Klassenfahrten sind keine Mehrarbeit

  • Als Lehrer auf einer Klassenfahrt ist man mehrere Tage lang 24h entweder im Dienst oder in Bereitschaft. Dafür gibt es keine Entlastung oder Bezahlung. Wie kommt man auf die Idee, dass das keine unbezahlte Mehrarbeit darstellt?

    Ich wiederhole mich: Weil der Begriff der Mehrarbeit genau definiert ist, siehe oben. Man beachte auch die gängige Rechtsprechung zum Thema Klassenfahrten und Arbeitszeit. Und weil diese Überschreitung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit in der Klassenfahrtswoche durch Unterschreitung in anderen Wochen selbständig auszugleichen ist.


    Ergänzung: Weil das für TZ-Lehrkräfte naturgemäß schwieriger als für VZ-Lehrkräfte ist, muss damit entsprechend umgegangen werden. In Niedersachsen werden TZ-Lehrkräften für die Klassenfahrtswoche z.B. Stunden entsprechend eines VZ-Deputats angerechnet, um sie hier mit VZ-Lehrkräften gleichzustellen. Eine andere Steuermöglichkeit besteht darin, dass TZ-Lehrkräfte mit einer niedrigeren Frequenz (z.B. nur alle 3 statt alle 2 Jahre) auf Fahrt gehen.

  • Auch ich wiederhole mich: dass der Dienstherr rechtlich die faktische Mehrarbeit wegdefiniert und in Urteilen natürlich nur das geltende Recht umgesetzt werden kann, ändert nichts daran, dass unbezahlte Mehrarbeit nun einmal unbezahlte Mehrarbeit ist.


    Sich dieser Methode als Lehrer und Arbeitnehmer willfährig treu hinzugeben, ist, mhm, etwas blauäugig. Hätten die Gewerkschaften im ausgehenden 19. und im 20. Jh. so operiert, wären wir immer noch bei einer 70-Stundenwoche ohne Urlaubsanspruch.

  • Sehr wohl, Seph, man muss sich kümmern.


    Allein, ich gebe zu bedenken, dass man nicht jedes Problem durch Durchschnittsbildung zerrechnen kann. Dass die 24-h-Stunden-Dienstzeit durch andere Lücken im Jahr ausgeglichen wird, ändert nichts an der biologischen Unmöglichkeit dessen, was da verlangt wird. Wenn man also davon ausgeht, dass ein klassenfahrender Kollege nachts zumindest Bereitschaft hat, muss er entsprechend tagsüber aus dem Dienst genommen werden. Und zwar zeitnah während der Fahrt und nicht ein halbes Jahr später.


    Im übrigen bin ich nicht der Ansicht, dass Klassenfahrten ein Kernbestandteil des Lehrerberufes sind. Das ist allein der Unterricht. Alles andere kommt und geht nach Moden und Meinungen. Wer argumentiert, Klassenfahrten müsse man deshalb machen, weil sie zu Beginn der Dienstzeit mit im Paket waren, der müsste umgekehrt auch anerkennen, dass keine neuen Aufgaben hinzu kommen dürften. Interessant Idee, mit der ich mich anfreunden könnte, Schule tatsächlich von politischen Modeströmungen zu entkoppeln.


    Nee, selbst wenn Klassenfahrten zu den vielen Dingen gehören, die zur Schule derzeit irgendwie dazu gehören, so darf man durchaus dagegen sein. Man kann verlangen, dass die Rechtsgüter, die sich entgegen stehen, abgewogen werden. Und man darf verlangen, dass die zur Durchführung verpflichteten, dies unter würdigen Umständen tun.


    Wer sogar meint, dass Klassenfahrten "von Natur aus" zur Schule gehörten, dem ist doch nicht mehr zu helfen. Solche Dinge sind Ergebnis politischer Entscheidungen, aber doch keine Naturereignisse. Da kann ich nicht mehr sprechen. Genauso bei Vergleichen mit Militär und der sogenannten freien Wirtschaft. Sollen die machen, was sie machen und wie sie's machen. Ich möchte mir das Bett, in dem ich schlafe, trotzdem aussuchen können. Alles andere ist unwürdig.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

    Einmal editiert, zuletzt von O. Meier ()

  • Ich finde diese Aussage: Man wusste doch, worauf man sich einlässt, immer recht unsachlich. Klar war mir bewusst, dass Lehrer auch mal Klassenfahrten machen, aber das ist ja nun wirklich nicht das Hauptgeschäft unseres Jobs. Und außerdem wusste ich vorher nicht, wie das für einen Lehrer ist - woher auch, war ja vorher nur als Schülerin auf Klassenfahrt...


    Es gibt wohl bei jedem Job, so gern man ihn auch macht, auch Aspekte, die man nicht so mag. Ist doch ganz normal. Ich sag zu anderen auch nicht: Wusstest du doch vorher, wenn die sich z.B. über die 200 Mails im Postfach ärgern.


    Und einige Veränderungen, die sich in unserem Job in den letzten 1-2 Jahrzehnten eingestellt haben, waren so nicht unbedingt absehbar. Auch nicht, dass z.B. das Fahrtenprogramm an der Schule, an die ich mal "gerate", in meinen Augen ein viel zu umfassendes Ausmaß annimmt. Man kann es auch übertreiben. Deshalb muss ich das nicht gut finden und bei allem mitmachen, wenn ich grundsätzlich aber meinen Job mag und gern mache.

  • Weil der Begriff der Mehrarbeit genau definiert ist, siehe oben.

    So wie Verspätungen unter drei Minuten bei der Bahn keine Verspätungen sind. Definiert? Ja. Konsistent? Nein. Geht man auf die Bedeutung des Wortes zurück, ist es sehr wohl Mehrarbeit, wenn man mehr arbeitet.

  • Die Bedeutung des Wortes gibt es nicht. Es gibt viele Bedeutungen. Einigt euch auf eine, bevor ihr weiter aneinander vorbei redet. Gesetze und Verordnungen sind kein Geheimwissen. Wer sich nicht vorher kundig macht, auf was er sich einlässt, darf hinterher von mir aus gerne jammern aber hat damit noch kein Anrecht auf Mitgefühl.

    "A lack of planing on your side does not constitute an emergency on my side."

  • Bei manchen Kollegen, die stets passende Paraphrasierungen der Schulverordnungen zur Hand haben, denke ich immer an Lehrer, die mit allem höchst zufrieden sind und vor allem Freude daran empfinden, die Texte aus Verordnungen und Gesetzen zu paraphrasieren und zu erklären. Das Beamtenrecht als Parameter persönlicher Zufriedenheit.


    Es ist also schön, dass es auch höchst zufriedene Lehrer gibt, die rein gar nichts verbessern möchten.

  • Eigentlich ist das mit den Klassenfahrten ja nur EIN Beispiel. Das System Schule funktioniert doch oft nur (noch) durch die Mehrarbeit vieler Kollegen, zumindest im GS-Bereich beobachte ich das. Und oft bleiben Schulen auch nur durch den Einsatz der Kollegien stabil (weniger durch die SL). Zumindest meine persönliche Beobachtung, die an kleinen Schulen stattfindet, wo man (besser wohl frau) sich auch irgendwie verantwortlich fühlt, dass der Laden läuft.

  • Und weil diese Überschreitung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit in der Klassenfahrtswoche durch Unterschreitung in anderen Wochen selbständig auszugleichen ist

    Im Grunde müssten danach Lehrer deutlich häufiger ihre Unterrichtsvor- und -nachbereitung deutlich häufiger signifikant zeitlich einschränken, um diverse außerunterrichtliche Aktivitäten zeitlich ausgleichen zu können. Die Folge wäre klassischer Unterricht ohne didaktisches Feuerwerk mit Handlungsorientierung und dem zwölffachdifferenzierten AB für das Inklusionskind. Geht auch, die Frage ist nur, ob das bildungspolitisch gewollt ist...

  • An größeren Schulen kann man sich viel besser bedeckt im Hintergrund halten und die anderen machen lassen. An kleinen Schulen (4-10 KuK) fällt es sofort auf, wenn Frau Zauberwald nicht beim Weihnachtsgottesdienst, der Einschulungsfeier, dem Schulfest, dem Klassenfest und was auch immer aktiv zu sehen war.

    Genauso hat man gleich die Eltern auf der Matte stehen, wenn man als Einzige nicht auf Klassenfahrt gehen würde. In kleinen Schulen bedeutet dies meist, dass man auf Eltern oder Familienmitglieder als Begleitpersonen zurückgreifen muss, was ich auch unmöglich finde. Ich will da keine Mütter sitzen haben, die rumerzählen, dass xy Heimweh hatte usw....oder dass jemand aus dem Familien - oder Bekanntenkreis mitgeht, der gar nicht weiß, wie man mit SuS umgeht. Da kann ich gleich allein gehen. Kolleginnen hatten schon Mütter als Begleitung mit, die abends im Zimmer Weinchen konsumiert haben und so gar keine Hilfe waren. Ich habe mal 2 Mütter im Zoo verloren. :explodier:Die Kids waren zum Glück aber alle bei mir.

  • Kann man denn nicht einfach die Klassenfahrt auf z.B. 3 Tage abkürzen und statt ins 1000km Ausland gehts zur 2 Stunden entfernten Großstadt oder Schullandheim?

    Wer schreibt denn vor, dass die Klassenfahrt ein Megaevent mit hohen Kosten für die Eltern sein muss? Ich bin sicher, viele Eltern/ Schüler sind froh, nur 150€ statt 300€ zu bezahlen. Die Mehrarbeitsbelastung der Lehrer hält sich in Grenzen und alle sind zufrieden.


    Ich kenne Kollegen, die regelmäßig Klassenfahrten vor die Wand fahren. Einfach die Schüler organisieren und abstimmen lassen. Gibt nur Chaos und Verzögerungen und am Ende fällt die Klassenfahrt ins Wasser und die Klasse ist gespalten.

  • Für die Austausche zur Förderung der fremdsprachlichen Fähigkeiten und des interkulturelle Verständnisses muss man hat ins Ausland... Wobei zumindest die Austausche auf freiwilliger Basis sind (für die Schüler*innen).

  • Für die Austausche zur Förderung der fremdsprachlichen Fähigkeiten und des interkulturelle Verständnisses muss man hat ins Ausland... Wobei zumindest die Austausche auf freiwilliger Basis sind (für die Schüler*innen).

    Nein. Um auf Schulniveau Englisch oder Französisch zu lernen, muss man nicht ins Ausland.

    Was den interkulturellen Austausch angeht: sicherlich schön und wünschenswert aber Luxus. Kein Muss.

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    Einmal editiert, zuletzt von UrlaubVomUrlaub () aus folgendem Grund: erledigt

  • Ich weiß, das war schon vor zwei Seiten Thema, aber ich möchte das hier noch mal aufgreifen (und meine explizit niemanden persönlich):


    Ich habe das Gefühl, dass immer (nicht nur hier, auch in Kollegien allgemein) davon ausgegangen wird, dass man, wenn man Kinder hat reduzieren muss. Zumindestens einer der Partner, im Normalfall ist das die Frau. Warum ist das so?


    Ich habe, zugegebenermaßen "nur", ein recht kleines Kind im Kita-Alter. Seit dem das Kind 14 Monate alt ist, arbeiten mein Mann und ich beide als Vollzeitlehrer an Ganztagsgymnasien. Mindestens einmal pro Jahr ist einer von uns auf Klassenfahrt, es kommt auch schon mal vor, dass einer von uns auf einer mehrtägigen Fortbildung ist. Das ist noch nie wirklich ein Problem gewesen. Das Kind hat einen Vollzeitplatz in der Kita. Da ist sie mal länger, mal kürzer. Wer von uns als letztes in der Schule sein muss, bringt sie hin (und ja, es gibt Tage, an denen wir beide zur ersten Stunde hin müssen), wer als erstes wieder zu Hause ist, holt sie ab. Bei zeitgleichen Konferenzen, Krankheiten und Schließtagen haben wir ein Betreuungsnetzwerk um dessen Aufbau wir uns vor der Geburt gekümmert haben. Und ja, das Kind geht zum Sport und zum Musikunterricht. Das liegt immer so, dass einer von uns sie fahren kann (soll heißen, nie vor 16 Uhr).


    Natürlich kann man jetzt argumentieren, dass man sein Kind nicht so lange fremdbetreuen lassen möchte. Das ist auch ok, das muss man ja nicht, das kann jeder selbst entscheiden.

    Vielleicht ist das auch etwas anderes, wenn der Partner/die Partnerin einen 9-5 Job hat oder im Schichtdienst arbeitet. Aber ist es wirklich bei (gefühlt) 99% aller Familien so, dass kein Weg daran vorbei geht, dass einer reduziert? Oder wollen das tatsächlich alle (meistens die Frauen)?

    Ich meine das wirklich nur als ehrliche Frage und kritisiere hier niemanden. Jeder kann und soll sein Familienleben so gestalten, wie es zu seiner/ihrer Familie gut passt, ich bin nur interessiert.

  • Bei manchen Kollegen, die stets passende Paraphrasierungen der Schulverordnungen zur Hand haben, denke ich immer an Lehrer, die mit allem höchst zufrieden sind und vor allem Freude daran empfinden, die Texte aus Verordnungen und Gesetzen zu paraphrasieren und zu erklären. Das Beamtenrecht als Parameter persönlicher Zufriedenheit.

    Oder so rum: Durch Kenntnisse des Dienstrechts kann man gezielt Veränderungsprozesse anstoßen, statt nur ziellos rumzujammern, z.B. indem man weiß, welche Gremien es umzustimmen und welche Regelungen es zu berücksichtigen gilt, wenn man das Fahrtenkonzept ändern oder ein tragfähiges Teilzeitkonzept erstellen will. Kann man alles so oder so sehen.

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