Stundentafel kürzen - Vorgaben Berufsschule NRW

  • Hallo,


    ich brauche mal euer Schwarmwissen: Und zwar ist es so, dass an unserem Berufskolleg in NRW der Unterricht anscheinend nur stark gekürzt erteilt wird. Zum Beispiel sind in der Berufsfachschule im Fach "Wirtschafts- und Betriebslehre" 80 Stunden vorgesehen, aber es wurde nur mal kurz zu Beginn des Schuljahres unterrichtet, momentan aber gar nicht, weil der Kollege dann gekündigt hat und bisher kein Ersatz da ist. Das Fach " Praktische Philosophie" gibt es in ein paar Klassen der Ausbildungsvorbereitung, aber nicht in allen, obwohl die alle den gleichen Abschluss machen. Mit "Wirtschafts- und Betriebslehre" ist es genau so. Insgesamt haben viele Klassen bei uns einfach viel zu wenig Stunden.


    Deshalb wollte ich fragen, ob irgendwo geschrieben steht, wie sehr eine Schule von der Stundentafel abweichen darf. Bzw. kann eine Schule die Stundentafel einfach beliebig kürzen und Unterrichtsstunden nicht erteilen, die laut APO und/ oder Stundentafel aber erteilt werden müssten, ohne dass das irgendwelche Folgen hat? Es müsste doch eigentlich einen Punkt geben, an dem die Schülerinnen und Schüler den jeweiligen Abschluss dann nicht mehr erreichen können? Oder lässt sich das alles durch den Lehrermangel legitimieren? Wie verbindlich sind die Stundentafeln? Und wo kann man nachlesen, was ggf. gekürzt werden darf und was auf gar keinen Fall?


    Vielleicht kann hier ja jemand was dazu sagen, denn nach meinem Empfinden haben unsere Schülerinnen und Schüler teilweise schon planmäßig verdammt wenig Unterricht und selbst das bisschen fällt noch wochenlang aus, wenn die jeweilige Lehrkraft erkrankt ist. Da frage ich mich mittlerweile, ob es irgendwo eine Grenze gibt, ab der nichts mehr gekürzt werden darf.

  • Mir ist keine Regelung bekannt, nach der den Schülerinnen ein Abschluss wegen zu wenig Unterricht verweigert werden könnte. Ich vermute gar, dass einen solche Regelung vor Gericht Bestand hätte.


    Es ist überhaupt nichts für den Fall geregelt, dass die Stundentafeln nicht erfüllt werden.


    Wir haben nie genug Lehrerinnen, um alle Stundentaflen abzudecken. Die Kennzahlen fürs Schülerinnen-Lehrerinnen-Verhältnis gehen von recht großen Klassen aus. Das skommt meist nicht hin, also muss man kürzen.


    Was daran ist für dich ein Problem?

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

  • Ich kann ja nur für NDS sprechen, aber ich habe es in meinen über 20 Jahren an unserer BBS noch nie erlebt, dass in allen Bildungsgängen die Stundentafeln komplett "erfüllt" wurden. Irgendwo musste immer irgendwas gekürzt werden; mal in geringerem, mal in größerem Stundenumfang. Unsere Stundenplaner*innen versuchen aber natürlich zunächst im berufsübergreifenden Lernbereich (also den allgemeinbildenden Fächern) bzw. in Bereichen/Fächern/Lernfeldern/... zu kürzen, die nicht prüfungsrelevant sind.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Ein Leben ohne Eltern ist toll.

    Mal abgesehen davon, dass das irgendwie zweideutig klingt: Auch an einer beruflichen Schule hat man (zumindest viele Lehrkräfte) durchaus ab und zu mit den Eltern minderjährigen SuS zu tun ;) .

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  • Genau. Am Gymnasium hätten die vorhandenen Kollegen den Ausfall abdecken müssen, koste es was es wolle (meist die Gesundheit). Ein Leben ohne Eltern ist toll.

    Ein Bisschen schwingt da mit. Bei uns wird sehr darauf geachtet, dass im hochheiligen beruflichen Gymnasium möglichst wenig ausfällt. Es könnten Beschwerden kommen. In der Ausbildungsvorbereitung darf aber gerne mal etwas ausfallen.

  • Ich finde es übrigens nicht richtig, dass bei fehlender Kontrolle durch die Eltern der Unterricht ausfällt. Aber genauso wenig finde ich es richtig, dass das vorhandene Personal den Personalmangel ausbaden muss. Leider ein Dilemma. Und ja, auch am BK gibt es Eltern, das war natürlich überspitzt formuliert. Aber der Umfang der E K e

  • Ichbindannmalweg : Der Umfang sei "eher gering", meinst du vermutlich, oder? Ja, das ist definitiv so, dass man an einer beruflichen Schule weniger mit Eltern in Berührung kommt als an einer allgemeinbildenden.

    Wobei ich mehrere Kolleg*innen habe, die hauptsächlich im Bereich der "Berufseinstiegsklassen" unterwegs sind und in diesen Bildungsgängen - aufgrund der Tatsache, dass dort nur wenige SuS bereits volljährig sind - doch eine ganze Menge mit Erziehungsberechtigten zu tun haben; andere KuK hingegen unterrichten fast ausschließlich in der Berufsschule und haben daher nur selten mit Eltern Kontakt. Ist halt unterschiedlich, je nachdem, in welchen Bildungsgängen man an einer beruflichen Schule eingesetzt ist.

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  • 🙈 Ja, meinte ich.


    Oft wäre die Zusammenarbeit mit den Eltern ja auch sehr hilfreich. Meiner Erfahrung nach haben die Besuche von Eltern der Oberstufenschüler am Elternsprechtag in den letzten Jahren zugenommen. Und sei es zur Gesichtspflege.


    Nicht falsch verstehen, ich gönne dem BKlern eine Arbeit mit deutlich weniger Druck seitens der Eltern. Ich beglückwünsche jeden Lehrer, der an diese Schulform gerät. Und ja, ich weiß, dass es dort eine große Vielfalt gibt.


    Welcher BK Lehrer macht sich schon darüber Gedanken, wie gut er es hat, weil die Schüler meist nach drei Jahren weg sind und nicht das Geschwisterkind zwei Stufen drunter ist? In der Sekundarstufe 1 überträgt sich Ärger mit einzelnen Schülern/ Eltern nämlich so auch gerne in die nächsten Jahrgangsstufen… oder: Wenn erstmal ein Elternteil weiß, dass irgendwo Unterricht ausfällt und man damit die schlechten Leistungen der Sprösslinge entschuldigen kann, überträgt sich dieses Wissen schnell.

  • Welcher BK Lehrer macht sich schon darüber Gedanken, wie gut er es hat, weil die Schüler meist nach drei Jahren weg sind und nicht das Geschwisterkind zwei Stufen drunter ist?

    Wir habe öfters Geschwister oder Freunde der Ehemaligen bei uns. Da wir uns nach der allg. Schulpflicht befinden, ist das unser aller größtes Marketinginstrument. Wenn wir verbitterte Absolventen hätten, wäre die Schule bald leer.


    Wir halten auch mit einigen engen Kontakt, damit wir in unterschiedliche Firmen rein kommen können.

  • Ich finde es übrigens nicht richtig, dass bei fehlender Kontrolle durch die Eltern der Unterricht ausfällt.

    Ja. Die Realität sieht aber anders aus. Wenn Personal fehlt, kann nicht alles angeboten werden.


    Aber genauso wenig finde ich es richtig, dass das vorhandene Personal den Personalmangel ausbaden muss.

    Ja. An der Stelle können wir aber selbst etwas für uns tun. Nicht alles machen, was vermeintlich gemacht werden muss. Nicht immer sagen und sich auch nicht sagen lassen, dass es nicht anders ginge.


    Die Forderung nach mehr Unterricht vertritt nicht so richtig unsere Interessen. Deshalb wäre ich auch in diesem Bereich eher vorsichtig bei Gesprächen mit oben.


    In unserem Laden haben wir derzeit eine akute Versorgungslücke für Mathematik. Wir überlegen derzet ebenenübergreifend, wie wir die schließen können. Die Begriffe „Mehrarbeit“ oder „Überstunden“ sind dabei noch nicht gefallen. Wir sind uns klar, dass wir kürzen müssen und die Kürzungen durch Umschichten möglichst gleich verteilen müssen. Das berufliche Gymnasium hat mal wieder eine Sonderstellung, da müssen die Stundentafeln vergoldet werden. Aber ja, sonst muss jeder Bereich etwas abgeben, damit's reicht.


    Beim letzten mal in einer ähnliche Situation war es so, dass zwar Kolleginnen mehr Stunden übernommen haben, aber trotzdem akzeptieren konnten, dass andere das nicht schaffen und auch nicht tun werden. Da ist tatsächlich bei uns die Stimmung ziemlich entspannt.


    Mal sehen, nichts genaues weiß man nicht. Aber das mit zu wenig Leuten nicht das volle Programm geht, ist gesetzt.

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