Von der Schule an die Uni oder in die Verwaltung?

  • Ich habe einen abgeordneten Lehrer kennengelernt, der laut eigener Aussage von mehreren Schulleitungen ganz schlimm behandelt wurde. Der war mal an meiner eigenen Schule. An der Uni hatte sein Seminar 99% Durchfallquote.


    Zum Thema Universitäre Lehre: Den tatsächlichen Lehrbetrieb machen je nach Veranstaltungen Doktoranden, PostDocs und Profs. Als Doktorand habe ich Seminare gehalten, Praktika betreut, etc., dabei stand immer ein Prof im Vorlesungsverzeichnis dabei, selbst wenn das nur nominell war. Erst als PostDoc habe ich tatsächlich eine Vorlesung komplett selbst gehalten, das war in Vertretung meines Chefs, der ein Forschungssemester genommen hat.

  • Es gibt auch die Abordnungen für einzelne Seminare, ich hatte welche der Art in der Didaktik im Master: Schulrecht, leistungsmessung und irgendwas im Bereich Berufsvorbereitung (Titel ist mir entfallen). Dies waren allerdings alles Schulleiter. Möglicherweise, zumindest bei Schulrecht, aufgrund weiterer Qualifikationen.

  • Also aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass man sich im Vorfeld informieren sollte, welche Art von Tätigkeiten in der Verwaltung oder der Uni auf einen zukommen. Diese unterscheiden sich ganz erheblich vom Kosmos Schule.

    In meinem Fall habe ich festgestellt, dass ein Teil meiner Persönlichkeit für die Verwaltung wie geschaffen ist dass aber der andere Teil dadurch jetzt über einen für mich allmählich zu langen Zeitraum quasi "unterdrückt" werden musste, weil dieser Teil in der Verwaltung nicht gefragt ist. Das kann ich vielleicht noch ein oder zwei Jahre so weitermachen, aber danach werde ich wohl wieder in die Schule zurückgehen, weil sich der andere Teil eben auch wieder "ausleben" können muss und ich persönlich sonst in eine echte Schieflage gerate. Vielleicht entscheide ich mich sogar dafür, diesem Teil noch stärker nachzugeben als ich es ursprünglich vorhatte - weil ich glaube, dass es mich glücklich macht.

    Gruß
    #TheRealBolzbold

    Ceterum censeo factionem AfD non esse eligendam.

  • Also aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass man sich im Vorfeld informieren sollte, welche Art von Tätigkeiten in der Verwaltung oder der Uni auf einen zukommen. Diese unterscheiden sich ganz erheblich vom Kosmos Schule.

    In meinem Fall habe ich festgestellt, dass ein Teil meiner Persönlichkeit für die Verwaltung wie geschaffen ist dass aber der andere Teil dadurch jetzt über einen für mich allmählich zu langen Zeitraum quasi "unterdrückt" werden musste, weil dieser Teil in der Verwaltung nicht gefragt ist. Das kann ich vielleicht noch ein oder zwei Jahre so weitermachen, aber danach werde ich wohl wieder in die Schule zurückgehen, weil sich der andere Teil eben auch wieder "ausleben" können muss und ich persönlich sonst in eine echte Schieflage gerate. Vielleicht entscheide ich mich sogar dafür, diesem Teil noch stärker nachzugeben als ich es ursprünglich vorhatte - weil ich glaube, dass es mich glücklich macht.

    Du warst also in der Schule als Lehrkraft tätig, bist in die Verwaltung gewechselt und nun zieht es dich wieder zurück? Sich mal in einem anderen Umfeld auszuprobieren finde ich super. Danke für deine Erfahrung :)

    In die Forschung kommst du nach 10 Jahren Schuldienst eher nicht mehr.

    Ok, vielleicht mach ich dann doch nach dem Ref. direkt meinen Doktor... wollte ich eigentlich nicht, weil ich momentan voll Lust auf Schule habe :D Naja, mal sehen... dank Dir.

  • griding

    Der Vollständigkeit halber muss man natürlich sagen, dass ein Wechsel in die Verwaltung zunächst in der Regel durch eine befristete Abordnung erfolgt. Daraus kann natürlich dann auch die Möglichkeit erwachsen, dort zu bleiben, sofern es Stellen gibt und man sich erfolgreich bewirbt.

    Insofern war die Rückkehr von Anfang "gesetzt" und ist ja der Normalfall. Aber ich habe diesen Schritt keinen Tag bereut und in der Zwischenzeit sehr viel gelernt.

    Gruß
    #TheRealBolzbold

    Ceterum censeo factionem AfD non esse eligendam.

  • Wollte mich nur mal erkunden ob ich in Zukunft (10 Jahren oder so) auch noch andere Möglichkeiten hätte falls ich mich weiterentwickeln möchte.

    Ich möchte einem Teil meiner Vorredner hier schon ein wenig widersprechen.

    Vielleicht sollte man erstmal die Basics klären. Wenn du als Lehrer verbeamtet bist, kannst du nicht so ohne weiteres auf eine feste Beamtenstelle in einem völlig anderem Bereich (bspw. Finanzamt) wechseln. Aber es gibt durchaus - sehr selten mal - die Möglichkeit eines Laufbahnwechsels, das wäre dann z.B. der Wechsel von Studienrat zum akademischen Rat.

    Die üblichere Variante für Lehrer ist die Abordnung. Da wirst du sozusagen an andere Insititutionen, die aber mit deiner Lehrtätigkeit Anknüpfungspunkte haben, für eine bestimmte Anzahl von Jahren "ausgeliehen". Das sind dann häufig auch Verwaltungsaufgaben (vgl. Bolzbold) oder eben Abordnungen an die Uni. Die gibt es schon häuifger als Laufbahnwechsel aber jetzt auch nicht gerade so, dass das ein Selbstläufer wäre. Meistens sind diese Stelle ohne Promotion als Bedingung ausgeschrieben, aber man hört durchaus, dass die Unis hier promovierte Bewerber vorziehen.

    Dann gibt es noch Lehraufträge. Die machst du zusätzlich zu deinem Stundendeputat als Lehrer für ein Taschengeld. Die sind in der Regel recht einfach zu bekommen, weil sie so schlecht bezahlt sind, dass sie keiner machen möchte. Dafür musst du definitiv nicht promoviert haben. Aber du bleibst halt Lehrer an deiner Schule mit deiner vollen Stundenzahl.


    Andere Entwicklungsmöglichkeiten:

    - Übernahme von Aufgaben an deiner Schule

    - Übernahme von Funktionsstellen (meist dann als Teil der erweiterten Schulleitung)

    - Sabbatjahr

    - Auslandsschuldienst

    - Sonderurlaub für bestimmte Tätigkeiten bei anderen Bildungsträgern im In- und Ausland (Goethe Insititut, Europaschulen,. DAAD etc.)

    - Beurlaubung ohne Dienstbezügue (und ohne Beihilfeanspruch). Dabei darf man in der Regel nicht ohne Weiteres eine andere Stelle haben.


    Das war mal knapp zusammengefasst und generealisiert. Details mögen in manchen Bundesländern leicht anders sein, aber ich vermute, so grob müsste es überall zumindest ähnlich sein.

  • Das jemand ohne Doktortitel Vorlesungen hält, ist mir nicht bekannt und wahrscheinlich ist das auch hochschulrechtlich gar nicht möglich, Stichwort: Habilitation

    Das ist doch Unsinn. Ich kennen sogar zwei Personen mit Professur und ohne Promotion. Dazu noch einen ganze Reihe von Leuten ohne Habilitation, mit Promotion und Professur.

  • ...

    - Sonderurlaub für bestimmte Tätigkeiten bei anderen Bildungsträgern im In- und Ausland (Goethe Insititut, Europaschulen,. DAAD etc.)

    -

    Das klingt interessant. Aber 'Sabbatjahr', 'Urlaub', 'Auslandsschuldienst' sind ja nun eher keine Aufstiegsmöglichkeiten. Wenn man sicher für sich persönlich auch ne Menge mitnehmen kann.

  • Aber 'Sabbatjahr', 'Urlaub', 'Auslandsschuldienst' sind ja nun eher keine Aufstiegsmöglichkeiten.

    Nicht im eigentlichen Sinne, das ist richtig. Wobei der TE ja nach Möglichkeiten gefragt hat, sich "weiterzuentwickeln". Das habe ich etwas weiter definiert.

    Mir ging es vor allem darum, dass ich das Gefül hatte, das ein paar Posts so in die Richtung gegangen sind, dass man gar nichts anderes machen kann und sozusagen im goldenen Käfig festhängt. Vielleicht war das auch nur meine Interpretation, aber ich wollte gerne aufzeigen, dass es durchaus eine ganze Menge an Möglichkeiten gibt.

    Und natürlich kann man gerade Urlaub und Sabbatjahr auch für die persönliche weitere Qualifikation nutzen, wenn man möchte.

  • Das ist doch Unsinn. Ich kennen sogar zwei Personen mit Professur und ohne Promotion. Dazu noch einen ganze Reihe von Leuten ohne Habilitation, mit Promotion und Professur.

    Ersteres an der FH? An der Uni erscheint mir das schlechterdings unmöglich, aber es geht vielleicht.


    Zweiteres geht an der Uni, insbesondere bei neueren Studiengängen oder im Didaktik-Bereich.


    In jedem Fall ist das was Anderes: Da hat der Mensch ja bereits eine Professur erhalten. Aber ohne Professur UND ohne Doktortitel ist das eigentlich sehr schwierig. Denn die Befähigung zur universitären Lehre muss ja irgendwie festgestellt werden.

  • Was die Weiterentwicklung angeht, so sollte man auch berücksichtigen, dass Weiterentwicklung nicht automatisch "Karriere" bzw. Beförderung und Aufstieg bedeuten muss.

    Es kann ein (temporärer) Wechsel zu einer anderen Dienststelle mit anderen Aufgabenbereichen sein.

    Es kann ein anderer Schwerpunkt innerhalb der Schule sein, der einen ganz anders fordert (und fördert).
    Es kann eine Beförderung in Verbindung mit der Übernahme von mehr Verantwortung sein.

    Ich kenne ehemalige LehrerInnen, die früh SchulleiterInnen, dann DezernentInnen bei den Bezirksregierungen geworden sind und dann den Sprung ins MSB gemacht haben und dort Referatsleitungen übernommen haben. Die Spitze der Pyramide ist da oben natürlich sehr, sehr dünn.

    Ich glaube, es ist wichtig, irgendwie "in Bewegung" zu bleiben und nicht in den immer gleichen Tätigkeiten und Abläufen zu verharren, weil man dann sein Berufsleben auch direkt zur Pensionierung vorspulen kann, weil nichts Neues mehr kommt. Es gibt viel Lehrkräfte, die das so machen bzw. gemacht haben und sich teils bewusst dafür entschieden haben. Für mich wäre das nichts gewesen. Die Vorstellung, nach 35 Jahren quasi aus dem Dornröschenschlaf zu erwachen und sich zu fragen, was ich all die Zeit gemacht habe und keine Antwort darauf finde, habe ich so gruselig gefunden, dass es mir den letzten Schub gegeben hat, mich auf eine Abordnungsstelle zu bewerben.

    Gruß
    #TheRealBolzbold

    Ceterum censeo factionem AfD non esse eligendam.

  • Die Dornröschen-Frage hab ich mir ja auch oft genug gestellt. Ich probiere auch gerne Dinge aus. Ich finde es aber ehrlich gesagt bewundernswert, wenn jemand das, was er macht mit Zufriedenheit macht und nicht ständig auf der Suche ist. Man kann das auch positiv darstellen, nicht als Stagnation, sondern als Perfektion.

  • @samu 

    Das mag in vielen Fällen tatsächlich so sein - bei mir gab es genug KollegInnen, die so zufrieden waren (oder zumindest so schienen). Ich kann mir in einem Bereich auch sehr gut vorstellen, diesen Schwerpunkt bis zur Pensionierung (und ggf. darüber hinaus) auszuüben. Daher werde ich in den nächsten Monaten gezieltere Überlegungen dazu anstellen, wie sich das im Idealfall mit Unterstützung meines zuständigen Dezernenten eintüten lässt.
    Die Perspektive , bis 2041 primär nur zu unterrichten und dabei Tausende Klausuren zu korrigieren und Hunderte Abiturprüfungen abzunehmen, erschien mir dann doch wenig erbaulich.
    Meine alte Schule und ich fühlte sich irgendwann so an, wie eine gescheiterte Beziehung. Man hatte sich auseinandergelebt, ist aber ohne Streit oder großen Knall auseinandergegangen. Als ich vor ein paar Monaten aufgrund eines Dienstgeschäfts dort war, fühlte es sich an, als würde ich "meine Ex" besuchen...

    Gruß
    #TheRealBolzbold

    Ceterum censeo factionem AfD non esse eligendam.

  • Das ist doch Unsinn. Ich kennen sogar zwei Personen mit Professur und ohne Promotion. Dazu noch einen ganze Reihe von Leuten ohne Habilitation, mit Promotion und Professur.

    Dann ist es doch schön, dass du uns aufklärst. Das nächste Mal vielleicht etwas höflicher. ;)


    Professuren ohne Promotion sind mir persönlich etwas suspekt. Da muss es dann wirklich schon ein sehr spezieller Bereich sein oder eine wirklich herausragende wissenschaftliche Leistung vorliegen. Sowas ist aber eben recht selten.


    Generell muss man eben schon seine Eignung nachweisen und bei den meisten geht dies eben mindestens über den Doktortitel.


    Das HRG sagt dazu:


    Einstellungsvoraussetzungen für Professorinnen und Professoren sind neben den allgemeinen dienstrechtlichen Voraussetzungen grundsätzlich


    1.ein abgeschlossenes Hochschulstudium,
    2.pädagogische Eignung,
    3.besondere Befähigung zu wissenschaftlicher Arbeit, die in der Regel durch die Qualität einer Promotion nachgewiesen wird, oder besondere Befähigung zu künstlerischer Arbeit und
    4.darüber hinaus je nach den Anforderungen der Stelle

    a)zusätzliche wissenschaftliche Leistungen,
    b)zusätzliche künstlerische Leistungen oder
    c)besondere Leistungen bei der Anwendung oder Entwicklung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden in einer mehrjährigen beruflichen Praxis.


    (http://www.gesetze-im-internet.de/hrg/__44.html)



    Mit persönlich ist noch nie jemand untergekommen, der ohne Promotion Vorlesungen gegeben hat. Wenn du gleich zwei kennst, mag das an der Hochschule liegen bzw. dem Fachbereich geschuldet sein oder einfach großer Zufall sein.

    Du wirst dich z.B. in der Humanmedizin gewiss sehr schwer damit tun, jemanden zu finden, der eine Professur ohne Doktortitel erlangt hat. Gleiches dürfte für die meisten anderen Fachbereiche gelten.

    Mag sein, dass es Ausnahmen in speziellen Bereichen der Technik und Wirtschaft gibt, wo eine starke Verzahnung zwischen Realwirtschaft und Wissenschaftsbetrieb herrscht. Wahrscheinlich betrifft das, wie bereits erwähnt wurde, aber auch eher FHs als Unis.

    8 Mal editiert, zuletzt von MrJules ()

  • Die Vorstellung, nach 35 Jahren quasi aus dem Dornröschenschlaf zu erwachen und sich zu fragen, was ich all die Zeit gemacht habe und keine Antwort darauf finde

    "Owê, war sint verswunden / alliu mîniu jâr!

    Ist mir mîn leben getroumet / oder ist ez wâr?

    Daz ich je wânde daz ez wære, was daz iht?

    Dar nach hân ich geslafen und enweiz es niht."

  • (...) oder besondere Befähigung zu künstlerischer Arbeit und (...)

    Das ist eigentlich die häufigste Ausnahme, in künstlerischen und musischen Studienfächern sind Professoren in der Regel nicht promoviert. Das ist auch oft nicht möglich oder vorgesehen. Die besondere Befähigung wird z.B. in der Musik über Teilnahme an Meisterklassen, bisherige Engagements etc. nachgewiesen.

  • OT, aber darf ich fragen, warum das in künstlerischen und musischen Studienfächern "nicht möglich oder vorgesehen" ist? Hier gibt es grundsätzlich doch auch wissenschaftliches Arbeiten, oder?

  • Weil nur die wenigsten Künstler und Musiker auch Kunsthistoriker und Musikwissenschaftler sind, würde ich meinen.

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