Amtsarzt und Diagnose der Eltern

  • Hallo ihr Lieben,


    meine Mutter hat Brustkrebs diagnostiziert bekommen und natürlich besteht auch bei mir das Risiko, dass ich es bekomme. Daher wollte ich euch fragen, ob ihr wisst ob die Erkrankung meiner Mutter beim Amtsarzt angegeben werden muss und für meine Verbeamtung Folgen haben kann, da dies bei meinem Frauenarzt in der Akte eingetragen wurde.


    Ich danke euch schon einmal im Voraus.


    Lg

  • Ich würde es schon sagen, wenn danach gefragt wird; dass es Konsequenzen hat, kann ich mir irgendwie nicht vorstellen. Im Laufe des Lebens bekommt jede 8. Frau hierzulande Brustkrebs, wie will man da ein Risiko für vorzeitige Dienstunfähigkeit feststellen, denn darum geht es ja? (Möglicherweise gehst du ja sogar aufgrund dessen dann besonders zuverlässig und regelmäßig zur Vorsorge, was ja wiederum ein Vorteil ist.)

  • Wäre ich Deine Mutter, ich würde dir noch im fortgeschrittenen Alter aber sowas von die Hammelbeine langziehen, wenn du mit einem Fremden über meine Gesundheit sprechen würdest.

  • Kann vorkommen, dass der Amtsarzt danach fragt.


    Aber hast du wirklich je mit deinen Eltern groß über Krankheiten geredet? Nein? Sind beide deines Wissens nach gesund? Tja... dann wird das wohl so sein.


    Kannst ihn natürlich auch informieren .. du wirst schon keinem Gentest unterzogen. Aber ich finde diese Art der Fragen vom Amtsarzt übergriffig. Man muss zudem keine schlafenden Hunde wecken. Wer weiß, wie die Unterhaltung danach abdriftet.


    Von selbst musst du es nicht angeben. Kein "vernünftiger" Fragebogen - und diese variieren z.T. erheblich - wird so etwas erfragen.


    edit: Wenn es in der Akte steht, würde ich es auf Nachfragen angeben. Es wird eh keine Konsequenz haben. Und wenn doch, hat es am Ende keinen Bestand.

  • Bei mir (NRW 2013) wurden Krebserkrankungen in der Familie abgefragt (und Suchterkrankungen und Diabetes und ...).

    Seit einem Urteil vom Juli 2013 muss nachgewiesen werden, dass "mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vom Eintritt einer Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze auszugehen ist" (siehe https://www.bverwg.de/250713U2C12.11.0). Gut möglich bzw. es ist zu hoffen, dass die Fragebögen seitdem aktualisiert wurden.


    Krebs, Diabetes oder Suchterkrankungen in der Familie reichen da m.E. nicht aus, da die Ursachen dieser Erkrankungen multifaktoriell sind.

  • Falls es beruhigt, ich wurde im Oktober in NRW nicht nach familiären Vorerkrankungen gefragt. Weiß aber nicht, ob es gängig ist, oder ob es daran lag, dass die Ärztin mit meiner Flut an Befunden (die man ja verlangt hatte) überfordert war ;)

    • Offizieller Beitrag

    ich wurde nicht gefragt (NDS) und ich dachte, diese Unart sei eh hauptsächlich ein bayrisches Ding gewesen, was aber vorbei wäre. "Schön" zu lesen, dass dem nicht so ist.
    Der Arzt hätte sich aber schön was angehört, wenn er sowas gefragt hätte. (aber ihn hat gar nichts interessiert*, außer mir zu sagen, dass ich mehr Sport machen soll)

    *keine Beschwerde. Was man mich nicht fragt, muss ich nicht erzählen.

  • Aber hast du wirklich je mit deinen Eltern groß über Krankheiten geredet?

    Es soll auch Eltern geben, die ihren Kindern von ihren Erkrankungen nichts erzählen (was grundsätzlich ihr gutes Recht ist, ob es sinnvoll ist, ist eine andere Frage) oder erst ganz am Ende (ich spreche aus eigener Erfahrung).

  • Dazu gibt es leider noch keine ausreichende Rechtsprechung, um eine Tendenz ablesen zu können, ob die Frage zur familiären Vorbelastung/Erkrankungen zulässig ist bzw. mit welcher Konsequenz.


    Mir ist ein Urteil vom VG Darmstadt aus 2004 bekannt, in dem ausgeführt wird, dass die Frage danach zulässig ist. Gleichzeitig wurde das Land dennoch verpflichtet, die Klägerin in das Beamtenverhältnis aufzunehmen, welches ihr aufgrund einer Erkrankung in der Familie und der Wahrscheinlichkeit, dass sie selbst auch erkrankt, verwehrt wurde. VG Darmstadt, Urteil vom 24.06.2004 -1E 470/04


    Die genauere Begründung ist dabei sehr interessant: Zwar lässt sich daraus ableiten, dass wenn die Klägerin die Veranlagung vererbt bekommen hat, die Dienstunfähigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit eintritt und dadurch die Verbeamtung verwehrt werden könne, jedoch kann die tatsächlich Veranlagung der Klägerin nur durch einen Gentest nachgewiesen werden. Ein Gentest ist aber bei der Untersuchung kein Bestandteil (und wird es meines Erachtens auch nie werden - Diskriminierung), weshalb nicht nachgewiesen werden kann, ob die Klägerin diese Veranlagung besitzt. Somit muss eine Verbeamtung erfolgen.


    Aus meiner beruflichen Expertise im Gesundheitsbereich kann ich diesem Urteil nur zustimmen. Prädiktive Informationen sind unzuverlässig und erlauben keine Einschätzung einer möglichen zukünftigen Dienstunfähigkeit. Es ist nur der aktuelle Gesundheitszustand zu berücksichtigen, aus dem eine zukünftige Prognose abgeleitet werden kann. Bei Veranlagungen bzw. einer genetischen Vererbung von Erkrankungen oder Risikofaktoren, können nur die berücksichtigt werden, welche aktuell bereits vorhanden sind und auch bereits zu einer Erkrankung geführt haben. Bei allen anderen ist nicht bekannt, ob sie überhaupt zu einer Erkrankung führen (Glück, Lebensstil usw.), zu welchem Zeitpunkt die Erkrankung auftritt, welchen Verlauf sie nimmt, zu welchem Zeitpunkt im Krankheitsverlauf sie erkannt wird oder wie gut die Therapie anschlägt usw. Deshalb lässt sich daraus keine Prognose ableiten, ob und wann sie zu einer Dienstunfähigkeit führt. Zudem muss die Wahrscheinlichkeit einer Dienstunfähigkeit über 50% betragen, um die Verbeamtung zu verweigern.


    Es bleibt dennoch dabei, das die Frage danach wohl zulässig ist, die Verwertung bei der Frage der Verbeamtung aber nicht dazu führen kann, dass diese verweigert wird. Du kannst es also angeben und wirst dennoch verbeamtet - evtl. mit notwendigem Widerspruch oder gerichtlicher Unterstützung. Oder du gibst es nicht an, kein Arzt darf bei der Einschätzung deiner Gesundheit auf die Akten anderer zugreifen, bzw. du kannst dafür auch keine Freigabe erteilen - wie soll es also bekannt werden.


    Zur Ergänzung: Das wird nicht in allen Bundesländern erfragt, in BW z.B. nicht (aus ebendiesen Gründen). Der Nationale Ethikrat hat sich in seiner Stellungnahme 2005 zur Verwendung von prädiktiven Gesundheitsinformationen bei Einstellingsuntersuchungen ausgesprochen bzw. bei der Frage der Verbeamtung nur für zulässig erklärt, wenn sie sich innerhalb der nächsten fünf Jahre nicht unerheblich auf die gesundheitliche Eignung des Bewerbers auswirken. Und genau das kann mir Fragen zu Erkrankungen in der Familie eben NICHT eingeschätzt werden. Leider ist die Frage dennoch weiterhin in manchen Bundesländern in den Fragebögen enthalten.


    Viel Erfolg!

  • Nuja, so etwas bezieht sich eher z.B. auf Schizophrenie (mit seiner hohen Vererblichkeit), wenn Du ZUDEM schonmal in psychiatrischer Behandlung gewesen wärst, dann würden die schon hellhörig werden.


    Eine Brustkrebsdiagnose Deiner Mutter wird mit Sicherheit irrelevant für eine Verbeamtung sein.

  • Ein Gentest ist aber bei der Untersuchung kein Bestandteil (und wird es meines Erachtens auch nie werden - Diskriminierung), weshalb nicht nachgewiesen werden kann, ob die Klägerin diese Veranlagung besitzt. Somit muss eine Verbeamtung erfolgen.

    Finde ich auch richtig so. Stellt euch vor, angehende Beamte müssten Gentests machen, das würde wohl etwas zu weit gehen...

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