Deutsche Studie: Kleinere Klassen führen zu besseren Schülerleistungen

    • Offizieller Beitrag

    Ich betrachte die Hattie-Studie nicht als widerlegt.

    Ich auch nicht, man muss allerdings beachten, dass Hattie sich ja auf Basis angelsächsischer Schulsysteme bewegt und dort ja in der Regel mit zunehmender Schülerzahl nicht wie hier auch der Verwaltungsaufwand steigt.

    • Offizieller Beitrag

    Mir persönlich ist der durch Studien belegte oder nicht belegte Lernerfolg bei der ganzen Debatte um kleinere Klassen ja ehrlich gesagt nachrangig.


    Kleinere Klassen = weniger Korrekturen, weniger (dafür ggf. ausführlichere, häufigere, individuellere) Beratungen, weniger Administrationshandlungen, weniger Fragen=mehr Zeit für ausführliche, individuellere Auskünfte, weniger Schüler mit höchst heterogenen Bedingungen = mehr Möglichkeiten, diese zu berücksichtigen, weniger Kopien, weniger Noten, weniger Anschreiben, weniger Abiturgutachten, weniger, dafür ggf. ausführlichere Elterngespräche - usw, usf. Kurz: weniger Arbeit, damit, zumindest bei mir: bessere Arbeit.
    Höhere Arbeitszufriedenheit und weniger Hektik bei mir = erwiesenermaßen gut für mich. Damit ist mir der Korrelationskoeffizient Klassengröße/Lernerfolg dann auch völlig wumpe. ICH bin in kleineren Gruppen besser. Reicht. Und, noch viel wichtiger: mir GEHT es besser, wenn ich so arbeiten kann, wie ich will.
    Und ich hatte schon Tutorenkurse mit 27 und solche mit 17 Leuten. Kenne den Unterschied.
    (Kenne übrigens keinen Lehrer, bei dem das anders ist. Kenne viele Lehrer. Kenne außerdem kein Elternteil und auch keinen Schüler, der es anders sieht. Kenne auch davon viele. Reicht mir erst recht.. :) ).


    Und überhaupt. Manchmal reicht einfach auch der gesunde Menschenverstand/Augenschein.


    Und damit kann Hattie mich ( in diesem Punkt zumindest) mal.

  • Der gesunde Menschenverstand hat dazu geführt, dass deutsche Kinderärzte viele Jahre lang empfohlen haben, dass Babys auf dem Bauch schlafen, weil es doch direkt einsichtig sei,wie hilfreich dass wäre, falls die Babys sich nachts erbrechen. Der gesunde Menschenverstand hat allein in Deutschland hochrechnungsweise 20.000 Babys allein durch diese Empfehlung umgebracht, bis dann irgendwer empirisch nachgeschaut hat, welche Schlafposition für Babys die sicherste sei. Fuck common sense...

    If you look for the light, you can often find it.
    But if you look for the dark that is all you will ever see.

  • Lernt man im Germanistikstudium eigentlich Argumentationstheorie? :)
    Du kannst ja gerne argumentieren, dass kleinere Klassen zu höherer Lehrergesundheit, mehr Arbeitszufriedenheit und weniger Arbeitsbelastung beim Lehrer führen. Es geht aber in dem Thread um den Lernerfolg der durch kleinere Klassen besser were, d.h. entweder argumentierst du hart am Thema vorbei (dann sehe auch ich keinen sinnvollen Zusammenhang) oder...der Zusammenhang ist augenscheinlich vorhanden. Und dass letzte Mal, als es mich interessiert hat, war das wichtigste Ziel der Schule, dass die Schüler etwas lernen, nicht dass die Lehrer zufrieden, gesund und unbelastet sind. ;)

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  • dass die Schüler etwas lernen, nicht dass die Lehrer zufrieden, gesund und unbelastet sind.

    Schon mal überlegt, dass es da einen Zusammenhang geben könnte?
    (und ich meine jetzt nicht den Zusammenhang: gesunde Lehrer=weniger Unterrichtsausfall)


    Ich brauche übrigends auch keine Studie um zumindest für die Grundschule sagen zu können: jeder Schüler mehr oder weniger macht einen Unterschied. Ich sehe das immer sehr deutlich, wenn mal ein kleiner Teil meiner Schüler nicht da ist (wegen krank oder Sportveranstaltung oder sonstwas). Es ist sofort merklich ruhiger, wir sitzen nicht so dicht aufeinander, die Luft ist besser, alle (ich auch!) arbeiten deutlich konzentrierter, der Redeanteil pro Kind steigt und vor allem: ich kann ganz anders auf die Schüler eingehen! Endlich mal Zeit ein paar Minuten länger neben dem DAZ-Kind zu sitzen oder dem Kind mit LRS oder sonst einem der vielfältigen Förderbedarfe, die sich in einer durchschnittlichen Grundschulklasseso sammeln (und auch die fitten Kinder freuen sich, wenn sie mal nicht untergehen...). Und das ist dann nur der Effekt, der sich sofort an dem jeweiligen Tag im Unterricht einstellt. Ich bin mir absolut sicher, dass sich das langfristig auf die Lernerfolge meiner Schüler auswirken würde. Und da ist noch gar nicht mit dabei, welchen Effekt das auf (differenzierte) Unterrichtsvorbereitung, Förderplanung, Elternarbeit etc. hätte. Also ich bin in diesem Fall auch ein großer Fan von "gesundem" Menschenverstand. Zumal man hier im Gegensatz zu dem albernen "Schlafpositionen"-Beispiel mit Sicherheit eines sagen kann: zu Schaden kommt in kleineren Klassen mit Sicherheit kein Schüler.

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

    Einmal editiert, zuletzt von icke ()

  • Das ganze ist aber eine Frage des Geldes. Was kostet es das Land, wenn man formative Selbstevaluation für alle Schüler einführt? Fast nix (von Kopierkosten abgesehen) und es bringt eine Menge. Was kostet es das Land die Klassenstärke um 20% zu reduzieren? Verdammt viel Geld (Personalkosten sind fast immer der größte Posten und die Klassen brauchen auch irgendwo Räumlichkeiten) und es bringt fast gar nix (selbst nach der im Eingangsposting verlinkten Studie). Mal ganz davon abgesehen, dass wir dafür aktuell auch gar nicht die Kollegen haben. ;)

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  • das darf aber keine "Frage des Geldes" sein.
    Wenn mehr Geld für die Bildung notwendig ist (wieso "wenn" - das wissen wir doch schon lange), dann muss das eben bereitgestellt werden.


    Und - natürlich können sich (weniger gestresste) Lehrer in kleinere Klassen besser und individueller um SuS kümmern. Das führt dann konsequenterweise zu mehr Lernerfolg und auch ggf mehr Lernpensum in weniger Zeit. Dazu braucht man wirklich keine Studie.


    Natürlich kostet das Geld.
    Aber besser Geld als Nerven, oder?

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Des gilt insbesondere für Forschung, denn nicht alles lässt sich wirklich astrein operationalisieren. In so einem hochkomplexen Bereich wie Schule bringt der allgemeine Menschenverstand meiner Meinung nach mehr als die meiste Forschung.

  • Schon mal überlegt, dass es da einen Zusammenhang geben könnte?(und ich meine jetzt nicht den Zusammenhang: gesunde Lehrer=weniger Unterrichtsausfall)


    Ich brauche übrigends auch keine Studie um zumindest für die Grundschule sagen zu können: jeder Schüler mehr oder weniger macht einen Unterschied. Ich sehe das immer sehr deutlich, wenn mal ein kleiner Teil meiner Schüler nicht da ist (wegen krank oder Sportveranstaltung oder sonstwas). Es ist sofort merklich ruhiger, wir sitzen nicht so dicht aufeinander, die Luft ist besser, alle (ich auch!) arbeiten deutlich konzentrierter, der Redeanteil pro Kind steigt und vor allem: ich kann ganz anders auf die Schüler eingehen! Endlich mal Zeit ein paar Minuten länger neben dem DAZ-Kind zu sitzen oder dem Kind mit LRS oder sonst einem der vielfältigen Förderbedarfe, die sich in einer durchschnittlichen Grundschulklasseso sammeln (und auch die fitten Kinder freuen sich, wenn sie mal nicht untergehen...). Und das ist dann nur der Effekt, der sich sofort an dem jeweiligen Tag im Unterricht einstellt. Ich bin mir absolut sicher, dass sich das langfristig auf die Lernerfolge meiner Schüler auswirken würde. Und da ist noch gar nicht mit dabei, welchen Effekt das auf (differenzierte) Unterrichtsvorbereitung, Förderplanung, Elternarbeit etc. hätte. Also ich bin in diesem Fall auch ein großer Fan von "gesundem" Menschenverstand. Zumal man hier im Gegensatz zu dem albernen "Schlafpositionen"-Beispiel in mit Sicherheit eines sagen kann: zu Schaden kommt in kleineren Klassen mit Sicherheit kein Schüler.

    Kann ich Icke nur vollkommen zustimmen. Während der Grippewelle hatte ich an einem Tag nur noch 12 Schüler, sonst 22. Es war ganz anders in der Klasse. Ein Kind kam zu mir und fragte mich, ob das nicht so bleiben könne, es wäre viel ruhiger. Damit meinte es nicht den Lärm an sich, sondern diesen Geräuschspegel, der bei 22 Kindern einfach immer herrscht. Es war absolut entspannter, für die Kinder und auch für mich.

    Ich bin Grundschullehrer, ich muss nicht die Welt retten!!!

  • Was kostet es das Land die Klassenstärke um 20% zu reduzieren? Verdammt viel Geld

    Ja was denn nun?
    Findest du kleinere Klassen jetzt doof, weil sie deiner Ansicht nach keinen nachweisbaren (oder auch nur: bisher nicht ordentlich nachgewiesenen) Nutzen haben oder weil sie zu teuer sind?


    Dass das ganz eine Frage des Geldes ist, ist ja nun wohl keine neue Erkenntnis. Darum geht es hier aber gerade gar nicht.

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

  • Was kostet es das Land die Klassenstärke um 20% zu reduzieren?

    Ach komm. In diesem Land wird für jeden Sch... Geld aus dem Fenster hinausgeworfen. Seien es niemals fertig werdende Flughäfen, Bahnhöfe, die keiner braucht, Subventionen für die arme, leidende Automobilindustrie (die nebenbei Rekordboni und -dividenden an ihre Mitarbeiter und Aktionäre ausschüttet), oder, was alles toppt, hunderte Milliarden Euro für Bankenrettungen.


    Nur wenn's um Bildung geht, regieren die schwarzen Nullen.


    Dass man kein Geld für kleinere Klassenstärken ausgeben will, liegt nicht an sprudelnden Rekordsteuereinnahmen (auch bei den Bundesländern wohlgemerkt) und auch nicht an Hattie, sondern schlicht und einfach daran, dass Schüler keine Wähler sind. So einfacht geht Demokratie!


    Gruß !

  • Schüler sind (bis auf Oberstufenschüler) keine Wähler, Eltern und Lehrer hingegen schon. Und da finde ich es nicht so verkehrt, bevor ich mein Kreuzchen auf dem Wahlzettel mache, mich noch einmal kurz nach der Bildungspolitik der jeweiligen Parteien zu erkundigen. Ist ja auch nicht ganz irrelevant, ob Partei A jetzt z.B. verspricht, die Klassenstärke auf 20 beschränken oder sie bei 32 lässt - weil die Schüler laut XY-Studie in größeren Lerngruppen besser lernen könnten oder so ;) !

    Einmal editiert, zuletzt von Lindbergh ()

  • ...das Problem ist... die (große Masse derer) haben auch in 32er (oder schlimmeren) Klassengrößen gesessen, dementsprechend (größtenteils) nix gelernt und wählen (mangels Denkens) immer noch CDU (oder schlimmeres).

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
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    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • Beeindruckende Grafik...


    Aber im Ernst: Es gibt ca. 600.000 Vollzeitstellen für Lehrkräfte in Deutschland. Setzen wir einmal 60.000 Euro pro Jahr Vollzeitstelle an (inkl. Pensionslasten und Beihilfe). Das sind 36 Milliarden Euro pro Jahr. 20% mehr Lehrkräfte sind also ca. 7 Milliarden Euro pro Jahr. Bei einem gesamtstaatlichen Haushalt von 1300 Milliarden Euro pro Jahr ist das ein halbes Prozent. Das würde nicht einmal reichen um die Bildungsausgaben auf den OECD-Durchschnitt zu bringen. Da liegt Deutschland nämlich ca. 1 Prozentpunkt des BIP (also ca. 30 Milliarden Euro pro Jahr) unter dem Durchschnitt.


    Zudem: Mit einmal "Bankenrettung" könnte man diese Mehrausgaben zudem locker 50 Jahre lang finanzieren...


    Gruß !

  • Die Ausgaben für Lehrer sind ja nicht die einzigen Bildungsausgaben in Deutschland. Ich gehe mal davon aus, dass auch die Elementar- und Tertiärbereichsausgaben hinzuzählen. Und selbst in der Schule gibt es noch mehrere andere Professionen, die bezahlt werden möchten, Neuanschaffungs- und Instandhaltungskosten. Wenn man das alles berücksichtigt, wäre es interessant, zu wissen, wie die Kosten dann im europäischen Vergleich sind.

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