Umgang mit extremen Unterrichtsstörungen eines Schülers

  • Hallo zusammen,


    ich bin Vertretungslehrerin und vertrete seit kurzem die Klassenlehrerin einer 1. Klasse, da diese (wegen eines Unfalls) bis mindestens zu den Osterferien ausfällt. Dort gibt es einen Schüler (Wiederholer), dessen Verhalten den Unterricht massiv stört und mich (und auch seine Klassenkameraden) zunehmend nervt. Der Schüler schafft es nicht mal 5 Minuten auf seinem Stuhl zu sitzen und ruhig zu sein. Er steht im Unterricht dauerhaft auf, egal was wir machen (Frontalunterricht, Einzelarbeit, ein Spiel spielen, einen Englisch Song hören, ich lese vor, etc). Erarbeiten wir etwas gemeinsam an der Tafel, steht er plötzlich vor mir und möchte die Tafel putzen, Arbeitsblätter (die es gar nicht gibt) verteilen, die Klasse fegen, an die Tafel schreiben... Ich muss ihn dann persönlich zu seinem Platz eskortieren, da er sonst meine Worte/Anweisung ignoriert und beispielsweise einfach mit dem Putzen der Tafel beginnt oder zum Pult läuft und nach Arbeitsblättern zum Austeilen sucht. Ich habe ihn verbal auf alle erdenklichen Weisen schon auf sein Fehlverhalten hingewiesen: nett, direkt, bestimmt, Ich Botschaft, Du Botschaft, mit Vornamen ansprechen, etc. Ich habe ihm ebenfalls angeboten, dass er die besagte Tätigkeit (z.B. Tafel putzen) nach der Stunde/dem Unterricht machen kann. Aber er hört einfach nicht. Er hat dann eine Art Tunnelblick, blendet alle Worte um sich herum aus und beginnt einfach mit der Tätigkeit, die er machen möchte. Wenn er sich mal an seinem Platz befindet, ruft er unnötige Beiträge in die Klasse (z.B. "Frau XY, weißt du waaas...", "Ey, wer mag alles Käse", "Wann ist Pause?" "Mir ist langweilig") oder er macht Geräusche ( z.B. mit Hand/Bleistift auf den Tisch hauen, auf den Boden stampfen, kramen, etc.) oder er bewegt sich am Platz (z.B. er steht auf, setzt sich auf seine Schultasche, legt sich auf den Tisch, kippelt mit dem Stuhl, legt sich auf den Boden, bleibt einfach stehen, etc). Dieses Verhalten zeigt er auch während Stillarbeitsphasen, wenn ich etwas vorlese, wenn wir ein Spiel spielen... Selbst wenn wir in Englisch einen Song hören, steht er plötzlich vor mir und sagt "Mir ist langweilig, wann ist Pause?". Ich versuche, viele Bewegungspausen zu machen, aber an diesen beteiligt er sich nur, wenn wir machen, worauf er gerade Lust hat. Machen wir ein anderen Bewegungsspiel, bleibt er beleidigt sitzen (sieht dann aus, wie ein Kleinkind in der Trotzphase). Stillarbeitsphasen sind gar nicht möglich, weil er ständig durch die Klasse rennt und Lärm macht. Bei der Klassenlehrerin musste er deshalb fast immer außerhalb des Klassenzimmers arbeiten, in der Pause drinnen bleiben und nacharbeiten (wegen seiner permanenten Störungen arbeitet er so gut wie nie im Unterricht) oder er durfte an "schönen Dingen" (Film gucken, draußen Blätter sammeln, etc.) nicht teilnehmen. Mir gefallen die Maßnahmen eigentlich nicht so, weshalb ich sie bisher vermieden habe. Für mich als Laie sieht sein Verhalten stark nach ADHS oder ähnlichem aus. Ich hatte dies mal im Kollegium angesprochen, aber das interessiert keinen so richtig. Ich müsse mich nur durchsetzen oder ihn der Klasse verweisen. Laut seiner alten Klassenlehrerin wäre dieses Verhalten letztes Schuljahr wenig ausgeprägt gewesen. Seit diesem Schuljahr zeigt er dieses Verhalten jedoch massiv. Ich habe schon die Anschaffung eines Wackelkissens, Sitzballs o.ä vorgeschlagen, weil ich dachte, es könnte dem Schüler vielleicht helfen. Nunja, wie üblich: wer soll das bezahlen... Eine Art Token-System wurde bereis von der Klassenlehrerin versucht. Diese meinte, es hätte für 1 Woche gut funktioniert und dann kamen lauter schlechte Wochen, sodass sie es schließlich aufgegeben hat. Wegen Corona dürfen wir momentan auch nicht die Sitzordnung ändern, wobei er aber momentan in der 1. Reihe nah am Pult sitzt. Davor saß er auch schon ganz hinten, mit dem Gesicht zur Wand, und ganz vorne neben der Tafel (ebenfalls mit dem Gesicht zur Wand). Die Sitzordung hatte allerdings wenig Einfluss auf sein Verhalten.


    Entschuldigung für den langen Text, aber ich bin wirklich ratlos. Das Verhalten des Schülers stört massiv den Unterricht und so kann es nicht weitergehen. Seine Mitschüler sind zunehmend genervt und beschweren sich ständig über ihn. Er wird langsam unbeliebt. Ich merke, dass ich mittlerweile nur noch sein anstrengendes/nerviges Verhalten sehe und nicht mehr seine guten Seiten. Ich möchte verhindern, dass sich eine Negativspirale entwickelt. Aber ich weiß nicht wie. Meiner Meinung nach sollte man das Kind mal testen lassen. Es muss ja irgendeinen Grund für dieses Verhalten geben. Nunja, bei dem, was ich von seiner Mutter bisher mitbekommen habe, scheint er kein so intaktes Elternhaus zu haben. Der Schüler hatte neulich sogar erzählt, dass seine Oma meinte, dass er ins Heim soll, weil sie findet, dass sich die Mama nicht gut um ihn kümmern würde. Die Mutter ist bereits mehrfach negativ in der Schule aufgefallen. Wegen Unzuverlässigkeit, wiederholter Missachtung der Schul- und Corona-Regeln oder, weil sie wie eine Furie ins Schulgebäude stürmte und über den Flur brüllte, dass ihr Sohn sich gefälligst beeilen soll. Es wirkt, als würde man Gespräche mit ihr lieber vermeiden wollen. Es scheint schwierig, die Eltern bzw. Mutter mit ins Boot zu holen.
    Auch wenn es schwierig ist, ich möchte den Schüler eigentlich noch nicht aufgeben.

    Habt ihr vielleicht Tipps/Ideen, wie ich ihn dazu bringe, den Unterricht nicht mehr so massiv zu stören? Bin dankbar für alles!

  • Oh Mann, das klingt schwierig und ich fürchte aus der Entfernung kann man da keine wirklichen Tipps geben, zumal ja schon einiges probiert wurde.

    Guck dass du dir professionelle Hilfe suchst. Gibt es an der Schule einen Sonderpädagogen? Hast du schonmal die Schulpsychologie kontaktiert? Ich weiß nicht, wie das in NRW organisiert ist, aber es muss irgendwelche professionellen Beratungsangebote geben. Frag deine Schulleitung danach. Mich wundert aber auch, dass da noch nichts gelaufen sein soll. Als Verweilier hat er ja schon anderthalb Jahre Schule hinter sich. Wurde da (außer rausschicken) noch gar nichts in die Wege geleitet?


    Für mich als Laie sieht sein Verhalten stark nach ADHS oder ähnlichem aus. Ich hatte dies mal im Kollegium angesprochen, aber das interessiert keinen so richtig. Ich müsse mich nur durchsetzen oder ihn der Klasse verweisen.

    Diese Haltung von Kollegen kenne ich auch noch.... ätzend und null hilfreich.

    Das sind dieselben, die jegliches abweichende Verhalten mit "der ist nur nicht richtg erzogen" abtun.

    Sicher erscheint mir nur, dass das Kind dringend Hilfe braucht.

    Letztlich muss man herausfinden, warum er sich so verhält. Danach richtet sich dann auch die Hernagehensweise. Es ist ein Unterschied ob es tatsächlich ADHS ist (könnte sein, muss aber nicht) oder zuHause gerade landunter ist oder oder oder...

    es gibt gerade bei solchen Kindern leider keine Patentrezepte.

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

  • Das ist anstrengend. Ich schließe mich icke an, ihr müsstet sonderpädagogische Überprüfung anleiern, das Kind ist massiv emotional gestört und braucht dringend Hilfe. Und du musst die Möglichkeit haben, dich um die Klasse zu kümmern, die ebenfalls Anrecht auf Unterricht und Zuwendung hat.


    Aaaaaber leider ist ja Pandemie und du nicht Klassenlehrerin, daher hast du kaum Handhabe. Damit du die nächsten Wochen überlebst, würde ich ggf. Folgendes versuchen:

    1. Kopiere einen Hefter zusammen mit Schreibübungen, Plusaufgaben im Zehnerbereich, Mandalas, Unterschiede-Suchbildern und unterteile nach Wochentagen (jeden Tag 2-4 Blätter).

    2. Klebe zwei farbige Pappscheiben aufeinander und besorge eine 15-min.- Sanduhr oder eine der Uhren, bei denen die Zeit sichtbar als rote Scheibe abläuft

    3. Sprich mit dem Kind: Pass auf, Carlos, ich merke, du kannst gerade nicht so lang Unterricht machen. Wir machen das so. Hier ist dein Wochenhefter... (erklären) und hier eine Sanduhr. Immer wenn wir Englisch haben (Sitzkreis machen/whatever) gebe ich dir ein Zeichen und dann darfst du 15 min im Hefter arbeiten. Wenn die Zeit um ist, drehst du deine "ich bin fertig" - Ampel um (grünrote Pappscheibe) und dann komme ich zu dir und helfe dir und bin nur für dich da. Während die Sanduhr läuft, arbeitest du. Ich spreche dann nicht mit dir und schicke dich wieder an den Platz. Bis die Uhr fertig ist, du gearbeitet hast und die Ampel umgedreht hast.

    4. Klasse kurz und knapp informieren.

    5. Wenn das irgendwie klappt, egal, was er in seinen Hefter kritzelt, würde ich Maoam im Schrank haben und allen für die gelungene Englischsstunde ein Maoam hinlegen. Weil jeder so toll gearbeitet hat/die anderen unterstützt hat, dass sie lernen konnten/freundlich geblieben ist...


    Mag sehr lerntheoretisch klingen, aber psychologische Wunder gehen gerade nicht.

  • Hier solltest du unbedingt einen Sonderpädagogen mit ins Boot holen wie icke schrieb. Klingt für mich aus der Ferne nach einem Kind, das gut eine Integrationskraft vertragen könnte.


    Vielleicht könntest du es mal mit einem z.B. mit Körnern, Granulat, Bohnen oder so gefülltem Stofftier versuchen, das sich anpasst und dass man sich auf den Schoß oder die Schulter legen kann. Das Stofftier braucht Hilfe, sich in der Schule zurechtzufinden, XY kennt sich doch schon aus und darf dem Stofftier dabei helfen. Das Stofftier sollte in der Stunde nicht runterfallen, es darf z.B. auf dem Schoß sitzen. Fällt es zu oft auf den Boden oder wird es geworfen, ruht sich das Stofftier eine Zeit lang in seinem Käfig/Bett etc. aus. Wenn der Junge auf das Stofftier anspringt, kann das anspornend wirken. Ich hatte einen Schüler bei dem das sehr gut geklappt hat. Das Stofftier, das natürlich einen Namen bekam, blieb aber immer in der Schule und leistete dem Klassenstofftier Gesellschaft.


    Lärmschutzkopfhörer (Mickymäuse) wären evtl. eine Idee für Stillarbeitsphasen.

    Eine Strukturierung des Tagesablaufes in der Schule scheint mir auch sinnvoll, denn er fragt ja offenbar öfter nach, wann z.B. Pause ist. Evtl. einen vorhandenen bebilderten Stundenplan der Klasse kleiner kopieren und ihm jeweils den entsprechenden Wochentag aushändigen. Mit einer Wäscheklammer mit seinem Name drauf (und ggf. dem des Stofftieres) kann diese durch die Stunden wandern.


    Ein Tokensystem macht meiner Meinung nach nur dann Sinn, wenn der Junge überhaupt eine Chance hat, erwartete Ziele zu erreichen. Sonst ist es nur frustrierend.

    Pausenverbot bei Kindern mit großem Bewegungsdrang finde ich auch kontraproduktiv.


    Die Arbeitsaufträge für ihn würde ich stark kürzen, wenn die anderen in Mathe die ganze Aufgabe 1. a) bis e) machen, macht er jetzt erstmal nur 1. a).

  • Vielleicht könntest du es mal mit einem z.B. mit Körnern, Granulat, Bohnen oder so gefülltem Stofftier versuchen, das sich anpasst und dass man sich auf den Schoß oder die Schulter legen kann.

    Merke ich mir... Danke... und falls die Kinder es nicht wollen, nehme ich's :victory:

  • sieht dann aus, wie ein Kleinkind in der Trotzphase

    Das ist der Knackpunkt, denn er scheint emotional in diesem Alter zu sein und genau "musst du ihn abholen" (bitte enschuldige diese Phrase). Er ist innerlich einfach ein Kleinkind, warum auch immer, jedenfalls ist er noch nciht reifer und alle Methoden und Tricks, die bei Gleichaltrigen funktionieren, helfen bei ihm nicht, da er innerlich noch gar nicht so weit ist.

    So, wie würdest du also mit einem 3jährigen umgehen? Das musst du dir überlegen (denk zB auch an Methoden aus dem Kindergarten).

    Gleichzeitig musst du ihm die Möglichkeit schaffen, nicht als Baby dazustehen vor der Klasse (dass er aber wiederum innerlich ist), er muss die Möglichkeit haben, "cool" zu sein, damit er einen Stand in der Klasse hat (irgendwelche Sonderaufgaben, die er als cool akzeptiert).

    Hift dir das?

    Es ist eine extreme Gratwanderung und am besten wäre eine Schulbegleitung für das Kind.

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

  • PS Mir hilft es oft schon, in Stressmomenten daran zu denken, dass dieses Kind innerlich 5 Jahre jünger ist, dann kann ich spontan anders reagieren und rege mich (hoffentlich) wneiger darüber auf. Ich kann es eher hinnehmen.

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

  • Das Ganze wirkt übrigens von deiner Beschreibung her nicht nach ADHS. Hier würde ich persönlich eher einen Blick Richtung Elternhaus werfen. Das hilft dir aber als Vertretungslehrerin nicht weiter, da verweise ich auf die bisher geäußerten Tips. In meinem Wirkungsbereich (also deutlich ältere Jugendliche) ist sowas auch eher ein Fall für einen Integrationshelfer.

  • Da das jetzt so oft vorgeschlagen wurde, würdet ihr bei einem solchen Kind wirklich einen Integrationshelfer bekommen? Nicht, dass ich nicht finde, dass das sinnvoll wäre, es wäre hier schlicht nicht möglich. Sowas geht bei uns nur mit ganz klarer medizinischer Diagnose wie Downsyndrom, Autismus etc. ADHS wäre schon nicht ausreichend.

    Sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf könnten wir hier auch nicht einleiten, erst im dritten Schulbesuchsjahr, ESE nur bei Selbst- und Fremdgefährdung, LE nur bei einem IQ unter 85. Nicht, dass ich das gut finde, aber so sieht es bei uns aus (NRW).

  • Guten Abend,


    ich möchte mich für die bereits hilfreichen Beiträge bedanken. Ich habe heute direkt das Gespräch mit der Sozialarbeiterin gesucht. Diese hat mir meinen Eindruck über die schwierigen familiären Verhältnisse des Schülers bestätigt. Eltern getrennt, keinen Kontakt zum Vater, er hat noch 2 Geschwister im Kleinkindalter, die Familie hat sehr wenig Geld und ist auf Essens- und Kleiderspenden angewiesen. Es liegt beim Jugendamt auch eine anonyme Anzeige wegen Kindswohlgefährdung vor. Die nehmen anonyme Anzeigen jedoch scheinbar nicht so ernst...

    Wir haben leider keine ausgebildete Sonderpädagogin an unserer Schule. Wir haben eine Lerntherapeutin (in Teilzeit), die sich aber eigentlich nur um SuS mit großen Lernschwierigkeiten bzw. FSP Lernen kümmert. Sie hat sich den Schüler mal aus dem Unterricht rausgenommen und überprüft, ob er vielleicht über- oder unterfordert mit dem Stoff ist und deshalb stört. Ist er wohl nicht. Dies deckt sich auch mit meinem Eindruck und dem der Klassenlehrerin. Ihr ist aber auch aufgefallen, dass er Schwierigkeiten mit dem Stillsitzen und der Konzentration hatte. Er war aber sehr bemüht "gute Ergebnisse" abzuliefern und alle Aufgaben zu lösen.


    Cat1970

    das "Körnerstofftier" finde ich eine super Idee! Das möchte ich unbedingt ausprobieren. Gibt es Richtwerte für Größe/Gewicht des Tieres? Was sage ich den anderen Kindern? Ich habe da einige Kandidaten, die dann bestimmt auch ein Stofftier haben möchten und sich ungerecht behandelt fühlen, wenn sie keins bekommen. Die Kopfhörer finde ich ebenfalls super. Wir haben auch welche davon und die Kinder lieben sie (wir haben oft nicht genug für alle). Allerdings dürfen wir die (wegen Corona) momentan nicht benutzen, weil unhygienisch und so...


    Ilse2

    Bei uns ist das auch so. Solange keine offizielle Diagnose da ist, gibt es nichts an Unterstützung, aber auch gar nichts. Kein Cent, keine Ressource wird locker gemacht. Wir haben z.B. auch Kinder, die in Deutschland geboren sind, aber trotzdem kein Wort Deutsch sprechen und es auch nicht verstehen (die Eltern übrigens auch nicht). Diese Kinder erhalten keine Sekunde an Sprach- bzw. Deutschförderung. Nicht mal ein von der Schule bezahltes Arbeitsheft. Weil es ihnen "nicht rechtlich zusteht", weil sie ja in Deutschland geboren sind und keinen Förderbedarf haben. Bei uns herrscht im übrigen auch die Einstellung "3 Jahre Schuleingangsphase, dann AO-SF. Vorher muss man sich nicht unnötig stressen"

  • Sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf könnten wir hier auch nicht einleiten, erst im dritten Schulbesuchsjahr, ESE nur bei Selbst- und Fremdgefährdung, LE nur bei einem IQ unter 85. Nicht, dass ich das gut finde, aber so sieht es bei uns aus (NRW).

    Offtopic, ich habe es vor kurzem schon einmal gefragt, aber es interessiert mich tatsächlich: Wenn dem so ist, wo kommen in NRW die Kinder her, die ab der ersten Klasse eine Förderschule besuchen?

  • Das widerspricht meinen Erfahrungen. Natürlich kann man ein AOSF auch in der 1. Klasse einleiten, nur nicht für LE.

    Ob LE vergeben wird, hängt nicht nur mit dem IQ zusammen, sondern auch mit den Formulierungen im Gutachten.

    Und Schulbegleiter können Kinder auch ohne AOSF bekommen. Das hängt nicht zusammen.

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

  • Jule, ICH persönlich stimme dir vollkommen zu. Es ändert aber nichts daran, dass wir bei uns Anträge, die gestellt werden bevor das Kind im dritten Schulbesuchsjahr ist, postwendend vom Schulamt zurück bekommen, wegen "müssen präventiv gefördert werden". Ist ja auch nicht ganz unrichtig, fragt sich halt nur, wer das denn leisten soll (das gilt für die Förderschwerpunkte Lernen, Emotionale und soziale Entwicklung und Sprache, andere Förderschwerpunkte dürfen auf Antrag der Eltern eingeleitet werden). Bei ESE zählt hier leider auch nur Selbst- und Fremdgefährdung, Sprache dürfen wir fast nur bei deutschen Muttersprachlern einleiten, Lernen nur dann, wenn es einen IQ-Test mit entsprechendem Ergebnis gibt (der darf im Übrigen nicht der CFT sein). Unsere Schulrätin ist da sehr... speziell.

    Schulbegleiter gibt es, wie schon geschrieben, nur mit einer medizinischen Diagnose.

  • Es liegt beim Jugendamt auch eine anonyme Anzeige wegen Kindswohlgefährdung vor. Die nehmen anonyme Anzeigen jedoch scheinbar nicht so ernst...

    Das kann doch nicht sein. Je nachdem wie aggressiv eine Person ist, traut sich doch niemand eine Kindeswohlgefährdung mit echtem Namen anzuzeigen. Und dann werden anonyme Anzeigen nicht wirklich beachtet? :autsch:

    Bildung ist die Fähigkeit, fast alles anhören zu können, ohne die Ruhe zu verlieren oder das Selbstvertrauen. (Robert Frost)

    Bildung kann einen sehr glücklich und gelassen machen. (Günther Jauch)

    Was nützt es dem Menschen, wenn er Lesen und Schreiben gelernt hat, aber das Denken anderen überlässt? (Ernst R. Hauschka)




  • Ich schreibe hier auch nicht für ganz NRW, sondern für "mein" Schulamt. Gut finde ich das nicht, ist aber so.

    Ich denke, das ist schlicht eine Sparmaßnahme. Nicht gemeldete Kinder tauchen nicht in der Statistik auf und es müssen keine Mittel zur Verfügung gestellt werden.

    Zudem liegt meine Schule in einem Einzugsgebiet, wo es vielen Eltern wichtiger ist, dass das Kind "normal" beschult wird, als dass es passend gefördert wird. Medizinische Unterlagen sind nicht existent und die werden hier benötigt, um ein AOSF im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen einleiten zu dürfen (Schulamt lehnt sonst die Eröffnung des Verfahrens ab).

  • Da das jetzt so oft vorgeschlagen wurde, würdet ihr bei einem solchen Kind wirklich einen Integrationshelfer bekommen?

    Hier wäre das so, ja. Ob man jemanden bekommt und wer das dann ist, ist ein anderes Thema, aber wenn die Eltern mit im Boot sind, würde so ein Kind schnell einen Integrationshelfer bekommen. An meiner Schule ist sogar ein Kind, wo die Integrationshelferin in erster Linie dazu beiträgt, die schulischen Leistungen des Kindes zu verbessern. Eine Integrationshilfe im eigentlichen Sinne braucht das Kind längst nicht mehr.


    Jandel, für deinen Schüler könnte das ein Weg sein, jemanden in die Schule zu bekommen, der ggf. mit dem Kind rausgehen kann. Sei es, damit die beiden draußen in Ruhe zu zweit arbeiten oder dass wenigstens der Rest der Klasse in Ruhe arbeiten kann. Das wäre natürlich auch eine Zweckentfremdung der Integrationshilfe, aber u. U. sehr sinnvoll.

  • Ist es ein ganz dummer Vorschlag ... trotz des schlechten Eindrucks, den Du von ihr hast, erst einmal mit er Mutter zu reden?

    Unabhängig von "Es wirkt, als würde man Gespräche mit ihr lieber vermeiden wollen. Es scheint schwierig, die Eltern bzw. Mutter mit ins Boot zu holen."

    Das weiß man erst, wenn man es versucht hat und vielleicht ergibt das Gespräch neue Infos oder Ansätze.

  • Und wer soll den feststellen?

    Entweder Psychologen/ Psychiater zu denen die Eltern bereits gegangen sind oder die an den Regelschulen tätigen Sonderpädagogen. Ja, das ist nicht richtig, sehe ich auch so. Im Grunde müssten wir das Verfahren schon durchgeführt haben, bevor wir es einleiten dürfen.

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