Lehrkräfte mit 'subkulturellem' Erscheinungsbild?

  • Hallo an alle,


    heute hatte ich ein längeres Gespräch mit meiner zwanzigjährigen Schwester, die Lehrerin werden will und gerade ihr Studium begonnen hat. Sie ist schon seit Jahren passionierte Anhängerin der Gothic Szene und sieht auch dementsprechend aus: also ausschließlich schwarze Kleidung, schwarze Haare, schwarze Schminke, Silberschmuck, Piercings und Nieten. Ihre Frisur sieht dazu ziemlich punkig aus, seitlich rasiert usw. - ihr könnt euch das sicher vorstellen. Charakterlich ist sie eine sehr liebenswerte und besonnene Person, die gut in der Schule war und sicher auch das Studium gut bestehen wird. Sie mag Kinder und ist auch längst nicht so pessimistisch wie sie äußerlich erscheint.
    Da ich sie nicht sehr oft sehe, habe ich sie gefragt, ob sie denn ihr Outfit ablegen würde, wenn sie zum ersten Mal in einer Schule arbeiten müsse. Ihre Antwort: nein, das passt schon so. Schließlich leben wir ja in einem freien Land usw.


    Ich weiß es nicht, aber ich denke, das könnte schwierig werden für sie. Denn alle LehrerInnen, die ich bisher gesehen habe - sei es auf Fotos der Kollegien, in meiner Schulzeit oder bei meinen Vorstellungen in Schulen - sahen sehr normal aus, also im Erscheinungsbild immer zwischen unauffällig, sportlich und konservativ, würde ich sagen. Nicht einmal ein bedrucktes T-Shirt ist mir da je aufgefallen...


    Aber was sagt ihr dazu? Spielt das Erscheinungsbild bei der Einstellung eine große Rolle? Und noch wichtiger: SOLLTE eine Lehrkraft gewisse Kriterien in ihrem Erscheinungsbild beachten - oder ist das pädagogisch wirklich so irrelevant? Schließlich muss es doch einen Grund dafür geben, dass die meisten Lehrer sich in einem ähnlichen Stil kleiden.


    Ich persönlich würde nämlich sagen, dass eine gewisse äußere Unauffälligkeit oder Unentschlossenheit für den Lehrberuf förderlich ist. Dass man eine Gruppen-Identität pflegt und äußerlich demonstriert, halte ich nicht nur für weniger erwachsen, sondern auch für allzu privat und der Kommunikation im öffentlichen Zusammenhang nicht förderlich.


    Was meint ihr?

    • Offizieller Beitrag

    Im Referendariat hatten wir auch ein paar Leute mit gefärbten Haaren dabei, die sind auch alle eingestellt worden. Ich selbst laufe immer in Jeans und mit (fast immer) karierten Hemd rum, und habe auch mehrere Ohrringe, und bin auch so Oberstudienrat geworden. Ich werde zwar gelegentlich mit dem Schulhausverwalter verwechselt, aber damit kann ich leben ;)

  • Die Kleiderordnung hat sich im Lehrerberuf verändert. Heute ist es üblich , dass junge Kollegen gleich welchen Geschlechts
    zumindest in der Grundschule in Hosen auftauchen. Dennoch - da stimme ich dir zu - sehen sie doch alle irgendwie genormt
    und adrett aus.
    Da 'schwarz' aber auch sehr in Mode gekommen ist, könnte es sein, dass deine Schwester dazwischen nicht allzusehr auffällt.
    Falls irgendjemandem ihre Art sich schwarz zu kleiden zu bunt vorkommt, wird sie es spätestens im Referendariat erfahren.
    Sie muss möglicherweise Gothic etwas flacher spielen, wenn sie sich auf die berufliche Sozialisation als Lehrerin einlassen möchte.


    Monika :)

    Die Disziplin des Lernens unterscheidet sich von der Disziplin der Schule.

  • SOLLTE eine Lehrkraft gewisse Kriterien in ihrem Erscheinungsbild beachten - oder ist das pädagogisch wirklich so irrelevant? Schließlich muss es doch einen Grund dafür geben, dass die meisten Lehrer sich in einem ähnlichen Stil kleiden.

    Diese Frage würde ich folgendermaßen beantworten:


    Es ist pädagogisch sogar RELEVANT, wenn sich Lehrer auffälliger/anders als gewöhnlich anziehen.
    Warum? Auch in der Schule muss vermittelt werden, dass Andersdenkende und -aussehende toleriert und respektiert werden müssen - da kann man als Lehrer mit gutem Beispiel vorangehen. Vor allem ist meines Erachtens aber auch die Authentizität von großer Bedeutung - sich zu verstellen, auch kleidungsmäßig, bringt da nicht viel.


    Im Übrigen, was ist, wenn man sich für die Schule komplett anders als für andere Anlässe anzieht? Spätestens dann, wenn dich die Schüler einkaufen sehen, mit Gruftyklamotten und Punkfrisur, wird es richtig seltsam...


    Ich hatte auch Bedenken wegen meiner Frisur (die Jugendliche leichtsinnig als Emofrisur bezeichnen würden, was ich aber nicht so sehe... ), aber das war überhaupt kein Problem, im Gegenteil. Die Schüler sind begeistert, aber nicht nur die, auch die Kollegen haben mir viele Komplimente gemacht. Ist doch nett... 8)

  • naja, also jeans und karohemd ist schon was anderes als ein praller gothic-look. ich hatte in meinem studium auch einen gothic-typen dabei, der deutschlehrer werden wollte (mittlerweile vielleicht schon ist), er hat auch im winter die schuhe weggelassen, naja. auf jeden fall hat der auch noch kontakt zu seiner alten schule gepflegt und dort entsprechend auch schon im studium ausgeholfen, das ging wohl. was natürlich bei so einem aussehen nie verkehrt ist, ist ein top-examen, damit kann man unangenehme unterstellungen gleich entspannt aushebeln.
    Ich kann weiterhin Josh nur zustimmen, authentizität ist wichtig, und wenn sie sich in ihrem outfit wohlfühlt, dann ist das doch ok. im übrigen glaube ich auch nicht, wenn sie wirklich nett ist, dass ihr daraus ein strick gedreht wird, nach einer gewissen zeit sehen die leute da doch sowieso über kleidung hinweg - da hat man ja auch einfach keine zeit zu und dafür ist es auch zu uninteressant, aber ich bin auch ein kerl ;)


    und ob das wirklich ein problem ist, wird sie dann auch früh im praktikum sehen...

    • Offizieller Beitrag

    Ich bin der Gothicschiene "entwachsen" (mit zwei Kindern wendet Frau auch nicht mehr so viel Energien auf das Styling auf), trage aber nach wie vor schwarz, das ein oder andere (aber in der Tat eher neutralere) Bandshirt und Wackenbändchen inklusive. Stört niemanden. Im Ref habe ich drauf geachtet, ab und an farbige Tshirts dazwischen zu schieben. Wäre aber nicht nötig gewesen. Aber ich kann nur für meine Schulen und Ausbilder sprechen.

  • Bandshirt und Wackenbändchen inklusive.


    Du könntest von mir sprechen. :D


    Ich laufe beruflich wie privat meist in schwarzer Kleidung herum, habe schwarz gefärbte Haare und schon ne Menge an Wacken-Bändchen. Im Ref waren die Haare rot, also wirklich feuerrot, kurz und sehr punkig gestylt, später hatte ich dann das, was eben so landläufig als "Emo-Frisur" bezeichnet wird (Pony extrem kang, asymmetrisch, hinten stachelig, schwarz). Und ja, ich trage auch nen Nietengürtel. Beschwert hat sich noch niemand. Die Kollegen finden es eher merkwürdig, wenn ich mal ein farbiges Shirt trage. Ich finde, es kommt auf ein gepflegtes Äußeres an und darauf, ob man zu dem steht, was man verkörpert. Gibt's da nicht den Schulleiter, der ein Punk ist? Also, deine Schwester darf und kann ruhig so herum laufen, wie sie es für gut gefindet. 8)

  • Ich persönlich finde, es kommt vor allem auf ein sauberes und gepflegtes Erscheinungsbild an, sprich saubere Kleidung und den Eindruck, dass man geduscht ist, egal ob die gewaschenen Haare blond, knallrot, schwarz oder gestreift sind.


    Ein gepflegter Gothic-Look kann sehr attraktiv wirken, mich stören eher die "Jogginghosen- und bekleckerte Sweatshirt-Typen", die nicht mal Sportlehrer sind.


    Deine Schwester kann ja vielleicht für den Schulalltag im Styling einen Gang runterfahren, ohne ihren Stil zu ändern.

  • In unserem Kollegium würden wir einen Kollegen, außer zu Karneval, in Gothic-Look nicht wünschen wollen, da wir der Meinung sind, dass wir unseren Schülern auch äußerlich als Vorbild dienen sollten und uns von der immer fragwürdigeren Subkultur-Optik bewusst abgrenzen möchten. Außerdem sind wir Lehrer erwachsen und sollten auch so vor unseren Schülern erscheinen !


    Ich persönlich mag auch diese ganze Gothic-Szene nicht. 8)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

    • Offizieller Beitrag

    *Elternschrecks Monokel und Goldrandbrille mit Pflastern bekleb* So besser?

  • Es ist pädagogisch sogar RELEVANT, wenn sich Lehrer auffälliger/anders als gewöhnlich anziehen.
    Warum? Auch in der Schule muss vermittelt werden, dass Andersdenkende und -aussehende toleriert und respektiert werden müssen - da kann man als Lehrer mit gutem Beispiel vorangehen. Vor allem ist meines Erachtens aber auch die Authentizität von großer Bedeutung - sich zu verstellen, auch kleidungsmäßig, bringt da nicht viel.


    Im Übrigen, was ist, wenn man sich für die Schule komplett anders als für andere Anlässe anzieht? Spätestens dann, wenn dich die Schüler einkaufen sehen, mit Gruftyklamotten und Punkfrisur, wird es richtig seltsam...

    Zum ersten Punkt: ja!
    Zum zweiten: na, dann merken die Schüler, dass man sich je nach Umfeld verschieden kleidet. Das dürfen die da auch schon lernen.


    Insgesamt: Sorgen verfrüht, erst einmal abwarten. Wi rhaben eine Gothic-Kollegin, einschlägige Bands, Totenkopfsilberschmuck, Kleidung ganz in schwarz; allerdings nicht auffälliug geschminkt. Ist weder ein Problem noch irgendwie Thema.


    Als alter Fantasy-Rollenspieler (Call of Cthulhu) und Sandman-Comic-Leser (mit Death als Gothic-Patin), kann ich dir sagen, Elternschreck: die tun nichts und sind eigentlich ganz nett.


    Ansonsten bilden Lehrer schon selber eine Subkultur. Karierte Hemden oder Sakko mit Ellenbogenschoner und so...

    Seit 2004 unter dem gleichen Namen im Forum, weitgehend ohne ad hominem.

  • an meiner alten schule hatte ich eine kollegin die auch nur schwarz getragen hat und knallrot(pink) gefärbte haare hatte.
    auch ein piercing war mit dabei.
    hat keine gestört.. ich finds völlig i.o.

  • Ich würde mal sagen, man sollte sich mit Extremen zurückhalten. Man kann seinen Stil ausleben, sollte aber vielleicht darüber nachdenken, dass manche Kleidungsstile für die Jugendlichen eine Methode sind, sich von den Erwachsenen abzuheben. Vor allem Eltern, aber wenn man einen Protest-Goth (oder welchen Kleidungsstil man selbst auch immer pflegt) vor sich sitzen hat, was soll das arme Kind denn noch machen, um hip und anders zu sein? Nackt rumlaufen? nicht bei diesem Wetter! ;)

    Quiet brain, or I'll stab you with a Q-Tip!

  • Also, ich muß schon sagen, ich bin ehrlich verblüfft, wieviele Goths den Weg ins Lehrerzimmer gefunden haben. :D


    Das beruhigt mich enorm. Vielleicht habe ich einfach immer noch nicht genug Schulen von innen gesehen.


    Ich hoffe und denke auch nach euren Beiträgen, sie wird keine Schwierigkeiten bekommen - auch wenn sie eher nicht zu den "attraktiven" Exemplaren gehört, sondern schon eher so der Lisbeth-Salander-Typ ist (äußerlich!).


    Elternschreck: Nicht alle Jugend- oder Subkulturen sind fragwürdig. Zur Gothic Szene gehören ja auch größtenteils Erwachsene inzwischen. Ich habe viele Leute aus dieser Szene gekannt, und fast alle von ihnen waren angenehme, oft sogar sensiblere und gebildetere Zeitgenossen und ihre "Dunkelheit" nicht mehr als ein Zeichen für ausgeprägte Ästhetik und Phantasie.


    Danke für die vielen Antworten.

  • auch wenn sie eher nicht zu den "attraktiven" Exemplaren gehört, sondern schon eher so der Lisbeth-Salander-Typ ist (äußerlich!).


    Lisbeth Salander ist natürlich hart. Ich als Schüler wäre geschockt gewesen, denke ich, aber ich bin ja mehr so der Establishment-Typ. Sie wird es schon merken. Größtest Problem im Ref sind meistens eher komische Ansichten. (Mit SuS über die besten Methoden sprechen, Selbstmord zu begehen... Ja, da habe ich ein Beispiel vor Augen... Der wird vermutlich auch den 2. Anlauf nicht schaffen.)

    Quiet brain, or I'll stab you with a Q-Tip!

    • Offizieller Beitrag


    Du könntest von mir sprechen. :D


    Ich laufe beruflich wie privat meist in schwarzer Kleidung herum, habe schwarz gefärbte Haare und schon ne Menge an Wacken-Bändchen.


    :D Immer nur das aktuelle, für 14 ist mein Arm zu kurz... und man möchte ja nicht mit Wolle Petry verwechselt werden ;)

  • In unserem Kollegium würden wir einen Kollegen, außer zu Karneval, in Gothic-Look nicht wünschen wollen, da wir der Meinung sind, dass wir unseren Schülern auch äußerlich als Vorbild dienen sollten und uns von der immer fragwürdigeren Subkultur-Optik bewusst abgrenzen möchten. Außerdem sind wir Lehrer erwachsen und sollten auch so vor unseren Schülern erscheinen !


    Ich persönlich mag auch diese ganze Gothic-Szene nicht.


    Joa, passt schon, Elternschreck. Wir leben ja in einem freien Land. Da gibt's Metalheads, Gothics und Nerds... an wen ich da wohl denke... :whistling:
    Nimm's mir nicht übel, aber ich gewinne den Eindruck, dass du den Großteil deiner Beiträge ironisch meinst. :D Wie Elternschreck wohl in echt aussieht?

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