Gymnasium vs Ministerium

  • Liebe Foren-Community,


    mich würden eure Erfahrungen auch aus eurem Umkreis und Gedanken zu Folgendem Thema interessieren, das mich derzeit beschäftigt:


    Ich hatte zunächst ein paar Jahre eine fixe Stelle mit Sprachen als Lehrer am Gymnasium in Österreich. Vor einigen Jahren habe ich mich aus diversen Gründen am Ministerium beworben, wo ich eine fixe Planstelle erhielt. Nun bin ich mit einer Klasse nebenbei zurück in der Schule, da ich die Schulstelle sonst ganz aufgeben hätte müssen.


    Ich muss mich nun festlegen, in welche Richtung es weitergeht. Die Schule hat z.B. mehr Praxisbezug, man kann selbständiger arbeiten und die Schule hat weitere bekannte Vorteile. Im Ministerium hätte man z.B. die Möglichkeit, eine andere Abteilung kennenzulernen und evtl. Aufstiegschancen. Lebensverdienstsumme wäre in Österreich ohne Aufstieg im Ministerium sehr ähnlich wie in der Schule, wobei man in der Schule zunächst deutlich weniger verdient, später dafür mehr, (jedenfalls deutlich weniger als in Deutschland). Ein möglicher Kompromiss wäre, im Ministerium zu bleiben und weiterhin wenige Stunden nebenbei in der Schule fix zu behalten.


    Was mich interessieren würde:

    —Welche Prioritäten würdet ihr mit eurer Lebenserfahrung diesbzgl. setzen?

    —Habt ihr Erfahrungen mit solchen Situationen oder das bei Kolleg/inn/en mitbekommen und könnt darüber etwas berichten, wie es mit einer Verwaltungsstelle im Vergleich zur Schule ging?

    —Denkt ihr, dass man mit nur noch wenigen Fixstunden an der Schule wieder mit mehr Fixstunden aufgestockt werden kann, wenn man später doch wieder ganz an die Schule möchte und wenn die Direktion das unterstützt? Ich vermute eher ja.

    Habt ihr weitere Gedanken zu dem Thema?


    Vielen Dank für Rückmeldungen!

  • Bolzbold und Sissymaus fallen mir ein im Forum, die zwar nicht in Österreich leben, aber beide auch bei der Bezirksregierung sei es aktuell vollständig oder teilweise aktiv sind und insofern gute Ansprechpartner:innen sein könnten für dich.


    Da ich nicht abzuschätzen vermag, ob bezogen auf Österreich vielleicht besondere Rahmenbedingungen eine Rolle spielen könnten bei deinen Fragen (zumindest bei der Frage der Aufstockung auf jeden Fall), können vielleicht auch Frechdachs oder lera1 etwas Hilfreiches beitragen.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

    • Offizieller Beitrag

    Parallel im Ministerium und in der Schule zu arbeiten, ginge in NRW nur im Rahmen einer zeitlich begrenzten Abordnung, die in der Regel maximal drei Jahre geht. Dann wäre man anteilig in der Schule und anteilig im Ministerium. Ich kenne jemanden, der das gemacht hat, und einen anderen, der das gerade macht.


    Aus Gesprächen weiß ich, dass das einerseits ganz interessant sein kann, beide Seiten gleichzeitig zu erleben, andererseits hat man im Ministerium "Herrschaftswissen" - und ich stelle mir den professionellen und diskreten Umgang damit nicht immer leicht vor. Man ist Diener zweier HerrInnen, muss sich ggf. was dienstliche Veranstaltungen angeht teilen und eben oft Kompromisse eingehen. Das kann spannend und abwechslungsreich sein, ich habe das bei meinem Übergang für ein paar Monate so gemacht. Der Nachteil ist, dass man von beiden Welten eben nur die Hälfte mitbekommt und damit oft ein wenig außen vor ist.


    Letztlich ist es eine Frage, was man selbst WILL. Beides? Nur eines von beiden? Karrierechancen?

    Ich habe es glaube ich woanders schon mal geschrieben.

    Arbeit in der Schule: Abwechslungsreich, aber sehr kräftezehrend, keine klar abgegrenzten Arbeitszeiten.
    Arbeit im Ministerium: Klare Arbeitszeiten, auf Dauer sicherlich etwas eintönig, aber wirklich bis auf ganz wenige Ausnahmen entspannt (OK, vermutlich auch nur solange, wie man keine Führungsverantwortung hat.)

    So, lieber Wiener, welche Kandidatin soll nun Dein Herzblatt sein?

  • Arbeit im Ministerium: Klare Arbeitszeiten, auf Dauer sicherlich etwas eintönig, aber wirklich bis auf ganz wenige Ausnahmen entspannt (OK, vermutlich auch nur solange, wie man keine Führungsverantwortung hat.)

    Och und als Schulministerin kannst du dich auf immer die gleichen Phrasen berufen.

    Du hast da (zumindest in NRW) Luftfilter. Die haste in Schulen nicht (meistens nicht).

  • Eine frühere Kollegin ist auch im Ministerium und hat noch Stunden in der Schule (ist mittlerweile aber an einer anderen Schule). Viel kann ich aber nicht sagen. Ich finde es aber gut, wenn Menschen im Ministerium noch einen Praxisbezug haben.

    Ein Gedanke aber dann doch: Wird die Tätigkeit im Ministerium bei 100% beim Gehalt anerkannt, wenn du wieder an die Schule zurückkehren würdest? Oder verlierst du dann Gehaltsstufen? Zurückkehren ist problemlos, du kannst max 10 Jahre dafür in Karenz. Die Karenzarten findest du in Wision (unter Geschäftsbuch usw).

  • Aha. Woher nimmst Du dieses Wissen mit den Luftfiltern? Quelle?

    Für den Landtag:

    https://www.sueddeutsche.de/po…20090101-210121-99-119981


    https://www.presseportal.de/pm/144355/4827351


    Es ist zwar "nur" der Landtag und nicht das Dienstgebäude des Schulministeriums, aber trotzdem.

    Und bei "meiner" BezReg stehen im Dienstgebäude mehrere Luftfilter, warum dann nicht im "richtigen" Dienstgebäude?

  • 1. Käme aufs Alter an. Mit Mitte 50 würde ich sicher den Ministeriumsposten wählen, der wird einem nämlich aller Wahrscheinlichkeit nach kein zweites Mal angeboten. Wenn ich eher am Anfang des Berufslebens stünde, hätte ich wahrscheinlich mehr Lust aufs Unterrichten und vermutlich auch die Kraft, beides parallel zu machen (stundenweise in der Schule).

    2. Ich habe gehört, dass der Kontakt zum Schuldienst sehr schnell verloren geht.

    3. Das lässt sich sicher schnell und zuverlässig herausfinden, besser als eine Vermutung hier (ich glaube, hier sind auch nur 1 oder 2 Leute aus Österreich)

    4. Von den theoretischen Überlegungen mit pro und contra abgesehen: was sagt dein Bauch ganz spontan?

  • Ich schließe mich Bolzbold an: der Spagat zwischen zwei Dienstherren ist manchmal unschön. Jeder verlangt eigentlich von dir, dass du die jeweilige Tätigkeit als die wichtigere behandelst. Insbesondere die Behörde schlägt die Schule immer mit vorrangigen Dienstgeschäften. Bisweilen kam ich mir vor, als würde jede Stelle Tauziehen mot mir als Tau veranstalten. Jede einzelne Stelle hat dann auch teilweise ihre Mehrarbeit verlangt, so dass ich in der Zeit, als ich halb abgeordnet war, den größten Stress hatte.


    Ich möchte es trotzdem nicht missen. Ich habe nun einen Namen und ein Gesicht an vielen Stellen in der Behörde und sogar beim Ministerium, so dass ich bereits mit einigen Projekten profitieren konnte. Es läuft einfach oft so: die Dezernenten überlegen, wer für bestimmte Sachen in Frage kommt und da fällt dann oft mein Name, da man mich als zuverlässige Mitarbeiterin kennenlernen konnte. Und schon bin ich drin in Dingen, die ich sonst niemals hätte erreichen können.


    Ich lebe sowieso nach dem Motto: alles versuchen und erst nachher beurteilen, ob es für mich ok ist. Ich muss sagen, dass mich bis jetzt alles, was ich beruflich mal gemacht hab, weitergebracht hat. Und sei es nur mit der Erkenntnis: nichts für mich.

  • Vielen Dank für die sehr hilfreichen bisherigen Antworten und Anregungen!


    Ob die Jahre im Ministerium für die Vorrückung beim Gehalt in der Schule angerechnet werden, habe ich bereits eingereicht und warte noch auf Rückmeldung.

  • Ist die Frage nicht eigentlich die, welche Tätigkeit dich mehr interessiert?

    Bei mir ist das schon eine Weile her, dass ich in der Behörde war, aber ich war sehr froh darüber, dass ich mit halber Stelle noch an der Schule war. Die halben Tage in der Behörde waren super, sie waren entspannt, man hat die Hintergründe gesehen etc. Die ganzen Tagen waren mir zu lang, mich hat die Bürotätigkeit auf Dauer sehr gelangweilt und ich hab in vielen Tätigkeiten, die nur aufgrund aufgeblähter Verwaltungsprozesse und aufgrund der diffusen Angst vor Klagen durchgeführt werden mussten, einfach überhaupt keinen Sinn gesehen.
    Das kannte ich in diesem Ausmaß aus der Schule eher nicht so - auch wenn es da durchaus auch Tätigkeiten gibt, die eher sinnentleert erscheinen, aber deutlich weniger und insgesamt macht das, was man als Lehrer macht, ja durchaus Sinn. Ich bin entsprechend froh über die Einblicke und die Erfahrung, die mich im Anschluss auch in die Personalratsarbeit und ins Engagement in der Schulentwicklung an meiner eigenen Schule getrieben haben, und mit beidem bin ich sehr zufrieden. Ich war aber auch echt froh, dass es eine zeitlich begrenzte Erfahrung war.

    Aber das ist sicher auch eine Frage dessen, was man selbst will, und natürlich auch der konkreten Aufgabe im Amt, ich will das gar nicht pauschalisieren.

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