Zweifel an der Weisung des Schulleiters

  • Der folgende Sachverhalt:


    Der Schulleiter kommt mit einer Mutter anscheinend nicht zurecht und verbreitet Gerüchte über sie. Zudem weist er mehrere Lehrer an, auf die E-Mails dieser Mutter nicht zu reagieren und diese an ihn weiter zu leiten, weil die Mutter aufgefordert würde, keine E-Mails an die Schule zu schreiben. Die betroffenen Lehrer erhalten jedoch keine E-Mails von der genannten Mutter oder wenn, dann mit üblichen Fragen wie von jeden anderen Eltern. Deren Kind ist ein guter Schüler. Einer von den betroffenen Lehrern wird mit der Zeit misstrauisch, ob es überhaupt eine Unterlassungsaufforderung seitens des Schulleiters gab und ob seine Weisung gerechtfertigt war. Letztendlich stellt sich die Frage, ob er und seine Kolleg*innen Datenschutz verstoßen, indem sie die E-Mails der Mutter weiterleiten ohne sie darüber weiß.


    Was kann der Lehrer tun?

  • Als Lehrer unterliegen wir nicht dem Beichtgeheimnis, jedoch den Anordnungen der Vorgesetzten.
    Der Lehrer kann seinen Chef fragen, wie er sich zu verhalten hat. Falls die Anweisung als unrechtmäßig erscheint, hat er sie zu befolgen, kann jedoch remonstrieren.
    In der Regel hat man als Lehrer länger mit dem Chef zu tun, als mit einer Mutter. Da muss man auch auf den Selbstschutz achten, damit man nicht "zwischen die Fronten gerät".

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Ich kann alias nur zustimmen. Ich würde allerdings den Vorgesetzten fragen, zumindest wenn er in NRW tätig ist, wie er es mit § 44 (2) SchulG hält, laut dem ich als Lehrkraft Schüler*innen und deren Eltern "über die individuelle Lern- und Leistungsentwicklung" informieren und beraten muss. Wie soll das gehen, wenn die Antwort auf Nachfragen nicht erlaubt sein soll? Analog zur Normenhierarchie könnte man fragen, wieso eine Weisung des Schulleiters das Schulgesetz aushebeln soll.

  • Ich würde auch schauen, dass ich nicht zwischen die Fronten gerate. Ich würde die Mails wie angewiesen weiterleiten und einmal bei der Schulleitung nachfragen, ob man wirklich nicht auf die harmlosen Mails antworten kann.

    Ansonsten könnte man die Antwort auch mündlich dem Schüler geben, wenn es eine harmlose Anfrage ist.

    Ist es eine Frage zum Inhalt des Unterrichts oder zu einer Lernkontrolle, dann sollte man das so oder so mit dem betroffenen Schüler selbst klären. Das mache ich sogar in der Grundschule schon so.

  • Klingt sehr mysteriös. Ich würde auch nicht am SL vorbeihandeln. Man weiß ja nicht, was wirklich dahintersteckt. Es gibt seeehr komische Leute ...


    Auch komische Schulleiter, ohne Frage. Aber was heißt "Gerüchte verbreiten"? Haben SL im Moment nicht andere Sorgen?

  • Vielen Dank für die bisherigen Antworten! Der § 44 (2) SchulG ist ein guter Punkt. Nach der Weisung des Schulleiters soll die Mutter über ihn Termine mit Lehrern vereinbaren. Seltsam ist, dass die Mutter darüber nicht weiß. Vieles spricht dafür, dass es überhaupt keine Unterlassungsaufforderung und auch keine Gründe dafür gab und die Lehrer von dem Schulleiter falsch informiert worden sind. Dann würde es ja bedeuten, dass die betroffenen Lehrer Datenschutzbestimmungen verletzten, in dem sie die Nachrichten der Mutter ohne ihr Wissen weiterleiten. Was ist mit § 36 BeamtStG?


    Mit „Gerüchten verbreiten“ gemeint ist, dass der Schulleiter über die Mutter schlecht redet, ob die Mutter es wolle, dass ihr Kind nur die besten Noten haben solle. Das hat bereits auf Unmut der Kolleg*innen gestoßen, mit nicht schönen Auswirkungen auf den Umgang mit dem Schüler, der nicht weiß, was passiert, genauso wie seine Mutter.

  • Von außen betrachtet spricht vieles dafür, dass etwas zwischen dem Schulleiter und der Mutter vorgefallen ist, woraus der Schulleiter die Konsequenzen gezogen hat.

    Hier wäre es generell angebracht, wenn der Schulleiter das den Lehrern gegenüber offen kommuniziert, ansonsten basiert alles auf Mutmaßungen.


    Na ja, schlecht reden - da könnte ich aus der Grundschule von einigen Eltern berichten, denen es um gute Noten geht und die darauf viel Energie verschwenden - das wäre nicht einmal schlecht geredet. Das würde ich nicht so eng sehen.


    Auch die Mutter kann unglaubwürdig sein, (Schutz)behauptungen von Eltern gibt es immer wieder.

    In wie weit bist du denn hier Betroffener? Geht es um Mails der Mutter an dich? Oder sind die unterrichtenden KollegInnen auf der Suche nach einer gemeinsamen Strategie?

    Ein offenes Gespräch mit dem Schulleiter fände ich am besten, wenn ihr die Mails selbst beantworten wollt. Ansonsten kann man die Weiterleitung der Mails umgehen, indem man die Mutter zur Sprechstunde einbestellt oder sie anruft.

  • Laß dich nicht von Eltern/Kollegen instrumentalisieren.

    Wenn es dein eigenes Kind betrifft, frag beim Schulleiter nach.


    Schulleiter ziehen normalerweise in 3 Fällen die Kommunikation an sich:

    1. Rechtliche Auseinandersetzungen
    2. Übergriffiges Verhalten von Eltern
    3. Probleme zwischen Eltern und einem Kollegen


    In allen drei Fällen wirst du als nicht direkt beteiligter Kollege in der Regel nicht über die genauen Gründe informiert, um die beteiligten Parteien zu schützen.

  • Ich mische mich auch wenig ins Alltagsgeschäft der Kolleginnen ein, aber es gibt Eltern, bei denen ich nach Absprache mit den Lehrerinnen in jede Kommunikation eingebunden bin. Warum: weil es sein, kann, dass ich spontan hinzugezogen werde und ich dann jeweils auf dem aktuellsten Stand sein will.


    Datenschutz: hm, nein. ich müsste jetzt die Paragraphen raussuchen, aber da es dem innerschulischen Austausch dient, dürfte es kein Problem sein, dass der Schulleiter in die Kommunikation schauen möchte.


    kl. gr. frosch

  • Ist es möglich, dass das nicht das Problem eines Kollegen, sondern das Ersponnene eines Elternteils ist?

  • Bzgl. Datenschutz: bei uns sollte jede Schule einen Datenschutzbeauftragten haben - der sollte solche Fragen beantworten können bzw. wissen, wo er sich darüber informieren kann.

  • Da muss man auch auf den Selbstschutz achten, damit man nicht "zwischen die Fronten gerät".

    Ich befürchte, da ist man schon.

    "über die individuelle Lern- und Leistungsentwicklung" informieren und beraten muss. Wie soll das gehen, wenn die Antwort auf Nachfragen nicht erlaubt sein soll?

    Man kann auch anders, als über E-Mail kommunizieren.Vielleicht ist das auch gar das geeignete Medieum für so etwas.


    Ansonsten kommt mir die Weisung auch etwas komisch vor. Auch der Mjutter zu untersagen, E-Mails an die Schule zu schikcen, kann ich nicht so ganz nachvollziehen. Da muss die Mutter sich ja einen ordentlichen Bock erlaubt haben.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

  • Dann würde es ja bedeuten, dass die betroffenen Lehrer Datenschutzbestimmungen verletzten, in dem sie die Nachrichten der Mutter ohne ihr Wissen weiterleiten.

    Kaum. Es sind ja schulische Belange. Da kann die Schulleiterin Kenntnis von bekommen. Andersherum muss ich mich ja auch bei der Schulleiterin rückbersichern können. Dazu muss ihr auch Einblick in die dienstliche Kommunikation gewähren. IANAL, aber da hätte ich keine Bedenken.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

  • kodi, meier: Nein, die genannten 3 Fälle treffen nicht zu bzw. es gab die nicht.


    Caro07: Ja, es gab ein Gespräch mit dem Schulleiter. Er schweift die Frage nach der vermeintlichen Unterlassungsaufforderung ab und will auch nicht zeigen => daher Zweifel, ob diese existiert.


    Thamiel: Gute Frage! Genau darum geht es: Die Mutter weiß absolut nicht, dass ihre Nachrichten weitergeleitet wurden. Und hier liegt das Datenschutzproblem, möglicher Verstoß gegen Recht auf informationelle Selbstbestimmung.


    meier: Bei den wenigen E-Mails handelt sich meistens um kurze Fragen oder Vorschläge, wofür kein vor Ort Termin erforderlich ist, vor allem in der Coronazeit.


    kodi: Es geht nicht um eigenes oder fremdes Kind. Dem Schüler und den Fragen der Mutter ist nichts zu beanstanden, zumal es gibt fragwürdige E-Mails vielmehr von anderen Eltern.


    meier: Es handelt sich nicht um einen bloßen „Einblick in die dienstliche Kommunikation“, sondern um eine dauerhafte Kontrolle der schriftlichen Kommunikation.

  • Thamiel: Gute Frage! Genau darum geht es: Die Mutter weiß absolut nicht, dass ihre Nachrichten weitergeleitet wurden. Und hier liegt das Datenschutzproblem, möglicher Verstoß gegen Recht auf informationelle Selbstbestimmung.

    Das würde ich nicht so sehen. Letzten Endes kommuniziert die Mutter mit einer Schulbehörde in schulischen Belangen und müsste davon ausgehen, dass diese Belange weitere Kreise ziehen als nur der von ihr gewählte Adressat. Meine Frage war, ob sie sich dessen auch bewußt ist? Wenn nein, könnte man dies ja mal in einem Nebensatz pauschal fallen lassen.

    "A lack of planing on your side does not constitute an emergency on my side."

  • Thamiel: Ich sehe das nicht so. Wenn man an einem Lehrer betreffend seines Faches/Unterrichts schreibt, geht man davon aus, dass die Nachricht nur an diesem Lehrer adressiert ist. Bei allg. schulischen Belangen ist was anderes. Oft benutzt die Mutter Vermerk „persönlich“, was selbstsagend ist. Glaube, sie ist Juristin oder in die Richtung.


    Was ist übrigens mit § 36 BeamtStG? Es gab wohl mit großer Wahrscheinlichkeit auch keine Unterlassungsaufforderung, weshalb die Mutter die E-Mail verwendet.

  • §36 heißt auf gut Deutsch: wenn du Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Anweisung hast, musst du dagegen renommstrieren.

    Wenn der Schulleiter die Anweisung dann bestätigt, führst du sie aus.


    Kl.gr.Frosch

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