Lärmbelastung im Klassenzimmer

  • Hallo zusammen,


    wie wahrscheinlich viele von euch unterrichte ich in einem ziemlich alten Schulgebäude. Das bringt Vorteile mit sich, z. B. sind die Räume etwas großzügiger dimensioniert, allerdings auch viele Nachteile... Miefende Toiletten, eine Farbgebung zwischen Eitergelb und Rotzgrün und nicht zuletzt eine furchtbare Akustik:


    In unseren Klassenzimmern gibt es faktisch nichts, das Schall schluckt. Man ist umgeben von harten, glatten Oberflächen - Wände, Möbel, Fenster. Das führt dazu, dass sämtlicher Lärm sich potenziert und man jeden Tag mit brummendem Schädel nach Hause geht. Dafür muss die Klasse gar nicht sonderlich laut oder undiszipliniert sein. Gruppen- und Partnerarbeiten in gemäßigter Lautstärke reichen aus.


    Ich wollte diesen Umstand nicht tatenlos akzeptieren und habe es tatsächlich geschafft, dass sich jemand vom Baureferat der Stadt die Sache angesehen hat. Ich rechnete schon mit den üblichen Aussagen: Zu teuer, kein Geld da, Denkmalschutz, etc. Diese Dinge wurden mir dann auch von dem Herren angeführt. Hinzu kam, dass die marode alte Decke keine Akustikdecke tragen könne. Der Mann gab mir absolut recht, dass die Akustik im Raum furchtbar sei - und dass das bei diesen baulichen Gegebenheiten kein Wunder sei! Aber man könne bestenfalls ein paar Panele an der Wand anbringen, die den Schall etwas schlucken - aber viel brächten die auch nicht, es müssten sämtliche Pinnwände dafür runter und es könnten keine Kalender, Schülerarbeiten, etc. mehr aufgehängt werden.


    In anderen Berufen gibt es Dezibelgrenzen und der Arbeitgeber hat für Gesundheitsschutz in Form von Lärmschutz zu sorgen. Nicht so bei Vater Staat. Da stopft man Kinder und Erwachsene in völlig veraltete Gebäude und überlässt sie sich selbst.


    Hat man da irgendwelche Möglichkeiten/Hebel die man noch in Bewegung setzen könnte? Irgendwelche Paragrafen, mit denen man die Stadt zum Handeln zwingen kann?



    P.S.: Immer wieder beschweren sich Schüler, dass das Wasser komisch schmecke. Kommentar des Mitarbeiters der Gemeinde: Legionellen gibt es mehr oder weniger überall und bisher ist doch noch keiner umgefallen. Wird die Trinkwasserqualität in Schulen alle paar Jahre mal überprüft?

  • Gibt auch Böden, die die Akustik verbessern. Habt ihr Gardinen? Wir hatten mal einen Raum mit Echo. Da hat dann ein Vater so ein großes Schallschluck-Dingens mitgebracht und an die Wand gelehnt (sah aus wie eine sehr feste Schaumstoffmatratze), das zwar nicht sehr dekorativ war, aber tatsächlich etwas geholfen hat. Ich würde die Paneele nehmen und Schülerarbeiten an Stellwänden präsentieren. Oder im Flur Möglichkeiten dafür schaffen und Schranktüren zu Pinnwänden umfunktionieren. Eltern ins Boot holen. Bei dem Lärm kann doch keiner lernen! Hilfreich sind auch hörgeschädigte Kinder, denn für die muss der Raum entsprechen angepasst werden. Wenn du allein auf weiter Flur leidest: Gibt auch vom Hörgeräteakustiker angepasste Ohrstöpsel.

  • Die Sache mit dem Boden habe ich auch vorgeschlagen... Denkmalschutz. Das wunderschöne historische Linoleum in depressivem Beige muss erhalten werden. Vorhänge habe ich auch vorgeschlagen... Die Decke und Wände tragen keine Halterung. Und Akustikvorhänge bringen nur wirklich etwas, wenn sie dauerhaft zugezogen sind.


    Echo habe ich auch im Raum, wenn er leer ist. Werde mal rumfragen, ob nicht ein Kind vielleicht Hörprobleme hat. :)

  • Hinzu kam, dass die marode alte Decke keine Akustikdecke tragen könne.

    Das Stichwort ist hier Schalldämpfung. Was die Decke mit Sicherheit tragen kann sind Absorber aus Basotect: https://www.schaumstofflager.de/basotect/ Die Fläche, die beklebt werden müsste und die Stärke des Materials müsstet ihr euch ausrechnen lassen. Bei euch geht es ja um Sprache, ich glaube, da liegt ihr mit etwa 5cm Stärke richtig. Wenn die Hälfte der Decke beklebt wird, dürfte das einen deutlich spürbaren Effekt haben. Der Haken sind allerdings die Kosten: 1.200 bis 2.000 € Materialkosten für 40 m2 …

  • Ich hatte mal eine Kollegin, die hat aus Protest eine Wand der Klasse mit Eierpalettenkartons beklebt. Hat der Akustik geholfen. Optisch war es nicht so schön... Komischerweise gab es auch keinen Ärger mit dem Bransdschutz.

  • Das Problem kenne ich sehr gut. Gerade moderner Unterricht sorgt für extreme Lautstärke. Du findest im Netz diverse Brochüren über die Auswirkung der Akustik auf den Unterricht. Es ist wohl so, dass es einen Effekt gibt, dass sich der Geräuschpegel immer weiter aufschaukelt, wenn die Nachhallzeiten einen bestimmten Wert überschreiten.


    Ich selbst habe ein bei Stillarbeit alleine vom Scharren der Füße und den Kratzen der Stifte etwa 60-70 Dezibel vorne am Pult gemessen. Bei disziplinierter Partnerarbeit waren es 70-80, bei Gruppenarbeit eher mehr… in der Turnhalle haben Kollegen über 110 gemessen…


    Ich habe mir den Mund fusselig geredet dass die Schüler nichts verstehen können - weil tatsächlich nur ein Bruchteil akustisch ankommt - bekommt man auch mit wenn man bei Referendaren hinten drin sitzt. Und was machen Schüler, wenn zuhören anstrengend ist? Abschalten. Im Zweifelsfall noch mehr Lärm. Aber das interessiert einfach keinen. Muss am Unterricht liegen dass die Schüler schlecht lernen.


    Lärm bedeutet leider auch Stress für alle Beteiligten. Es macht Lehrer und Schüler krank. Erstere sind sich dessen nie mehr bewusst.


    Anekdote: ein älterer, sehr geschätzter Professor begann seine Vorlesung vor Lehrämtlern mit einem intelligenten Vortrag über Körperverletzung, wobei er sich auf das laute, respektlose Verhalten der Studenten im überfüllten Hörsaal in der vorangegangenen Woche bezog. Dann nahm er seine Sachen und ging wortlos raus …

  • Wir haben unten die Pinnwände behalten und oben drüber Paneele, das hilft wirklich schon viel.

    Es gibt auch schallschluckende aufhängbare Elemente.


    Wenn dieDecke so marode ist, dass sie nichts trägt, sollte man in Zweifel, ob die Räume überhaupt als Klassenräume genutzt werden können, nicht dass euch der Himmel auf den Kopf fällt (hier schon passiert, zum Glück waren keine Personen im Raum).

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