Unproduktivität; Einzelarbeit

  • Schwachsinn


    Hallo Karl-Dieter,


    deine Reaktion spricht ja schon Bände.
    Ich kann problemlos Stunden mit Gruppenarbeit pur durchführen, ob nun im Alltag oder UB - da sagt keiner was. Eine Stunde nur in Einzelarbeit würde direkt als minderwertig abgestempelt werden. Das ist die Realität, ob es einem nun schmeckt oder nicht.


    der Buntflieger

  • Also mich hat solche Pädagogik als Schüler richtig krank gemacht. Da solltest Du und jeder Lehrer ganz vorsichtig sein, ob Ihr es mit sensiblen Schülern zu tun habt oder mit jemandem, der euch ärgern will, einfach keinen Bock hat oder sonst was.

    Genau das habe ich doch geschrieben! Dass ich natürlich in Abhängigkeit von Situation und Schülertyp entscheide was ich mache, und dass ich das öffentliche Einfordern der Ergebnisse als (Vor-) letzten Schritt nach einer Einzelaufforderung anwende, "Wenn ich das Gefühl habe, da will mich einer verarschen [...], auch noch nachdem ich ihn erwischt habe" - also eben nicht bei der lieben stillen Maus, die sich nicht meldet, weil sie zu schüchtern ist und nichts falsches sagen möchte.


    Ich war bis zur etwa sechsten Klasse übrigens selbst eine solche stille Maus, wie du wohl auch. Auch ich war schriftlich super, mündlich richtig schlecht. Insofern kann ich diese Schüler absolut verstehen! Glücklicherweise kann man daran arbeiten, bei mir war es meine Grundschullehrerin, die mir da den entscheidenden Schubs gegeben hat - nachdem ich bei ihr dann schon weg war. Dasselbe versuche ich jetzt auch bei stillen Mäusen. Da gehe ich natürlich (!) anders vor als beim "Null-Bock-ich-komm-schon-ohne-Arbeitseinsatz-durch-lass-doch-die-anderen-machen,-die-da-vorne-merkts-eh-nicht"-Faultier.

    Warum Trübsal blasen, wenn man auch Seifenblasen kann?

  • Hallo Karl-Dieter,


    deine Reaktion spricht ja schon Bände.
    Ich kann problemlos Stunden mit Gruppenarbeit pur durchführen, ob nun im Alltag oder UB - da sagt keiner was. Eine Stunde nur in Einzelarbeit würde direkt als minderwertig abgestempelt werden. Das ist die Realität, ob es einem nun schmeckt oder nicht.


    der Buntflieger

    Kann ich nicht bestätigen. Im Gegenteil: Meine Fachleiterin hat vor dem inflationären Einsatz von Gruppenarbeiten gewarnt. Nur wenige Aufgaben haben den Umfang und den Schwierigkeitsgrad, dass eine Gruppenarbeit dazu passt. Meist bewegen wir uns auf dem Niveau und Umfang, der Partner- und Einzelarbeit rechtfertigt. Ich glaube eher, es ist ein hartnäckiges Gerücht, dass es in UBs immer Gruppenarbeiten sein müssen, das sich von einer Ref-Generation zur nächsten fortpflanzt.


    Immer gut (auch!! in UBs): Kooperatives Arbeiten mit Einzelarbeitsphase, Austausch zu zweit und anschließendem Vergleich im Plenum.


    @Buntflieger Du schilderst ja hier große Schwierigkeiten in Deinem Ref. Vielleicht sind es solche Vorgaben, die Du Dir selbst machst, die Dir auch das Genick brechen. Oder hat bei Euch ernsthaft mal einer gesagt: Ich will nur Gruppenarbeiten sehen. ??

  • war bei uns auch so. eine reihe von leuten hatten schlechte ubs wegen "einsatz von sozialform ohne mehrwert". das waren fast immer große gruppenpuzzle oder so, die didaktisch und methodisch nicht sauber begründet waren. die methode muss zum ziel und zur guppe passen, und ein bisschen auch zum lehrer.

  • Immer gut (auch!! in UBs): Kooperatives Arbeiten mit Einzelarbeitsphase, Austausch zu zweit und anschließendem Vergleich im Plenum.
    @Buntflieger Du schilderst ja hier große Schwierigkeiten in Deinem Ref. Vielleicht sind es solche Vorgaben, die Du Dir selbst machst, die Dir auch das Genick brechen. Oder hat bei Euch ernsthaft mal einer gesagt: Ich will nur Gruppenarbeiten sehen. ??

    Anekdote am Rande: Einer meiner Fachleiter hat das Gegenteil gesagt: "Ich halte nichts von kooperativen Arbeitsmethoden und Gruppenarbeiten. Das brauchen Sie mir garnicht zu zeigen, es sei denn Sie wollen durchfallen." Das war in der ersten Fachseminarsitzung... da war dann klar, wie der Hase zu laufen hat.


    Ansonsten zum Thema "Einzelarbeit im UB": Einen UB mit ausgedehnter (!) Einzelarbeitsphase halte ich aus Fachleitersicht (ich bin keiner!!) tatsächlich für problematisch, einfach weil dann sehr wenig Interaktion im Raum zu sehen ist. Insofern kann ich verstehen, wenn "eine Stunde nur in Einzelarbeit" /Zitat von Bunftlieger) eher ungern gesehen ist als UB. Da sich außerdem niemand 45 Minuten lang voll konzentrieren kann, halte ich es auch für fraglich, wie sinnvoll das ist. Dann lieber zwischendurch einen Sozialformwechsel (z.B. T-P-S), sodass etwas Abwechslung besteht und man ggf. auch mal "einen Gang zurückschalten" und sich gegenseitig unterstützen kann. Aber Gruppenarbeit um der Gruppenarbeit (oder des UBs) willen macht halt auch keinen Sinn.

    Warum Trübsal blasen, wenn man auch Seifenblasen kann?

  • Sorry, aber vielleicht dann einfach die Aufgaben machen??? Dann stellt sich das Probem erst gar nicht, denn es ist ja eine Strafe.

  • Ich kann problemlos Stunden mit Gruppenarbeit pur durchführen, ob nun im Alltag oder UB - da sagt keiner was. Eine Stunde nur in Einzelarbeit würde direkt als minderwertig abgestempelt werden. Das ist die Realität, ob es einem nun schmeckt oder nicht.


    Nein, aber sei mir nicht böse: Du hast große Probleme im Referendariat, und an solchen Aussagen merkt man, weshalb. Und quasi jede kooperative Methode hat auch ihre Einzelarbeitsphasen.

  • Noch mal zur Ausgangsfrage: in der Gruppenarbeit ist es doch viel einfacher, nichts zu machen, es gibt ja im Normafall immer irgendwen, der die Arbeit macht. Da fällts dann bloß nicht so auf...


    Ich wüsste wenige Unterrichtsziele, die in Gruppen leichter zu erreichen wären, als allein. Verstehen kann ich nur allein, üben kann ich nur allein- allenfalls der Austausch über einen Sachverhalt kann nur zu mehreren erfolgen. Und den hab ich meist lieber im Plenum, weil ich dann höre, wer was sagt.


    Es sei denn, die Gruppenarbeit dient als Selbstzweck dazu, zu lernen, wie man in Gruppen arbeitet. Im einen oder anderen Beruf muss man ja gezwungenermaßen mit anderen zusammenarbeiten und dass das nicht immer gut funktioniert, wissen wir... Dann müsste man allerdings Kommunikationsstrategien erarbeiten, Aufgabenverteilung absprechen, Rollen klären etc.

  • verstehen kann man vor allem im gespräch, weil man erst da merkt, ob man sich sinnvoll mit anderen über die inhalte austauschen kann, was der klassische weg zum verstehen ist: erkläre den inhalt jemand anderem. kannst du das nicht - nicht verstanden, nur repetiert.


    dito beim üben: im gespräch merkt man erst, welche teile man schon hinbekommt und wo man noch hängt/welche typischen fehler man gerade macht. alles, was komplexer ist als motorischer drill (buchstabenlernen) oder päckchenrechnen, ist für die meisten menschen im team besser zu bewältigen. wir sind von natur aus gruppentiere, aristoteles hatte schon recht (zoon politicon). vor allem in der gruppe bekommen die dinge bedeutung (emotion, semantik) für uns und werden damit zu dingen, die wir uns eventuell auch dauerhaft merken.


    sture einzelarbeiten sind wirklich nur für eine minderheit von kindern sinnvoll, eine eher kleine minderheit (ich war selber mal so eine minderheit, außer ich muss die klasse erstmal disziplinieren (siehe "nicht in der spur laufen"). daher einfach zur wahl stellen, wenn die klasse sonst in der spur ist: jeder muss konzentriert arbeiten, aber wie genau das abläuft, ob alleine oder in partnerarbeit, kann doch jedes kind selbst aktiv (!) wählen.


    (abgesehen davon zeigt die empirie immer wieder, dass wahlmöglichkeiten die motivation deutlich steigern.)

  • Jeder kooperativen Arbeitsform sollte eine Einzelarbeitsphase vorangehen. (Ausnahmen gibt es immer, je nach Umstand)
    So soll jeder Schüler sich in die Thematik einarbeiten/mit der Aufgabe auseinandersetzen, bevor es dann diskutiert oder anders weiter verarbeitet wird.


    Von daher gehören die Phasen zu jedem Unterricht dazu.


    Bei unruhigen Klassen streue ich die bewusst ein und lobe auch, wenn es gut läuft und sei es erst einmal nur für 10 Minuten.

  • Komischerweise hab ich ein ziemliches Problem mit unruhigen Klassen aber in Einzelarbeitsphasen eher nicht. Man muss halt ständig beobachten (Rundumleuchte) und vor allem dann selber ruhig sein, dann fangen die irgendwann an. Wenns gar nicht geht, kann man z.B. ankündigen, welche zur Benotung einzusammeln. Die, die nicht ruhig sind für die X Minuten. Wer nicht ruhig ist, arbeitet ja fast immer auch nicht und hat so schlechte Noten sicher, also arbeiten sie dann ruhig. In Klassen, wo die Noten egal sind, hilft aber wirklich bei mir nur ständiges Beobachten...

  • Da Einzelarbeit in der Sek I als minderwertige Sozialform gilt, wird sie häufig entweder nicht öffentlich zugegeben oder vermieden.

    Das kann ich nun auch überhaupt nicht bestätigen. Weder wurde mir das an Uni oder im Ref jemals so vermittelt (ist allerdings auch beides schon eine Weile her), noch wurde mir das bei späteren UBs in verschiedenen Kontexten (Regelbeurteilungen; anlassbezogene UBs) jemals rückgemeldet - und Einzelarbeitsphasen hatte ich eigentlich jedesmal eingeplant.

    Einen UB mit ausgedehnter (!) Einzelarbeitsphase halte ich aus Fachleitersicht (ich bin keiner!!) tatsächlich für problematisch, einfach weil dann sehr wenig Interaktion im Raum zu sehen ist.

    Solche Aussagen halten sich beharrlich seit meinem Ref - und vermutlich noch viel, viel länger. Ich habe das nie so ganz verstanden. Als Beurteilender kann ich erstens beurteilen, ob die Methode zielführend ist, zweitens kann aich aus dem vorbereiteten Material erkennen, ob die Materialauswahl der Methode angemessen ist, ob Arbeitsaufträge konkret, verständlich und eindeutig formuliert sind, ob Hilfestellungen gegeben werden (Binnendifferenzierung) und drittens kann ich aus der Arbeit der Lernenden erkennen, ob die SuS mit verschiedenen Arbeitsformen umgehen können und ob diese also fester Bestandteil des Unterrichts sind.
    Konkret zur Formulierung "Interaktion im Raum": Mit Ausnahme der Gesprächstechnik beim Unterrichtsgespräch, die wirklich am besten im Frontalunterricht bewertet werden kann, kann ich bei Einzel-, Partner- und Gruppenarbeit diese "Interaktion" im Raum noch viel besser bewertetn: Wie hat die Lehrkraft den Überblick, wo (nicht) gearbeitet wird und wo vielleicht Probleme aufkommen? Wie geht die Lehrkraft mit Störungen in dieser freien Arbeitsphase um? Wie interagiert die Lehrkraft mit einzelnen Schülern, die in dieser Phase Fragen haben (Körpersprache, Ausdruck etc.). All das halte ich für eine Bewertung nach einem UB für sehr ergibig.

    Ich wüsste wenige Unterrichtsziele, die in Gruppen leichter zu erreichen wären, als allein.

    Das mag an der Schulform liegen, aber in der SekI und vor allem in der SekII finde ich den Austausch in Gruppen sehr oft sehr sinnvoll. Die Beschäftigung des Einzelnen mit einer Fragestellung kann (!) hier viel intensiver erfolgen, während sich diejenigen, die sich zurückziehen wollen, das im Zweifelsfall auch im Unterrichtsgespräch schaffen würden. Kontrollieren kann man da wie dort. Gruppen- und Partnerarbeiten sind fester, beinahe täglicher Bestandteil meines Repertoires, sowohl bei gründlich durchgeplanten Stunden wie auch bei Schwellenstunden.

  • Das mag an der Schulform liegen, ...

    ...ja, sowas Ähnliches schrieb keckks auch. Das mag stimmen, ich kann mir einen tieferen, kognitiven Austausch bei uns tatsächlich nicht vorstellen.


    Allerdings mussten wir früher auch gelegentlich zusammenarbeiten und meistens artete es eher in sinnfreies Gegacker aus. Aber vielleicht sind die SchülerInnen heute auch reifer :D

  • Allerdings mussten wir früher auch gelegentlich zusammenarbeiten und meistens artete es eher in sinnfreies Gegacker aus. Aber vielleicht sind die SchülerInnen heute auch reifer


    Ne, sind sie sicher nicht. Ich persönlich erhebe an meinen Unterricht aber auch nicht den Anspruch, dass alle Schüler jederzeit zu 100% dabei sind. Was zählt ist, was hinten dabei rauskommt. Und wenn die dann im anschließenden Plenumsgespräch oder bei der Weiterarbeit mit den Ergebnissen der Gruppenarbeit auch etwas Substantielles beizutragen haben, ohne sich vorher mit den anderen ausgetauscht zu haben, dann ist das so. Wenn nicht, dann ist das eben auch so. Beides schlägt sich in der Note nieder - eben positiv oder negativ.
    Da wir in Bayern die Quantität der Schülermeldungen nicht bewerten dürfen, sind wir in der "Holschuld", das heißt, ich muss dafür sorgen, dass ich von jedem die qualitative mündliche Leistung einschätzen kann. In de Praxis heißt das, dass man auch regelmäßig Schüler aufruft/aufrufen muss, die sich gerade nicht gemeldet haben, sonst kann man keine Note bilden. Die entsprechenden Abseiler wissen also genau, dass sie jederzeit aufgerufen werden können, ganz egal ob ich ihr "Ausklinken" bemerkt habe oder nicht.

  • Nein, aber sei mir nicht böse: Du hast große Probleme im Referendariat, und an solchen Aussagen merkt man, weshalb. Und quasi jede kooperative Methode hat auch ihre Einzelarbeitsphasen.


    Hallo Karl-Dieter,


    schon klar, ich habe mich selbst disqualifiziert, das kann nun dankbar als Begründung gegen mich verwendet werden.


    Dass Kooperation aus der Dreigliederung ("Think-Pair-Share") besteht, habe ich schon woanders erklärt. Das ist aber nicht dasselbe. Gemeint ist hier Einzelarbeit als ausschließliche (neben dem Plenum) Sozialform in einer 45-Minuten-Stunde. Also Plenum/Einzelarbeit (Erarbeitung)/Plenum/Einzelarbeit (Übung)/Plenum/Einzelarbeit(Selbstkontrolle/Festigung).


    Mit solch einer Phasenstruktur braucht man bei einer Lehrprobe oder UB gar nicht erst antreten. Dann lieber ausschlafen. ;)


    der Buntflieger

  • naja, du müsstest das halt sehr gut (!) begründen, weil du die ganzen benefits, die du aus kooperation herausholen kannst, wenn du das in einer klasse erfolgreich ritualisiert hast, nicht mitnimmst (siehe meinen post oben, wir sind nun mal soziale wesen, keine einzelarbeiter), sondern eher methodisch diesen weg für den besseren hältst. kann schon gute gründe geben, aber den entwurf möchte ich erstmal sehen.

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