Zeugnisformulierungen

  • Hallo zusammen,

    wie immer habe ich meine Zeugnisse zum Gegenlesen unserer (neuen) Schulleitung gegeben. Heute bekam ich die Zeugnisse zurück und sollte 7 (von 20) Zeugnissen neu schreiben. Das habe ich in meiner langen Lehrertätigkeit noch nicht erlebt. Bisher war es immer so, dass die Schulleiter (und ich hatte einige😎) meine Zeugnisse auf formale Richtigkeit geprüft haben. Dieses Mal werden Formulierungen kritisiert und geändert, so dass sich dadurch die Aussage verändert. Ich habe schon recherchiert, doch bin bis jetzt nicht fündig geworden. Also jetzt meine Frage an euch: Wo kann ich im sächsischen Schulgesetz Vorschriften finden, was ein Schulleiter bei Zeugnissen ändern darf und was er nicht ändern darf, da er dann meine Kompetenz als Klassenlehrer verletzt.

    Für Antworten wäre ich dankbar. Danke👍

  • Das finde ich sehr seltsam und habe es auch noch nie erlebt. Ich weiß zwar nicht, was du für Zeugnisbemerkungen schreibst, aber es hört sich so an als seist du nicht neu im Geschäft und als habe es bisher keine Probleme gegeben. Ich wäre da auch sehr irritiert, zumal es 7/20 sind und nicht eine einzelne, vielleicht etwas unglücklich geratene Bemerkung ist.


    Ich persönlich würde mit dem Thema zum PR gehen und mich beraten lassen, was ich da jetzt tun soll.

  • Ging das nur dir so, oder bekamen die anderen Kolleginnen/Kollegen auch so viele Berichte zurück zum Umformulieren? Ihr werdet euch doch sicher darüber ausgetauscht haben!?

  • Ich habe es mit neuen SL mehrfach erlebt, allerdings ging es meist um Formulierungs-Vorlieben.


    Wenn der Sinn verdreht wird, muss man sich deutlich distanzieren. Dann wirst du die Zeugnisse wohl nicht unterschreiben können und muss überlegen, wer die Zeugnisse in Zukunft erstellen wird.

  • Eigentlich hast du selbst schon beantwortet, was die SL darf: Auf das Einhalten der Formvorschriften gemäß VwV Zeugnisformulare achten. Das war es aber auch schon. Die Beurteilung der Schüler obliegt den unterrichtenden Lehrkräften. Man kann natürlich konkret anfragen, welche Stellen in den Zeugnissen Formvorschriften verletzen und ansonsten bin ich bei Palim: Den Änderungswunsch höflich ablehnen. Stützen kann man sich dabei u.a. auf §17 Abs. 2 SOGS:

    Zitat

    (2) Ermittlung und Bewertung von Leistungen liegen in der pädagogischen Verantwortung des Lehrers. Die Lehrerkonferenz beschließt die Bewertungsrichtlinien. Der Klassenlehrer gibt diese den Eltern zu Beginn des Schuljahres bekannt.

  • Hallo,


    SL und ich (KR) geben auch manchmal Schulberichte zurück.

    Was wir für kritisch halten:

    - die Formulierung "noch". Z. Bsp. "Es gelang Fritzle noch nicht, einfache Texte zu verstehen". Zum Zeitpunkt der Zeugniserstellung gelang es ihm nicht. Aussagen über die Zukunft können wir im Zeugnis nicht machen.

    - "Fritzle war bei Mitschülern und Lehrkräften sehr beliebt." Ach so, ein Lehrerschätzle.... Wir haben im Zeugnis nicht mitzuteilen, ob wir Kinder mochten.


    Ich finde, manche Formulierungen gehen einfach nicht. Das hat nichts mit der Kompetenz der Klassenlehrerin zu tun. Und da würde dann Chefin die Zeugnisse nicht unterschreiben können. Und ich in Vertretung auch nicht. Das wissen alle Kolleg*innen, trotzdem müssen wir es immer wieder lesen.


    Vielleicht handelte es sich bei der TE um ähnliche Formulierungen?


    LG

    puduhepa

  • Was bei einer meiner Schulleitungen nicht ging waren solche Sätze wie: "...sollte lernen, besser mit Enttäuschungen umzugehen."

    Anstatt dessen heißt es: "Blablabla konnte noch nicht mit Enttäuschungen umgehen." Wir durften NUR den Ist-Zustand beschreiben und keine Verbesserungsvorschläge, alla "muss er noch üben" verwenden.

    Aber das finde ich eigentlich gut und habe es so beibehalten.

    Einmal korrigierte eine Kollegin meine Zeugnisse und strich mir grammatikalisch richtige Sätze als falsch an. Wir bekamen uns arg in die Haare und ich habe dann zukünftig darauf verzichtet.

  • Wir haben Ankreuzzeugnisse ab Klasse 1.👍

    Kann ich nur empfehlen. Das wurde noch vor gar nicht allzu langer Zeit eingeführt

    Das ist eine deutliche Erleichterung. Für die Eltern auch viel besser verständlich.

    Vielleicht sollte man dies anregen?

  • Hallo zusammen, danke für die vielen Posts zu meinem Problem. Ich werde versuchen möglichst vollständig eure Fragen zu beantworten.

    Lehrerin2007 Ich bin schon länger im Geschäft😎 . Es wurden auch inhaltliche Dinge verändert ( Ich hatte geschrieben:“ X nimmt mit Interesse teil“. Die Schulleiterin will, dass ich „ mit großem Interesse“ schreibe. Das verändert aber die Aussage, die ich machen wollte.

    Oder: Ich habe geschrieben: „X ist ein lebhafter, aufgeweckter Schüler.“ Meine Schulleitung will, dass ich schreibe: „X ist ein lebhafter und aufgeschlossener Schüler“ Auch hier wird inhaltlich eine andere Aussage getroffen durch die „Verbesserung“. Ich habe deswegen extra nochmal die genauen Wortbedeutungen „lebhaft, aufgeschlossen und aufgeweckt“ nachgeschlagen.

    puduhepa Die Formulierung „ noch“ benutze ich seit Jahren um zu beschreiben, dass ein Schüler zum jetzigen Zeitpunkt etwas nicht kann, ich aber zuversichtlich bin, dass er etwas bald beherrscht. Das ist doch genau im Sinne der Vorschriften. Ich soll im Zeugnis bestärken und Zuversicht geben. Da verstehe ich Deine Kritik nicht.

    Seph Durch Deinen Post wird mir jetzt klar, was da bei uns schiefgegangen ist. Unsere neue Schulleiterin hat sich mit uns nicht zusammengesetzt, um nochmal über die formalen Dinge zu sprechen. Denn die VwV lassen schon einigen Spielraum und jeder setzt andere Schwerpunkte.

    Palim Genauso werde ich es in Zukunft machen.

    Zauberwald Hier mal ein Auszug aus der Grundschulordnung Sachsen:

    „Verbale Einschätzungen müssen dem Ziel einer ermutigenden Erziehung dienen und Informationen für die Förderung des Schülers beinhalten.“

    Daraus leite ich ab, dass man durchaus Lösungen für bestimmte Probleme nennen darf. Denn ich fördere ja etwas, dass in der Zukunft Erfolg zeigen soll.

    @NRW-Lehrerin 😎 Tolle Idee👍


    Natürlich tauschen wir uns untereinander im Kollegium aus. Bis jetzt wurden nur meine Zeugnisse von der Schulleiterin gelesen. Am Montag werde ich von meinen Kollegen erfahren, wie ihre Zeugnisse verbessert worden sind.🤔

  • sehrratlos

    Zum "noch": Wir schreiben die Schulberichte für die Eltern und nicht für die Kinder. Deshalb besprechen wir auch die Berichte einzeln mit jedem Kind.

    Da könnte man dann schon sagen: "Du verstehst NOCH nicht, was du liest, aber wenn du daran übst, schneller zu lesen, wird es dir sicher leichter fallen."


    Den Eltern gegenüber beschreiben wir nur den derzeitigen Leistungsstand. Unsere SL meinte, man würde den Eltern vorgaukeln, es würde schon irgendwann alles klappen. Natürlich würde ich es nicht so brutal ("Fritzle kann nicht lesen") formulieren, sondern z. Bsp. "Das sinnentnehmende Lesen fiel ihm sehr schwer / Den Sinn eines Textes zu verstehen gelang ihm nur mit intensiver Unterstützung " usw.


    Ich hoffe, ich konnte mich etwas klarer verständlich machen.


    LG

    puduhepa

  • @Plattespieler Das möchte ich damit ausdrücken:

    Wortbedeutung aufgeweckt: Für sein Alter von erstaunlich rascher Auffassungsgabe und geistiger Regheit, ein aufgewecktes Kind. Wieso ist das umgangssprachlich? Ich will damit sagen, dass das betreffende Kind außergewöhnliche Fähigkeiten hat, Sachverhalte zu verstehen.

    puduhepa Danke für Deine Erklärung. Ich finde allerdings, dass man den Eltern nichts vorgaukelt, wenn man im Zeugnis andeutet, dass sich ein momentaner Stand in Zukunft verbessern kann. Die Erfahrung lehrt uns doch, dass manche Kinder mehr Zeit brauchen. Daher individualisieren wir ja auch den Unterricht. Warum darf ich das nicht auch im Zeugnis beschreiben? Also: X hat noch Probleme den Sinn eines Textes zu erfassen. Darum wird in diesem Bereich in Zukunft ein Förderschwerpunkt liegen.

    Interessant für mich ist, dass schon in den wenigen Posts hier sehr unterschiedliche Auffassungen geäußert werden. Vielleicht wäre es doch sinnvoll bei Zeugnisformulierungen genauer hinzuschauen und allgemeingültige Formulierungen zu entwickeln. Ein interessantes Thema…..

  • Unser Zeugnis besteht im 1. Schuljahr aus ca 75 Kompetenzen in den einzelnen Bereichen.

    Das kann ich wirklich empfehlen. Es ist genau auf den Lehrplan abgestimmt und das ist wirklich für alle sehr verständlich.

    Eltern und Kinder durften das Zeugnis bewerten wie verständlich die Kompetenzen sind. Die überwiegende Mehrheit war / ist sehr zufrieden mit dem Ankreuzzeugnis.

  • @NRW-Lehrerin: Hättest du da ein paar Beispiele? Auch, was bei den Kreuzen steht ("stimmt genau" oder wie??). Danke! Kann es mir so gar nicht vorstellen.

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

  • Unser Zeugnis besteht im 1. Schuljahr aus ca 75 Kompetenzen in den einzelnen Bereichen.

    Das kann ich wirklich empfehlen. Es ist genau auf den Lehrplan abgestimmt und das ist wirklich für alle sehr verständlich.

    Eltern und Kinder durften das Zeugnis bewerten wie verständlich die Kompetenzen sind. Die überwiegende Mehrheit war / ist sehr zufrieden mit dem Ankreuzzeugnis.

    Wir haben, so wie wohl alle anderen auch, ein Zeugnisprogramm mit Formulierungen, die man anklicken und abändern kann. Natürlich kann man auch etwas anderes schreiben, oder man kann alles selbst formulieren. So hat man zumindest schon einmal eine gute Orientierung. Wenn etwas fehlt, kann man das einsetzen.

  • z.B. im Bereich Arbeit- und Sozialverhalten:


    führte selbstständig Arbeitsaufträge aus


    führte Arbeiten in angemessener Zeit aus


    usw..


    Dann gibt es dahinter 5 Ankreuzmöglichkeiten (in besonderem Maße / in vollem Umfang / weitgehend / nur begrenzt / noch nicht)


    Mathe:


    orientiert sich sicher im Zahlenraum bis 20


    erfasst und löst Rechengeschichten selbstständig


    Deutsch:


    gebraucht grammatisch richtige Wort- und Satzformen


    kennt alle erlernten Buchstaben und die dazugehörigen Laute


    usw..


    davon gibt es in jedem Schuljahr ca. 70-80

    • Offizieller Beitrag

    Hättest du da ein paar Beispiele? Auch, was bei den Kreuzen steht ("stimmt genau" oder wie??). Danke! Kann es mir so gar nicht vorstellen

    Wenn ich aus dem Urlaub zurück bin, kann ich dir mal unser Zeugnis schicken. Wir haben auch Kreuze.

  • Im 1. und 2.Schuljahr haben wir keine Halbjahreszeugnisse.

    Somit stehen die Kompetenzen fürs gesamte Jahr.

    Ab dem 3.Schuljahr erweitern/ ändern sich die Kompetenzen teilweise.

    In Mathe z B. sind im 1.Halbjahr ja noch nicht alle Themen bearbeitet.

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