Lehrerkarriere beendet - Richtige Entscheidung?

  • Hallo, ich wollte hier grad das Thema aufmachen und sah, dass ich hier schon nen Account habe. Mein Accountname ist ziemlich paradox, wenn man bedenkt, was jetzt kommt.


    Ich werde jetzt bisschen ausholen, damit man das Gesamtbild besser versteht. Es begann in meiner Schulzeit - Ich habe meine Schulzeit wirklich geliebt. Fast alles daran. Außer strenge Lehrer und außer paar Fächer. Naja, eigentlich habe ich es fast nur geliebt, weil all meine Freunde da waren und Schule mein persönliches soziales Netz war. Außerhalb der Schule hatte ich kaum Freunde, aber das brauchte ich nicht, Schule hat mir alles gegeben was ich brauchte. Auch das, was ich Zuhause nicht bekommen habe. Anerkennung, Wertschätzung, Peers etc... dann war für mich schnell klar, dass ich Lehrer werden wollte. Ich wollte da bleiben, an diesem schönen Ort, wo all meine Freunde waren.

    Überhaupt war ich immer ein Mensch, der Aufmerksamkeit absolut geliebt und genossen hat. Ich genieße und liebe es immer noch, wenn ich vorne vor ganz vielen Menschen stehen darf, die mir alle zuhören. Und das hat mir der Lehrer-Beruf gegeben, bzw. ich dachte, dass ich dieses Bedürfnis als Lehrer "leben" kann.


    Dann habe ich angefangen Lehramt zu studieren. Das Studium war ziemlich langweilig. Da hatte ich gar nicht mehr das Gefühl, das ich immer in der Schule hatte. Aber ich dachte "naja, bald bin ich ja wieder zurück". Dann hab ich mein erstes Praktikum gemacht, direkt im ersten Semester. Ich hab gemerkt, dass ich plötzlich ne Autoritätsperson bin, die Schüler sind logischerweise nicht mehr meine Freunde, ich war selbst noch ziemlich jung, teilweise nur 2, 3 Jahre älter, als meine damaligen 10er. Aber ich war total unsicher. Schule hat mich extrem verunsichert, zum ersten Mal. Ich hab mich wirklich sehr unwohl dort gefühlt. Mit den Lehrkräften im Kollegium konnte ich mich nicht identifizieren und ich war in dem Kollegium auch eher unbeliebt, da ich gefühlt noch selbst eher Schüler als Lehrer war. Ich habs oft darauf geschoben, dass ich damals noch ziemlich jung war und das mit der Zeit kommen würde.


    Danach gab es jahrelang erstmal keine Praktika in Schulen mehr. Nur einmal mit ner kleinen Kleingruppe ein Projekt, was auch nicht wirklich gut lief, aus organisatorischen Gründen. Dann nochmal Jahre später ging es ins Master, wo ich mein Praxissemester hatte. Leider auch nur ein Monat, da zu der Zeit die Pandemie begann. In diesem einen Monat war ich immer noch total verunsichert von Schule. Ich hab gemerkt, dass ich im Kollegium aufgeblüht bin und mich gut mit den meisten verstanden habe. Trotzdem war immer ein Beigeschmack von Druck da. S*S müssen funktionieren und unter anderem ich hab dafür zu sorgen. Diesmal war ich auch in der Oberstufe. Ich war irgendwie immer noch total unsicher, als ich vor der Klasse stand, ich hab aber gespürt, dass ich mich weiterentwickelt hab. Von Mal zu Mal wurde es besser und ich hatte mehr Motivation. Ich wollte sogar endlich eigene Unterrichtsreihen planen. Vor allem in der Oberstufe. Die Unterstufe fand ich noch zu wild und zu viel, weil da soviel Kinder auf einmal waren. Ja, dann kam halt die Pandemie und das Erfahrungen sammeln Ding und weiterentwickeln war auch vorbei. Dann gabs jahrelang wieder nur Theorie in der Uni. Das fand ich durchgehend schon immer langweilig und gammelig. Auch mit meinem Mitstudenten konnte ich mich nie groß identifizieren. Ich hatte immer im Hinterkopf, ob es das richtige für mich ist. Und innerlich dachte ich "jaa schon", weil Schule als Schüler immer der Ort war, an dem ich wirklich glücklich war. Und den Ort zu verlieren würde denke ich eine Krise für mich bedeuten. Deshalb hab ich den Master erstmal fertig gemacht. Als dann das Ref vor der Tür stand, hat sich alles in mir gewehrt das zu machen. Ich wusste, das wird Stress und Druck bedeuten und ich hatte aufgrund von privaten Sachen schon mit psychischen Problemen zu kämpfen, weshalb ich mich darauf nicht auch noch einlassen wollte. Dann hab Ichs immer wieder aufgeschoben. Ich hab dann an Grundschulen als OGS-Fachkraft gearbeitet (im Ganztag) und ich habs gehasst. Zwei Jahre an unterschiedlichen Grundschulen und das hat mich extrem unglücklich gemacht. Ich habs nicht geschafft, 20-30 Kinder auf einmal unter Kontrolle zu halten. Ich habs nicht mal mit 10 Kindern bei den Hausaufgaben geschafft. Ich war durchgehend genervt und gestresst. Ich hab nach der Arbeit nichts mehr gemacht, weil ich keine Energie mehr hatte. Das Ref hab ich mir einfach auch nicht mehr zugetraut. Trotzdem gab es immer diese Stimme, die sagte "ja, aber Kleinkinder sind keine Jugendlichen. Mit Jugendlichen ist es bestimmt cooler und dann machst vielleicht mehr Spaß". Diese Erfahrung habe ich nie gemacht. Außer in meinen beiden Praktika, da hatte ich ja Jugendliche in der Klasse. Naja...


    Ich wollte auch immer wieder als Vertretungslehrer arbeiten, um noch einen Einblick in Schule zu bekommen. In meinen Vorstellungsgesprächen war ich irgendwie auch immer total happy, weil mich alles so an meine Schulzeit erinnert hat. Aber zu einer Stelle ist es nie gekommen, weil immer die Bewerber*innen MIT Ref vorgezogen wurden, auch für Vertretungsstellen.


    soweit so gut. Nach langem Hin und Her habe ich mich endgültig dagegen entschieden, das Ref zu machen. Ist jetzt ziemlich frisch. Jetzt habe ich meine erste Stelle angefangen, die komplett außerhalb des Schulsystems liegt und ich hab eine absolute Identitätskrise bekommen. Eine innere Stimme sagt mir andauernd, dass Schule der Ort ist an dem ich aufblühen werde und ich das weggeworfen habe. Weil ich ja nur da jemals glücklich war. Naja, als Schüler zumindest. In meiner Lehrer- bzw. Pädagogenposition war ich eigentlich nie groß glücklich in der Schule. Trotzdem denke ich mir, dass ich mich nie WIRKLICH auf Schule eingelassen habe und deshalb nie wissen kann obs richtig war oder nicht. Ich bin mir aber sehr sicher, dass ich das Ref abgebrochen hätte. Meine ZFSL Zeit im Praxissemester mochte ich auch nicht groß. Hauptsächlich echt darum, weil ich mich mit den anderen Lehrämtlern nie groß identifizieren konnte.


    Naja, nach meiner Krise habe ich dann reflektiert. Warum stürze ich denn so in eine Depression, nur weil ich jetzt nen neuen Job hab? Und ich denke, der Grund war das, was ich in Schule projiziert habe. Schule war für mich DER soziale Hotspot schlecht hin. ALLE waren da. Als Lehrer hatte ich zb auch Spaß im Lehrerzimmer, aber nicht in der Klasse. Als Pädagoge hatte ich Spaß mit meinen Kollegen, aber nicht als ich dann in meine Gruppe musste. Wenn andere Erwachsene dabei waren, hatte ich wiederum wieder Spaß und dann mochte ich es plötzlich. und ich glaube, gerade WEIL Schule DAMALS soviel Bedürfnisse in mir befriedigt hatte, konnte ich das nicht groß zulassen. Ich hab viel zu viel von Schule abhängig gemacht, eigentlich meine ganze Identität, und jetzt bin ich da plötzlich raus, in einem komplett neuen Beruf' und hab quasi meine Vergangenheit als glücklicher Schüler komplett loslassen müssen. Als ich auf diese Erkenntnis gekommen bin, ging meine innere Krise weg. Ich hab plötzlich viel mehr Ruhe verspürt. Meine sozialen Bedürfnisse können in jedem Job befriedigt werden, weil ich überall ein Kollegium habe. Seitdem habe ich nicht mehr diesen Drang von meinem neuen Job wegzulaufen. Ich habe meine neue Realität irgendwie "akzeptiert".


    Und dennoch bin ich hier und schreibe diesen Text. Wieso? Nun, ich hab hin und wieder Angst, dass ich wieder diese totale Lebenskrise bekomme und denke, dass ich die falscheste Entscheidung ever getroffen habe. Was wenn ich als Lehrer aufgeblüht wäre? Was wenn ich total glücklich geworden wäre als Lehrer? Ich hab mich ja nie langfristig darauf eingelassen bzw. einlassen können. Was wenn ich erstmal das hätte tun müssen? Ich meine, ich liebe es doch vor ganz vielen Menschen zu stehen und mich zu präsentieren. Aber das wäre vielleicht der falsche Grund, Lehrer zu werden. Als Lehrer geht es nicht um mich. Es geht nicht um meine Bedürfnisse. Es geht um die Heranwachsenden und es geht vor allem um Vermittlung von Wissen und Kompetenzen. Das muss ich verstehen. Ich kann in vielen Berufen, diese Bedürfnisse nach Anerkennung und "gesehen werden" erfüllen und das sogar von anderen Erwachsenen Menschen. Da hätte ich das auf Augenhöhe. Und nicht auf einer asymmetrischen Ebene, wo ich eine Autorität bin. Hätte ich das Ref begonnen und wäre durchgefallen hätte ich keine Lebenskrise. Weil es außerhalb meiner Entscheidung wäre. Aber ich habe die Entscheidung selbst und bewusst getroffen und deshalb beschleicht mich andauernd das gefühl, dass es ein Fehler gewesen sein könnte. Irgendwie mach ich mein Gefühl von Glück davon abhängig. Naja...


    Dieser Text bestätigt mich grade darin, dass ich Lehrer aus falschen Gründen geworden wäre. Aber ich möchte dennoch die Perspektive und Meinungen der anderen Lehrkräfte mal einfach hören. Ich bitte euch, respektvoll zu bleiben. Es geht hier um eine ernstzunehmende Thematik und möchte vernünftigen Austausch darüber haben. Kommentare, die nach Verurteilung oder "von oben herab" klingen bringen niemandem was. Das möchte ich hier nur mal erwähnen, das ich oft solche Gespräche hatte, wo man auf meine inneren Bedenken und Motivationen nicht groß eingehen wollte. Naja, das wars mit dem Riesentext. Danke an alle, die es gelesen haben und sich Zeit und Mühe machen darauf einzugehen. <3

  • ChatGPT, bitte fasse den folgenden Text zusammen:
    ...


    ChatGPT:


    Der Autor beschreibt seine persönliche Entwicklung im Hinblick auf den Lehrerberuf. Ursprünglich wollte er Lehrer werden, da er die Schule als sozialen Mittelpunkt empfand, der ihm Anerkennung und Wertschätzung bot. Doch während seines Lehramtsstudiums und Praktika fühlte er sich unsicher und unwohl in der Rolle des Lehrers. Trotzdem hielt er an seinem Wunsch fest, jedoch ohne das Referendariat zu absolvieren. Stattdessen arbeitete er als OGS-Fachkraft an Grundschulen, was ihm keine Erfüllung brachte. Nachdem er sich letztendlich gegen das Referendariat entschieden hat und eine Stelle außerhalb des Schulsystems angenommen hat, durchlebte er eine Identitätskrise. Er erkannte, dass er zu viel von seiner Identität und seinem Glück von der Schule abhängig gemacht hatte. Durch Reflexion gelang es ihm, seine Entscheidung zu akzeptieren und zu erkennen, dass seine Bedürfnisse auch in anderen Berufen erfüllt werden können. Dennoch hat er Zweifel und Ängste bezüglich seiner Entscheidung und sucht nach Perspektiven anderer Lehrkräfte, um seine Gedanken zu bestätigen oder zu hinterfragen. Der Autor fordert einen respektvollen Austausch über seine ernsthafte Thematik.

  • Ist die richtige Entscheidung etwas anderes zu machen.


    Schule ist nicht DER soziale Hotspot für Lehrer. Von daher wären deine Erwartungen enttäuscht worden. Wenn du andere Lehrämtler abgelehnt hast, dann erst recht. Das wären dann ja deine Kollegen. ;)


    Darüber hinaus sind Probleme mit Autorität und asymmetrischen Beziehungen oft Redflags.

  • Über was genau möchtest du dich austauschen, bzw., was erhoffst du dir von diesem Text?

    ich möchte Perspektiven und Ansichten auf das Thema, vor allem von Lehrkräften, die selbst im Schulsystem sind und mir vielleicht einfach paar Gedanken mitgeben oder meinen Horizont erweitern können.

    Und am besten wäre der Austausch mit leuten, die meinen text auch tatsächlich gelesen haben. Das geht weiter in die tiefe, als eine Zusammenfassung. Keiner MUSS meinen text lesen, aber es wär schon ne sinnvolle Voraussetzung

  • Ist die richtige Entscheidung etwas anderes zu machen.


    Schule ist nicht DER soziale Hotspot für Lehrer. Von daher wären deine Erwartungen enttäuscht worden. Wenn du andere Lehrämtler abgelehnt hast, dann erst recht. Das wären dann ja deine Kollegen. ;)


    Darüber hinaus sind Probleme mit Autorität und asymmetrischen Beziehungen oft Redflags.

    vielen Dank für deine klaren Worte. Das ist echt hilfreich.


    IN der Schule habe ich mich im Praxissemester mit den (vor allem älteren) Lehrkräften echt gut verstanden, muss ich sagen. Ich denke, weil sie in der tatsächlichen Praxis waren und dadurch nicht "verblendet" durch das theoretische Uni-Leben waren. Mit Kommilitonen hatte ich eher meine Probleme


    der letzte Satz ist wirklich sehr interessant, dass das typische Redflags sind. Inwiefern denn? Ich denke, ich hab Probleme, wenn ich selbst ne Autorität BIN. Führungskraft im Unternehmen könnte ich mir eher vorstellen, aber da sind auch alle Erwachsen und ich muss niemanden "erziehen". In Schule war mir das denke ich echt zu extrem, die Asymmetrie

  • bestelehrer Mir fällt in deinem Eingangspost auf, dass du dich immer mit irgendwas indentifizieren willst.

    Warum? Du bist ein eigenständiger Mensch, indentifiziere dich mit dir selbst!

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :_o_P


    8_o_) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

  • ich möchte Perspektiven und Ansichten auf das Thema, vor allem von Lehrkräften, die selbst im Schulsystem sind und mir vielleicht einfach paar Gedanken mitgeben oder meinen Horizont erweitern können.

    Und am besten wäre der Austausch mit leuten, die meinen text auch tatsächlich gelesen haben. Das geht weiter in die tiefe, als eine Zusammenfassung. Keiner MUSS meinen text lesen, aber es wär schon ne sinnvolle Voraussetzung

    Ich habe deinen Text tatsächlich gelesen, finde dort aber ehrlich gesagt nichts, was für deinen Weg in den Schuldienst spricht abgesehen von deinem Studium, nur zahlreiche Gründe, die ganz offenkundig dagegen sprechen. Geh insofern doch erst einmal deinen Weg weiter und werd vielleicht vor allem erst einmal weiter erwachsen, damit du dich hoffentlich künftig etwas weniger davon abhängig machst, was andere dir an Anerkennung, Wertschätzung, Aufmerksamkeit geben, sondern mehr in dir selbst finden kannst an Anerkennung oder auch Wertschätzung.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Du hattest so viele Erwartungen an den Beruf und an "Schule", was unweigerlich dazu führen muss, dass du enttäuscht wirst.


    Zudem sind längst nicht alle "geborene Lehrer" - man lernt vieles mit der Zeit, über Jahre. Einige sind schon direkt zu Beginn sehr sicher in dem, was sie tun, während andere mehr Zeit brauchen. Sich daran zu gewöhnen, dass man von Schülern nunmal als "Teil des Systems" angesehen wird, gehört natürlich auch dazu. Ich denke, dass hier z. B. das Leiten von Jugendgruppen sehr hilfreiche Erfahrungen bieten kann.


    Es erscheint mir ein deutsches Phänomen, dass der Beruf eine "Berufung" sein soll oder man besonderes "Talent" haben muss. In Deutschland ist MINT "Talent", während in anderen Ländern der Fleiß im Vordergrund steht (und zugegebenermaßen häufig auch viel Druck) mit den entsprechenden Ergebnissen. Wenn wir uns selbst die Frage stellen "Was kann ich besser machen?" anstatt von vornherein zu sagen "Das kann ich doch eh nicht"... das würde unserer Gesellschaft ganz gut tun, glaube ich. Das soll natürlich nicht heißen, dass man partout etwas anstreben soll, worin man sich selbst nicht sieht. Jedoch erscheint es mir genauso fragwürdig, über eine Tätigkeit zu urteilen, die man gar nicht kennt. Praktika, Praxissemester, Betreuung im Ganztag... all das ist nicht das "Lehrerdasein". Es ist ein Einblick in das System, vermittelt einem aber eben noch nicht, wie es ist, plötzlich als Lehrer zu arbeiten.


    Jede Schule ist anders. Jedes Lehrerkollegium ist anders. Es gibt Schulen, an denen ein Kollege äußerst unzufrieden wäre, während jemand anderes sich dort vllt. sogar wohlfühlen würde. Du kannst durch einen Einblick in eine Schule nicht wirklich über die Tätigkeit urteilen, weil der Beruf je nach Schulform, Kollegen, Schülerschaft etc. ein ganz anderer sein kann.


    Zum Thema: Schüler müssen funktionieren.

    Das müssen wir doch alle. Das klingt immer so negativ, aber wenn man nicht funktioniert... dann sitzt man halt den ganzen Tag rum und ist mit allem heillos überfordert. Ich finde den Gedanken, dass Kinder und Jugendliche sich in ein System einfügen müssen nicht so negativ, wie es häufig klingt und dargestellt wird. Man muss seine eigene Bedürfnisse ein Stück weit zurückstellen und auch auf andere Rücksicht nehmen. Genau das wollen wir doch für unsere Gesellschaft.


    Zudem bieten deutsche Schulen viele Freiheiten und sind insg. sehr nachsichtig. Das ist in anderen Ländern und Gesellschaften ganz anders. Ein Schüler muss schon großen Mist bauen, um ernsthaft Ärger zu bekommen. Ein wenig mehr Einschränkungen würde vielen Schulen eher guttun.

  • Ich habe auch alles gelesen. Ich denke, dass du den falschen Blickwinkel auf Schule in Bezug auf das Lehrerdasein hast. Ein Lehrer ist an einer anderen Position als ein Schüler. Als Lehrkraft kann dir Schule nicht mehr das erfüllen, was du als Schüler erfahren hast.

    Wenn du dich mit den Aufgaben eines Lehrers und der Lehrerrolle auseinandersetzt - dazu gibt es sicher auch Literatur - wirst du da bald zu der Erkenntnis gelangen.

    Du hast vieles richtig erkannt. Abseits von der sachlichen Betrachtung der Lehrer- und Schülerrolle würde ich dir vorschlagen, dass in Bezug auf deine geschilderten emotionalen Schwierigkeiten dir professionelle Hilfe suchst, da gibt es ja einige Möglichkeiten. Ich könnte mir da die Technik "Aufstellungen" ganz gut vorstellen, die Beziehungen aufdeckt und Änderungsmöglichkeiten reflektiert.

  • der letzte Satz ist wirklich sehr interessant, dass das typische Redflags sind. Inwiefern denn?

    Auf zwei Ebenen:

    1. Der praktischen Ebene.
      Schule ist ein asymmetrisches System und als Lehrer bist du die Autoritätsperson. Das gehört derzeit zur Funktion des Systems Schule und eine Änderung ist auch nicht in Sicht. Wenn du damit Schwierigkeiten hast, wird das in der Praxis Probleme im Schulalltag verursachen. ... mit Schülern, Kollegen, Eltern und Vorgesetzten, weil du die in dich gesetzten Erwartungen nicht oder nur zum Teil erfüllst.
    2. Auf der individuellen Ebene.
      Wenn du dich zu stark am 'System Schule' abarbeitest, dann besteht die Gefahr, dass du mit deine Grundsatzkritik grundlegende individuelle Probleme verdeckst. "Das System ist halt immer Schuld. Es passt nicht zu mir." Entsprechend arbeitest du dann auch oft nicht an den individuellen Defiziten und Problemen und löst sie auch nicht. Das zieht dann immer wieder neue Misserfolge nach sich und du bleibst in einer Negativspirale gefangen. Dieses Muster kann man hier im Forum immer mal wieder beobachten.
  • ja ich denk lehrer isses nicht


    ich bin mir irgendwie ziemlich sicher, wenn ich nicht mehr das Bedürfnis nach Anerkennung und Aufmerksamkeit habe und meine sozialen Bedürfnisse anderweitig befriedigen kann und ein Gefühl von Community im Leben habe, dann werde ich dem Lehrer-Sein gar nicht mehr hinterherschmachten. Ich denke, ich wollte nur darum lehrer werden.


    So kann ich diesen Beruf echt viel besser loslassen. Auch wenn ich nie wirklich als Lehrer gearbeitet hab. Ich denke, das muss ich nicht, um es für mich ausschließen zu können. Ich mein, was wäre da denn die Alternative? Bis November warten, dann knapp 2 Jahre ins Ref, dann in den Schuldienst, der ja ganz anders sein soll als das Ref, sagen wir auch noch maln Jahr, nur um DANN zu wissen, obs der richtige Job war? Oder die richtige Entscheidung? Ne, das isses nicht.

  • Mich würde mal interessieren, wie du beim Beginn deines Studiums "Lehrer+Anerkennung/Aufmerksamkeit/Bestätigung" in direkten Bezug gesetzt hast. Wie kam das? Hattest du als Schüler zu deinen Lehrkräften so derart aufgeschaut, dass du dachtest, das sei allgemein immer so?


    Insgesamt wünsche ich dir von Herzen, dass du mit der Zeit lernst, die Bestätigung nicht im Außen finden zu wollen, sondern sie in dir selbst zu entwickeln. Bestätigungsdrehbücher für die Außenwelt machen oft traurig und frustriert, weil sie die Erwartungen nicht erfüllen und man kommt nur schlecht zur Ruhe.


    Was ich gut finde, ist, dass du begonnen hast zu reflektieren und dich nicht scheust, deine Suche nach Bestätigung zuzugeben. Das können ganz viele nicht und das ist ein guter Schritt in die richtige Richtung.


    Viel Erfolg!

  • ...

    ich bin mir irgendwie ziemlich sicher, wenn ich nicht mehr das Bedürfnis nach Anerkennung und Aufmerksamkeit habe und meine sozialen Bedürfnisse anderweitig befriedigen kann und ein Gefühl von Community im Leben habe, dann werde ich dem Lehrer-Sein gar nicht mehr hinterherschmachten. Ich denke, ich wollte nur darum lehrer werden.

    Diese Motivation, um Lehramt zu studieren, klingt für mich nicht nur ungewöhnlich sondern geradezu ungesund. Also als Lehrkraft gefragt sage ich: ja, deine Entscheidung gegen das Lehramt halte ich nach deinen Schilderungen für richtig.


    Du schreibst von psychischen Problemen und Identitätskrise, hast du Möglichkeiten für professionelle Beratung? Findest du Unterstützung in deinem Umfeld? Das kann dieses Forum nicht leisten.

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    • Offizieller Beitrag

    Diese Motivation, um Lehramt zu studieren, klingt für mich nicht nur ungewöhnlich sondern geradezu ungesund. Also als Lehrkraft gefragt sage ich: ja, deine Entscheidung gegen das Lehramt halte ich nach deinen Schilderungen für richtig.


    Du schreibst von psychischen Problemen und Identitätskrise, hast du Möglichkeiten für professionelle Beratung? Findest du Unterstützung in deinem Umfeld? Das kann dieses Forum nicht leisten.

    Das ist auch für mich der Aspekt, der wirklich kritisch ist.

    Es wäre geradezu fatal, wenn man mit dem Wunsch, dass man die Aufmerksamkeit von 30 Kinderaugen bekommt, Lehrkraft wird. Es wäre eine Garantie für den Burnout, wenn man den Beruf wegen der scheinbaren Anerkennung, die man erhält, ergreift -insbesondere, wenn man seine eigene Anerkennung, die man gezollt hat, als Maßstab nimmt.


    Ich freue ich als Lehrkraft, wenn ich die Aufmerksamkeit aller meiner SchülerInnen habe, aber eben nicht, weil ich das als Persönlichkeit für mein Ego brauche, sondern weil ich dann weiß, dass ich eine gute Chance habe, meine Unterrichtsziele zu erreichen. Die Aufmerksamkeit ist ein Ergebnis meiner Bemühungen und eine Notwendigkeit, um erfolgreich zu arbeiten.

    Gruß
    #TheRealBolzbold

    Ceterum censeo factionem AfD non esse eligendam.

  • Es wäre geradezu fatal, wenn man mit dem Wunsch, dass man die Aufmerksamkeit von 30 Kinderaugen bekommt, Lehrkraft wird. (…)

    Ich freue ich als Lehrkraft, wenn ich die Aufmerksamkeit aller meiner SchülerInnen habe, aber eben nicht, weil ich das als Persönlichkeit für mein Ego brauche, (…).

    Ergänzend dazu: Es ist auch schlichtweg nicht die Aufgabe unserer SuS uns Lehrkräften die Bestätigung, Anerkennung und sonstige seelischen Streicheleinheiten zu liefern, die wir für unser Ego vielleicht benötigen. Mit zu deren Aufgaben gehört es erst einmal selbst groß zu werden und sich dabei auch an uns „reiben“ zu dürfen verbal. Zu unseren Aufgaben gehört dann ein entsprechendes Rollenbewusstsein.


    Es ist aber bestelehrer auch nicht Aufgabe deiner Arbeitskolleginnen und -kollegen, sprich deiner Peers dir Bestätigung und Anerkennung zu geben, auch wenn es natürlich schön ist, wenn das geschieht.

    Ich glaube, du hast noch einigen Weg vor dir, um wirklich bei dir selbst anzukommen und dich weniger abhängig zu machen von der Bestätigung durch Außenstehende. Gerade im Hinblick auf Berufszufriedenheit ist das ein wichtiger Schritt, weil du dann nicht konstant Erwartungen an deine Mitmenschen hast, die viele von ihnen am Ende nur enttäuschen werden, weil sie die Rolle, die du ihnen zuschreiben möchtest nicht ausüben (wollen). Das wäre durchaus etwas, was sich mit professioneller Unterstützung aufzuarbeiten lohnen könnte.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Ich habe selbst eine Pause vom Schuldienst eingelegt und erst neulich meine Verbeamtung zurückgegeben (lag aber an einer furchtbaren Schule, anderes Thema). Jetzt arbeite ich quasi "im Büro" und vermisse das Unterrichten jeden Tag. Ich kehre deshalb zum nächsten Schuljahr wieder an ein Gymnasium zurück. Insofern habe ich eigentlich dieselbe Erfahrung gemacht wie Du, bestelehrer, nur andersherum - mir ist noch mehr bewusst geworden, wie wunderbar es ist, unterrichten zu dürfen. Es gibt meines Erachtens keine erfüllendere Tätigkeit als junge Menschen zu begleiten und prägen zu dürfen. ich war auch immer lieber in der Klasse als im Lehrerzimmer, haha... (Wenn das Umfeld stimmt. Es hängt so wahnsinnig viel von Schulstandort, Schulleitung und Kollegium ab. Und es gibt Schulen, da kostet ein Schuljahr so viel Nerven wie andernorts zehn Schuljahre.)

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