Nichteinstellung wegen vergangener, befristeter Tätigkeit als Lehrer

  • Hallo liebes Forum,


    nachdem ich eigentlich in den kommenden Tagen eine befristete Stelle als Vertretungslehrer an einer Gesamtschule antreten wollte, kam gestern das Veto der Bezirksregierung. Die Schulleitung hat den Punkt ,,Es handelt sich um ein befristetes Beschäftigungsverhältnis ohne Sachgrund gemäß § 14 Abs. 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG). Es sind demnach nur Bewerberinnen und Bewerber zulässig, die bisher in noch keinem befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis mit dem Land NRW gestanden haben." übersehen und musste deshalb die Zusage widerrufen.


    Zu meiner Person: Ich habe ein Diplom in Geographie, 9 Jahre Berufserfahrung im Nachmittagsbereich einer Grundschule gesammelt, meinen Bachelor bis auf ein Didaktikseminar nahezu abgeschlossen und auch schon ein dreiviertel Jahr als Vertretungslehrer an einer Grundschule sowie ein halbes Jahr als Vertretungslehrer an einer Realschule gearbeitet. Habe also eine gewisse Berufserfahrung vorzuweisen, die mir nun allerdings im Weg steht.


    Mir ist zwar klar, dass meine zwei befristeten Verträge Grund für die Nichteinstellung sind, allerdings erschließt sich mir der Sinn dahinter nicht. Eigentlich sollte man doch froh sein, dass sich jemand bewirbt, der nicht völlig unerfahren ist?! Ich wäre deshalb sehr dankbar, wenn mir jemand erklären könnte, was dieser Paragraf genau meint bzw. WARUM er angewandt wird. Zur rein juristischen Erklärung fehlt mir irgendwie der Zugang.


    Vielen lieben Dank im Voraus! :)

  • chilipaprika

    Hat das Thema freigeschaltet.
  • Anderes Bundesland (Hessen), aber ich könnte mir gut vorstellen, dass es in dieselbe Richtung geht:
    Nach einer gewissen Anzahl an Vertretungsverträgen könntest du dir eine unbefristete Stelle einklagen, wenn keine Sachgründe für die Befristung vorliegen.

    Darum wird hier penibelst darauf geachtet, nicht versehentlich jemanden einzustellen als Vertretungskraft, der diese Auflagen erfüllt.


    Nachtrag: Meine Vermutung war richtig. https://wuppertal.gew-nrw.de/befristung.html

    Einmal editiert, zuletzt von Schmeili () aus folgendem Grund: Link nachträglich eingefügt

  • Es ist traurig, dass sich so eine Regelung, die eigentlich Arbeitnehmer schützen soll, gegen sie wendet.


    Auf der anderen Seite ist auch verständlich, dass es seitens des Landes nicht gewünscht ist, unabsichtlich ein mögliches unbefristetes Arbeitsverhältnis zu gründen. Das Problem ist allerdings, dass nicht genug unbefristete Stellen ausgeschrieben werden, um den echten Bedarf zu decken.

  • ..., dass dieses elendige Befristungswesen nicht endlich beendet wird!

    Dem Staat/Land müsste verboten werden überhaupt irgendjemand befristet einzustellen. Was sich hier herausgenommen wird, würde sich ein Unternehmen nicht Mal erträumen...

  • Dem Staat/Land müsste verboten werden überhaupt irgendjemand befristet einzustellen. Was sich hier herausgenommen wird, würde sich ein Unternehmen nicht Mal erträumen...

    Wenn es sich nur um Vertretungsstellen handelt (z. B. für kurzfristig erkrankte KuK, für schwangere Kolleginnen o. ä.), finde ich die befristeten Stellen ganz hilfreich. So etwas gibt es ja in Unternehmen - bspw. in dem, wo mein Lebensgefährte arbeitet - durchaus auch; läuft dort z. T. über Zeitarbeitsverträge, wenn gerade viel zu tun ist. Allerdings ist es natürlich aus Arbeitnehmersicht großer Mist, wenn sie dann schon bald wieder entlassen werden und von Anfang an wissen, dass dieser Job nicht für "ewig" ist.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

    Einmal editiert, zuletzt von Humblebee ()

  • Wenn es sich nur um Vertretungsstellen handelt (z. B. für kurzfristig erkrankte KuK, für schwangere Kolleginnen o. ä.), finde ich die befristeten Stellen ganz hilfreich. So etwas gibt es ja in Unternehmen - bspw. in dem, wo mein Lebensgefährte arbeitet - durchaus auch; läuft dort z. T. über Zeitarbeitsverträge, wenn gerade viel zu tun ist. Allerdings ist es natürlich aus Arbeitnehmersicht großer Mist, wenn sie dann schon bald wieder entlassen werden und von Anfang an wissen, dass dieser Job nicht für "ewig" ist.

    Das Problem ist aber, dass es weit darüber hinaus geht.... Ich war zB lange Zeit befristet für eine pensionierte Lehrkraft......

  • Befristungen mit Sachgrund (=Vertretung für die schwangere Frau Meier) sind rechtlich auch dann erlaubt, wenn vorher schon befristete Verträge bestanden haben. Das Teilzeit- und Befristungsgesetz ist da eigentlich ziemlich gut aufgestellt. Wenn also ein echter Befristungsgrund bei Soesei vorliegt, dann kann die Bezirksregierung jederzeit einen korrkten Vertrag mit ihn/ihr schließen.


    Die elenden Befristungen ohne Sachgrund werden durch das Gesetz zum Schutz der Arbeitnehmer auf maximal 2 Jahre oder 3 einzelne Verträge begrenzt. Das finde ich auch völlig richtig.


    In Zeiten von Lehrermangel lernen die Verantwortlichen vielleicht mal, dass Befristung oft gar nicht nötig ist. Eine flexible Vertragsgestaltung z.B. als "Springer" mit vertraglich festgelegten unterschiedlichen Einsatzorten würde den Regierungen die nötige Flexibilität geben.


    Ich kenne Lehrer, die tingeln mit befristeten Verträgen seit 10 Jahren durch die Region (mal staatliche, mal städtische Schule usw.). Ich sags mal so: wer seit 10 Jahren gut genug ist um Schüler zu unterrichten, der wird es in den folgenden Jahren auch sein. Und wenn in den vergangenen Jahren Bedarf für diese Kollegen war, dann wird er scheinbar dauerhaft vorhanden sein.

    Sei konsequent, dabei kein Arsch und bleib authentisch. (DpB):aufgepasst:

  • Wenn es sich nur um Vertretungsstellen handelt (z. B. für kurzfristig erkrankte KuK, für schwangere Kolleginnen o. ä.), finde ich die befristeten Stellen ganz hilfreich. So etwas gibt es ja in Unternehmen - bspw. in dem, wo mein Lebensgefährte arbeitet - durchaus auch; läuft dort z. T. über Zeitarbeitsverträge, wenn gerade viel zu tun ist. Allerdings ist es natürlich aus Arbeitnehmersicht großer Mist, wenn sie dann schon bald wieder entlassen werden und von Anfang an wissen, dass dieser Job nicht für "ewig" ist.

    Wegen mir gilt dann eben auch, dass nach spätestens 2 Jahren eine unbefristete Anstellung folgen muss. Aber eine Kettenbefristung über mehrer Jahre oder gar Jahrzehnte ist nicht tragbar! Da braucht sich auch niemand wundern, dass weniger Nachwuchs nachkommt. Dieses Ausnutzen der Monopolstellung ist für mich ein Armutszeugnis.

  • In Zeiten von Lehrermangel lernen die Verantwortlichen vielleicht mal, dass Befristung oft gar nicht nötig ist. Eine flexible Vertragsgestaltung z.B. als "Springer" mit vertraglich festgelegten unterschiedlichen Einsatzorten würde den Regierungen die nötige Flexibilität geben.

    Solche Verträge können aber auch zermürbend sein. Wir haben eine neue Englisch-Kollegin als Springerin, die sechs Stunden (=drei Doppelstunden) dienstags bei uns an der Schule unterrichtet; leider wurde sie "netterweise" von der Schulleitung in drei Abteilungen an zwei Standorten eingesetzt. An jeweils zwei Wochentagen ist sie für acht bzw. zehn Unterrichtsstunden an einer Privatschule im selben Ort und an einer BBS in einem Nachbarort (ca. 25 km entfernt). Die arme Frau hat jetzt - nach drei Schulwochen - schon die Nase voll von der ständigen Fahrerei, zumal sie an keinem ihrer beiden Einsatzorte wohnt. Eine Chance in einem der Kollegien "anzukommen" hat sie ja auch nicht. Sie sagte letzte Woche schon zu mir, dass sie nicht wisse, ob sie das lange durchhalte...

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  • Solche Verträge können aber auch zermürbend sein. Wir haben eine neue Englisch-Kollegin als Springerin, die sechs Stunden (=drei Doppelstunden) dienstags bei uns an der Schule unterrichtet; leider wurde sie "netterweise" von der Schulleitung in drei Abteilungen an zwei Standorten eingesetzt. An jeweils zwei Wochentagen ist sie für acht bzw. zehn Unterrichtsstunden an einer Privatschule im selben Ort und an einer BBS in einem Nachbarort (ca. 25 km entfernt).

    das klingt dann aber nach 2-3 Verträgen, von sowas habe ich nicht gesprochen. Das ist natürlich zermürbend.


    Mir geht es darum, dass man eben eine langfristige Reserve hat für Schwangere/Mutterschutz/Elternzeit/Langzeitkranke. Die bekommen dann eben einen Vertrag, in dem steht "der Einsatzort kann in Stadt X und 30 km im Umland von X liegen". Von mir aus auch noch mit einer flexiblen Klausel zur Arbeitszeit. Z.B. wir zahlen immer 75% ggf. kann auf jähricher Basis bis zu 100% aufgestockt werden. Selbstverständlich anständig geregelt und nicht so nach dem Motto "Arbeit auf Abruf" und wenn nix anfällt gibts kein Geld.

    Sei konsequent, dabei kein Arsch und bleib authentisch. (DpB):aufgepasst:

    • Offizieller Beitrag

    In NRW gibt es sowas für die Grundschulen. Nennt sich "Poolkraft". Die Lehrerinnen sind für 2 Jahre dem Schulamt als Vertretungskräfte zugeordnet und einer Stammschule zugewiesen. Von dort werden sie im Vertretungsfall an die jeweilige Schule geschickt.

    Theoretisch ist das für kurz- bis mittelfristige Vertretungen gedacht. In der Praxis sind aber alle Poolkräfte praktisch fest an Schulen mit bedarf gebunden.


    kl. gr. frosch


    P.S.: Nach 2 Jahren können die Poolkräfte übrigens Schulen angeben. An eine dieser Schulen werden sie dann fest als verbeamtete Lehrkraft gesetzt.

  • Das finde ich eine sehr faire Lösung :top:

    Sei konsequent, dabei kein Arsch und bleib authentisch. (DpB):aufgepasst:

  • Vielen Dank für die zahlreichen Antworten.


    Der Hintergrund (Arbeitnehmerschutz) ist sicherlich zunächst einmal positiv zu bewerten. Die Lösung der Gesamtproblematik auf behördlicher Ebene ist für mich dann aber doch unbefriedigend und wird einem Teil der Arbeitnehmerschaft nicht gerecht.


    Wer entscheidet denn, was ein Sachgrund ist und was nicht? Die coronabedingten Ausschreibungen sind, soweit ich das beurteilen kann, kein Sachgrund. Flexibilität auf Arbeitnehmerseite spielt auch keine Rolle, wenn der Großteil der Stellen gar nicht erreichbar ist. Von den Verantwortlichen mehr Flexibilität zu verlangen ist in diesem Zusammenhang vielleicht der bessere Weg, da es die Arbeitnehmer (Vertretungslehrkräfte) i.d.R. bereits sind. Ich bin mittlerweile soweit, meinen Bewerbungsradius auf 70 km auszuweiten. Ist nicht optimal, aber ich bin bereit in den sauren Apfel zu beißen.


    Und eine Poollösung, wie sie an Grundschulen für ausgebildete Lehrer existiert, wäre sicherlich eine gute Lösung.


    Ich sags mal so: wer seit 10 Jahren gut genug ist um Schüler zu unterrichten, der wird es in den folgenden Jahren auch sein. Und wenn in den vergangenen Jahren Bedarf für diese Kollegen war, dann wird er scheinbar dauerhaft vorhanden sein.

    Wärst du so nett mir kurz zu erklären, was das mit meiner geschilderten Problematik zu tun hat?

  • Die Pool-Lösung ist besser als die Befristung, aber auch da trifft es eine relativ "schwache" Gruppe, nämlich frisch eingestellte Lehrer.


    Die Frage ist, ob man diese Pool-Lösung nicht besser generell über alle Lehrer streuen soll, so nach dem Motto alle 10 Jahre macht man ein Jahr Pool.


    Vermutlich täte das auch generell dem Schulsystem gut, wenn dadurch Erfahrungen zwischen den Schulen transferiert würde.

    Für die Schüler wäre es wahrscheinlich auch vorteilhaft, wenn die Vertretungs/Pool-Kollegen erfahrene Kräfte wären, da diese sich dann auf den Unterricht konzentrieren könnten und nicht auf das, was man als Berufsanfänger oder Nichtausgebildeter in der ersten Zeit so alles nebenher noch lernen muss.

  • Wärst du so nett mir kurz zu erklären, was das mit meiner geschilderten Problematik zu tun hat?

    vielleicht hast du zwar noch keine 10 Jahre zusammen, aber du warst ja scheinbar auch schon "gut genug um zu unterrichten" ich verstehe die Behörden da einfach nicht. Was wäre so gefährlich dir einfach nen unbefristeten Vertrag zu geben?


    Übrigens zu deiner Frage welche Sachgründe für Befristungen gelten ist die Rechtslage sehr eindeutig, da das schon oft vor Gericht gelandet ist. Erlaubt ist "Vertretung für Frau Müller wegen Elternzeit" oder "Vertretung von Herrn Maier, der langfristig erkrankt ist" oder bei ganz genauem Projektbezug. Nicht erlaubt ist "allgemeiner Personalmangel" oder Krankheitsvertretung ohne genaue Bezeichnung von wem.

    Sei konsequent, dabei kein Arsch und bleib authentisch. (DpB):aufgepasst:

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