Gen Z lässt sich nicht mehr so viel bieten. Schule sollte kein sozialer Fußabtreter mehr sein.

  • Einen wunderschönen guten Tag, werte Kolleginnen und Kollegen,

    auch ich sehe die Gen Z nicht ganz unkritisch. Mir zu viel mit Digitalgesimmse beschäftigt, Work-Life-Balance-Orientierung, weniger Resilienz, insgesamt andere Denke, Zweifel an der Allgemeinbildung...Als alter Weißer Mann sei mir das zugestanden, aber ich bin trotzdem der Meinung, dass der Arbeitsplatz Schule gerade für die jungen Lehrerinnen und Lehrer attraktiv genug sein sollte, wenn das Schulsystem nicht bald kollabieren soll.

    Ich sehe es in meinem Umfeld, dass es wesentlich häufiger als früher vorkommt, dass Referendare/Junglehrer ihren Job hinklatschen und dann ganz was anderes machen. Trauen sich einfach.

    Nun kann man, wenn man zum alteingesessenen Pädagogischen Establishment gehört, bei den Abbrechern mutmaßen mit z.B., können heute eh nichts mehr ab, werden wohl nicht geeignet sein, zu verwöhnt, haben eh keine Arbeitseinstellung, immer diese Work-Life-Balance...

    Zum Nachdenken hat mich der Ex Ceo Michael Stoermer gebracht, der die Alteingesessenen in ihren Betrieben zum Umdenken auffordert. Mit alter Denke und Autoritätsgehabe packt man die Gen Z nicht, auch nicht unbedingt mit mehr Geld. Die Gen Z möchte den Sinn hinter ihrer Arbeit sehen. Und sieht sie ihn nicht, kündigt sie innerlich sehr schnell und zeitversetzt bald äußerlich. Mit den Generationen früher nicht vergleichbar. Also, nicht nur Schule ist davon betroffen.

    Nun zurück zum Thema Schule (Stoermer ist ein Mann der Freien Wirtschaft): Von den jungen Abbrechern und (ernsthaften) innerlichen Kündigern, haben wir alten Hasen, zu denen sie Vertrauen haben/hatten, erfahren, dass es nicht daran läge, dass z.B. Schulleitung und Kolleginnen/Kollegen sch**** seien, oder ihnen die Mühe der Unterrichtsvorbereitungen/Korrekturen zu viel sei. Geld würde absolut kein Thema sein. Als Generallinie kam dabei heraus, dass sie sich nicht mehr den sozialen Konflikten in der Schulstube und mit den Eltern ausliefern möchten. Es wurde auch drastisch sinngemäß geäußert, dass sie keinen Sinn darin sähen, das Leben als sozialer Fußabtreter zu verbringen.

    Ob das alles so objektiv ist, wie es immer häufiger von jungen Menschen geäußert wird, sei mal dahingestellt. Aber, die subjektive Befindlichkeit sorgt nun mal dafür, dass der Lehrerberuf nicht gerade an Attraktivität gewonnen hat.

    Was ist nun eigentlich zu tun? Ich fürchte, dass immer mehr junge Menschen diesen Beruf erst gar nicht anstreben werden. Ich meine, es wird nicht mehr reichen, an den Schulen an Symptomen zu arbeiten, auch wenn die Maßnahmen in den Kollegien noch so engagiert entwickelt werden . Nein, es muss ein viel dickeres und härteres Brett gebohrt werden. Die Gesellschaft muss (!!) umkehren und endlich, bzw. deren Kinder, wieder schulfähig werden. Eine gesamtgesellschaftliche Debatte darüber ist jetzt mehr als geboten.

    Wie diskutiert Ihr darüber in Euren Schulen, mit Elternvertretern...? Oder bleibt Ihr beim Nachdenken über die Symptombeseitigung stecken? Eins ist mir klar, es kann und darf so nicht weitergehen!

    Oder sehe ich das alles völlig falsch? Also, Feuer frei!8)

  • Ich sehe es in meinem Umfeld, dass es wesentlich häufiger als früher vorkommt, dass Referendare/Junglehrer ihren Job hinklatschen und dann ganz was anderes machen. Trauen sich einfach.

    Die Abbruchquote im Referendariat ist nach wie vor sehr niedrig und ich sehe genau die der dbb keine Hinweise darauf, dass diese in den letzten Jahren signifikant zugenommen hätte.


    https://www.dbb.de/artikel/zahlen…erendariat.html

  • Die Abbruchquote im Referendariat ist nach wie vor sehr niedrig und ich sehe genau die der dbb keine Hinweise darauf, dass diese in den letzten Jahren signifikant zugenommen hätte.


    https://www.dbb.de/artikel/zahlen…erendariat.html

    https://www1.wdr.de/nachrichten/la…gungen-100.html

    https://www.news4teachers.de/2024/10/kultus…or-zehn-jahren/ 8)

  • Ich sage mal so: Jüngere Leute, unabhängig von der Generationenzugehörigkeit, haben noch mehr Lebensarbeitszeit vor sich und können es sich noch eher leisten, im Zweifelsfall umzusatteln, als wenn sie bereits 20 Jahre im Berufsleben sind und/oder private Verpflichtungen haben.

    Mit Mitte 40 sich noch einmal neu zu orientieren ist eine andere Herausforderung als mit Mitte 20.

    Und dennoch berichteten zuletzt viele junge Leute (insbesondere mit akademischem Hintergrund), dass sie sich mit dem Eintritt ins Berufsleben schwer tun, da die Arbeitgeber (m/w/d) hohe Erwartungen haben, die sie als Berufseinsteiger (noch) nicht erfüllen können. Und weil sie feststellen, dass der medial stark präsente Fachkräftemangel nicht branchenübergreifend, sondern auf einzelne Branchen (die "im Volksmund" mit vermeintlich schlechten Arbeitsbedingungen verbunden werden) beschränkt ist. Da der Lehrberuf innerhalb des öffentlichen Dienstes stattfindet, lassen sich die Erkenntnisse von Absolventen (m/w/d) mit Ziel einer Beschäftigung innerhalb der Privatwirtschaft nur bedingt hierauf anwenden.

    Grundsätzlich genießt der Lehrberuf bei jungen Menschen immer noch hohe Beliebtheit, aber es gibt zwei Punkte, die auch viele ältere Lehrkräfte am Beruf stören, die aber im Zweifel eher Mangels Alternativen ausharren:

    1. Schüler (m/w/d), die den Unterricht stören und

    2. Eltern (m/w/d), die meinen, es besser zu wissen als die ausgebildete Lehrkraft.

    Diese Punkte lassen sich erst dann entkräften, wenn konsequent (unter Unterstützung der Schulleitung und mit Rückendeckung des Kollegiums) gegen Unterrichtsstörungen vorgegangen wird, und wenn die Rechtsprechung wieder zulässt, dass pädagogische Entscheidungen innerhalb der Bildungsbiographie junger Menschen von pädagogischem Fachpersonal (nicht von den Eltern) entschieden und nur von den Eltern ausgeführt werden.

  • In Bayern ist es so, dass zunehmend Leute nach dem Ref ihr Einstellungsangebot ausschlagen. Von fast 1100 Absolventen am Gymnasium nahmen bei Volleinstellung nur 900 ihr Planstellenangebot an. Wäre früher undenkbar gewesen, dass man eine Planstelle ausschlägt.

    https://www.bllv.de/themen/weitere…stellungszahlen

    Machen bei uns auch einige, weil sie sonst sonstwo hinkämen, nicht da, wo sie soziale Beziehungen haben. Die lassen sich dann von Schulen privat anstellen.

  • In Bayern ist es so, dass zunehmend Leute nach dem Ref ihr Einstellungsangebot ausschlagen. Von fast 1200 Absolventen am Gymnasium nahmen bei Volleinstellung nur 900 ihr Planstellenangebot an. Wäre früher undenkbar gewesen, dass man eine Planstelle ausschlägt.

    https://www.bllv.de/themen/weitere…stellungszahlen

    Ich denke schon, dass sich ein weiterer Trend in diese Richtung abzeichnen wird. Und das Gymnasium ist ja eigentlich noch die beliebteste Schulart. Sind die Grundschulen davon nicht mehr betroffen?

    Ich denke auch, dass das mit zugenommenen sozialen Konflikten in den Schulen zusammenhängt, kombiniert mit dem kompromissloseren Anspruch der jungen Menschen an den Arbeitsplatz Schule.

    Man kann das alles runterreden, relativieren, beschönigen, aber die Situation/Zukunft für unsere Schulen wird es nicht verbessern. Und irgendwann ist es zu spät.8)

  • In beiden Quellen geht es darum, dass Lehrkräfte kündigen/um Entlassung bitten, nicht um Referendare, die das Referendariat abbrechen.

    Für NRW werden 700 Lehrkräften in 2024 und 930 Lehrkräften in 2023 genannt. NRW hat knapp 185.000 Lehrkräfte, es haben also in 2024 ca. 0,38 % gekündigt, in 2023 ein knappes halbes Prozent. Das lasse ich mal so stehen und jeder kann selbst bewerten, wie "dramatisch" diese Zahlen sind.

    Zitat

    Oder sehe ich das alles völlig falsch?

    Ja

  • Die Praktikanten, mit denen ich zuletzt zu tun hatte, haben völlig andere Fragen gestellt, als ich damals. Nichts zu pädagogischen und didaktischen Überlegungen, sondern wie viel Vorbereitungszeit steckte in der Stunde, wie lange dauerte die Korrektur des LK-Stapels, wie viele außerschulische Termine finden so statt, wie viel Mehraufwand bedeutet Inklusionn usw. usw. Das sind kluge Fragen und allen Fragenden war gemeinsam, dass sie unsicher sind, ob sie sich dem aussetzen wollen. Ich selbst rate - gefragt oder ungefragt - immer eindringlich von diesem Beruf und mehr noch dem Lehramtsstudium ab, da ich der Meinung bin, dass man Leute nicht guten Gewissens in diese Einbahnstraße rennen lassen kann.

    Das Kippen des Sozialverhaltens empfinde ich neben der Übergriffigkeit des Terminplans vieler Schulen auch als den größten abstoßenden Faktor. Daran ändern wir aber nichts aus der Schule heraus, sondern es bräuchte gesamtgesellschaftliches Umdenken.

  • In Bayern ist es so, dass zunehmend Leute nach dem Ref ihr Einstellungsangebot ausschlagen. Von fast 1100 Absolventen am Gymnasium nahmen bei Volleinstellung nur 900 ihr Planstellenangebot an. Wäre früher undenkbar gewesen, dass man eine Planstelle ausschlägt.

    https://www.bllv.de/themen/weitere…stellungszahlen

    Wenn man bedenkt wie unglaublich schwer eine Versetzung ist, finde ich das jetzt nicht so verwunderlich. Ich kenne viele KuK, die sehr unzufrieden mit ihrem Schulort sind und es wirklich schon seit Jahren versuchen versetzt zu werden und nichts geht, da überlegt man es sich eventuell dann doch zweimal ob man die erstbeste Planstelle annimmt.

    Zumal man heute je nach Schulform und Fächern es sich eben auch leisten kann etwas wählerisch zu sein. Was bringt die schönste Planstelle wenn man dafür irgendwo im Hinterland versauert oder ewig Lebenszeit fürs Pendeln opfert? Ich gehöre zu der wählerischen Fraktion, die das Einstellungsangebot nach dem Ref für die Planstelle nicht angenommen hat und rückblickend war das für mich absolut die richtige Entscheidung.

  • Ein Glück für dich, dass du das dann nicht mehr erleben musst. Weil sonst müsstest du dich ja echt aufregen!

    Meine Person oder ob ich mich dann darüber aufregen müsste, falls der Sensenmann mich vergisst, ist überhaupt nicht relevant. Ich mache mir trotzdem Sorgen um unser Bildungssystem und Zukunft unserer Gesellschaft. Beide sehe ich zur Zeit im freien Fall.

    Und ja, irgendwie hatte ich immer den richtigen Riecher. Ich habe es auch schon vor 10 Jahren gesehen, dass sich gesellschaftlich und politisch eine ganze Menge in unserem Land verändern würde. Hätte ich meine Befürchtungen damals hier geschrieben...Oh Jeh!

    ... aber es gibt zwei Punkte, die auch viele ältere Lehrkräfte am Beruf stören, die aber im Zweifel eher Mangels Alternativen ausharren:

    1. Schüler (m/w/d), die den Unterricht stören und

    2. Eltern (m/w/d), die meinen, es besser zu wissen als die ausgebildete Lehrkraft.

    Diese Punkte lassen sich erst dann entkräften, wenn konsequent (unter Unterstützung der Schulleitung und mit Rückendeckung des Kollegiums) gegen Unterrichtsstörungen vorgegangen wird, und wenn die Rechtsprechung wieder zulässt, dass pädagogische Entscheidungen innerhalb der Bildungsbiographie junger Menschen von pädagogischem Fachpersonal (nicht von den Eltern) entschieden und nur von den Eltern ausgeführt werden.

    Mein Reden! Aber, nur Rückendeckung durch SL und Kollegium wird nicht genügen. Es muss insgesamt eine gesellschaftliche Umkehr eingeleitet werden. Wir haben weder eine gesellschaftliche Klammer noch einen Erziehungskonsens. Natürlich auch schon schlimm genug, wenn letzterer nicht mal in den Lehrerkollegien herrscht.8)

  • Naja, was heißt beim Nachdenken stecken bleiben ?

    Die Probleme spielen sich da ab, wo die gesunde Lehrkraft nicht zuständig ist. Innerhalb unseres Zuständigkeitsbereichs können wir nur an den Symptomen herumdoktern, Lösungen müssten von weiter oben kommen und sind teilweise auch nicht sehr realistisch, wenn man das GG mag.

  • Ich selbst rate - gefragt oder ungefragt - immer eindringlich von diesem Beruf und mehr noch dem Lehramtsstudium ab, da ich der Meinung bin, dass man Leute nicht guten Gewissens in diese Einbahnstraße rennen lassen kann.

    Ich rate auch ausschließlich zu einem Fachstudium in meinen Fächern. Wer dann WIRKLICH Lehrer werden will, kann es ja immer noch tun. Umgekehrt ruiniert das Lehramtsstudium einem sämtliche Alternativen.

  • Genau das. Über Quer- oder Seiteneinstieg kommt eh jeder rein, der möchte, man wahrt aber Alternativen. Und man startet mit Stellengarantie an einer selbst ausgewählten Schule und deutlich besserem Verdienst. Das Lehramtsstudium macht objektiv null Sinn.


  • Die Probleme spielen sich da ab, wo die gesunde Lehrkraft nicht zuständig ist. Innerhalb unseres Zuständigkeitsbereichs können wir nur an den Symptomen herumdoktern, Lösungen müssten von weiter oben kommen und sind teilweise auch nicht sehr realistisch, wenn man das GG mag.

    Ich denke nicht, dass das GG ausgehebelt werden müsste, um ein paar Schalter umzulegen.

    Und ja, die maßgeblichen Politiker haben sich auch nicht gerade vor Wertschätzung gegenüber den Lehrern überschlagen. Damit fängt das ja schon an.8)

  • Ich rate auch ausschließlich zu einem Fachstudium in meinen Fächern. Wer dann WIRKLICH Lehrer werden will, kann es ja immer noch tun.

    Genau das. Über Quer- oder Seiteneinstieg kommt eh jeder rein, der möchte, man wahrt aber Alternativen.

    Mich stört hier gerade die einseitige Perspektive. Es wird der Aspekt Lehramtsstudium vs. Seiteneistieg nur "von oben" betrachtet. Wer wirklich Lehrer werden will und vor allem in den Klassen 1 bis 6 unterrichten möchte, sollte nicht unterschätzen, was an pädagogischer Arbeit geleistet werden muss. Und dafür kann ein entsprechendes Studium (+Ref), das nicht nur die reinen Unterrichtsfächer berücksichtigt, gute Grundlagen schaffen. (Nein, ich erzähle jetzt nicht "anekdotisch" von meinen Erfahrungen mit "Nichtpädagogen" im Unterricht...)

    Was die großen Probleme im Schulsystem und in unserer immer egoistischer denkenden Gesellschaft angeht: Die Lösungen dafür sind noch nicht da.

  • Mich stört hier gerade die einseitige Perspektive. Es wird der Aspekt Lehramtsstudium vs. Seiteneistieg nur "von oben" betrachtet. Wer wirklich Lehrer werden will und vor allem in den Klassen 1 bis 6 unterrichten möchte, sollte nicht unterschätzen, was an pädagogischer Arbeit geleistet werden muss. Und dafür kann ein entsprechendes Studium (+Ref), das nicht nur die reinen Unterrichtsfächer berücksichtigt, gute Grundlagen schaffen. (Nein, ich erzähle jetzt nicht "anekdotisch" von meinen Erfahrungen mit "Nichtpädagogen" im Unterricht...)

    Was die großen Probleme im Schulsystem und in unserer immer egoistischer denkenden Gesellschaft angeht: Die Lösungen dafür sind noch nicht da.

    Du hast pädagogisch gesehen vollkommen Recht, aber es ist auch legitim, wenn man als Berufsanfänger sich Gedanken darüber macht, dass man sich flexibel hält, falls man später nicht mehr in der Schule arbeiten möchte.

    Du hast auch damit Recht, dass unsere Gesellschaft egoistischer geworden ist. Nun ist dieser Egoismus bei der kommenden Lehrergeneration angekommen. Sie ist auch ein Produkt unserer Gesellschaft.8)

  • Ein bewusst geplanter Quereinstieg macht aber insofern keinen Sinn, weil es (mit Ausnahme von ein paar Fächerkombinationen im berufsbildenden Bereich) für die meisten Fächerkombinationen keinen bis geringen Bedarf im außerschulischen Bereich gibt. Das wäre genauso eine Einbahnstraße, nur aus der anderen Richtung aus betrachtet.

Werbung