Und eine weitere Abwertung des Lehramtsstudiums, diesmal in Berlin

  • Erinnert mich irgendwie an die Streiks in den Universitäten, von denen mein Vater heute noch schwärmt. Da fiel damals zu seiner Studentenzeit dann gleich das ganze Semester aus und ein halbes Jahr gab es keinen Absolventen. Danach hat die Wirtschaft schon genug Druck gemacht, weil sie Absolventen haben wollten. Die Besoldung der Professoren spielte da dann auf einmal keine Rolle mehr, hauptsache sie arbeiten wieder.


    Und ja, ich wünsche den Polen, daß sie gezielt die Prüfungen bestreiken. Ein Streik ist nur wirkungsvoll, wenn er wehtut, so richtig wehtut. Und an anderen Stellen als bei Abschlußprüfungen und Zeugnisausgaben merkt doch eh niemand ob wir streiken.

  • Ich sehe schon, wir leben finanziell in ganz anderen Welten. Damit man sich bei uns als Pauker eine Reiningungskraft leisten kann, muß man schon in Besoldungsgruppe a15 sein und 100% arbeiten. Mit a13 wird das nichts.

    Las ich je einen dekadenteren Wortwechsel als diesen? Ich glaube nicht. Und wenn du dir keine Reinigungskraft leisten willst, schlage ich vor: Putz dir den Popo selbst.

  • Sehe ich es richtig, dass die Klagen über die Lehrergehälter vorwiegend von denen geäußert werden, die noch ziemlich jung sind?
    Hier war z.B. öfter von A13 Stufe 6 die Rede. (...)

    Nein, wie ich das sehe sind diejenigen, die am ausführlichsten ihre individuelle "Armut" oder auch einfach nur das "ich verdiene aber weniger, als... und kann mir deshalb nicht leisten, dass..." ausführen zuallererst Kollegen mit mehrjähriger Berufserfahrung. Leute wie Kiggie die noch Junglehrerin ist schreiben dagegen explizit, wie sehr sie sich noch immer über ihr A13-Gehalt freuen. Und natürlich gibt es dann noch die vielen denen auch noch nach einigen Dienstjahren (oder dann erst recht) klar ist, dass man als Lehrer gewiss nicht am Hungertuch nagt, das Glas nur konstant halbvoll sein muss, wenn man das so sehen möchte und individuelle Prioritäten wofür man sein Geld ausgeben möchte nicht den Umkehrschluss zulassen, dass man sich manche andere Dinge deshalb unter keinen Umständen leisten könnte.


    Da ich deinem Profil entnehme, dass du pensionierte SL bist, sollte dir aber schon auch bewusst sein, dass deine Pension nicht repräsentativ ist für die Mehrheit der Lehrer. (Die du dir natürlich völlig verdient hast durch den Job, also bitte nicht als Neid missverstehen. Ich finde schon meine Besoldung als Refi nicht so unanständig im Vergleich zu dem, was ich jahrelang als pädagogische Fachkraft verdient habe, kann mir alles leisten, was ich wirklich will und brauche, weiß, dass A13 nach dem Ref mir auch in Teilzeit ein wirklich gutes Leben ermöglichen wird.)


    Im Primar- und auch Sek.I-Bereich können die Kollegen mehrheitlich nur von A13 träumen, ohne Aussicht auf weitere Beförderungsstufen. Von den weiteren Abstrichen der unzähligen angestellten Lehrkräfte ganz zu schweigen. Klagen über Gehalt oder Bezüge können wir denke ich alle nicht. Wenn wir aber etwas in dem Bereich diskutieren wollen, scheint mir die Lohnungleichheit zwischen den verschiedenen Lehrämtern doch relevanter, als über Gehälter in der freien Wirtschaft zu sinnieren, wo angeblich (aber eben dann doch in der Mehrheit der Branchen und Jobs nicht) nur "süße Trauben" hängen würden. Quereinstieg in die freie Wirtschaft soll ja auch verkrachten Lehrern möglich sein... Wer den Schritt wagt, möge doch bitte berichten über Lohn/Gehalt, Rentenanwartschaften und - ganz wichtig- ob es für die private Reingungskraft grundsätzlich und in allen Fällen reicht, ohne Prioritäten setzen zu müssen, wofür das immer noch endliche Gehalt verwendet wird. :teufel:

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • @Kimetto Meine Lebensgefährtin ist im Außendienst tätig, wahrscheinlich hängt es damit zusammen. Sie kennt als Geschäftsführerin der schweizer Zweigstelle die Verträge und Vereinbarungen recht genau, die Kollegen in Deutschland versteuern nur 1 % des Neuwerts. Ich frag sue aber später noch mal danach.


  • Das Erste, was ich mit meinem ersten A13 Gehalt gemacht habe, war mir eine Putzfrau zu suchen. Das Zweite war der Weg ins Reisebüro, um eine Fernreise zu buchen. Auf dem Heimweg war ich noch schnell bei Media Markt und hab mir endlich einen Flatscreen TV gekauft. Und dann musste ich immer noch nicht verhungern! Wahnsinn!


    Ich (Junglehrerin, Erfahrungsstufe 5) schrieb ja genau das.


    Wobei meine Putzhilfe nun leider weg ist, dafür habe ich mir einen Vorwerk angeschafft und putze nun erst einmal wieder selbst :D (und auch den konnte ich zahlen ...)

  • @Mikael


    Oder hier aus der NZZ: https://www.nzz.ch/meinung/deutschlands-doppeltes-migrationsproblem-zu-und-abwanderung-ld.1464988


    "Ein Assistenzarzt an einem deutschen Krankenhaus verdiente 2018 brutto rund 81 000 Euro und damit gerade einmal 4300 Euro mehr als ein Lastwagenfahrer, der in den USA für Walmart arbeitet."

    Ich glaube nicht, dass es "den" Lkw-Fahrer gibt, der für (ausgerechnet!) Walmart fährt und 77000 Euro verdient. Es mag solche Fälle geben, aber bei Walmart und Fahrer denke ich eher an minimum wages als an üppige Gehälter.

  • Was Walmart und die Fahrer angeht bitte mal hier nachlesen:


    https://www.cnbc.com/2019/01/2…lose-to-90000-a-year.html

    Oh Gott, das ist ja ausländisch.


    Nein, Scherz beiseite, I stand corrected. Schönes Beispiel dafür, was geht, wenn Bedarf herrscht.
    Anders als hierzulande wird Walmart die teuren Fahrer aber auch schnell wieder los, wenn sich das ändert.

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

  • Meine Intention mit dem Putzfrauen-Beitrag (falls sich einer dran stört, dass ich hartnäckig weiter "Putzfrau" schreibe... Meine Mutter hat als solche 30 Jahre lang ihren Lebensunterhalt verdient) war eigentlich die: Hier kacken sich zwei Leute in die Hosen drüber, dass ich gemäss einer pi mal Daumen kaufkraftbereinigten Rechnung (falls man die überhaupt machen kann...) 900 € netto pro Monat mehr raus habe als sie. Prozentual betrachtet ist das relativ wenig wenn man bedenkt, dass das Lohnniveau in Deutschland insgesamt nicht besonders hoch ist (im Vergleich zu anderen Industriestaaten) und wenn man weiterhin bedenkt, dass man in Deutschland als Lehrer je nach Bundesland mehr verdienen kann als die beiden Lamentierer und in der Schweiz je nach Kanton weniger als ich. Jemand, der *wirklich* wenig verdient, bekommt hier aber mitunter ein Vielfaches dessen, was er in Deutschland verdienen würde.


    Das artet in eine vollkommen peinliche und zynische Diskussion darüber aus, ob nun einer, der im Vergleich zur Putzfrau einen ARSCH VOLL Geld verdient, sich eine solche leisten kann. Wohlgemerkt bei einem durchschnittlichen Stundenlohn von ca. 10 €, den eine Putzfrau in Deutschland verdient. Das ist so kleingeistig, dass ich kotzen könnte.


    Was das jetzt mit dem LKW-Fahrer und dem Arzt soll, verstehe ich auch nicht. 81000 € Jahresbrutto sind für deutsche Verhältnisse verdammt viel und es ist "nur" der Assistenzarzt, der das verdient. Der Produktionsleiter bei der BASF hat das bei weitem nicht als Einstiegsgehalt. Geht's drum, dass der Arzt zu wenig oder der LKW-Fahrer zu viel verdient? Ist der Abstand zwischen den beiden nicht gross genug um sich ausreichend wichtig zu fühlen? Da muss man schon arge Minderwertigkeitskomplexe haben um sich über so was zu empören.

  • Was Walmart und die Fahrer angeht bitte mal hier nachlesen:


    cnbc.com/2019/01/28/walmart-is…lose-to-90000-a-year.html

    Letztlich eine Bestätigung dessen, was Morse in jedem Thread zu diesem Thema schreibt: Gehälter werden rein nach Angebot/Nachfrage bestimmt, nicht nach Ausbildungsdauer oder etwas so vagem und subjektivem wie "soziale Bedeutung".

  • So ein Spruch kann auch nur von einem Troll kommen ;)


    Ich kenne übrigens keine Berufsgruppe, in der alle Welt meint, irgendein Hochschulabschluss reiche, um ihn auszuüben. Wirklich keinen. Nicht mal einen Ausbildungsberuf würde sich jemand ohne Einarbeitung zutrauen. Dass das beim Lehramt so anders ist, ist traurig, beängstigend und ärgerlich zu gleich.

    Doch die gibt es, das ist das mittlere und obere Management der gesamten deutschen Industrie und sonstige Konzerne. Da reicht es auch oft ohne Hochschulabschluss...

  • Hier in BW liegt man aktuell bei 3370€ Netto ohne Kirchensteuer, A13, Eingangsstufe. Abzüglich PKV liegt man dann bei guten 3100€. Damit kann man eigentlich ganz zufrieden sein.

    ich hatte als Entwicklungsingenieur etwa das gleiche Nettogehalt bei Steuerklasse 3. Da gab es aber 40h+ die Woche und nur 30 Tage Urlaub... Aufstieg war nur begrenzt möglich bzw. rechtfertigte der Mehraufwand nicht den kleinen Lohnzuwachs. Hier sollten tatsächlich ein paar Leute mal ein Praktikum machen.

  • Wir könnten ja auch wieder auf die Ausgangsfrage zurückkommen: Referendare beschweren sich, dass sie nicht ihre Wunschschule bekommen, weil erst Quereinsteiger übernommen werden müssen zwecks Verteilung. Schulen mit vielen Quereinsteigern beschweren sich, dass sie die Masse der Neulinge nicht stemmen können. Welche Regelung gäbe es noch?


    Ich frage mich manchmal, wie schnell man von der "Basis" weg ist, wenn man den ganzen Tag derlei Entscheidungen treffen muss. Klingt schon irgendwie lieblos das Geschiebe...
    Auf der anderen Seite beträfe es ja nur einen Jahrgang, im nächsten Schuljahr müssten sofort Referendare und Quereinsteiger gleich verteilt werden, dann haut's ja wieder hin, oder?

  • Heute verweigerte meine Seiteneinsteigerin die Pausenaufsichten. So etwas niederes möchte sie nicht machen :sauer: . Noch 42 Schultage, dann ist sie Geschichte :) (deshalb zähle ich dieses Schuljahr die Tage bis zu den Sommerferien).

  • Heute verweigerte meine Seiteneinsteigerin die Pausenaufsichten. So etwas niederes möchte sie nicht machen :sauer: (...)

    :staun: Die Dame weiß aber, dass das eine klassische Aufgabe von Lehrern ist um die wir uns auch nicht nach Gusto drücken können?!? Wer soll das ihres Erachtens machen, wenn nicht Lehrer?

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Heute verweigerte meine Seiteneinsteigerin die Pausenaufsichten. So etwas niederes möchte sie nicht machen .

    Klingt, wenn man durchs Referendariat so erzogen ist, natürlich total komisch, dass jemand Pausenaufsichten in Frage stellen könnte.
    Ich muss ganz ehrlich sagen: Pausenaufsichten, Eintrag und Kontrolle von Entschuldigungen, Eintreiben von Geld für Wandertage, Organisation (und Durchfürung) einer Klassenfahrt, Etikettieren von Chemikalien, Spülen von Laborgeräten und tausend andere Aufgaben könnte man durchaus durch anderes Personal (je nach Tätigkeit durch günstige, relativ unqualifizierte Kräfte) durchführen lassen.
    Kaum ein Unternehmen würde es sich leisten derartige Aufgaben durch Akademiker durchführen zu lassen.
    Wenn ein Arzt im Krankenhaus die Schwester beauftragt das Erbrochene wegzumachen, dann ist das normal, wenn ich als Lehrer auch nur auf die Idee komme irgendeine kleine Tätigkeit anderen (Hausmeister, Sekretärin) zu übertragen, dann ist Alarm.
    Für Lehrer ist es auch normal eine Weihnachstfeier so zu organisieren, dass jeder selber Sachen auf eigene Kosten mitbringt und danach auch noch der Raum selber gewischt wird, denn das kann man ja auch niemandem zumuten, dass Putzkräfte auch noch unsere Weihnachtsfeier aufräumen.
    Lehrer werden darauf gepolt "niedere Tätigkeiten", wie deine Seiteneinsteigerin sie nennt, zu verrichten.


    Sie werden so indoktriniert, dass sie aufschreien, wenn jemand, der etwas anderes als den Mikrokosmus Schule (und dessen niederen Tätigkeiten) kennengelernt hat, solche Tätigkeiten in Frage stellt.
    Mir ist klar, dass man Pausenaufsichten und andere niedere Tätigkeiten nicht abtreten kann aus schulorganisatorischen Gründen, aber es wäre längst an der Zeit das mal zu hinterfragen.



    Wer soll das ihres Erachtens machen, wenn nicht Lehrer?

    Irgendein Personal, das man für so etwas einstellt? Macht doch jedes Unternehmen. Personal für "höhere" und für "niedere" Tätigkeiten einstellen.
    Wenn es keine Putzkräfte geben würde, wärst Du gleich so jemand, der sagen würde: "Natürlich putzen wir die Schule, nachdem die Schüler nach hause gegangen sind. Wer soll das denn sonst machen, wenn nicht Lehrer?"

  • Wenn die Schule zu putzen von vornherein Teil des Jobs für den ich eingestellt worden bin wäre müsste ich wohl damit leben oder eine alternative Jobwahl treffen.


    Ich sehe übrigens nicht, was Pausenaufsichten zur "niederen Tätigkeit" machen würde. Es mag eine durchaus auch lästige Pflicht sein, ist aber auch eine Chance die eigene Kundschaft besser kennenzulernen und Beziehungsarbeit zu leisten. Ich finde es durchaus spannend zu sehen, wer da mit wem zusammensteht auch klassenübergreifend, welche Jungs vielleicht plötzlich ganz doll das Bedürfnis haben sich Mitschülerinenn tollpatschig zu nähern, welche Mädels ganz besonders laut kichern müssen, wenn ein Mitschüler in ihre Richtung sieht, wer mit wem Händchen hält oder Küsse austauscht während der Pause,...

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Aber rentiert sich die Beziehungsarbeit auch ökonomisch?

    "Ökonomisch"="Ich profitiere davon für meine Arbeit, weil ich bestimmte Dinge dann leichter bearbeiten kann, sprich weniger Energie dafür aufwenden muss": Auf jeden Fall.


    "Ökonomisch"="Irgendjemand profitiert in Form von Geld": Natürlich nicht.


    So oder so eine etwas seltsam Frage. Erst recht für einen Lehrer.


    Firelilly: Wie immer kommst du vom Hölzchen auf's (auf DEIN) Stöckchen. Ich möchte z. B. nicht, dass von meinen Steuergeldern irgendwelche Weihnachtsfeiern bezahlt werden. Nicht im Finanzamt, nicht im Bauamt und nicht in Schulen.

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

    Einmal editiert, zuletzt von fossi74 ()

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