Wie wird bei Klausuren mit AI gespickt?

  • Puh, also ich halte die Schulpflicht ja durchaus für eine wichtige Errungenschaft unserer Gesellschaft.
    Eine "Auszeit", bei der Alternativen probiert werden können, kann sicherlich eine gute Ergänzung sein. Gleichzeitig muss man gerade in Deutschland, wo Bildungserfolg noch so extrem vom Elternhaus abhängt, enorm aufpassen, dass Schüler, die eigentlich viel Potential haben, von zu Hause nicht ermutigt werden, sich früh in einen Ausbildungsberuf "abschieben" (- das klingt viel negativer als ich Ausbildungen wirklich sehe, ich hoffe, ihr wisst, was ich im Kontext meine), lassen.

    Ganz zu schweigen davon, dass Betriebe auch wenig Bock auf "Totalverweigerer, Nullbockmenschen und Störer" haben dürften.

  • Die Frage ist "Was soll Schule vermitteln?". Frag 10 Leute, du wirst 10 Antworten bekommen!

    Die allgemeinbildende Schule geht zwischen 9 und 13 Jahre. Unsere Schüler (m/w/d) leben 80, 90, vielleicht 100 Jahre. So weit kann Schule gar nicht in die Zukunft schauen und zudem geht es darum, ein Fundament für jeden zu errichten, unabhängig davon, in welche Richtung sich der Einzelne später entwickelt.

    Meiner Meinung nach geht es darum, Schülern zeitlose Kulturtechniken und Inhalte zu vermitteln, sodass die Kinder und Jugendlichen im nächsten Schritt unter Unterstützung der Lehrkraft überlegen können, was diese wiederum im Hier und Jetzt für sie bedeuten.

    Wer weiß, ob wir in 5 Jahren von Chat GPT reden werden. Oder vom BSW. Oder von Billie Eilish. Trends sind schnelllebig. Wer das große Ganze verstanden hat, kann Trends entsprechend einordnen, ohne sich von diesen abhängig zu machen. Damit lässt sich auch begründen, warum unsere Schüler (m/w/d) auch mal was von Goethe oder Martin Luther gehört haben sollten und nicht nur von Squid Games und Greta Thunberg.

  • Ich bin mittlerweile an dem Punkt, dass es Lösungen für das Problem braucht, dass die Schulen voll sind mit Schülern, die eigentlich eher eine Behinderung für Lernwillige darstellen und die mit den Ressourcen, die ihnen im Bildungssystem kostenlos zugänglich gemacht werden, nicht angemessen umgehen. Das ist letztlich dem allgemeinen Bildungserfolg der gesamten Generation nicht sonderlich zuträglich.

    Ganz zu schweigen davon, dass Betriebe auch wenig Bock auf "Totalverweigerer, Nullbockmenschen und Störer" haben dürften.

    Verständlich. Wenn jemand sich auch dort nicht benimmt, ist die nächste Station halt Müllsammeln im Park oder am Bahnhof. Klappt das auch nicht, muss man eben wirklich mal ans Kindergeld.

  • Verständlich. Wenn jemand sich auch dort nicht benimmt, ist die nächste Station halt Müllsammeln im Park oder am Bahnhof. Klappt das auch nicht, muss man eben wirklich mal ans Kindergeld.

    Dazwischen steht erstmal die Belastung des Steuerzahlers durch Langzeitarbeitslose. Die Idee ist ja, dass das Geld, das dadurch geschluckt würde, besser in Bildung aufgehoben ist, um solche Problemfälle in der Schule doch sozialisiert zu bekommen, damit sie später selbst Steuern zahlen und unseren Wohlstand sichern.

  • Schon klar, die Frage ist aber, ob dieses Ziel nicht eventuell sogar besser erreicht werden könnte, wenn Schule zur besseren von zwei Optionen wird, statt zwangszubeschulen.

    Langzeitarbeitslosigkeit ließe sich möglicherweise auch verringern, wenn man Jugendarbeitslosigkeit gar nicht erst in dem Maße dulden würde, wie wir es tun.

  • Ich behaupte, der überwiegende Großteil von Schülerinnen und Schüler hat schon immer nur das Nötigste getan - wobei die Definition dessen, was das "Nötigste" ist, von den Umständen abhängen kann. [...] Ich will damit sagen: Die Schüler heute sind von der Persönlichkeit her gar nicht so anders als wir das damals waren. Sie haben halt jetzt mehr Möglichkeiten, sich das Leben einfacher zu machen und sich die Zeit zu vertreiben.

    Da würde ich gar nicht widersprechen. Was ich aber als neu wahrnehme: die Erwartungshaltung, dass das Nichtstun am Ende zumindest mit der Note Drei bewertet wird. Meine Generation hat sich über die Vier gefreut (bestanden!) und schlechtere Noten hingenommen (selbst verbockt, doof gelaufen). Ist aber nur anekdotische Evidenz.

  • Es ist leider in den letzten Jahren etwas in Mode gekommen, anzunehmen, dass Bildung gesellschaftliche Missverständnisse beheben oder präventiv verhindern könne. Damit wird leider der Einfluss von Schule über- und der Einfluss von Umfeld und innerer Einstellung unterschätzt.

    Den Vorschlag von Maylin85 finde ich gut, auch um dafür zu sorgen, dass Jugendliche, die völlig den Fokus im Leben verloren haben, endlich wieder aus ihrem wohlverstandsverwahrlosten Trott aufwachen.

  • Schule muss sich einfach mit verändern. Aber das sehe ich grad gar nicht. Stattdessen wird der Untergang des Abendlandes heraufbeschworen, weil die Kids ungern lernen. Und obwohl das bereits immer schon so war. Ich hab die Schule furchtbar gehasst und erst ab dem Alter von 18/19 Lust gehabt, mich mit lernen zu beschäftigen.

    Ein großes Problem von dem System Schule ist, dass der Großteil der Lehrkräfte selbst als Schüler darin gut zurecht gekommen ist und vielleicht sogar Spaß dabei hatte. Dieses Unverständnis dafür, dass es eben nicht für jeden so aussieht herrscht deswegen vor.

    Firelilly hat insofern Recht, als dass man vielleicht von der Schulpflicht hin zum Privileg des Schulbesuchs kommen müsste. Wer sich nicht angemessen verhält und kein angemessenes Arbeitsverhalten zeigt, könnte in ein praktisches Jahr oder dergleichen ausgelagert werden. Von da geht es entweder in Ausbildung oder, falls derjenige in dem Jahr seine Haltung überdenkt, zurück an die Schule. Allerdings angezählt und bei erneutem Fehlverhalten wars das. Finde ich als Gedankenspiel gar nicht so verkehrt.

    Ab der 6. Klasse hatte ich gar keine Lust mehr auf Schule. Also hätte ich dann mit 12-13 eine Ausbildung beginnen sollen? Wenn ich mich aber bei der Arbeitsmaßnahme "benehme" darf ich wieder in die Schule zurück. Jackpot für alle Jugendlichen. Ein 1a Mindset.

    Ich bin nur froh, dass ich auch andere Lehrkräfte kennen lernen durfte (sowohl in meinem Leben, als auch hier). Es gibt noch etwas Hoffnung.

  • WillG , danke für den Beitrag. Ich hab Ähnliches gedacht. Jugendliche sind so toll und verschieden und entwickeln sich in alle möglichen Richtungen, da muss weder das Leben der Amöbe im Vordergrund stehen, noch im Kopf gerechnet werden. Ich spreche Zahlenkolonnen inzwischen in die App ein, damit ich sie nicht mal mehr tippen muss :bete:

    Trotzdem braucht es ja einen Konsens darüber, was Jugendliche können und wissen sollen und auf irgend eine Weise muss man kontrollieren, ob sie es wissen und können. Oder?

    Und noch mehr gilt das für Unis, ich möchte auch künftig, dass meine Ärzt*innen wissen, was sie in die KI eingeben und wie das Ergebnis interpretieren müssen. Sich durchs Studium mogeln ist keine Option. Vielleicht braucht's mehr praktische Prüfungen? Die lassen sich halt nicht mit 27 SuS oder 90 Studierenden gleichzeitig durchführen.

  • 12/13 ist vielleicht etwas früh. Bis Ende Klasse 9 würde ich wohl auch an einer Schulpflicht festhalten, danach würde ich aber begrüßen, wenn es unterschiedliche Optionen gäbe.

    Die gibt es doch schon längst. Dass keine davon bedeutet, bereits als 15-jähriger einfach zu Hause herumsitzen zu können, begrüße ich allerdings.

  • Das begrüße ich auch, niemand soll zu Hause sitzen.

    Meines Wissens beinhaltet allerdings keine der Optionen, dass ich als Schule entscheiden kann, Schüler x aufgrund seiner destruktiven Haltung nicht mehr zu beschulen und (auch gegen seinen Willen) an eine andere Stelle zu verweisen.

  • 12/13 ist vielleicht etwas früh. Bis Ende Klasse 9 würde ich wohl auch an einer Schulpflicht festhalten, danach würde ich aber begrüßen, wenn es unterschiedliche Optionen gäbe.

    Also keine Änderung. Nach der 9. Klasse gehen doch einige in eine Ausbildung. Welche Optionen meinst du denn?

    Meines Wissens beinhaltet allerdings keine der Optionen, dass ich als Schule entscheiden kann, Schüler x aufgrund seiner destruktiven Haltung nicht mehr zu beschulen und (auch gegen seinen Willen) an eine andere Stelle zu verweisen.

    Schon verrückt, dass die Schule nicht vollständig entscheiden kann was Jugendliche machen sollen.

  • Eben das wäre der Unterschied. Schule nicht mehr als "Müssen", sondern als "Dürfen", wenn man sich an Spielregeln hält.

    Also doch keine Ausbildung. Du willst einfach für 15 jährige die Schulpflicht aufheben, aber nur wenn sie dafür arbeiten gehen. Wenn sie nicht arbeiten gehen oder sich bei der Arbeit gut benehmen dürfen sie wieder zur Schule?

    Verwirrendes Konzept, die Jugendlichen auf die sowas zukommen würde empfinden Schule nicht als Belohnung. Also wäre es eine Bestrafung, wenn sie sich auf der Arbeit benehmen würden.

  • Ist kein Konzept, sind ja nur spontane Gedankenfetzen 😊

    Ich würde es gut finden, wenn Schüler, die den Unterricht torpedieren oder stören, ab einem gewissen Alter konsequent der Schule verwiesen werden könnten. Natürlich können und sollen die nicht nichts machen, also müsste die Alternative ein Übergang in eine (wie auch immer geartete) Arbeitsmaßnahme sein. Von da aus könnte sich der weitere Weg dann in Rückkehr an die Schule oder Eintritt ins Arbeitsleben gabeln (grundsätzlich frei wählbar, aber die Option Schule kann man mit Fehlverhalten dann auch wiedef verwirken und ist dann endgültig raus). Die Option Berufseintritt/Ausbildung gibts dann meinetwegen auch nochmal in den zwei Varianten mit oder ohne Berufsschule (je nach Verhalten in der Schule).

    ...ist natürlich nix Ausgefeiltes jetzt, aber für die Qualität der Schulbildung wäre es sicher hilfreich, wenn es gelänge, sie irgendwie von der erzwungenen Selbstverständlichkeit zu einem Privileg umzuwidmen, das jedem kostenlos zugänglich ist, aber eben nur bei angemessenem Arbeitsverhalten.

  • Einige meiner SuS bereiten sich mit KI vor- wenn bestimmte Definitionen o.ä. drankommen, werden nicht die aus dem Schulbuch auswendig gelernt, sondern welche mit KI zuhause erstellt und auswendig gelernt. Die klingen dann noch hochtrabender, so dass ganz klar ist, woher das kommt.
    muss auch immer mehr Energie da reinstecken, dass SuS lernen (so richtig, mit Denken und so) und sich mit Inhalten auseinandersetzen. Ich empfinde Tablets im Unterricht mittlerweile als absolute Seuche.

    Ich habe in Bezug auf Klausuren eine gute Lösung gefunden. Ich entwerfe zur Klausur direkt einen Erwartungshorizont, den ich in Tabellenform anlege. Links die Inhalte, rechts ein freies Feld, in das ich Kommentare rein schreibe und Punkte vergebe. Ich korrigiere die Klausuren, schreibe aber nichts Inhaltliches rein (bis auf das Anmerken gravierender fachlicher Fehler natürlich), sondern korrigiere nur Rechtschreibung, Zeichensetzung, Stil etc.

    Die SuS bekommen dann ihre Klausur und eine Musterlösung blanko, also mit freiem rechten Feld, zurück und sollen sie dann durchgehen und korrigieren, wie ich das getan habe - also am Erwartungshorizont orientieren und dann herausfinden, was sie geschrieben haben und was fehlt. Sie sollen sich auch eigene Punkte geben. Im Einzelgespräch vergleichen wir dann unsere ausgefüllten Bögen und es ist ganz häufig so, dass die Schüler sich schlechter bewerten, als ich sie bewertet habe.

    Das mag jetzt für einige kompliziert klingen, aber es ist nicht mehr Aufwand als eine Klausur mit Erwartungshorizont (ausgefüllt) zurückzugeben. Der Vorteil: Man hat die Garantie, dass die SuS sich mit dem Thema beschäftigen. Merkt man, dass jemand das nicht getan hat, wird er zurückgeschickt und muss gründlicher „korrigieren“.

    Das Thema KI geht mir mittlerweile total auf die Nerven. Ich komme überhaupt nicht dazu, den Schülern Kompetenzen im Umgang mit zu vermitteln, weil die sie nur nutzen, um möglichst bequem über den Schulalltag zu kommen.

    Meine SuS werden ja zu ErzieherInnen ausgebildet, und dazu gehören auch Praxisbesuche, zu denen schriftliche Planungen verfasst werden müssen. Die werden mittlerweile oft mit KI verfasst, so dass eine Schule in der Nähe mittlerweile dazu übergangen ist, den schriftlichen Teil radikal zu kürzen und im Praxisbesuch zunächst ein 20-minütiges Gespräch zu führen, in dem die SuS darlegen müssen, was sie für Beobachtungen gemacht haben, wie sie sie ausgewertet haben, nach welchen Theorien sie vorgehen etc. Das Ganze ist dann auch ein Fachgespräch, da die KuK Rückfragen stellen. So hat man i.d.R. eine "ehrliche" Leistung.

    Ich gebe keine HA auf bzw. nur selten, und meine Fächer eigenen sich auch nicht allzu gut für den Einsatz von KI, so dass ich meist merke, wenn jemand sie verwendet. Viele SuS verwenden sie nicht, aber ich glaube, dass der Anteil steigt - ich merke es nur nicht mehr, weil die SuS immer raffinierter im prompten werden.

    Eine echt große Herausforderung dieser Zeit - ich habe manchmal das Gefühl, der Mensch will faul sein und verdummen. Bin gespannt, wie sich das weiter entwickelt.

  • Ich habe gerade darüber nachgedacht, ob man den SchülerInnen als Prüfungsaufgabe nicht einen Ausgangstext gibt, sie eine KI-Lösung finden sollen und im Anschluss für den AFB III diese Lösung auf ihre Stichhaltigkeit überprüfen sollen.

    Genau das wäre ja das Vermitteln von Kompetenzen im Umgang mit KI. Eigentlich müssten wir das und ähnliche Dinge tun.

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