"Kevin ist kein Name, sondern eine Diagnose"

  • Hej!


    Heute steht genau zu dieser Studie ein Artikel in der NWZ:


    http://www.nwzonline.de/index_…k_artikel.php?id=2107717&


    Und man kann auch auf der Homepage der Uni Oldenburg etwas zur Arbeitsstelle Kinderforschung lesen. Der Link wird in dem Zeitungsartilel genannt. Beim Überfliegen habe ich aber nichts Konkretes zum Thema gefunden oder ich bin einfach schon bettreif... :schlafen:


    http://www.kinderforschung.uni-oldenburg.de/


    Na klar, Astrid Kaiser wieder... Brrr, bei der hatte ich damals meine mündliche Prüfung in Sachunterricht gemacht... :shit:


    YB

    Never try to teach a pig to sing. It wastes your time and it annoys the pig.

    Einmal editiert, zuletzt von YorkshireBee ()

  • Mich würde mal die Meinung der Forums-Leute hier interessieren.


    Denkt ihr, dass Lehrer wirklich so vorurteilsbeladen sind? Legen wir tatsächlich Kinder, je nach Namen, in einer Schublade ab, aus der sie nicht mehr herauskommen?


    Ich bin einigermaßen erschüttert ob dieser Unterstellungen und bin eben, haltet mich für verrückt, meine alten Klassenlisten durchgegangen, wie die Kinder hießen, die in den letzten Jahren aus meinen 4.Klassen auf die Hauptschule gingen.


    Samuel, Christian, Jil, Julian, Martin, Marie, Leon, Nico, Holger, Lea, Anna, Konstantin, Katharina..


    Sorry, aber ich finde mich in dieser Studie nicht wieder. Und ich unterstelle den meisten Lehrern, die ihren Job ernst nehmen, dass sie doch nicht auf Namen achten, sondern sich die Kinder ansehen..


    Bin gerade etwas genervt, sorry und musste das loswerden..

  • Ich denke das Problem ist, dass niemand (zumindest hier) diese Studie so richtig ernst genommen hat und deswegen Antworten auf die Fragen kamen, die augenscheinlich erwartet wurden.

    Was du nicht kennst, das, meinst du, soll nicht gelten? Du meinst, daß Phantasie nicht wirklich sei? Aus ihr erwachsen künftige Welten: In dem, was wir erschaffen, sind wir frei. (Michael Ende)

    Einmal editiert, zuletzt von Steffchen79 ()

  • Ich bin zu müde, um die Studie jetzt zu lesen oder mich dem Inhaltsverzeichnis zu widmen. Falls das jemand schon getan hat, geht aus der Arbeit hervor, nach welchen Kriterien die 500 näher untersuchten Fragebogen ausgewählt wurden? Es wurden schließlich insgesamt 2000 Grundschullehrer (s. einführender Text der Startseite zum Arbeit) befragt bzw. äußerten sich online zum Thema.


    Fragende Grüße
    Raket-O-Katz

  • Wenn man in einer Erhebung gefragt wird,
    "Nennen Sie Namen, die bei Ihnen Assoziationen zu "Verhaltensauffälligkeit" hervorrufen!"
    was soll man dann auch schon eingeben? Um überhaupt irgendwas antworten zu können wählt man halt eines der klassischen Klischees, wie Kevin oder Jacqueline. Daraus aber gleich zu schließen, dass Kevins oder Jacquelines automatisch auch im Unterricht benachteiligt werden ist natürlich ein billiger Taschenspielertrick um mehr mediale Aufmerksamkeit zu erzeugen. Wenn man wirklich die Fragestellung schulischer Benachteiligung hätte untersuchen wollen, hätte man eine ganz andere Untersuchungsmethode gewählt, etwa indem man Abweichungen zwischen Intelligenzgrad und Schulerfolg abhängig von Zugehörigkeit zu bestimmten Namenskategorien untersucht hätte, was aber natürlich wesentlich anspruchsvoller gewesen wäre als einfach nach ein paar platten Allgemeinplätzen in einer Onlineumfrage zu fragen. (Ich persönlich neige sowieso dazu allem was mit „Onlineumfrage“ zu tun hat jeglichen ernsthaften wissenschaftlichen Anspruch abzusprechen)


    P.S.: Meine Kevins, Jacqueline und co. sind notentechnisch ziemlich gleichmäßig über das Spektrum verteilt.

  • Danke, Moebius, Du hast es wirklich auf den Punkt gebracht. Ich war momentan viel zu genervt, um es so klar ausdrücken. :handschlag:

  • Das ist eine Master-Studie, also ein wissenschaftliches Gesellenstück. Das ist kein Niveau, dass man nun in den Feuilletons sonderlich wichtig nehmen müsste.


    Nele

  • Zitat

    Original von Raket-O-Katz
    ..... geht aus der Arbeit hervor, nach welchen Kriterien die 500 näher untersuchten Fragebogen ausgewählt wurden? Es wurden schließlich insgesamt 2000 Grundschullehrer (s. einführender Text der Startseite zum Arbeit) befragt bzw. äußerten sich online zum Thema.


    Ich habe die Studie gerade auszugsweise gelesen. Es wurden nicht 2000 Grundschullehrer befragt, sondern es wurde eine online-Umfrage gemacht, bei der jeder, der davon erfahren hatte (zum Beispiel durch Einträge in Internetforen, die ganz sicher nicht nur von Lehrern gelesen werden) mitmachen konnte.


    Die Autorin geht selbst auf die meiner Meinung nach größte Schwachstelle ihrer Arbeit ein, indem sie erläutert, weshalb es sich bei der ausgewerteten Umfrage um keine repräsentative Stichprobe handelt.


    Zu den knapp 2000 Fragebogen: Das ist die Anzahl an online bearbeiteten Fragebogen. Davon wurden ca. 1500 nicht verwertet, weil sie unvollständig ausgefüllt waren oder von Personen stammten, die angegeben hatten, kein Grundschullehrer, sondern Referendar, Lehrer an einer anderen Schulform oder gar keine Lehrer zu sein.


    Übrig geblieben sind danach ca. 500 vollständig ausgefüllte online-Fragebogen von Personen, die sich als Grundschullehrer ausgegeben hatten. Und da liegt meiner Meinung nach eine weitere, aber von der Autorin nicht berücksichtigte Schwachstelle dieser Publikation: Die Verfasserin hat keine Möglichkeit zu überprüfen, ob die ausgewerteten Antworten tatsächlich von Grundschullehrern (oder überhaupt von Lehrern) stammen. Somit erübrigt sich meiner Meinung nach eine weitere Diskussion über diese "Studie".


    Zitat

    Original von Mikael


    Fällt eher in die Kategorie:


    "Studien, die die Welt nicht braucht."


    Stimmt.

  • Stella, bei deiner Aufzählung gingen doch viele Kinder mit pos. besetzten Namen (Katharina, Marie, schätze Konstantin auch eher) auf die HS, von daher bist du von dem Vorurteil wohl nicht befallen. :D


    Wenn ich ganz ehrlich bin, haben wir im Lehrerzimmer auch schon darüber diskutiert, dass meistens die Kevins, Justins, Chantals... schlimm sind (vom Verhalten her, aber auch oft dumm. Wenn man schön hört, wie die Eltern SChantal aussprechen :D).


    Aber dennoch denke ich, dass wir sie neutral beurteilen.
    Namenslisten werden eher nach Nachnamen sortiert, nicht nach Vornamen.


    Denke auch, dass die Studie ganz eindeutig mit dem Ziel verfasst wurde, so etwas herauszubekommen. WEr weiß, welche Fragebögen die Verfasserin nur verwertet hat? Die Aussage der Lehrerin glaube ich aber, das war ja ein prima Aufhänger und Bestätigung für das Vorurteil.

    Wir helfen einem Menschen mehr, wenn wir ihm ein günstiges Bild seiner selbst vorhalten, als wenn wir ihn unablässig mit seinen Fehlern konfrontieren.
    A. Camus

  • Jetzt lief ein Bericht auch auf N24. Hier ist schon Fakt, was die Studie ausdrücklich NICHT belegt, nämlich, dass Kinder mit "negativ besetzten" Namen schulisch benachteiligt werden.


    Astrid X, die Betreuerin, war mit einem kurzen O-Ton zu sehen und erklärte, wie sich bei Lehrern Vorurteile bilden. Man habe vielleicht, so meint sie, einmal ein schlechtes Kind, das "Kevin" heiße, und generalisiere dann.


    Das allein ist bereits Unsinn, denn offenbar geht es nicht um Einzelfälle, sondern um ein soziologisches Problem.


    Aber abgesehen davon: Frau Kube tut mir mit ihren Suggestivfragen und ihrer mangelnden Methodenkompetenz inzwischen fast ein wenig leid. Vielleicht wäre es doch besser gewesen, der Unsinn wäre medial nicht derart hochgekocht? Sonst bleibt ihr eigener Name vielleicht noch einmal negativ in Erinnerung, und dabei heißt sie gar nicht "Jaqueline" ;).


    Nachtrag:


    Jetzt noch dies:


    http://www.spiegel.de/schulspi…sen/0,1518,649736,00.html


    Interessant finde ich folgende Erläuterungen:


    Zitat

    Was mich bei der Studie allerdings überrascht hat, war die Deutlichkeit und die Schärfe, mit der die befragten Lehrer über bestimmte Namen urteilen


    Angesichts offenbar der Studie zugrundegelegter Fragen wie


    Zitat

    "Nennen Sie Namen, die bei Ihnen Assoziationen zu "Verhaltensauffälligkeit" hervorrufen!"


    ist das sicher total überraschend.

  • Zitat


    Original von unter uns


    Jetzt noch dies:


    http://www.spiegel.de/schulspiegel/wisse...,649736,00.html



    Besonders witzig an diesem Artikel finde ich das hier:


    Zitat

    SPIEGEL ONLINE: Welche Namen empfanden Sie als Höchststrafe, als Sie noch Lehrerin waren?


    Kaiser: Oliver war das damals in den siebziger Jahren. Olivers kamen aus Problemfamilien.


    Na sowas. Sollte die Dame etwa selbst Vorurteile gegenüber Schülern mit bestimmten Namen gehabt haben?



    Und man beachte auch das pikante Ende des Artikels:


  • :D :D:D :D :D


    Wie cool ist das denn. :D

    Ein Hund denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, sie müssen Götter sein!" Eine Katze denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, ich muss ein Gott sein!"

    • Offizieller Beitrag

    *lol*
    Hab ja meine Meinung schon in dem anderen Kevin-Thread dargelegt. Muss aber noch ergänzen, dass ich etwas enttäuscht von Frau Kaiser bin, die ich bisher als Koryphäe für den Sachunterricht kannte. Aber vielleicht ist die Gute einfach ein bisschen lange raus aus dem aktiven Schuldienst?

  • Ich gebe es zu. Ich habe Vorteile. Gegen Kevin. Desweiteren auch gegen Justin, Joey, Chantal(le), Jaquelin(e) und Sandy. Die sind mir alle in meiner kurzen Schulkarriere schon begegnet und haben diese Vorurteile bestätigt. Außerdem begegnen sie mir im Nachmittagsprogramm von RTL, RTL 2, Pro 7 Kabel 1 usw. Die dort auftretenden Träger solcher Namen bestätigen meine Vorurteile noch viel mehr. (Nunja, ich gucke das aber auch nur, wenn ich mal krank bin, vielleicht tauchen dort an anderen Tagen auch Hannas, Katharinas, Lukasse und Martins auf). (Btw, kennt ihr diese wundervolle Switch-Episode von "Raus aus den Schulden mit Peter Zwegat" mit der entzückenden Familie Mandy und ihrer Tochter Mandy Mandy?)


    Wogegen ich mich allerdings wehre ist, das uns Lehrern vorgeworfen wird, dass wir aufgrund dieser Vorurteile Kinder mit diesen Namen weniger fördern und schlechter bewerten. Frau Kaiser sollte professionell genug sein, zu wissen, dass man so etwas aus dieser statistisch zudem noch eher unglücklich aufgebauten und durchgeführten Studie nicht herauslesen kann und darf.


    Die "Kevin"-Vorurteile sind ja noch nichteinmal lehrerspezifisch sondern gesamtgesellschaftlich vorherrschend (Oder eben nur in Ober- und Mittelschicht). Denen kann man sich auch kaum entziehen.


    Einer der begabtesten Schüler meiner Klasse heisst übrigens Kevin. Und heute musste ich zu wiederholten Male einen Maximilian der Klasse verweisen, der sich unmöglich benimmt. Ich habe nicht gedacht "Es kann doch nicht sein, dass ein Kevin, der offensichtlich aus der Unterschicht kommen muss, so intelligent ist, ich muss sein Heft nochmal auf Fehler durchsuchen" Auch habe ich besseres zu tun, als mir zu überlegen warum der entzückende Maximilian, der ja wohl aus gutem Hause stammt, so durchdreht, er hatte wohl nur einen schlechten Tag.


    Denn ehrlich gesagt sind die Namen meiner Schüler mir relativ egal, solange sie klarkommen, sich benehmen und etwas leisten können. Wenn hier etwas nicht stimmt mache ich mir um Justin genausoviele Gedanken wie um Jakob und versuche beiden zu helfen.


    Das ich bei Jakob dann evtl. mehr erreiche, da seine Eltern in der Lage sind mit mir zusammenzuarbeiten während Justins Eltern nicht bereit sind, überhaupt mit mir zu sprechen, liegt nicht an meinen Vorurteilen sondern das habe ich real erlebt. Wäre es anders rum gewesen hätte mich das aber auch nicht sonderlich gewundert.


    Ich denke, dass jeder es amüsant bzw. interessant findet, wenn ein altbekanntes Klischee bestätigt wird und uns Lehrern geht es nicht anders. So werden sie gerne weitergegeben, die Geschichten von den verhaltensgestörten Kevins. Wenn man dann selber auf eben so ein Exemplar von einem Kevin trifft, blinkt natürlich irgendwo eine Lampe auf, die sagt: "Typisch, da haben wir ihn wieder". Aber bei einem lieben, lernwilligen und sozial begabten Kevin blinkt eben nicht im Umkehrschluss die Lampe "Moment, aber der müsste doch eigentlich ein ganz dummer übler Bursche sein".

  • Mein letzter Ex-Freund hieß Jakob und ein früherer guter Freund, der sich irgendwann als Nicht-Freund herauskristallisiert hat, Thomas.


    Ob ich nun fürchten muss, den beiden Kinder mit diesem Namen in meiner Klasse, vorurteilsbehaftet zu begegnen?


    Nachdenkliche Grüße

  • Zitat

    Original von webe


    Wenn man dann selber auf eben so ein Exemplar von einem Kevin trifft, blinkt natürlich irgendwo eine Lampe auf, die sagt: "Typisch, da haben wir ihn wieder". Aber bei einem lieben, lernwilligen und sozial begabten Kevin blinkt eben nicht im Umkehrschluss die Lampe "Moment, aber der müsste doch eigentlich ein ganz dummer übler Bursche sein".


    Ich finde, mehr muss zu dieser merkwürdigen Studie eigentlich überhaupt nicht gesagt werden.

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