Nun also ein bundesweites Abitur

  • Laut Medienberichten haben sich die Kultusminister aller 16 Bundesländer nun darauf geeignet, dass das Abitur in ganz Deutschland gleich schwer werden soll und es ein Materialienpool geben soll, aus denen sich die BL bei den Abi-Aufgaben bedienen können. In 5 Jahren soll es so weit sein.


    Bin mal gespannt wie es wird. Was haltet ihr davon?

  • Ich glaube erst dran, wenns soweit ist. Und es würde mich interessieren, wie die Schwierigkeit der Aufgaben bestimmt werden soll.


    Edit: Bei Spiegel online steht, dass der Rückgriff auf den Aufgabenpool freiwillig sein soll. Also doch nur viel heiße Luft?

  • Ich finde, dass die KM mal wieder dabei sind, dass Pferd von hinten aufzuzäumen: Alle SuS sollen dasgleiche Abitur machen, aber der Weg dorthin ist so sehr unterschiedlich (inkl. der unterschiedlichen Anforderungen!). Warum beginnt man nicht am ANFANG der Schullaufbahn mit vergleichbaren Anforderungen, Strukturen etc.?
    Klar, die Bildungsstandards sind ein guter Anfang - aber mehr eben noch keinesfalls!

  • Alle SuS sollen dasgleiche Abitur machen, aber der Weg dorthin ist so sehr unterschiedlich (inkl. der unterschiedlichen Anforderungen!).


    Das nennt sich Outcome-Orientierung. Es wird überprüft, was rauskommt, egal wie der Weg dorthin war.
    Ob das so sinnvoll ist und Ergebnis und Weg immer unabhängig voneinander betrachtbar sind, steht auf einem anderen Blatt.


    Warum beginnt man nicht am ANFANG der Schullaufbahn mit vergleichbaren Anforderungen, Strukturen etc.?


    Weil wir einen förderalen Staat haben und weil sich im Bildungsbereich die "Provinzfürsten" noch relativ frei ausleben können.



    Grüße
    Steffen

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :_o_P


    8_o_) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

  • Verstehe schon, was du meinst, Schmeili, aber so problematisch ist das nicht, zumindest nicht in den Sprachen. Ich übe mit meinen Schülern oft mit den Abiklausuren aus anderen Bundesländern und kann insofern sagen, dass die Unterschiede da eher gering sind. Habe gerade letzte Woche erst die Klausuren aus NRW und Bayern verwendet. Da diese sich ja ohnehin schon an den KMK-Beschlüssen orientieren (EPA), sind sie sich sowieso sehr ähnlich. Ob die Aufgaben nun aus Wiesbaden oder aus einem anderen Aufgabenpool kommen, ändert für meinen Unterricht nicht viel. Vielleicht sieht das in anderen Fächern ja anders aus...

  • Habe gerade letzte Woche erst die Klausuren aus NRW und Bayern verwendet. Da diese sich ja ohnehin schon an den KMK-Beschlüssen orientieren (EPA), sind sie sich sowieso sehr ähnlich.


    Das finde ich aber zumindest für Englisch überhaupt nicht! Mal ganz ohne das Niveau zu werten, unterscheidet sich gerade Bayern in der Aufgabenstellung deutlich: Hier gibt es noch eine listening comprehension und eine mediation und die reading comprehension ist in mehrere Einzelfragen unterteilt, u.a. ca. zwei Analysefragen. In NRW und in den hessischen Aufgaben, die ich hier habe (- die sind aber vielleicht nicht mehr ganz aktuell) gibt es nur reading comprehension (mit Analyse) und composition. Gerade die Themen der composition beziehen sich häufig auf konkrete Unterrichtsinhalte, da zum Teil ja - anders als in Bayern - bestimmte Lektüren vorgeschrieben sind.


    Wie gesagt, damit will ich nicht sagen, dass Bayern anspruchsvoller ist. (Man könnte ja beispielsweise argumentieren, dass es in Bayern leichter ist, sich ein paar Punkte zusammenzuhäufen, weil man mehrere Einzelaufgaben hat!). Aber vergleichbar sind die Klausuren mit NRW und Hessen eigentlich nicht. Diese beiden Bundesländer sind sich allerdings in der Art der Aufgabenstellung schon wieder ähnlicher!

  • Wie gesagt, damit will ich nicht sagen, dass Bayern anspruchsvoller ist. (Man könnte ja beispielsweise argumentieren, dass es in Bayern leichter ist, sich ein paar Punkte zusammenzuhäufen, weil man mehrere Einzelaufgaben hat!). Aber vergleichbar sind die Klausuren mit NRW und Hessen eigentlich nicht. Diese beiden Bundesländer sind sich allerdings in der Art der Aufgabenstellung schon wieder ähnlicher!


    Eieiei, diese Diskussion hatte ich schon eine gefühlte Million Mal. Mein Standpunkt war, dass der Schwierigkeitsgrad in etwa gleich ist, v.a. auch, da die Bayern für die Bearbeitung von mehr Aufgabentypen gleich viel Zeit haben wie z.B. die Hessen.

  • Diese Diskussion macht ohnehin keinen Sinn, da man sich auch genau ansehen müsste, wie Vorleistungen in den Abischnitt zählen und wie diese entstehen etc. Nur indem man die Klausuren nebeneinander legt, kann man einfach keine Niveauunterschiede benennen. Ich persönlich habe mich tatsächlich mit allen drei Systemen sehr intensiv beschäftigt und auch eine genaue Meinung dazu, wo mehr und wo weniger verlangt wird. Aber diese Meinung werde ich nicht äußern, weil diese Diskussion einfach nichts bringt.

    auch, da die Bayern für die Bearbeitung von mehr Aufgabentypen gleich viel Zeit haben wie z.B. die Hessen

    Das sagt auch nichts aus, wenn man sich nicht den Umfang und das Anspruchsniveau der Aufgaben ansieht. Drei schwere Aufgaben in Hessen können ansprucsvoller sein als sechs leichte Aufgaben in Bayern. Umgekehrt wäre das bayerische Abitur deutlich anspruchsvoller, wenn alle sechs Aufgaben in Umfang und Anspruch den drei Aufgaben in Hessen/NRW entsprechen würde.
    Andere Frage: Macht es ein Abitur einfacher oder schwerer, wenn eine Listening Comprehension dabei ist? Und wenn in dieser Listening Comprehension nur Multiple Choice Aufgaben stehen? Man kann das nicht so einfach beurteilen - oder wie man in England sagen würde: It's neither here nor there!

  • Mediation steht in Hessen in kombinierter Aufgabe auch zur Auswahl. Listening nicht, das stimmt, diese Aufgaben habe ich daher natürlich auch nicht weiter berücksichtigt. Ich hoffe, dass sich das in den nächsten Jahren hier ändert. Der Schwerpunkt liegt hier zu sehr auf Lesen und Schreiben, aber das ist ein anderes Thema.


    Mein Eindruck war auch, dass in Bay. insgesamt mehr Aufgaben waren, dafür aber innerhalb der einzelnen Aufgaben doch manchmal etwas geschlossener vorgegangen wurde. Ich persönlich finde das - vor allem in einer Fremdsprache - eigentlich auch sinnvoll....


    Wenn ich davon spreche, dass ich Aufgaben ähnlich finde, meine ich damit nicht, dass der Aufbau vollständig identlisch ist. Viel wichtiger ist doch, ob Schülerinnen und Schüler nach 12 Jahren Schule die Kompetenzen haben, die entsprechenden Aufgaben zu lösen, und da ist es ja tatsächlich egal, ob man nun mehrere Einzelfragen hat oder eine umfassendere. Wenn man ein bundesweit einheitliches Abitur hat, wird man die Schüler an diese neuen Feinheiten schnell gewöhnt haben.


    Bestimmte Lektüren sind in Englisch in Hessen nicht vorgeschrieben, die vorgeschrieben Themen sind sehr allgemein formuliert - Beispiel "Them and us", "social structures", "Extreme situations" - darunter kann man (manchmal) alles oder nichts verstehen. Andere Themen wie American dream oder UK sind schon konkreter. Insofern sind die composition Themen nicht immer so leicht für die Schüler. Da sie ja aber einen von drei Vorschlägen auswählen können, ist das schon o.k.


    Vielleicht müssen die einzelnen Schulen bei einem bundesweiten Abitur ja auch nicht mehr so oft Aufgaben ausarbeiten wie im Moment! Das wäre ja auch noch ein netter Nebeneffekt.

  • Das sagt auch nichts aus, wenn man sich nicht den Umfang und das Anspruchsniveau der Aufgaben ansieht. Drei schwere Aufgaben in Hessen können ansprucsvoller sein als sechs leichte Aufgaben in Bayern. Umgekehrt wäre das bayerische Abitur deutlich anspruchsvoller, wenn alle sechs Aufgaben in Umfang und Anspruch den drei Aufgaben in Hessen/NRW entsprechen würde.


    da hast du natürlich recht. Wenn man z.B. die Stimmung der Hauptperson analysieren soll und einem schon vorgegeben wird, wie diese STimmung ist, ist die Aufgabe nur noch Zitate suchen. Was ich eigentlich sagen wollte, ist folgendes: 6 kürzere Fragen zum Text sind durchaus angemessen, wenn in 270 Minuten diese Fragen plus Comment plus Mediation zu lösen sind. Eine Aufgabe, die allerdings keine Mediation enthält oder die Wahl zwischen Mediation und Comment lässt, kann bei drei längeren Fragen und gleicher Bearbeitungszeit genau so schwer sein.

  • Wenn ich davon spreche, dass ich Aufgaben ähnlich finde, meine ich damit nicht, dass der Aufbau vollständig identlisch ist. Viel wichtiger ist doch, ob Schülerinnen und Schüler nach 12 Jahren Schule die Kompetenzen haben, die entsprechenden Aufgaben zu lösen, und da ist es ja tatsächlich egal, ob man nun mehrere Einzelfragen hat oder eine umfassendere. Wenn man ein bundesweit einheitliches Abitur hat, wird man die Schüler an diese neuen Feinheiten schnell gewöhnt haben.


    Ja, das stimmt natürlich.
    Und auch vielen Dank für die Informationen zum hessischen Abitur. Da war ich offenbar nicht auf dem neusten Stand!

  • In Deutsch sehe ich so gut wie keine Unterschiede zwischen den bisherigen Länderabituren. Mir macht ein Bundesabitur keine Angst.

    • Offizieller Beitrag

    Wenn ich weiß, was das Ziel ist - und hier wären Aufgabenbeispiele, an denen man sich orientieren kann, sowie klare Vorgaben im Voraus unverzichtbar - dann kann ich meine Schüler darauf vorbereiten.
    Dann ist das Level, auf dem sich dieses "Bundesabitur" befindet, relativ egal.


    Das Provinzfürstentum gehört in der Tat abgeschafft.


    Gruß
    Bolzbold

    • Offizieller Beitrag

    Ich wäre froh, wenn dieser sinnlose Föderalismus endlich abgeschafft würde. Für Kinder von Familien, die umziehen müssen - und heute haben ja nun wirklich nicht mehr alle einen Job, der ihnen ein festes Einkommen am selben Ort für lange Zeit garantiert - ist es eine echte Quälerei. Es macht das länderübergreifende Einstellen von Lehrern schwerer, es verlangsamt und verteuert das System, usw. usf. Daher klingt das für mich auch we ein Schritt in die richtige Richtung. Warum man so zögerlich ist - ein "freiwilliger Pool" und "vergleichbare Aufgaben" - verstehe ich nicht. Warum nicht ein richtiges Zentralabi? Mit 5 Jahren vorlauf und klaren Vorgaben könnte jede Schule sich drauf einstellen und ihre Schüler ordendtlich vorbereiten. Sind wir doch gewohnt...

  • In Deutsch sehe ich so gut wie keine Unterschiede zwischen den bisherigen Länderabituren. Mir macht ein Bundesabitur keine Angst.


    Gerade da sehe ich einen nicht unwesentlichen Unterschied: Während es in anderen Bundesländern verpflichtende Lektüren (in BW auch "Sternchenthemen" genannt) gibt, sodass sich die Schüler darauf verlassen können, dass irgendetwas davon schon drankommen wird, müssen die Bayern "alles" können und man hat manchmal den Eindruck, dass sich die Aufgabenersteller einen Sport daraus machen, möglichst abseitige Autoren und Werke für die Abiprüfung auszuwählen, damit auch ja nicht die Chance besteht, dass irgendeiner mal zuvor was davon gehört hat. Da tun mir unsere Schüler einfach leid.


    Ich finde, dass man die Bedingungen der Vorbereitung auch vereinheitlichen sollte. Soll heißen: Es soll in jedem Fach nicht nur den Lehrplan, sondern auch Abiturschwerpunktthemen ("Sternchenthemen") geben, die von mir aus auch jedes Jahr (oder alle paar Jahre) neu festgesetzt werden (in Deutsch z.B. 3-5 verschiedene Lektüren, die gelesen werden müssen, und von denen dann verlässlich etwas drankommt).


    Aber auch die Bedingungen der Korrektur sollten vereinheitlicht werden. Es gibt ja Bundesländer, in denen die Abiprüfungen ausschließlich innerhalb der Schule korrigiert werden, an der der Abiturient die Prüfung auch abgelegt hat, und es gibt Bundesländer (m.W.n. zumindest Baden-Württemberg), in denen die Zweit- und Drittkorrektur an anderen Schulen durchgeführt wird. Man möchte damit zwar möglichst objektive Bewertungen garantieren, aber letztlich halte ich das schulinterne Korrektursystem eher für dasjenige, das die individuellen Umstände am besten berücksichtigen kann.

    • Offizieller Beitrag

    Grundsätzlich klingt die neue Regelung für mich gut. Der Pool sorgt dann auch dafür, dass Prüfungen wieder individueller werden. Ich würde mir das für uns auch statt zentraler Realschulprüfungen wünschen. Jetzt bleibt allerdings die Frage, ob es nicht doch wieder eine Lösung gibt, die das Niveau herabsenkt.

    • Offizieller Beitrag

    Meiner auch! Es gibt ja so Masochisten, die machen das gern. Oder sind nicht so gern im Unterricht und bruddeln stattdessen lieber zigmal über im Prinzip demselben Text. Oder wie in England, da kann man sich zum Korrigieren melden und kriegt extra Geld.


    Ab nächsten Freitag sitz ich wieder fest gemauert in der Erden, wie eine Form in Lehm gebrannt ... und brüte über dem Englischabi... ;( - wie gern würd ich den Job abgeben. Zugunsten mehr Transparenz und vergleichbarerer Ergebnisse. Die Arbeiten müssten anonymisiert und nur mit Nummer versehen werden, und meinetwegen dürfen dann die Aufgaben gerne etwas weniger prätentiös ausfallen.

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

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