Das Problem mit der Mathematik - liegt hier vielleicht die Antwort, weshalb Mathe das "Hassfach" Nr. 1 ist...?

  • werdet ihr auch nicht immer einen Taschenrechner dabei haben!"

    Der Taschenrechner oder die App nützt aber auch nur was, wenn man damit umgehen kann.


    Ansonsten scheint man sich heutzutage nicht mehr zu blamieren, wenn man $2 \cdot 3$ irgendwo eintippen muss.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

  • Ich bin trotzdem jedes Mal erschrocken, wenn Schülys für 3! Einen Taschenrechner rausholen, oder behaupten 3^2=6...

    das sollte man in der 12. Klasse schon noch können.

    Aber sie denken gar nicht mehr nach. Fakultät ist schwer, wird immer mit Taschenrechner gerechnet... auch bei so kleinen Zahlen.

    Only Robinson Crusoe had everything done by Friday.

  • Bei der Förderschule müsste ich eigentlich noch einmal GE ausklammern, weil den Kids teilweise wirklich kognitive Grenzen gesetzt sind, für die sie nun wirklich nichts können. Von dieser kleinen Gruppe aber mal abgesehen muss unser Mindestziel als Gesellschaft sein, dass jedes mündige Mitglied grundlegende Rechenoperationen im Kopf ausführen kann.

    Ich muss dich wieder enttäuschen, aber auch Lernbehinderte können nun wirklich nichts für ihre Grenzen. Eigentlich kann niemand was dafür, welche kognitiven Grenzen er hat, oder nicht? Weißt du nicht ziemlich genau, wo deine persönlichen Grenzen sind? Kannst du sie willentlich überschreiten?


    Natürlich ist es das Ziel, dass sie verstehen, was man in der Schule macht. Aber Ziel und Realität stimmen nicht immer überein. Deswegen können nicht alle sinnentnehmend lesen und nicht unter und über den Zehner rechnen, wenn sie die Lernförderschule verlassen.


    Schriftliche Addition kriegen die meisten hin, weil das Verfahren auswendiggelernt werden kann. Aber einen Sachverhalt jenseits von "ein Pulli kostet 20 Eur, ein Pulli kostet 50 Eur, wie viel kosten beide zusammen?" zu mathematisieren können sie eben nicht. Deswegen Lernbehinderung und die persistiert auch über den Schulabschluss hinaus.

  • Ich bin trotzdem jedes Mal erschrocken, wenn Schülys für 3! Einen Taschenrechner rausholen, oder behaupten 3^2=6...

    das sollte man in der 12. Klasse schon noch können.

    Aber sie denken gar nicht mehr nach. Fakultät ist schwer, wird immer mit Taschenrechner gerechnet... auch bei so kleinen Zahlen.

    Meine seufzen schon immer laut auf, wenn sie zum Zusammenrechnen ihrer Punkte bei Tests und KAs bei mir nicht den Taschenrechner verwenden dürfen, sondern ich Kopfrechnen erwarte und "Kopfrechnen kann ich nicht so gut" - Sprüche mit Verweisen auf den ersten Teil der Abschlussprüfung (ohne Taschenrechner) und einem Hinweis auf offenkundig erforderliche Übung quittiere.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • (Ja, ich finde Kopfrechnen wichtig und sinnvoll. Aber ob es wirklich ein Mindestziel ist? *kopfkratz*)

    Ja, damit die darauf aufbauenden Themen schneller ablaufen!


    Schriftliche Division geht nur flüssig, wenn man das kleine 1x1 beherrscht (sonst überlegt man ewiglange, wie oft die 7 in die 58 passt).

    Abschätzungen (Wie viel m² Rasenfläche hat ein 41m x 68m großer Platz?) sind auch im Kopf viel schneller als das Handy aus der Tasche zu holen, einzutippen (womöglich noch mit Tippfehler), um dann stolz zu verkünden, es sind 740 km².

    Die Quadratzahlen sollte man bis 25² auswendig können, um auch das Wurzelziehen im Kopf zu beherrschen und Abschätzungen vornehmen zu können.

    Termumformungen und Potenzen gehen im Kopf viel schneller als wenn jede Rechnung erstmal eingetippt werden muss.


    Außerdem geht es dabei auch ums Lernen. Sonst wäre Mathe hauptsächlich "Verstehen von Rechenwegen und Bedienen des Taschenrechners", das wäre aber in etwa so, als würde man Sprachen ohne Vokabeln lehren, Geschichte ohne Jahreszahlen und Chemie ohne Rückgriff auf die Elemente.


    À+

    • Offizieller Beitrag

    Um noch einmal hierauf zurückzukommen:

    Der Sinn schulischer Bildung ist auch, dass Du Dich in Deinem Lebensalltag zurechtfindest.

    Du entwickelst in der Schule Lesekompetenz, Problemlösekompetenz, Reflexions- und Abstraktionsvermögen sowie Urteilskompetenz - und hin und wieder auch Denken.

    Alles das befähigt Dich dazu, Dir entsprechende Expertise anzulesen oder anderweitig anzueignen, um beispielsweise eine Versicherung abzuschließen oder einen Mietvertrag zu unterschreiben.

    Wenn Du Goethe, Einstein, Fibonacci und Co. als konkrete und unmittelbare Hilfen für Deinen Alltag, dessen Bewältigung bzw. jede beliebige "problematische" Situation heranziehen willst, dann hast Du den tatsächlichen Wert schulischer Bildungsinhalte bis heute nicht verstanden.


    Wie man als angehende/r Akademiker/in sich darüber auslassen kann, dass einen die Analyse eines Goethe-Gedichts oder die Kenntnis der Relativitätstheorie nicht vor dem Knast bewahrt, macht mir hingegen wirklich Sorgen.

  • Bei der Förderschule müsste ich eigentlich noch einmal GE ausklammern

    Neben GE und Lernen gibt es auch eine große Anzahl an Förderschülern unterschiedlicher Förderschwerpunkte, die nach den Bildungsgängen/Lehrplänen der allgemeinen Schule unterrichtet werden.


    Zum Thema der Relevanz der verschiedenen Rechenmethoden (Kopfrechnen, (halb)schriftlich, Taschenrechner) habe ich gerade in dem anderen Thread zur Subtraktionen einen Artikel verlinkt, der auch hier für den ein oder anderen interessant sein könnte: JMD 14 (1993), H. 3/4 (uni-paderborn.de)

  • Neben GE und Lernen gibt es auch eine große Anzahl an Förderschülern unterschiedlicher Förderschwerpunkte, die nach den Bildungsgängen/Lehrplänen der allgemeinen Schule unterrichtet werden.

    Deswegen habe ich auch bewusst nur GE ausgeklammert. Selbst bei Lernen finde ich aus gesamtgesellschaftlicher Sicht, dass der Anspruch bestehen sollte, dass diese Schüler irgendwann in die freie Welt losgelassen werden und zumindest die Grundrechenarten im Kopf beherrschen.

  • Deswegen habe ich auch bewusst nur GE ausgeklammert. Selbst bei Lernen finde ich aus gesamtgesellschaftlicher Sicht, dass der Anspruch bestehen sollte, dass diese Schüler irgendwann in die freie Welt losgelassen werden und zumindest die Grundrechenarten im Kopf beherrschen.

    Ich finde es immer wieder erschreckend, wie wenig Ahnung du von Menschen mit Behinderung hast offenkundig, über die du gerne fröhlich urteilst- von deinem Menschenbild mal ganz abgesehen.


    Es gibt auch Menschen mit Förderschwerpunkt GE, die am Ende nicht in geschützten Werkstätten, sondern auf dem freien Arbeitsmarkt tätig sind. So einen Fall habe ich als ehrenamtliche Helferin bei der Lebenshilfe kennengelernt. Sicherlich ein seltener Einzelfall, aber auch das gibt es eben mit GE. In jedem Fall aber werden Menschen gleich welcher Behinderung nicht "in die freie Welt losgelassen", als wären das im Zweifelsfall "unzivilisierte Wilde", die nur unter engen Voraussetzungen Nichtbehinderten zugemutet werden könnten (und genau das Bild zeichnet die Formulierung für mich). Teilhaberechte hängen auch keinesfalls von Grundrechenarten ab. Der Mann, den ich bei der Lebenshilfe kennengelernt habe, war eindeutig nicht komplett fit bei den Grundrechenarten. Er war aber äußerst zuverlässig als Lagerhelfer und hat genau als solcher, als ich ihn kennengelernt habe, bereits seit fast 30 Jahren gearbeitet ganz ohne irgendeine Eingliederungsmaßnahme für Menschen mit Behinderung. Den Job hatte er sich selbst gesucht gehabt, weil ihm die Arbeit in der geschützten Werkstatt zu eintönig und anspruchslos schien. Grundrechenarten sind nicht alles was zählt..

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

    2 Mal editiert, zuletzt von CDL () aus folgendem Grund: Tippfehler

  • Um ihm diesen Siegeszug nicht zu gönnen und aufzuzeigen, dass ich so nicht mit mir umgehen lasse, kam von mir der klassische "Schüler entdeckt Fehler bei Tafelaufschrieb, Lehrer tut aber so, dass es eine Übung für die Schüler gewesen sei."-Konter, der natürlich nicht ernst gewesen war, aber an der Stelle erst einmal als Dämpfer hilft.

    Ja, deshalb antworte ich jetzt erst. Lindbergh hat mir mit ihrem Dämpfer so richtig einen eingeschenkt, dass ich erst mal drei Tage im Wachkoma lag. Hut ab! Spiel, Satz und Sieg.


    Dadurch hat sie aber auch nicht mehr Ahnung von Mathematik.


    Wer sich anhaltend aus dem Fenster lehnt, darf dich nicht wundern, wenn es ihr auf den Kopf regnet.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

  • Ich denke nicht, dass meine Liste zu lang ist. Sie entspricht auch dem Lehrplan der Volksschulen. Zudem bin ich mit den abgebenden Kollegen der Volksschulen immer im Gespräch. Wir haben ca 5 bis 6 Wochen, um den Stoff der Volksschulen zu wiederholen und zu üben. Die Volksschule hat dafür 4 Jahre Zeit. Das muss reichen. Dann kommt neuer Stoff dazu. Wir haben ebenfalls unseren Lehrplan und müssen auf Ausbildungen bzw weiterführende Schulen vorbereiten.

  • Frechdachs

    Was macht ihr denn mit den Kindern, die Inhalte nicht erlernen können, weil ihnen basale Voraussetzungen fehlen?


    Ist man nicht darum bemüht, allen Kindern das Erfassen der Inhalte (und noch mehr die Mitarbeit) zu ermöglichen?

    Natürlich hätte ich gern, dass alle alles können.

    Das ist aber nicht so.

    Da sind Kinder mit Lernschwierigkeiten und welche mit Unterstützungsbedarf unterschiedlicher Art, es sind Kinder, die die Sprache nicht beherrschen oder die Erkrankungen tragen oder ... aus anderen Gründen fehlen oder nicht gut lernen oder Inhalte noch nicht gelernt haben, obwohl sie Inhalt vorangegangener Schuljahre gewesen wären/ sind.


    Dann muss man doch überlegen und abschätzen, ob es Inhalte gibt, die weniger relevant sein könnten.


    Und ich muss überlegen, welche Fähigkeiten für das spätere Leben relevant sind. Es nützt nichts, wenn Kinder nicht mehr mitkommen, weil ihnen Inhalte aus Klasse 1/2/3 fehlen, und ich sie die kommenden Schuljahre überfordere, weil der Lehrplan es so vorgibt.


    Wie sonst holt man denn Inhalte mit Kindern nach und auf?

  • Die Volksschule kann bei Bedarf den Sonderpädagogischen Förderbedarf (SPF) beantragen. Wir leider nicht mehr, wir können ihn aber wieder aufheben lassen, wenn sich ein Kind noch entwickelt. Wie bereits geschrieben, gilt für diese Kinder der Lehrplan der Sonderschule bzw ein eigener Förderplan. Dafür haben wir Integrationslehrer (Sonderschullehrer).

    Für schwache Schüler, die keinen SPF haben, bieten wir Förderkurse und kostenlose Nachhilfe an. In den meisten Stunden haben wir noch im Rahmen des Teamteachings Ressourcen bzw sie werden dem Leistungsniveau Mittelschule zugeordnet und müssen den gymnasialen Anspruch nicht erfüllen.

    Die Lehrpläne haben bei uns Gesetzescharakter und müssen daher eingehalten werden. Die Überlegung danach, welche Inhalte relevant sind oder nicht, muss ich nicht treffen. Ich kann aber Schwerpunkte setzen. Ich habe auch nicht die Möglichkeit, wie in Deutschland soundsoviel Prozent davon abzuweichen.

    Wenn einem Schüler wirklich die Inhalte aus den ersten 3 Volksschuljahren fehlen sollten, dann liegt der Fehler nicht bei uns, sondern an der Volksschule. Diese Lehrperson ist dann zu entlassen. Aber so eine heftige Situation hatte ich noch nicht. Wir würden wahrscheinlich einen Förderplan erstellen, der aber auch das Wiederholen von Schuljahren beinhalten würde (vermute ich mal, je nach Kind - müsste man sich anschauen). Sollte das Kind ohne Schulabschluss abgehen müssen, gibt es noch weitere Bildungsmaßnahmen.

  • CDL: Danke für dein Beispiel! Meine Erfahrungen mit geistig Behinderten sind in der Tat begrenzt, aber ich freue mich natürlich über jeden Einzelnen, der es auf dem freien Arbeitsmarkt schafft, eine Stelle zu ergattern. Im Lehrplan für die Förderschule GE gibt es in meinem Bundesland sogar extra einen eigenen Kompetenzbereich, der der Vorbereitung auf die spätere Arbeitswelt dient. Ich bin ja jemand, der auch immer den sozialen Aspekt und nicht nur den wirtschaftlichen von Arbeit hervorhebt, daher finde ich es wichtig (genauso wie du, nehme ich an :) ), dass es Behindertenwerkstättten und Arbeiten in geschützten Bereichen gibt.

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