Fragen zum beruflichen Fortkommen als Lehrer

  • Hallo,


    ich überlege, welches Fachgebiet ich nach dem Abitur studieren und welchen beruflichen Weg ich einschlagen möchte. Bisher ziehe ich zwei Möglichkeiten in Betracht:

    • Mathe und Kunst
    • Automatisierungstechnik

    Der zweite Weg hat mehr mit meinem Hobby zu tun, aber während meines Praktikums hat mir die Arbeit in der Industrie nicht so gut gefallen.


    Einer meiner Punkte bei der Entscheidungsfindung ist das Gehalt und der berufliche Aufstieg. Das Einstiegsgehalt für einen Lehrer in Niedersachsen liegt bei 3.744 €, wenn ich es richtig verstanden habe. Wenn ich richtig gerechnet habe, wäre das ein Nettogehalt von 2.410,49 €. Das finde ich ganz gut und motivierend.

    Welche Karrierechancen hätte ich als Lehrer. Wie verändert sich das Gehalt im Laufe der Zeit? Welche anderen Vergütungen gibt es, z.B. Überstundenausgleiche? Wie viel Arbeit muss man nach dem Unterricht noch erledigen?

  • Conni

    Hat das Thema freigeschaltet.
  • Zu den "Karrierechancen-. Da du ein A12 Gehalt angegeben hast, gehe ich von einer Sek I Stelle aus. Da siehst du in den meisten fällen auch schon direkt das Ende der Karriere. Da beförderungsstellen im Sek 1 Bereich recht rar sind. Du bekommst aber mit der Zeit kleinere Gehaltssteigerungen in Form von Erfahrungsklassen ( https://oeffentlicher-dienst.i…=beamte-nds-2023&matrix=1 )


    Mit Überstundenausgleiche ist das so eine Sache. Viele dinge, die man in der freien Wirtschaft als "überstunden" bezeichnen würde, sind in deinem Gehalt mit inbegriffen und werden entsprechend nicht vergütet. Für Dinge, die vergütet werden können (zusätzliche Unterrichtsstunden) bekommst du entsprechend Ausgleich.

  • Automatisierungtechnik wäre Berufskolleg. In NRW startet man mit A13 und guten Einstellungschancen. Industrie 4.0 ist da grad ein Mega-Thema. Am BK sind m.E. die Chancen zur Beförderung A14 hoch. A15 sind ca. 10% der Stellen, also auch realistisch, wenn man den Weg gehen möchten. Wie gesagt: NRW, für andere BL kann ich nicht sprechen.


    Überstundenausgleich gibt es nicht. Wenn es Entlastungsstunden gibt, reichen die meistens nicht aus. und sind allenfalls ein Zeichen des Good-Will. Das dürfte deutschlandweit so sein und ist stark Schulabhängig. Deine Schulleitung muss Deine (zusätzliche!) Tätigkeit für angemessen wichtig erachten, damit sie Stunden aus dem Entlastungstopf dafür bereitstellt. Einige Stunden werden auch durch die Lehrerkonferenz beschlossen, jedoch nach Vorschlag der Schulleitung.

    Auch hier: NRW

  • Mit Überstundenausgleiche ist das so eine Sache. Viele dinge, die man in der freien Wirtschaft als "überstunden" bezeichnen würde, sind in deinem Gehalt mit inbegriffen und werden entsprechend nicht vergütet. Für Dinge, die vergütet werden können (zusätzliche Unterrichtsstunden) bekommst du entsprechend Ausgleich.

    Das was einige Lehrkräfte teils als Mehrarbeit auffassen (wenn man sich hier im Forum und in einigen Kollegien umhört: alles was über Unterricht hinausgeht), stellt oft gar keine Mehrarbeit dar, sondern lässt sich ganz gut in der durchschnittlichen Arbeitszeit von ca. 40-41h/Woche bei 45 Arbeitswochen oder eben 45-46h/Woche bei 40 Schulwochen unterbringen.


    Sollte die Arbeit nicht innerhalb dieser Zeit zu schaffen sein, so ist dies anzuzeigen und gerade nicht damit zu beantworten, auch tatsächlich Mehrarbeit zu leisten. Das ist ein entscheidender Unterschied zur freien Wirtschaft, in der dies ab bestimmten Gehaltsgruppen durchaus systematisch erwartet wird.


    PS: Ich rede bewusst von der durchschnittlichen Arbeitszeit. Uns allen ist klar, dass es im Schuljahr auch Wochen gibt, in denen man definitiv nicht mit 41h auskommen kann. Dazu gehört insbesondere die Korrekturzeit bei Abschlussprüfungen.

  • Das was einige Lehrkräfte teils als Mehrarbeit auffassen (wenn man sich hier im Forum und in einigen Kollegien umhört: alles was über Unterricht hinausgeht), stellt oft gar keine Mehrarbeit dar, sondern lässt sich ganz gut in der durchschnittlichen Arbeitszeit von ca. 40-41h/Woche bei 45 Arbeitswochen oder eben 45-46h/Woche bei 40 Schulwochen unterbringen.

    Ich gebe dir da durchaus recht, allerdings ist das Problem, dass es bei diesen zusätzlichen Aufgaben keine vernünftige Reglung zu gibt, wann die 40/41 Stunden "aufgebraucht" sind.

  • Ich gebe dir da durchaus recht, allerdings ist das Problem, dass es bei diesen zusätzlichen Aufgaben keine vernünftige Reglung zu gibt, wann die 40/41 Stunden "aufgebraucht" sind.

    Miteinander sprechen hilft hier unglaublich. Im Gespräch lassen sich sehr gut Erwartungshaltungen, Umfang der Aufgaben und zur Verfügung stehende Zeitbudgets absprechen. Für die persönliche Steuerung der Arbeitszeit hilft auch deren konsequente Erfassung.

  • Miteinander sprechen hilft hier unglaublich. Im Gespräch lassen sich sehr gut Erwartungshaltungen, Umfang der Aufgaben und zur Verfügung stehende Zeitbudgets absprechen. Für die persönliche Steuerung der Arbeitszeit hilft auch deren konsequente Erfassung.

    Ich kenne einen jungen Kollegen, der das konsequent macht und dokumentiert. Er lässt aber auch den Stift nach den aufgebrauchten Stunden fallen. Die Schüler warten dann halt länger auf die Rückgabe von Klassenarbeiten. Ob das so optimal ist, weiß ich nicht. Irgendwann muss die Arbeit ja getan werden.

  • Ich kenne einen jungen Kollegen, der das konsequent macht und dokumentiert. Er lässt aber auch den Stift nach den aufgebrauchten Stunden fallen. Die Schüler warten dann halt länger auf die Rückgabe von Klassenarbeiten. Ob das so optimal ist, weiß ich nicht. Irgendwann muss die Arbeit ja getan werden.

    Und, macht er sie dann auch irgendwann, sprich nach einer immer noch vertretbaren Zeit oder bleiben die dann ad infinitum unkorrigiert liegen?


    Bei mir müssen aktuell die Klassen in den Nebenfächern und unterhalb von )/10 auch länger auf Korrekturen warten. Ich kann nicht nachmittags Nachfragen über Teams beantworten, auf Mails reagieren, Unterricht vorbereiten, XYZ noch in der Schule dokumentieren, meinen Klassenbüchern nachjagen, mehrere Nachschreibetermine ansetzen und durchführen für all die Erkrankten/Quarantänierten und binnen Wochenfrist zuverlässig zwei bis vier Klassensätze (schreibe immer parallel in meinen Klassen/Fächern) durchkorrigieren und benoten. Eh sei denn natürlich, ich mache einfach nur noch mehr Überstunden, als eh schon, aber als Beamtin bin ich ja auch dazu angehalten, meine Arbeitskraft zu erhalten. Wenn ich also gesünder bleibe, indem meine Klassen 5-8 statt einer zwei bis drei Wochen auf ihre Arbeiten warten müssen, dann halte ich das für absolut vertretbar.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Du bist gut in Kunst und Mathe, und bist technisch interessiert? Warum wirst du nicht Architekt?


    Klar, da ist der Weg risikobehafteter, aber dafür kannst du, wenn du gut bist, viel Geld verdienen. Da Geld und Aufstieg deine Hauptkriterien zu sein scheinen, wärst du da vielleicht besser aufgehoben als im Lehramt.


    Denn Lehrer sollte man mMn eigentlich nicht werden, um Karriere zu machen.

  • Ich kenne einen jungen Kollegen, der das konsequent macht und dokumentiert. Er lässt aber auch den Stift nach den aufgebrauchten Stunden fallen. Die Schüler warten dann halt länger auf die Rückgabe von Klassenarbeiten. Ob das so optimal ist, weiß ich nicht. Irgendwann muss die Arbeit ja getan werden.

    Wie ich bereits schrieb, ist es in manchen Wochen nicht zu vermeiden, die Arbeitszeit auch mal etwas länger zu gestalten. Wichtig ist es nur, dann andere Wochen zu haben, in denen das ausgeglichen wird. Im Übrigen geht auch kein Schüler daran zu Grunde, wenn die Arbeiten erst eine Woche später fertig sind.

  • Das was einige Lehrkräfte teils als Mehrarbeit auffassen (wenn man sich hier im Forum und in einigen Kollegien umhört: alles was über Unterricht hinausgeht), stellt oft gar keine Mehrarbeit dar, sondern lässt sich ganz gut in der durchschnittlichen Arbeitszeit von ca. 40-41h/Woche bei 45 Arbeitswochen oder eben 45-46h/Woche bei 40 Schulwochen unterbringen.

    Völlig richtig. Nach meiner Erfahrung haben diejenigen, die sich im Lehrerzimmer am lautesten beschweren, sie hätten zu viel zu tun, genau diese Rechnung nicht im Blick: Die dreizehn Wochen unterrichtsfreie Zeit nimmt man so mit, wenn es in einzelnen Wochen mal mehr Arbeit ist, wird gleich gejammert. Wohingegen manche Lehrkräfte - speziell mit "Traumkombinationen" wie Deutsch und Englisch - etliche Wochenenden im Jahr und teilweise die Ferien durchkorrigieren und nicht meckern; die müssten viel mehr auf ihre Gesundheit und eben Arbeitszeit achten.

  • Zur Gehaltsfrage: Es gibt auch Bundesländer, in denen Primar- und Sek I-Lehrkräfte auf A13 einsteigen und dann im üblichen örtlichen Verfahren Bewerbungsmöglichkeiten auf A14 Funktionsstellen haben.

    Vielerorts wird der Flaschenhals doch erst ab A15 wirklich schmal. A14 gibt es noch relativ häufig. Aber das variiert eben seeeeeehr zwischen den Bundesländern.



    Grundfrage des TE an sich selbst sollte meines Erachtens nicht die Fächerfrage sein, sondern: Will ich junge Kinder oder Kinder und Jugendliche oder Heranwachsende/Erwachsene unterrichten?


    Im Alltag liegt doch da der viel größere Unterschied in der Ausges taltung der tatsächlichen Unterrichtsarbeit als zwischen Fach A, B oder C.

  • Im Alltag liegt doch da der viel größere Unterschied in der Ausges taltung der tatsächlichen Unterrichtsarbeit als zwischen Fach A, B oder C.

    Das möchte ich verneinen. Ich finde die Korrekturarbeit von Klassenarbeiten als den schlimmsten Teil in meinem Beruf und versuche es zu vermeiden, wo immer ich kann. Ich mache daher gern Projektarbeiten etc, die ich dann bewerte, während sie vorgestellt wird. Die anschließenden Fragen bewerte ich ebenfalls im Anschluss.


    Ich wäre daher nicht glücklich, wenn ich als Fächer Deutsch und Englisch hätte.

  • Du bist gut in Kunst und Mathe, und bist technisch interessiert? Warum wirst du nicht Architekt?


    Klar, da ist der Weg risikobehafteter, aber dafür kannst du, wenn du gut bist, viel Geld verdienen. Da Geld und Aufstieg deine Hauptkriterien zu sein scheinen, wärst du da vielleicht besser aufgehoben als im Lehramt.


    Denn Lehrer sollte man mMn eigentlich nicht werden, um Karriere zu machen.

    Es gibt aber genug Architekten, die pleite gehen.

  • Architekten sind vielfach auch Bauleiter. Das muss man auch drauf haben, sich mit Handwerkern herumzuschlagen. Ich kenne einen Architekten, den das in den Burnout getrieben hat, weil er dachte, er sitzt am Schreibtisch und entwirft tolle Häuser. Die Realität war: 08/15-Reihenhäuser, Kostendruck vom Kunden, Ärger mit den Handwerkern.

  • Stimmt schon, wobei Lehrkräfte in den Rankings zu psychischen Erkrankungen aber eigentlich immer ganz vorne mit dabei sind. Das sollte man auch nicht außer Acht lassen.


    Mit Kunst und Mathe wird man sich aber zumindest nicht tot korrigieren. :D

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