Rechenwege

  • Ich habe mal eine Frage zu den Rechenwegen.
    Wir haben fest gestellt, dass in Mathe je nach Schule oder Jahrgang oder auch Lehrer, keine Ahnung was der tatsächliche Hintergrund ist, verschiedene Wege in der Berechnung möglich sind und auch unterschiedlich gelehrt werden.


    Unser Sohn behauptet steif und fest, wenn er einen anderen, als von der Lehrerin gelehrten, Rechenwege gehe und aufschreibe, bekommt er für diesen, selbst wenn er korrekt ist, keine Punkte in einer Arbeit.
    Unsere Tochter bestätigte, dass manche Lehrer das so händeln.


    Frage: Ist das wirklich so? Und wenn, warum? Was ist der Sinn?

    wer Rechtschreibfehler findet, darf sie gerne behalten.

  • Hallo Flexi!


    Jeder Lehrer hat eben "seine" Methode und manche Lehrer sehen es als wie auch immer gearteten Zweifel an deren Kompetenz an, wenn man einen anderen Weg beschreitet.


    Im Sinne der Problemlösekompetenz, die laut Pisa ja nicht ausgeprägt genug sein soll, ist das natürlich kontraproduktiv.


    Einen nachhaltigen pädagogischen Sinn in der von Dir beschriebenen Vorgehensweise seitens der Lehrkraft konnte ich schon als Schüler nicht erkennen - und daran hat sich bis heute nicht viel geändert.


    Gruß
    Bolzbold

    Gruß
    #TheRealBolzbold

    Ceterum censeo factionem AfD non esse eligendam.

  • Manchmal schwer zu unterscheiden:


    Ist der Weg richtig oder ist nur das Ergebnis richtig?

    Die Wälder wären sehr still, wenn nur die begabtesten Vögel sängen - HEnRy vAn dyKe

  • Bestenfalls sollen die Schüler in solchen Fällen ja nicht oder nicht nur rechnen lernen, sondern Rechenwege lernen. Und wenn sie den Rechenweg dann nicht benutzen, muss man davon asugehen, dass sie ihn nicht gelernt haben.


    In der Informatik reicht es auch nicht, wenn bei einem Programm am Schluss das Ergebnis dasteht, das dastehen soll bzw. das Programm irgendwie das leistet, was es soll. (Übersichtlichkeit des Codes, Kommentierung, sinnvolle Namensgebung von Variablen - das ist wichtig, wenn man das Programm später wiederverwenden oder mit anderen zusammenarbeiten soll.)


    Übertragbar auf Mathematik ist das vielleicht nur begrenzt. Da gebe ich Bolzbold recht: Wenn es darum geht, ein Problem zu lösen (und vielleicht sollte es öfter einfach darum gehen), ist der Lösungsweg egal.


    Andererseits, auch wenn es ein triviales Beispiel ist: Wenn jemand Multiplikation lernen soll und 14*4 über die Addition 14+14+14+14 ausrechnet, ist das Ziel klar nicht erreicht. Vielleicht war es ein blödes Ziel, zugegeben. (Im Kopf würde ich vermutlich 2x28 rechnen.)
    Vielleicht gibt es passendere Beispiele, ich bin kein Mathematiker.


    Schlimmstenfalls sind die Mathelehrer einfach oberflächlich. Zumindest innerhalb von Jahrgangsstufen einer Schulart sollten sich die Lehrer einig sein.


    Edit: Tippfehler.

    Seit 2004 unter dem gleichen Namen im Forum, weitgehend ohne ad hominem.

    Einmal editiert, zuletzt von Herr Rau ()

  • Hallo Flexi,


    ein ziemlich komplexes Thema, dass man nicht so ganz pauschal beantworten kann. Während etwa Prof. Ziegler meint, dass genau dieses Verfahren, nämlich Rechenwege zu trainieren, statt mathematisches Verständnis zu erzeugen, zum schlechten internationalen Abschneiden der Deutschen in Mathewettbewerben oder auch bei Pisa führt, ist diese Denkweise in den Schulen immer noch sehr stark verbreitet.


    Obwohl ich den Eindruck habe, dass die jüngeren Lehrer andere Wege gehen.


    Ich habe dir per PN einen Link geschickt, der zu einer ähnlichen Diskussion führt. Lies mal.


    Grüße Enja

  • Hallo Flexi,


    ich habe beide Arten erlebt.


    Bei meinem Grossen, war an der Grundschule der Lösungsweg bis auf jede Zeile exakt vorgeschrieben. Auch wenn es sich von den Zahlen her geradezu aufgedrängt hätte, anders zu rechnen.


    Bsp: 2*28= .............würde ich jetzt rechnen 2*30-4=


    (Das sieht man ja sogar, wenn man sich einen Zahlenstrahl vorstellt, weshalb führt man den denn überhaupt ein?)


    Es war grundsätzlich falsch, wenn man vom vorgeschriebenen Weg abgewichen hat und aus einer offenen Textaufgabe eine andere Aufgabe drin gesehen hat als der Lehrer..................mein Sohn hat das als Qual empfunden.


    Bei meinem jüngeren ist es jetzt so, dass die Lehrerin in der Klasse sogar Rechenwege sammelt. Ihr ist wichtig, dass die Kinder einerseits auf das richtige Resultat kommen und ihren Rechenweg den anderen erklären können.


    Wenn sie sieht, dass gewisse Kinder wirklich zu kompliziert rechnen und somit die Gefahr besteht, dass sie in Zeitnot geraten, nimmt sie diese Kinder in die Förderstunde und guckt das mit ihnen individuell an.


    Wie sich diese Lernweisen auf dem Gymnasium bewähren werden, wird man sehen. Kommt halt auch wieder darauf an, auf welche Art Lehrer man trifft.


    Aber was ganz sicher ist, viele Studierende haben an der Uni wirklich Probleme Problemlösungsstrategien zu erarbeiten. Da erkennt man zwischen deutschen Studierenden und Studierenden aus anderen Ländern deutlich Unterschiede.



    lg,


    füchsle

  • Zitat

    füchsle schrieb am 08.05.2006 11:22:
    Aber was ganz sicher ist, viele Studierende haben an der Uni wirklich Probleme Problemlösungsstrategien zu erarbeiten. Da erkennt man zwischen deutschen Studierenden und Studierenden aus anderen Ländern deutlich Unterschiede.


    Wie sicher ist denn "ganz sicher"?
    Also wer hat diese Erkenntnis wie abgesichert?


    - Martin

    Acht Semester mitlesen ersetzt das Lehramtsstudium. ;)

    Einmal editiert, zuletzt von oh-ein-papa ()

  • Hallo Martin,


    wieviele sind viele? Du könntest Prof. Ziegler in Ulm anmailen. Der arbeitet in der Richtung. Er geht sogar soweit, dass er meint, dass das Folgen für unsere wirtschaftliche Situation hat. Die Staaten, die in diesen Studien wesentlich besser abschneiden, sind halt die, die auch in der Weltwirtschaft vorpreschen.


    Es gibt verschiedene Ansätze, daran zu arbeiten. Ich habe sie nicht im Kopf. Aber ich habe mal einen Film über Matheunterricht in Singapur gesehen, wo propagiert wurde, zunächst sowieso alle Lösungsvorschläge, ob richtig oder falsch gegeneinander zu stellen und die Kinder dann erarbeiten lassen, welche zielführend sind und welche nicht und warum.


    Ich fand es ziemlich einleuchtend, dass das hilfreicher ist, als Rechenwege auswendig lernen.


    Grüße Enja

  • Hallo Enja,


    ich stehe doch jetzt nicht im Verdacht, das Pauken von "Rechenregeln" zu verteidigen?!


    Aber der Zusammenhang zu Studienleistungen oder gar der Weltwirtschaft scheint mir als Laien alles andere als kausal "gesichert".
    Egal was ein Professor dazu meint, ohne Studien bleibt es Schall und Rauch (im Kampf um Öffentlichkeit und Fördergelder).


    - Martin

    Acht Semester mitlesen ersetzt das Lehramtsstudium. ;)

  • Zitat

    Aber der Zusammenhang zu Studienleistungen oder gar der Weltwirtschaft scheint mir als Laien alles andere als kausal "gesichert".
    Egal was ein Professor dazu meint, ohne Studien bleibt es Schall und Rauch (im Kampf um Öffentlichkeit und Fördergelder).


    ich bin nicht so optimistisch, dass Zahlenmaterial hier ein Umdenken bewirken würde. Eigentlich braucht es doch nur gesunden Menschenverstand, um nach zu vollziehen, dass das Verfahren wie es Enja beschreibt sicher mehr Sinn macht als zB Formeln zu Prozentrechnen vorzugeben, wenn man es auch sonst kann.


    Vermutlich sind wir ja auf dem richtigen Weg. Es braucht wohl seine Zeit.


    Was das "wie sicher, ist ganz sicher" betrifft, so sind das nur Erfahrungen, allerdings von sehr vielen Professoren und querbeet durch alle Fachrichtungen.



    füchsle

  • Hallo,


    ich glaube kaum, dass irgendjemand die Formeln einfach vorgibt. Sowohl die Formeln als auch der Dreisatz werden eingeführt - nicht vorgegeben. :D


    LG
    Tina

    Ein Hund denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, sie müssen Götter sein!" Eine Katze denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, ich muss ein Gott sein!"

  • Wirklich niemand? Nicht mal einige Eltern??
    Ein gepflegtes "Du musst die Zahl da unten links einfach durchstreichen und oben rechts hinschreiben" hätte ich ja doch für möglich gehalten.


    - Martin

    Acht Semester mitlesen ersetzt das Lehramtsstudium. ;)

  • Alles klar - war undeutlich - irgendein Lehrer natürlich. :D

    Ein Hund denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, sie müssen Götter sein!" Eine Katze denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, ich muss ein Gott sein!"

  • Hallo,
    wir sind zurzeit am schriftlichen Dividieren im vierten Schuljahr. Ich habe den Kindern zunächst die "halbschriftliche" Bearbeitung der Aufgaben zugemutet, damit sie nachher verstehen, warum die Schreibweise der schriftlichen Division von der Stellenrafel her Sinn ergibt. Und prompt kamen einige Sch. am nächsten Tag und sagten stolz: "Meine Mama hat mir das viel einfacher gezeigt!" Na prima. Bei mir hätten sie es morgen auch gelernt...
    Will sagen: Manchmal steckt schon ein Sinn dahinter, wenn die Lehrer eine bestimmte Rechenweise fordern - zunächst.
    Gruß venti
    :)

  • Ich kenne Lehrer, die noch in der Oberstufen-Mathematik die Rechenwege Zeile für Zeile vorgeben und in Merkhefte schreiben lassen. Das muss dann genauso wiedergegeben werden. Mit "Einführen" ist da wenig. Und eben schon gar nicht mit auch mal selber Tüfteln.


    Unter http://www.dghk-rmh.de/


    findet man unter Vorträge - Vortragsmanuskripte - Prof. Ziegler einen kurzen Auszug. Die Ergebnisse dieser Wettbewerbe sind nicht geheim. Da braucht man keine Studie.
    Wer mehr wissen will, muss dann die angegebenen Kontaktmöglichkeiten nutzen.


    Grüße Enja

  • Zitat

    venti schrieb am 08.05.2006 15:24:
    Hallo,
    wir sind zurzeit am schriftlichen Dividieren im vierten Schuljahr. Ich habe den Kindern zunächst die "halbschriftliche" Bearbeitung der Aufgaben zugemutet, damit sie nachher verstehen, warum die Schreibweise der schriftlichen Division von der Stellenrafel her Sinn ergibt. Und prompt kamen einige Sch. am nächsten Tag und sagten stolz: "Meine Mama hat mir das viel einfacher gezeigt!" Na prima. Bei mir hätten sie es morgen auch gelernt...
    Will sagen: Manchmal steckt schon ein Sinn dahinter, wenn die Lehrer eine bestimmte Rechenweise fordern - zunächst.
    Gruß venti
    :)


    So ist es. Gerade beim Erlernen der schriftlichen Rechenverfahren ist es immens wichtig, den "Sinn des Ganzen" über die halbschriftlichen Rechenverfahren zu verinnerlichen. Deshalb bestehen wir Grundschullehrer (hier) schon auf die Einhaltung unserer "Reihenfolge" und Vorgehensweise. Besonders deutlich wird dies beim Erlernen der schrftl. Addition (Stoff der 3. Klasse). Ich habe regelmäßig bereits im 2. Schuljahr Kinder, deren Eltern ihnen vorschnell behilflich sein möchten, indem sie ihnen das "Untereinanderrechnen" zeigen. Doch was die "kleine Eins im Sinn" da so wirklich soll, ist kaum einem Kind zu diesem Zeitpunkt klar...


    Anders verhält es sich jedoch mit anderen Inhalten: "Wir" in der Grundschule legen großen Wert auf das Ausbilden flexiblen, problemorientierten Denkens, und dafür ist es unerlässlich, individuelle Lösungswege zuzulassen. Mehr noch, es ist sogar ausdrücklich gewünscht (und per Lehrplan gefordert)!


    LG Lea

  • Zitat

    venti schrieb am 08.05.2006 15:24:
    "Meine Mama hat mir das viel einfacher gezeigt!"
    :)


    Wenn Mamas sowas machen ist das schändlich. Sicher war die Mathelehrerin extra deswegen zum Elternabend gekommen und die Mamas haben miteinander gequatscht oder gänzlich gefehlt. ;)


    Wenn Papas ihren Kindern am Ende eines arbeitsreichen Tages noch ein paar Kniffe beibringen finde ich das hingegen ok. Ich bringe Töchterchen allerdings lieber Unfug bei. Etwa die Erkenntnis "2+2=5 gilt nur für große Werte von 2". Mathe soll ihr ja ihr Spaß machen und es bereichert doch den Untericht.



    - Martin

    Acht Semester mitlesen ersetzt das Lehramtsstudium. ;)

  • also, falls sich die frage auch auf die grundschule bezog:
    ich handhabe das so, dass ich mit den schülern immer verschiedene lösungs-/rechenwege entwickle und sie auch mehrere, je nach vermögen, anwenden dürfen und auch sollen. diese phase nimmt viel raum ein und ich finde sie auch wichtig!


    schwächeren schülern lege ich jedoch öfters nahe, ein bestimmtes verfahren zu nutzen, weil sie mir der auwahl und beherrschung mehrerer wege manchmal überfordert sind.


    aber wenn wir einen best. rechenweg häufig üben, weil ich der meinung bin, dass jeder schüler diesen beherrschen sollte, möchte ich auch, dass alle sch. ihn können!
    das heißt im klartext: kinder müssen zb bei einem test auch genau lesen (was sie häufig nicht tun!), was gemacht werden soll und da kann dann entw. "löse die rechnung mithilfe des zahlenstrahls" oder aber auch "wie rechnest du? schreibe deinen weg auf!" stehen.
    für weg und ergebnis gibt es dann getrennte punkte.

  • Ich frage mich oft, wozu schriftliche Rechenwege eigentlich so geübt werden? Wenn die Kinder bei uns landen, dann können sie zwar meist "irgendwie dividieren", und kommen auch oft auf das richtige Ergebnis, aber irgendjemand hat den kleinen Teufeln gesteckt, das es einen Taschenrechner gibt. Und dummerweise fehlt es den Kindern an echten Vorbildern daheim, an älteren Geschwistern und Müttern, die noch alles schriftlich lösen. So setzt sich zunehmend unter den Kindern das Gerücht durch, das kaum jemand Erwachsenes noch klassisch schriftlich rechnet.
    Lernt man da wirklich noch was "fürs Leben"? Wer hat denn in letzter Zeit im Zivilleben handschriftlich dividiert (und nicht irgendwie im Kopf oder mit Taschenrechner)? Also ich nicht... schon seit Ewigkeiten nicht... seit Ewigkeiten...


    Gruß,
    Remus

    Die Wälder wären sehr still, wenn nur die begabtesten Vögel sängen - HEnRy vAn dyKe

  • Zitat

    Remus Lupin schrieb am 08.05.2006 19:25:
    ...Wer hat denn in letzter Zeit im Zivilleben handschriftlich dividiert (und nicht irgendwie im Kopf oder mit Taschenrechner)? Also ich nicht... schon seit Ewigkeiten nicht... seit Ewigkeiten...


    Gruß,
    Remus


    Och, ich mache das ziemlich häufig. Das liegt aber auch daran, dass ich zu faul bin hier im Haus die Treppen rauf und runter zu rennen und einen Taschenrechner zu suchen. Mit dem Handy kann ich es leider nicht, habe es zumindest nie versucht. Ich bilde mir immer noch ein, dass ich auf dieser altmodischen Weise schneller bin als mit dem Rechner.


    LG silja

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