Inklusion am Gymnasium

  • Diese automatische Versetzung in die Sek II ist gängige Praxis, das stimmt. Verkehrt wäre es aber nicht, zumindest darüber nachzudenken, auch hier Abschlussprüfungen zwischenzuschalten, um den Abschluss nicht einer Schülergruppe zu "schenken", während andere hierfür viel Mühe investieren müssen.

    Aber der "reguläre" Abschluss am Gymnasium ist doch nun mal das Abitur. Sollten denn deiner Meinung nach die Gymnasiast*innen zweimal in ihrer Schullaufbahn eine Abschlussprüfung absolvieren müssen?!?

    Hier in NDS kann ein/e Schüler*in auch nach der 9. Klasse Realschule abgehen, um anschließend z. B. eine Berufsausbildung zu beginnen, und erhält automatisch bei entsprechenden Noten den Hauptschulabschluss, ohne eine Abschlussprüfung gemacht zu haben. Die ist eben in der Realschule erst am Ende der 10. Klasse vorgesehen.

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  • um den Abschluss nicht einer Schülergruppe zu "schenken"

    "Geschenkt" wird da nicht viel. Wenn sich unsere Schüler im Laufe der Sek I entscheiden, das Gymnasium zu verlassen und stattdessen an die Realschule zu wechseln, dann verbessern sich die Noten meist um 2 nach oben. Da wird also aus einer 4 eine 2.

    Das Zeugnis am Ende der 10. Klasse mag bei schlechten Gymnasiasten vielleicht tatsächlich aus lauter Vieren (und einer Fünf) bestehen. Als Realschulabschluss hilft das wenig, wenn man mit "echten" Realschülern konkurriert, die bessere Noten (von der "einfacheren" Schulform) vorweisen können.


    Mit der Argumentation, den Gymnasiasten ebenfalls gute und sehr gute Realschulabschlüsse zu ermöglichen & deshalb es ihnen zu erlauben, die Prüfungen zu abzulegen, würde ich viel mehr mitgehen als mit dem angeblichen "Geschenk".

  • Ein Schüler, der den Hauptschullehrgang absolviert, dann auf die Realschule wechselt und danach auf das Gymnasium, hat insgesamt drei Abschlussprüfungen abgelegt. Würde man meine Idee zu Ende denken, würde ein Schüler, der durchgängig am Gymnasium beschult wird, an den enrsprechenden Stellen ebenfalls je eine Prüfung ablegen.

  • Ein Schüler, der den Hauptschullehrgang absolviert, dann auf die Realschule wechselt und danach auf das Gymnasium, hat insgesamt drei Abschlussprüfungen abgelegt.

    Und wieviele SuS, die zuerst die Hauptschule besuchen, dann in die 10. Klasse der Realschule und anschließend ab der 11. Klasse noch ins Gymnasium wechseln, betrifft das? Das sind wohl insgesamt recht wenige, würde ich meinen. Wobei ich nicht ganz verstehe, was du mit "Hauptschullehrgang" meinst (diesen Ausdruck gibt es meines Wissens in NDS nicht).

    Würde man meine Idee zu Ende denken, würde ein Schüler, der durchgängig am Gymnasium beschult wird, an den enrsprechenden Stellen ebenfalls je eine Prüfung ablegen.

    Ja, und die Realschüler*innen müssten dann nach dieser Idee am Ende der 9. und 10. Klasse Abschlussprüfungen machen. Das würde sicherlich SuS wie Lehrkräfte freuen ;) .

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  • Bei 2 unserer LE Schüler hieß es, dass der Förderstatus aufgehoben werden kann und sie evtl. den Hauptschulabschluss schaffen könnten. Den aber dann WIR abnehmen sollten, was natürlich entsprechende Einarbeitung in die Lehrpläne und geforderten Kompetenzen erfordert. Wenn ich nicht komplett falsch liege, passiert das jetzt in diesem Schuljahr.

  • Zumindest in NDS erhalten SuS am Gymnasium am Ende der 9. Klasse den Hauptschulabschluss automatisch, wenn sie "regulär" in die 10. Klasse versetzt werden. Da gibt es keine Abschlussprüfungen, keine Möglichkeit für eine Prüfung.

    (Am Ende von 10 gilt die Versetzung in 11 als erweiterter Sek I Abschluss, wieder ohne irgendeine Prüfung.)

    Ein Schüler mit dem Förderschwerpunkt Lernen, der am Gymnasium in NDS den Hauptschulabschluss erreichen möchte, muss also am Ende von Klasse 9 "nur" in allen Fächern eine 4 haben (ein Fach darf 5 sein (oder zwei Fächer 5, Ausgleich mit 2x 3 in "passenden" Fächern & Zustimmung der Klassenkonferenz, die eine voraussichtlich erfolgreiche Mitarbeit im nächsthöheren Schuljahr feststellen muss)).

    Ich muss da mal einhaken. SuS mit Förderbedarf Lernen sind im Bildungsgang Lernhilfe, der entsprechend zwingend nur mit dem zielführenden Abschluss (in Hessen Berufsorientierungsabschluss) abgeschlossen werden kann.


    Wenn SuS in anderen Bildungsgängen inklusiv beschult werden, ändert dies nichts am zielführenden Abschluss des jeweiligen Bildungsganges. Förderbedarf Lernen Kinder werden daher auch nicht versetzt, sondern laufen in ihrer jeweiligen Lerngruppe mit.


    Möchte man Lernen-SuS den Hauptschulabschluss ermöglichen, müssen sie ein Schuljahr lernzielgleich (auf H-Niveau) unterrichtet werden und allen Anforderungen des Bildungsgangs entsprechen. Gleichzeitig muss vor Zeugnisverleihung der Förderbedarf aufgehoben werden.


    Als Förderschullehrer dürfen wir ohne zusätzliche Qualifikationen keine Hauptschulprüfung, sei es Projekt- oder Abschlussprüfung, abnehmen.

  • Humblebee : Stimmt, es sind wenige Schüler, die wirklich alle Regelschulformen durchmachen, aber umso schöner, wenn sowas tatsächlich gelingt. Ich meinte mit "Lehrgang" den gesamten Zeitraum der Klassen 5-9 bzw. 10 an Hauptschulen bzw. Schulformen, die anders heißen, aber den Hauptschulabschluss als Ziel haben. Auch mit der Implikation für die Realschule hättest du natürlich Recht.

  • Möchte man Lernen-SuS den Hauptschulabschluss ermöglichen, müssen sie ein Schuljahr lernzielgleich (auf H-Niveau) unterrichtet werden und allen Anforderungen des Bildungsgangs entsprechen. Gleichzeitig muss vor Zeugnisverleihung der Förderbedarf aufgehoben werden.

    Das ist genau der Punkt, denn das ist an allen Schulformen außerhalb der Hauptschule ja nunmal nicht lernzielgleich, sondern lernzieldifferent. Ich frage mich, wie man sich das praktisch vorstellt, gleichzeitig Schüler oberstufenfit zu machen und irgendwas auf Hauptschulniveau zu unterrichten. Dass diese Schülergruppen im gleichen Raum sitzen, ist absolut sinnfrei.

  • Möchte man Lernen-SuS den Hauptschulabschluss ermöglichen, müssen sie ein Schuljahr lernzielgleich (auf H-Niveau) unterrichtet werden und allen Anforderungen des Bildungsgangs entsprechen. Gleichzeitig muss vor Zeugnisverleihung der Förderbedarf aufgehoben werden.

    Genau so ist es auch in NDS.

    Deshalb schrieb ich weiter oben, dass mMn eine Inklusion des Förderbedarfs Lernen an einer Schule, an der regulär der Hauptschulabschluss erreicht werden kann, deutlich sinnvoller erscheint. Eben weil dort (vielleicht mit der Wiederholung eines Jahrgangs und dann mit Aufhebung des Förderbedarfs) lernzielgleich der Hauptschulabschluss erreicht werden könnte. Eben anders als an anderen Schulformen, wo ein Hauptschulabschluss nicht erreichbar ist & die Aufhebung des Förderstatus nur zu viel Frustration und Misserfolg führen kann.

  • Stimmt, es sind wenige Schüler, die wirklich alle Regelschulformen durchmachen, aber umso schöner, wenn sowas tatsächlich gelingt.

    Wir haben mal einen Schüler direkt von der Förderschule bei uns am Gymnasium (und nicht zu Beginn der 5. Klasse) aufgenommen. Im nächsten Jahr macht er aller Voraussicht nach Abitur. Zählt das auch? (Wobei: Förderschule ist nicht Regelschule, oder? Also nicht schön?)


    NB: In NDS sind die meisten Formen der Förderschule abgeschafft...

  • Wir haben mal einen Schüler direkt von der Förderschule bei uns am Gymnasium (und nicht zu Beginn der 5. Klasse) aufgenommen.

    Mit GB/ Lernen??


    Dann zweifel ich entweder am erstellten Gutachten oder an der Qualität des Abiturs..

    Für mich passt das nicht zusammen.. Lerner haben einen IQ von unter 85..GB noch tiefer...wenn das fürs Abi reicht...irritiert mich...


    Sollte das Kind einen Förderbedarf in einem anderen Bereich gehabt haben schließt das selbstverständlich das Erreichen des Abiturs überhaupt nicht aus...


    Man merke..Förderkind ist nicht gleich Förderkind..


    Daher nun meine Frage.

    Welchen Förderbedarf hatte das Kind denn welches das Abitur gemacht hat?

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  • Daher nun meine Frage.

    Welchen Förderbedarf hatte das Kind denn welches das Abitur gemacht hat?

    Stimmt. Nicht Lernen, nicht GB. Aber so ausgeprägt ES, dass eine Heimunterbringung bzw. betreutes Wohnen dauerhaft notwendig ist (zu Hause nicht möglich). Dass es sich immer so sehr selbst im Weg stand, dass die Noten nie ausreichend waren. Sah sehr verdächtig nach GB/Lernen aus. Aber mit der entsprechenden Organisationsform / Flexibilität im System (ohne den gymnasialen Anspruch herunterzuschrauben!) klappt das. Die Zusammenarbeit zwischen abgebender Förderschule und aufnehmender Schule ist da ganz wichtig.


    (Wir haben auch schon andere "schwere" Fälle von ES bei uns beobachten können, die es erfolgreich bis zum Abitur geschafft haben, z.B. Kanner-Autisten.)

  • EsE ist zwar megaanstrengend zu unterrichten, aber die Kinder haben eine " ganz normale " Intelligenz und daher können sie natürlich das Abi schaffen.

    Ich hatte auch mal so ein Früchtchen..clever ja..anstrengend ohne Ende..hat nur sche...gemacht..

    Ist auch auf einem Gymi gelandet..aktuell in Klasse 7 ..was draus wird.. Keine Ahnung..

  • Stimmt, es sind wenige Schüler, die wirklich alle Regelschulformen durchmachen, aber umso schöner, wenn sowas tatsächlich gelingt.

    Klar ist das schön. Aber eben sehr selten. Eher haben wir ab und zu mal SuS, die in der Hauptschule in der 10. Klasse ihren Realschulabschluss schaffen, dann bei uns in eine Berufsfachschulklasse gehen, dann im zweiten Jahr noch den erweiterten Realschulabschluss erwerben und anschließend das berufliche Gymnasium besuchen. Aber auch das kommt nicht allzu häufig vor (zumindest halten viele dann doch nicht bis zum Abi durch).

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Diese automatische Versetzung in die Sek II ist gängige Praxis, das stimmt. Verkehrt wäre es aber nicht, zumindest darüber nachzudenken, auch hier Abschlussprüfungen zwischenzuschalten, um den Abschluss nicht einer Schülergruppe zu "schenken", während andere hierfür viel Mühe investieren müssen. Und klar, für Schüler mit Förderbedarf ist das sicher auch nicht optimal.

    Wer am Ender der neunten Klasse am Gymnasium (BW) zum zweiten Mal in der Mittelstufe nicht versetzt wird, hat damit dann auch keinen Abschluss. Es gibt aber die Möglichkeit, sich zu einer externen Hauptschulprüfung anzumelden (Schulfremdenprüfung). Das müssen die Eltern machen und wenn sie es tun, sind unsere Abgänger da in der Regel erfolgreich.


    Das wäre sicher auch für inklusiv beschulte Schüler aus dem Bereich Lernen, bei denen später doch ein Hauptschulabschluss erreichbar scheint, eine Möglichkeit. Ob es dann aber ohne die gezielte Vorbereitung, welche man an der zugehörigen Schulform erhält, erfolgreich ist, sehe ich fraglich.



  • Geistige Beeinträchtigungen am Gymnasium sehe ich dagegen als schwierig. Bei uns müssen Kinder wegen zu schlechten Leistungen das Gymnasium verlassen und noch schlechtere sollen bleiben?

    Ich frage mich immer, wieso Gymnasien sich mit dieser Begründung aus der Inklusion rausziehen. Förderschüler Lernen schaffen auch an einer Haupt-, Real- oder Gesamtschule nicht das "Klassenziel", sondern machen den Förderschulabschluss.

  • Gymnasien sind keine Lernfabriken, die Abiturienten produzieren sollen, sondern pädagogische Einrichtungen, an denen gelernt wird. Am besten gemeinsam, auch mit gehandicapten Schülern, damit diese, auch gesellschaftlich, mit eingebunden werden (Inklusion)

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