Jobaussichten allgemein / Panikmache?

  • Da steht nicht, dass es schlimm und unmöglich ist, eine Anstellung als Lehrer/in zu bekommen. Das steht, dass man nicht gerade einen Job hinterhergeworfen bekommt, wenn man Geschichte und Deutsch studiert hat. Dass eine Absolventin noch jammert, dass sie zum Referendariat nach Solingen muss - also sorry, geht's noch?


    Ich kann mich noch gut erinnern, dass das Lehramtsstudium mal eine ganz schlechte Wahl war und viele nach dem Studium alles Mögliche machten, nur eben nicht als Bio- und Geschichtelehrer unterwegs waren.


    Zurzeit ist es offenbar wieder so, dass es schwierig wird - weil aus unerfindlichen Gründen mal wieder alle Lehrer werden wollen. Ich weiß nicht, woher dieser Anspruch kommt, dass man unbedingt einen Job kriegt, nur weil man etwas studiert hat. Frag mal einen Juristen oder Wirtschaftswissenschaftler, wie viele Bewerbungen der schreibt.


    Hätte man den Leuten nicht früher sagen können ... ? Man hat. Und Planwirtschaft haben wir nun mal nicht. Also müssen wir mit der Situation, wie sie ist, leben.


    Panikausbrüche sind da auch nicht die richtige Reaktion ... besser sind Flexibilität, Mobilität, Kreativität ...

  • Frag mal einen Juristen oder Wirtschaftswissenschaftler, wie viele Bewerbungen der schreibt.


    Erstere können sich in Deutschland immer noch als Abmahnanwälte selbstständig machen: Das ist nämlich DIE ABM-Maßnahme für die deutsche Juristenschwemme, die Politiker (mehrheitlich ebenfalls Juristen) wissen schon, warum das deutsche Recht in diesem Aspekt weltweit einmalig ist...


    Und Letztere brauchen nur Grundkenntnisse in Powerpoint, einen schicken Anzug sowie ein gesundes Selbstbewusstsein, um bei den diversen Beraterfirmen unterzukommen und anderen Leuten zu erklären, wie sie ihren Job zu machen haben. Die Beraterfirmen suchen immer Frischfleisch, "up or out" war da schon immer die Devise...


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Also das man mit Latein und einem guten Abschluss in NRW nichts findet kann ich mir nur schwer vorstellen.


    Ich frage mich auch woher der Artikel die "geringe Anzahl an Lehrern, die in den kommenden Jahren pensioniert werden" nimmt.


    Und die Dame kann ich nicht verstehen. Wenn ich im Umkreis von 100km nichts finde, dann jammere ich nicht rum, sondern suche eben im Umkreis von 500km.


    Und wenn ich in dem Artikel so Sätze lese wie "Auf den Lernerfolg des einzelnen Schülers hat es so gut wie keine Auswirkungen, ob er in einer Klasse mit 30 oder 13 Mitschülern sitzt", dann zweifle ich doch an der Kompetenz der Autoren.

  • Und die Dame kann ich nicht verstehen. Wenn ich im Umkreis von 100km nichts finde, dann jammere ich nicht rum, sondern suche eben im Umkreis von 500km.


    Und wenn ich in dem Artikel so Sätze lese wie "Auf den Lernerfolg des einzelnen Schülers hat es so gut wie keine Auswirkungen, ob er in einer Klasse mit 30 oder 13 Mitschülern sitzt", dann zweifle ich doch an der Kompetenz der Autoren.


    Das sehe ich 100 %ig genauso. Man muss in jedem Job felxibel sein - nicht nur als Lehrer. Und auch ein wenig die Prognosen lesen, bevor man studiert. Ich weiß, man soll natürlich das studieren, was einem liegt, aber wenn alle nur Geshichte und Englisch studieren, dann wirds halt schwierig mit dem Job.
    Wie man sich - wie die Dame im Artikel - darüber aufregen kann, wo man gelandet ist, ist mir ein Rätsel. So nach dem Motto "hey, jetzt komme ich - ich bin so geil, lasst mich alles entscheiden". Ich war froh, einen Platz bekommen zu haben im Ref. Und dann sofort eine Stelle.
    Die Kompetenz der Autorin ist nicht so dolle - wie übrigens auch die von diesem Richard-David "ich kann keine Bücher schreiben" Precht.

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Dass eine Absolventin noch jammert, dass sie zum Referendariat nach Solingen muss - also sorry, geht's noch?


    Ich kenne ein paar Leute, die dort im Seminar waren - ich kann verstehen, dass sie jammert.


    kl. gr. frosch

  • Die Kompetenz der Autorin ist nicht so dolle

    Ich vermute: Eine Lehramtsstudentin, die es nichtmal ins Ref geschafft hat...



    Viele Grüße
    Fossi

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

    • Offizieller Beitrag

    Das sehe ich 100 %ig genauso. Man muss in jedem Job felxibel sein - nicht nur als Lehrer.


    Beweise für die (sagen wir mal) eingeschränkte Flexibilität und das Anspruchsdenken vieler Lehrkräfte finden sich ja hier im Forum auch nicht selten.

    • Offizieller Beitrag


    Erstere können sich in Deutschland immer noch als Abmahnanwälte selbstständig machen: Das ist nämlich DIE ABM-Maßnahme für die deutsche Juristenschwemme, die Politiker (mehrheitlich ebenfalls Juristen) wissen schon, warum das deutsche Recht in diesem Aspekt weltweit einmalig ist...


    Und Letztere brauchen nur Grundkenntnisse in Powerpoint, einen schicken Anzug sowie ein gesundes Selbstbewusstsein, um bei den diversen Beraterfirmen unterzukommen und anderen Leuten zu erklären, wie sie ihren Job zu machen haben. Die Beraterfirmen suchen immer Frischfleisch, "up or out" war da schon immer die Devise...


    Gruß !


    Wenn diese Art aussagen über Lehrer kommen, bist du der erste, der einen verärgerten Kommentar darüber schreibst.


    Ich empfinde solche völlig abseitigen Verallgemeinerungen als wirklich daneben.
    Es gibt genügend Menschen, z. B. welche, die mal bei mir Abi gemacht haben und Jurist, Architekt, Wirtschaftswissenschaftler oder Arzt studiert haben und sich mit üblem befristeten Verträgen von Stelle zu Stelle und Ort zu (sehr weit entferntem) Ort hangeln müssen, so keine Familie aufbauen können und ständig um das nächste Einkommen bangen müssen. Bei Bestnoten! Viele Juristen wollen halt gerade keine Abmahnanwälte werden, sondern ordentliche Rechtsberatung und Mandantenvertretung für Menschen in juristischen Konflikten machen und sich, wie im Falle einer jungen Absolventin, die ich kenne, eben auch gerne die Freiheit nehen, keine Vergewaltiger und häuslich Gewalttätigen etc. vertreten zu müssen. Leider ist das nicht so einfach, wenn die Miete bezahlt werden muss. Man kann sich also aussuchen, ob man in die Ecke "macht für Geld doch alles" gestellt wird, oder eben wieder zu Mutti zieht.


    Aus der bequemen Perspektive der Lebenszeitverbeamtung, in der man solchen existentiellen Druck und solche beruflichen Dilemmata überhaupt nicht kennt, solche platten Urteile zu fällen, lässt mich wirklich daran zweifeln, ob der Beamtenstatus vielleicht doch eine ernsthafte Weltfremdheit und Bequemlichkeit fördert, die auch das hier immer wieder aufblitzende völlig irreale Anspruchsdenken erklären könnte.


    Sag ich mal so, als Gewerkschaftlerin, die sich nach Kräften für bessere Arbeitsbedingungen engagiert und damit schon zu den "anspruchsvollen" zählt.

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

    Einmal editiert, zuletzt von Meike. ()

  • Danke für die vielen Antworten und Einschätzungen! Ich kann mir selber auch schlecht vorstellen, dass oberflächliche Artikel wie dieser die wirkliche Situation darstellen. In den letzten Monaten ist halt immer wieder durch die Medien gegangen, dass
    es ja sooo schwer sei und überhaupt... eben aus dem (falschen?) Verständnis heraus, dass "Lehrer werden" doch das sicherste der Welt wäre.

  • Und wenn ich in dem Artikel so Sätze lese wie "Auf den Lernerfolg des einzelnen Schülers hat es so gut wie keine Auswirkungen, ob er in einer Klasse mit 30 oder 13 Mitschülern sitzt", dann zweifle ich doch an der Kompetenz der Autoren.


    Nur am Rande: Genau diesen Satz hat der Leiter des Ausbildungsinstituts für Lehrkräfte in Schleswig-Holstein, Dr. Riecke-Baulecke, einmal geäußert. Was ich davon halte, darf ich hier nicht schreiben, ohne juristische Schwierigkeiten zu bekommen. Ebenso wenig, was ich vom IQSH halte. Und, nein, ich habe im 2. Staatsexamen nicht schlecht abgeschnitten.


  • Nur am Rande: Genau diesen Satz hat der Leiter des Ausbildungsinstituts für Lehrkräfte in Schleswig-Holstein, Dr. Riecke-Baulecke, einmal geäußert. Was ich davon halte, darf ich hier nicht schreiben, ohne juristische Schwierigkeiten zu bekommen. Ebenso wenig, was ich vom IQSH halte. Und, nein, ich habe im 2. Staatsexamen nicht schlecht abgeschnitten.


    Dass die Klassengröße viel weniger Einfluss auf den Lernerfolg hat, als man bisher dachte, ist eins der auffälligen Ergebnisse der Hattie-Studie.


    Dass man verklagt oder entlassen wird, wenn man darüber diskutiert, wäre mir völlig neu.

  • Es gibt genügend Menschen, z. B. welche, die mal bei mir Abi gemacht haben und Jurist, Architekt, Wirtschaftswissenschaftler oder Arzt studiert haben und sich mit üblem befristeten Verträgen von Stelle zu Stelle und Ort zu (sehr weit entferntem) Ort hangeln müssen, so keine Familie aufbauen können und ständig um das nächste Einkommen bangen müssen. Bei Bestnoten!

    Hm, für Architekten (ich bin mit einer studierten Architektin verheiratet, die nach ihrem Diplom nullkommanull Chance auf eine Stelle hatte und deshalb nochmal auf LA Gym studiert hat, wo sie jetzt ein Jahr nach dem Ref nullkommanull Chance... ach, lassen wir das) und Wirtschaftler stimme ich Dir zu - aber Juristen mit Bestnoten (aber auch nur die!) sind immer recht komfortabel im Staatsdienst untergekommen, und Ärzte sollten eigentlich auch seit Jahren keine Probleme haben, eine Stelle zu finden. Bereitschaft zur Übernahme einer Landarztpraxis im ländlichen Raum sollte halt vorhanden sein.



    Viele Grüße
    Fossi

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

  • aber Juristen mit Bestnoten (aber auch nur die!) sind immer recht komfortabel im Staatsdienst untergekommen, und Ärzte sollten eigentlich auch seit Jahren keine Probleme haben, eine Stelle zu finden. Bereitschaft zur Übernahme einer Landarztpraxis im ländlichen Raum sollte halt vorhanden sein.


    Aber wirklich! Solche überzogenen Ansprüche ("Bestnoten", "Stelle auf dem Land") mutet man doch sonst nur Lehrämtlern zu. Da solltest du schon Mitleid mit den Juristen und Ärzten haben...


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Im Lehramt ist es doch wie in den meisten sonstigen Berufen auch:
    1.Bestimmte Profile sind sehr gefragt, andere wiederum nicht.
    2.Sinkende Flexibilität zieht sinkende Jobchancen nach sich.
    3.Es gibt Phasen des Über- und des Unterangebotes


    Um es am Beispiel BWL/Wirtschaftswissenschaften zu beschreiben:
    -Mit den Vertiefungen Personal und Marketing und dem Anspruchsdenken, in Hintertupfingen einen Job zu finden, siehts sehr mau aus. Sowohl von den Jobchancen als auch vom zu erwartendem Verdienst.
    -Mit den Vertiefungen Rechnungswesen/Finance und Steuern und einigermaßen Flexibilität hat man selbst mit nur mittelmäßigen Noten fast eine Jobgarantie und Aussicht auf ein gutes Gehalt.


    Selbst bei Ingenieuren gibts riesen Unterschiede. z.B. Bauingenieur/Umweltingenieur vs. Luft- und Raumfahrttechnik...


    Bei Jura zählt fast nur die Punktzahl im Examen. Ein Jurist mit Prädikatsexamen, welcher sich von befristetem Job zu befristetem Job hangelt und wenig verdient, dem ist einfach nicht zu helfen! Dagegen ist es allgemein bekannt, dass Juristen mit mittelmäßigen bis schlechtem Examen es schwer haben.


    Insofern haben es Lehrämtler nicht schwerer oder leichter als Menschen in der freien Wirtschaft.

  • Insofern haben es Lehrämtler nicht schwerer oder leichter als Menschen in der freien Wirtschaft.


    Naja, eine Sache darf man nicht vergessen:


    Der Lehrerarbeitsmarkt hat eine oligopolistische Struktur: Es gibt nur ein gutes Dutzend Arbeitgeber (nämlich die Bundesländer, wenn man den immer noch relativ kleinen Arbeitsmarkt der Privatschulen ignoriert), die sich zudem untereinander absprechen (Kultusministerkonferenz): Dies führt zu "Handelshemnissen" (tw. Schlechterstellung von bundeslandfremden Bewerbern, "Freigabe" von Lehrkräften bei beabsichtigtem Bundeslandwechsel nur nach langen Wartefristen) und nicht-marktgerechter Vergütungstruktur auch innerhalb der Bundesländer (warum verdient ein Lehrer in München dasselbe wie einer in Hintertupfingen, obwohl in München die Lebenshaltungskosten viel höher sind?). Insbesondere die Absprachen zwischen den Bundesländern würde das Kartellamt in der "freien" Wirtschaft glatt verbieten. Dort gibt es zwar Tarifverträge (die es im Lehrerarbeitsmarkt nicht gibt: Bei den Beamten aus Prinzip nicht, bei den Angestellten immerhin keinen speziellen Lehrertarifvertrag), aber kein Arbeitsgeber wird daran gehindert außertariflich (also mehr) zu bezahlen, was bei Akademiker bei Mangelsituationen in der "freien" Wirtschaft durchaus üblich ist. Alles Dinge, die es bei Lehrkräften nicht gibt.


    Fazit: So ganz vergleichbar ist der Lehrerarbeitsmarkt nicht mit der "freien" Wirtschaft (was übrigens ein Argument PRO Beamtenstatus für Lehrkräfte ist, denn sonst droht die Gefahr des Lohndumpings nach unten).


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Dass die Klassengröße viel weniger Einfluss auf den Lernerfolg hat, als man bisher dachte, ist eins der auffälligen Ergebnisse der Hattie-Studie.


    Dass man verklagt oder entlassen wird, wenn man darüber diskutiert, wäre mir völlig neu.


    Letzteres war eine Hyperbel, was meinem Gesichtsausdruck beim Schreiben sicher anzumerken gewesen wäre -- hätte man ihn sehen können. Tur mir leid, werde versuchen, das sprachlich beim nächsten Mal besser zu markieren.


    Studien sind immer hilfreich, wenn man mit einem Quasi-Sachargument (um nicht "Pseudo-" zu sagen) seine Position untermauern möchte. Dass Studien immer auf einer großen Anzahl von Daten basieren und Mediane, Durchschnittswerte usw. ermittelt werden, die für mich als individuellem Lehrkörper völlig irrelevant sind, muss ich nicht ausführen.


    Ich für meinen Teil überblicke eine kleinere LG besser, habe mehr Zeit für den einzelnen Schüler, bin entspannter, kann mehr Feedback geben (auch in Form von Leistungsüberprüfungen) usw. usw. Dass eine kleine LG per se keinen größeren Lernerfolg verspricht, glaube ich dagegen gern.

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