Launenhaftigkeit eines Kollegen

  • Provokation kann manchmal neue Sichtweisen ermöglichen, daher völlig legitimer Einwand.

    Mein "Aber" an der Stelle würde in die Richtung gehen, dass die Brille vom Schüler (m/w/d) bereits mitgebracht und (durch die Schülereltern) selbstfinanziert wird. Dadurch könnten sie ja an dem exemplarisch angebrachten Arbeitsblatt in Schriftgröße 8, ohne dass auf deiner Seite ein Mehraufwand bestünde, oder lasse ich gerade eine Variable außer Acht?

    Ich weiss leider nicht, ob Kinderbrillen doch nicht von der KK bezahlt werden. Also okay.
    Aber ich habe es schon geschrieben: es ist die Anlage und die Mikrofone des Kindes. Beim sehbeeinträchtigten Kind ist es SEINE Anlage fürs Vergrößern der Tafel oder Fokussieren.

    Genauso wie es der Rollstuhl des Kindes ist.

    (Bzw. Leihgabe der Krankenkasse)

    Hilfsmittel gehören dem Kind, es geht um seine Teilhabe. Die Schule hat da keine finanzielle Beteiligung.

  • In der Oberstufe hat sich das eh erledigt. Sie konnen evtl. den Hauptschulabschluss nach Klasse 10 schaffen und darauf haben wir dann auch vorbereitet - so gut oder schlecht man das halt kann, wenn man in einem System gar nicht drinsteckt. Unter G8 hieß das, dass die Kinder irgendwo in der Sek I wiederholen mussten, da ihre Präsenzpflicht ein Jahr länger ging, als die Sek I der Mitschüler - ich erinnere mich an eine GE Schülerin, die mit dem Wechsel der Klassengemeinschaft extrem unglücklich war und sehr arg zu kämpfen hatte. Auch das ein Beispiel, warum das Ganze von vornherein nicht stimmig war.

    Solange wir eine Sonderpädagogin hatten, hat die sich auch um irgendeine Art von Anschluss bemüht. Ich weiß aber, was meine Freundin an der Förderschule alles mit den Schülern macht, um sie bei potentiellen Praktikumsstellen oder Arbeitgebern unterzubringen und langjährige Kontakte zu knüpfen - auch das kann Regelschule "nebenbei" überhaupt nicht leisten und findet nicht statt.

  • Nur weil ein Schüler irgendwann einmal "zieldifferent" unterrichtet wird, bedeutet das nicht automatisch, dass er niemals einen Schulabschluss erreichen wird. Da gibt es glücklicherweise vielfältige Möglichkeiten.

    Das habe ich auch nicht geschrieben oder gemeint. Solange der Förderschwerpunkt nicht aufgehoben ist, kann das Kind keinen Abschluss machen. Das heißt aber nicht, dass es niemals die Möglichkeit hat, einen Abschluss zu erreichen.
    Das habe ich in dem Zusammenhang aufgeführt, da betont wurde, Kinder mit einem Asperger-Syndrom könnten das Gymnasium besuchen, da die oftmals auch Inselbegabungen haben. Aber bitte keine anderen Kinder mit einer anderen Behinderung - denn die bekommen ja eh keinen Abschluss.

  • Ich hatte letztes Jahr einen Schüler, der sukzessive erblindet ist und wo das Sehvermögen rapide schlechter geworden ist. Sowas ist doch gar kein Thema - dann kriegt er eben größere Kopien, Extrazeit, darf in Klausuren Laptop nutzen etc.

    Alles, was zielgleich ist und ein tragbares Sozialverhalten aufweist, MUSS irgendwie ermöglicht werden. Inwiefern das beim Hören an Grenzen stößt, weiß ich nicht, aber alles andere ist doch gar nicht ernsthaft Thema bei der Inklusionsdebatte.

  • Maylin85 : Ich würde unterscheiden zwischen seheingeschränkten und wirklich blinden Schülern. Bei blinden Schülern geht es nicht nur um Vermittlung von Inhalten, sondern auch darum, zu lernen, sich möglichst selbstständig im öffentlichen Raum zu bewegen. Das kann ein Gymnasium gar nicht leisten oder könntest du mal eben 2 Stunden aus dem laufenden Unterricht ausgeplant werden, um dir einen blinden Schüler (m/w/d) zu schnappen und eine Tour durch die Stadt zu machen, um ihm oder ihr zu zeigen, wie man sich an stark befahrenen Straßen, auf der Suche nach öffentlichen Toiletten oder Behörden verhalten muss? Es geht bei dieser Schülerschaft ja nicht nur um Vermittlung von Fachinhalten im Klassenraum, mal plakativ formuliert.

  • Aber der Staat denkt sich doch etwas bei Lehrplänen, die es ja auch für Kinder mit Förderschwerpunkt Lernen oder geistige Entwicklung. Eltern, besonders solche ohne pädagogisches Vorwissen, müssen sich doch darauf verlassen können, dass bei aller Individualität bestimmte Mindeststandards erfüllt werden. Ich fände es problematisch, wenn rein hypothetisch eine Lehrkraft arithmetische Inhalte ausblenden und primär Geometrie im Mathematikunterricht vermitteln würde, weil sie aus welchem Grund auch immer der Meinung ist, dass dies besser sei.

    Und wenn ich Inhalte, die für 2 Monate gedacht waren, auf ein halbes Jahr strecke, lasse ich ja auch indirekt andere Inhalte weg, was zu einem Konflikt mit der inhaltlichen Breite, die der Lehrplan (berechtigterweise?) vorsieht, führen kann.

    Es kann keinen Unterricht nach Lehrplan geben, da jedes Kind auf einem anderen Stand ist. Das eine Kind ist in der 9. Klasse in Mathematik auf dem Stand des 3. Schuljahres, das andere vielleicht auf dem Stand des 5. Und wenn man bei einem Kind merkt, dass es mithalten kann, kann der Förderschwerpunkt aufgehoben werden und es wird ganz „normal“ beschult.

    Da sollten die Eltern dem Lehrpersonal doch vertrauen können.
    Gibt es hier keine Sonderpädagog*innen?
    Ich brauche Unterstützung!😉😊

  • Maylin85 : Ich würde unterscheiden zwischen seheingeschränkten und wirklich blinden Schülern. Bei blinden Schülern geht es nicht nur um Vermittlung von Inhalten, sondern auch darum, zu lernen, sich möglichst selbstständig im öffentlichen Raum zu bewegen. Das kann ein Gymnasium gar nicht leisten oder könntest du mal eben 2 Stunden aus dem laufenden Unterricht ausgeplant werden, um dir einen blinden Schüler (m/w/d) zu schnappen und eine Tour durch die Stadt zu machen, um ihm oder ihr zu zeigen, wie man sich an stark befahrenen Straßen, auf der Suche nach öffentlichen Toiletten oder Behörden verhalten muss? Es geht bei dieser Schülerschaft ja nicht nur um Vermittlung von Fachinhalten im Klassenraum, mal plakativ formuliert.

    Was für einen ableistischen Quark?!
    und als Beruf kann er nur Klavierstimmer oder Masseur ergreifen, oder wie?

    Das vollständig blinde Kind, das an einem Gymnasium beschult werden soll / möchte, war vorher an einer Grundschule und hat seine kognitiven Fähigkeiten gezeigt, und wenn es am örtlichen Gymnasium ohne große (personelle) Integrationshilfe beschult werden soll (statt zum Beispiel nach Marburg ins Internat zu gehen), dann lernt es in ein paar Tagen seine Wege und gut so (und NATÜRLICH muss darauf Rücksicht genommen werden, wie möglichst wenige Raumwechsel, Rücksicht bei Gedränge, usw..)

    Wow... "eine Tour durch die Stadt machen"... was hast du denn bitte für ein Bild?

  • "Beide Seiten profitieren" halte ich für ein nettes Märchen. Durfte ich in der Praxis jedenfalls bisher nirgends feststellen.

    Ich habe das durchaus schon festgestellt, also ist es wohl doch kein „Märchen“, sondern von weiteren Faktoren abhängig- angefangen mit der Haltung der Lehrkraft, über Inklusionsbedingungen wie Differenzierungsräume, aber auch eine klare Haltung der Schulleitung pro Inklusion inklusive zieldifferentem Unterricht unter Unterstützung der Lehrkräfte, die diese umsetzen, soweit dies möglich ist.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Es geht bei dieser Schülerschaft ja nicht nur um Vermittlung von Fachinhalten im Klassenraum, mal plakativ formuliert.

    Und bei Regelschülern geht es "nur um Vermittlung von Fachinhalten im Klassenraum"?

    Da sagen aber Schulgesetze, Bildungspläne etc. deutlich etwas anderes.

  • Wenn ein Kind im 9. Schuljahr Inhalte erarbeitet, die Kinder mit durchschnittlicher Begabung im 3. Schuljahr erarbeiten, gilt doch dennoch ein Lehrplan, nämlich vermutlich der vom Förderschwerpunkt geistige Entwicklung. Ich kenne mich jetzt nicht mit diesem Förderschwerpunkt aus, würde aber vermuten, dass dieser nicht einfach nur Inhalte aus dem Curriculum für andere Schulformen streckt, sondern teilweise andere Schwerpunkte setzt, manche Themen streicht und dafür andere Themen hinzufügt, die bei Kindern mit anderer Fähigkeitsausprägung entweder keine Rolle spielen oder im Rahmen ihrer Entwicklung und Sozialisierung bereits unterbewusst erworben werden, ohne dass hier eine explizite Vermittlung im Unterricht notwendig ist.

  • Maylin85 : Ich würde unterscheiden zwischen seheingeschränkten und wirklich blinden Schülern. Bei blinden Schülern geht es nicht nur um Vermittlung von Inhalten, sondern auch darum, zu lernen, sich möglichst selbstständig im öffentlichen Raum zu bewegen. Das kann ein Gymnasium gar nicht leisten oder könntest du mal eben 2 Stunden aus dem laufenden Unterricht ausgeplant werden, um dir einen blinden Schüler (m/w/d) zu schnappen und eine Tour durch die Stadt zu machen, um ihm oder ihr zu zeigen, wie man sich an stark befahrenen Straßen, auf der Suche nach öffentlichen Toiletten oder Behörden verhalten muss? Es geht bei dieser Schülerschaft ja nicht nur um Vermittlung von Fachinhalten im Klassenraum, mal plakativ formuliert.

    Noch mal: Ein ehemaliger Kommilitone von mir- heutzutage Gymnasiallehrer- hat als blinder Schüler bereits vor rund 25 Jahren ein Regelgymnasium besucht, weil die komplette Segregation des Blindeninternats nicht der richtige Weg für ihn war. Was er zusätzlich lernen musste als blinder Mensch hat er zusätzlich gelernt. Dafür gibt es entsprechende Angebote und Möglichkeiten auch jenseits der Blindeninternate, schließlich erblinden auch noch Erwachsene, die Dinge wie die Orientierung im öffentlichen Raum auch lernen können müssen.

    Kleine Ergänzung: Wenn der Kommilitone umzieht in eine neue Stadt, müssen jedes Mal der Blindenhund und er „neu eingelernt“ werden, damit sie auch in der neuen Stadt die neuralgischen Stellen kennen an denen selbst der beste Blindenhund menschliche Unterstützung benötigt (in Freiburg gibt es da z.B. eine Kreuzung in der Innenstadt), das Verkehrsleitsystem kennen, etc. Das ist also etwas, was nicht einmalig in der Schule gemacht wird, sondern eine lebenslange Aufgabe.

    Halt dich doch einfach zur Abwechslung mal zurück, wenn du ersichtlich null Ahnung, nur viel tendenziell ableistische Meinung hast.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Wie sähe das konkret am Gymi aus bei SuS, die durch eine massive Einschränkung keinerlei Chance auf den gymnasialen Abschluss haben? Wie könnte das dann in der Oberstufe konkret weitergehen? Könnte das überhaupt? Wie würde das konkret im Gym-Setting stattfinden können? Inwieweit hätte ein(e) andere(r) SoS mit HS-Empfehlung nicht auch das gleiche Recht für den Besuch des Gym unter diesen Bedingungen?

    Ich bin überhaupt nicht im Gym-System drin, wir sind aber an der BBS in verschiedensten Schulformen mit einer extrem herterogenen Schülerschaft unterwegs. Da ist es für mich bspw. ein Erfolg, wenn ein(e) SoS einer Fachabi-Schulform nach 1/2 Jahren anstelle eines Abschlusses dann mit voller Überzeugung und Eignung in eine Ausbildung findet.

    Was meinst du mit: Die SuS haben durch die massiven Einschränkungen keine Chance auf einen Abschluss?

    Auf einem Gymnasium sieht es genauso so aus wie auf allen anderen Schulen. Die SuS haben die Möglichkeit, in der Klasse dabei zu sein - in der Klassengemeinschaft zu bleiben. Es ist egal, ob G8 oder G9: Die SuS bleiben so lange in der Klasse, bis die Schulpflicht endet.

  • Und bei Regelschülern geht es "nur um Vermittlung von Fachinhalten im Klassenraum"?

    Da sagen aber Schulgesetze, Bildungspläne etc. deutlich etwas anderes.

    Bei Regelschülern ist Orientierung im öffentlichen Raum kein explizites Lernziel. Es wird natürlich im Fachunterricht nicht an der Lebensrealität vorbei unterrichtet, Alltagsthemen wie die Bedeutung von Geld oder der öffentliche Behördenapparat vermittelt, aber du musst als Sonderpädagoge zugeben, dass dies anderen Parametern folgt als bei Kindern mit Förderschwerpunkt Sehen oder Hören, bei denen es darum geht, (wenn wir es mal wirklich auf die tauben und blinden Schüler beschränken. Ich weiß, dass es auch Schüler gibt, die diese Förderschwerpunkte haben, aber "nur" seheingeschränkt oder schwerhörig sind.), sich als blinder oder tauber Mensch in einer Gesellschaft, die schlichtweg darauf basiert, dass sie die Fähigkeit zu sehen und zu hören als Normalfall voraussetzt, überhaupt zurechtzufinden.

  • Maylin85 : Ich würde unterscheiden zwischen seheingeschränkten und wirklich blinden Schülern. Bei blinden Schülern geht es nicht nur um Vermittlung von Inhalten, sondern auch darum, zu lernen, sich möglichst selbstständig im öffentlichen Raum zu bewegen. Das kann ein Gymnasium gar nicht leisten oder könntest du mal eben 2 Stunden aus dem laufenden Unterricht ausgeplant werden, um dir einen blinden Schüler (m/w/d) zu schnappen und eine Tour durch die Stadt zu machen, um ihm oder ihr zu zeigen, wie man sich an stark befahrenen Straßen, auf der Suche nach öffentlichen Toiletten oder Behörden verhalten muss? Es geht bei dieser Schülerschaft ja nicht nur um Vermittlung von Fachinhalten im Klassenraum, mal plakativ formuliert.

    Wieso muss die Schule das vermitteln? Das gehört meines Erachtens in den Bereich von Eltern oder Sozialassistenten.

    Wenn ein Kind im 9. Schuljahr Inhalte erarbeitet, die Kinder mit durchschnittlicher Begabung im 3. Schuljahr erarbeiten, gilt doch dennoch ein Lehrplan, nämlich vermutlich der vom Förderschwerpunkt geistige Entwicklung. Ich kenne mich jetzt nicht mit diesem Förderschwerpunkt aus, würde aber vermuten, dass dieser nicht einfach nur Inhalte aus dem Curriculum für andere Schulformen streckt, sondern teilweise andere Schwerpunkte setzt, manche Themen streicht und dafür andere Themen hinzufügt, die bei Kindern mit anderer Fähigkeitsausprägung entweder keine Rolle spielen oder im Rahmen ihrer Entwicklung und Sozialisierung bereits unterbewusst erworben werden, ohne dass hier eine explizite Vermittlung im Unterricht notwendig ist.

    NRW hat keinen Lehrplan, meine ich. Unsere bayrische Sonderpädagogin fand das seinerzeit völlig verstörend, wie auch diverse andere Inklusionsrealitäten, und ist ganz fix wieder an eine bayrische Förderschule zurückgegangen.

  • Genauso so aus wie auf allen anderen Schulen. Die SuS haben die Möglichkeit, in der Klasse dabei zu sein - in der Klassengemeinschaft zu bleiben. Es ist egal, ob G8 oder G9: Die SuS bleiben so lange in der Klasse, bis die Schulpflicht endet.

    Äh, nein. In die Oberstufe unter G8 wurde bei uns keines der Kinder mitgenommen. Wie denn auch, da gibts Kurssystem und keine Klassen mehr.

  • Äh, nein. In die Oberstufe unter G8 wurde bei uns keines der Kinder mitgenommen. Wie denn auch, da gibts Kurssystem und keine Klassen mehr.

    Ist doch ok. Da gibt es bestimmt unterschiedliche Möglichkeiten.
    Was habt ihr denn gemacht oder würdet es machen?
    Von der Schule schmeißt ihr den Schüler oder die Schülerin wohl nicht.

  • CDL: Warum bist du der Meinung, dass Schule Orientierung im öffentlichen Raum nicht leisten können muss?

    Ich fände es schon gut, wenn mein blindes Kind, hätte ich eines, in der Schule lernt, wie man mit einem Blindenhund umgeht oder wie das mit der Kreuzung in der Innenstadt funktioniert. Eben die Beispiele, die du nanntest. Und klar gibt es keinen Anspruch darauf, dass Schule alle Möglichkeiten umfassend und abschließend vermittelt. Es geht um exemplarisches Vermitteln für die Zielgruppe wichtiger Kompetenzen, die ein Teilbereich lebenslangen Lernens sind, was natürlich auch für Schüler mit Förderbedarf gilt. Ich hätte dann in der Schule gelernt, wie ich mich in der Stadt Freiburg orientiere und müsste dann zu einem späteren Zeitpunkt auf Basis dieses Vorwissens (ggf. mit externer Unterstützung) lernen, wie ich mich in Reutlingen zurechtfinde.

  • Bei Regelschülern ist Orientierung im öffentlichen Raum kein explizites Lernziel. Es wird natürlich im Fachunterricht nicht an der Lebensrealität vorbei unterrichtet, Alltagsthemen wie die Bedeutung von Geld oder der öffentliche Behördenapparat vermittelt, aber du musst als Sonderpädagoge zugeben, dass dies anderen Parametern folgt als bei Kindern mit Förderschwerpunkt Sehen oder Hören, bei denen es darum geht, (wenn wir es mal wirklich auf die tauben und blinden Schüler beschränken. Ich weiß, dass es auch Schüler gibt, die diese Förderschwerpunkte haben, aber "nur" seheingeschränkt oder schwerhörig sind.), sich als blinder oder tauber Mensch in einer Gesellschaft, die schlichtweg darauf basiert, dass sie die Fähigkeit zu sehen und zu hören als Normalfall voraussetzt, überhaupt zurechtzufinden.

    Das Kind IST ein Regelschüler.
    Er macht dasselbe Abitur wie du und ich. Er wird Ingenieur oder Lehrer, Verwaltungsmitarbeiter oder Sportler.

    Bei mir im Sportverein ist ein vollständig erblindeter Sportler, er musste die ersten Male im Schwimmbad die Wege gut lernen, er kriegt hier und da auch Unterstützung aber er bewegt sich zum Bad alleine, zu den Umkleiden, Dusche und Becken grundsätzlich alleine.
    (Und ja, es nervte mich, wenn ich hinter ihm auf der Bahn war, weil er seine Bahnwechsel mit Pause an der Wand macht. Wir haben jetzt eine Lösung gefunden, dass er seine eigene "Drittelbahn" an der Wand hat und wir auf der selben Bahn parallel schwimmen und ggf. überholen. Nicht so oft, weil er sehr gut ist. Läuft den Marathon in knapp über 3:30, ein Volkstriathlon in knapp 1:15 (500m Schwimmen, 20km Rad, 5km Lauf. Und die Rad- und Laufbegleiter ziehen ihn nicht...)
    Man muss halt an Schrauben drehen, wir nicht Behinderten müssen Privilegien abgeben. Aber der junge Mann macht weitaus mehr als im Alltag die "Bedeutung des Behördenapparats" zu kennen. Förderschwepunkt GE ist nicht dasselbe wie Blind oder Taub.

  • CDL: Warum bist du der Meinung, dass Schule Orientierung im öffentlichen Raum nicht leisten können muss?

    Ich fände es schon gut, wenn mein blindes Kind, hätte ich eines, in der Schule lernt, wie man mit einem Blindenhund umgeht oder wie das mit der Kreuzung in der Innenstadt funktioniert. Eben die Beispiele, die du nanntest. Und klar gibt es keinen Anspruch darauf, dass Schule alle Möglichkeiten umfassend und abschließend vermittelt. Es geht um exemplarisches Vermitteln für die Zielgruppe wichtiger Kompetenzen, die ein Teilbereich lebenslangen Lernens sind, was natürlich auch für Schüler mit Förderbedarf gilt. Ich hätte dann in der Schule gelernt, wie ich mich in der Stadt Freiburg orientiere und müsste dann auf Basis dieses Vorwissens (ggf. mit externer Unterstützung) lernen, wie ich mich in Reutlingen zurechtfinde.

    das vermittelt (in einem kleinen (!) Teil der Stunden!) die Blindenschule, aber nicht die Regelschule.
    Dafür gibt es auch Assistenzprogramme, Schulungen von Krankenkassen und Selbsthilfevereinen, usw.

    Wenn ein Kind sich ein Bein bricht, ist die Schule nicht dafür zuständig, ihm das Laufen auf Krücken beizubringen, sondern die Klasse aus dem 2. Stock ins Erdgeschoss zu verlagern.
    Du bist doch sonst immer dafür, dass die Schule für den Unterricht zuständig ist und die Eltern (oder Andere) weitere Kompetenzen beibringen und ergänzen?!

  • Ist doch ok. Da gibt es bestimmt unterschiedliche Möglichkeiten.
    Was habt ihr denn gemacht oder würdet es machen?
    Von der Schule schmeißt ihr den Schüler oder die Schülerin wohl nicht.

    Die 8. Klasse wurde zweimal durchlaufen. Der Wechsel des sozialen Umfelds war für den einen oder anderen Betroffenen aber alles andere als einfach.

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