Amtsarzt Alkohol

  • Das Zeugs ist für die Hirnentwicklung von Jugendlichen eine große Gefahr.

    Diese Aussage ist in dieser Pauschalität schlichtweg falsch. Du hängst dich an Studienergebnissen auf, die deiner Meinung nach ungleiches Konsumverhalten betrachten. Deine Behauptung ist aber überhaupt nicht differenziert. Dass gelegentliches Kiffen absolut kein Problem ist, ist zigfach belegt. Dass Alkohol im Gegensatz zu THC und anderen Cannabinoiden keinerlei positive Wirkung auf den Organismus hat, ist ebenfalls zigfach belegt. Die gefühlte Bedrohung kommt allein daher, dass der Konsum von Alkohol in unseren Breitengraden gesellschaftlich akzeptierter ist, als der Konsum von Cannabis. Was historisch gesehen übrigens ein ziemlich neuzeitliches Phänomen ist. Cannabis wurde zu allen Zeiten konsumiert und auch als Heilmittel verwendet. Als Rauschdroge kriminalisiert wurde es erst Anfang des 20. Jahrhunderts.


    Ganz grundsätzlich muss man sich auch mal fragen, inwiefern man es legitim findet, Menschen in ihrem Verhalten zu begrenzen, um sie vor sich selbst zu schützen. Mit der Argumentation müsste man auch so manche Sportart verbieten. Oder Coca Cola und überfettete, überzuckerte Lebensmittel.


    Natürlich hat der Staat ein legitimes Interesse daran seine Bürger davon abzuhalten, sich kaputt zu saufen oder blöd zu kiffen. Der Staat hätte gerne produktive Bürger, die fleissig Steuern zahlen. Mit genau dieser Argumentation sind bestimmte Sportarten übrigens tatsächlich verboten bzw. mindestens nicht oder nur eingeschränkt unfallversichert. Base Jumpen darfst du z. B. in Deutschland nicht. In der Schweiz darfst du, bist aber nicht versichert.

  • Du hast den Artikel offensichtlich nicht vollständig gelesen, das ist ja der gleiche, den ich dir oben verlinkt habe. Offiziell findest du den hinter einer Bezahlschranke, inoffiziell könntest du ihn natürlich lesen. Per Selbstdeklaration waren die in die Studie eingeschlossenen Jugendlichen moderate Gelegenheitstrinker (Alkoholkonsum an 2 - 3 Tagen während der letzten 30 Tage) und im Gegensatz zu den Kiffern fand man bei ALLEN auffällige Veränderungen in den Hirnstrukturen im Vergleich zu den Nichttrinkern.

    Das ist halt das Problem. Es wurde über Jahrzehnte hinweg eingetrichtert, dass Canabis sehr gefährlich ist aber Alkohol ist ja eigentlich nicht schlimm oder sogar gesundheitsförderlich. Das dreht sich jetzt so langsam.

  • Edit: und als junger Erwachsener trinkt man doch in aller Regel noch keinen Wein...?

    Also ich komme aus einer Weinbauregion. Als Jugendliche bin ich also mit meinen Freunden auch auf Weinfeste oder in den Besen (badisch: die Strauße) gegangen. Letzteres sprichwörtlich teilweise, da am Ende der Straße in der ich gewohnt habe ein Weingut liegt und ein halbes Dutzend weitere ebenfalls fußläufig. Das ist in einer Weinbauregion wirklich nicht untypisch, dass Jugendliche Wein trinken statt Bier oder andere Getränke bei entsprechenden Gelegenheiten. Bis mir Bier geschmeckt hat hat es deutlich länger gedauert..


    Heutzutage trinke ich sehr selten und wenig (zuletzt mal ein halbes Glas Wein vor 3-4 Monaten, der Rest der Flasche würde verkocht). Ich kenne zahlreiche Menschen, die gar keinen Alkohol trinken, vor allem aus religiösen Gründen. Eine Kollegin trinkt aber z. B. Alkohol gar nicht, weil er ihr nicht schmeckt. Ich finde es als Erwachsene durchaus irritierend, wie selbstverständlich für viele Menschen Alkohol zu jeder Art geselligen Zusammenseins dazugehört und wie leichtfertig mit täglichem Alkoholkonsum oder alternativ Quartalsaufen umgegangen wird.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Ich hebe bei dem Thema im Unterricht ein einziges Mal den moralischen Finger und sage allen meinen Jugendlichen, es gehört sich absolut null und gar nicht sich darüber lustig zu machen, wenn jemand Alkohol ablehnt. Man versucht auch niemanden zu überreden und ... man steigt nicht zu einer Person ins Auto ein, die getrunken hat. Das gleiche gilt natürlich auch für alle anderen bewusstseinsverändernden Substanzen nur gibt's die Diskussion ja wirklich nur beim Alkohol. Ich habe mich selber schon drüber geärgert dass mich Leute penetrant fragen, warum ich denn heute zum Apéro keinen Wein nehme. Du trinkst doch sonst ... ja, aber heute nicht und es geht dich nichts an. Punkt.

  • ...Ich finde es als Erwachsene durchaus irritierend, wie selbstverständlich für viele Menschen Alkohol zu jeder Art geselligen Zusammenseins dazugehört ...

    Sehe ich auch so, allerdings WIRD ja konsumiert und zwar nicht zu knapp. Ich nehme mich da nicht aus und wundere mich, dass hier nur Menschen zu Wort kommen, die nie zu trinken scheinen, was ja nicht den Gesellschaftsquerschnitt abbildet.

  • Sehe ich auch so, allerdings WIRD ja konsumiert und zwar nicht zu knapp. Ich nehme mich da nicht aus und wundere mich, dass hier nur Menschen zu Wort kommen, die nie zu trinken scheinen, was ja nicht den Gesellschaftsquerschnitt abbildet.

    Menschen, die viel und häufig trinken, wissen meist selbst, dass das schlecht ist. Sie wollen es nur nicht zugeben, können damit wegen Sucht / mangelndem Selbstbewusstsein nicht aufhören und äußern sich daher bei solchen Diskussionen seltener.

  • hier nur Menschen zu Wort kommen, die nie zu trinken scheinen,

    Ist das so? Einige schrieben das hier zwar, andere schrieben aber doch, dass sie nur selten Alkohol trinken (aber nicht "nie"). Ich würde mich zur letzteren Gruppe zählen, denn ich trinke durchschnittlich alle zwei Wochen mal abends ein Glas Wein, bei Restaurantbesuchen ein Alster oder bei Feiern mit Freund'innen/Familie auch mal einen "Hugo", "Aperol Spritz", "Charly" o. ä.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • BZGA schrieb:

    'Bei den Männern waren es im Jahr 2000 noch durchschnittlich knapp 23 Gramm Reinalkohol pro Tag, bei den Frauen knapp 10 Gramm. Im Jahr 2015 tranken die Männer nur noch 16 Gramm täglich und die Frauen 8,5 Gramm. In einem sogenannten Standardglas befinden sich 10 bis 12 Gramm Alkohol.

    Auch wenn der Alkoholkonsum bei uns seit Jahren sinkt, ist Deutschland nach wie vor ein Hochkonsumland. 2020 nahm jeder ab 15 Jahren im Durchschnitt 10,8 Liter reinen Alkohols zu sich. Der Durchschnitt aller OECD-Länder betrug pro Kopf nur 8,9 Liter'.


    Immerhin, es wird weniger. Das heißt aber, dass viele Menschen täglich ein bisschen trinken, oder wenige exorbitant viel, wenn viele gar nichts trinken. (Einen Sekt oder Glühwein im Jahr würde ich mal unter nichts verbuchen).

    Menschen, die viel und häufig trinken, wissen meist selbst, dass das schlecht ist. Sie wollen es nur nicht zugeben,...

    Auch wieder wahr, ist ja auch keine Selbsthilfegruppe hier. Zumindest nicht für Alkoholkonsum^^

  • Menschen, die viel und häufig trinken, wissen meist selbst, dass das schlecht ist. Sie wollen es nur nicht zugeben, können damit wegen Sucht / mangelndem Selbstbewusstsein nicht aufhören und äußern sich daher bei solchen Diskussionen seltener.

    Die Reaktionen des Umfelds sind auch entsprechend. Anstatt Hilfe anzubieten wird gelästert und getratscht. Sucht ist eine Krankheit, das ist in unserer Gesellschaft immer noch nicht vollends angekommen.

  • Ich hebe bei dem Thema im Unterricht ein einziges Mal den moralischen Finger und sage allen meinen Jugendlichen, es gehört sich absolut null und gar nicht sich darüber lustig zu machen, wenn jemand Alkohol ablehnt. Man versucht auch niemanden zu überreden und ... man steigt nicht zu einer Person ins Auto ein, die getrunken hat. Das gleiche gilt natürlich auch für alle anderen bewusstseinsverändernden Substanzen nur gibt's die Diskussion ja wirklich nur beim Alkohol. Ich habe mich selber schon drüber geärgert dass mich Leute penetrant fragen, warum ich denn heute zum Apéro keinen Wein nehme. Du trinkst doch sonst ... ja, aber heute nicht und es geht dich nichts an. Punkt.

    Zumindest meine Erfahrung ist, dass das nicht nur Alkohol betrifft. Ich habe nie gekifft, auch Rauchen war lediglich mal eine kurze Phase, die ich, weil ich Motive und Gesundheitsaspekte reflektiert habe, dann auch wieder direkt gelassen habe nach ein paar Monaten. Beides wurde auch noch im Studium oft hinterfragt und nicht akzeptiert bzw. versucht, mich zu überreden, das doch nur einmal zu probieren bzw. um der tollen Party willen mitzumachen. Ich hatte tatsächlich oft das Gefühl, mich rechtfertigen zu müssen, bis ich mit 17/18 gelernt hatte deutlich zu sagen, dass ich das nicht wolle es nur meine Entscheidung sei und für wen das ein Problem sei das mit sich abmachen müsse, weil das nicht mein Problem wäre.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Sehe ich auch so, allerdings WIRD ja konsumiert und zwar nicht zu knapp. Ich nehme mich da nicht aus und wundere mich, dass hier nur Menschen zu Wort kommen, die nie zu trinken scheinen, was ja nicht den Gesellschaftsquerschnitt abbildet.

    Wirklich, "nur" abstinent lebende Menschen kommen hier gerade zu Wort? Weshalb dürfen dann auch du oder state oder auch ich etwas schreiben, die wir alle in unterschiedlichen Häufigkeiten/Mengen Alkohol zumindest gelegentlich zu konsumieren angegeben haben?

    Als komplett abstinent bezeichnet sich auch in diesem Thread doch nur eine Minderheit. Es sind halt darüber hinaus einige präsent in der Debatte, die wie ich selten/wenig zu trinken scheinen, während die Fraktion der täglichen/regelmäßigen Alkoholtrinker oder der Leute, die ein paar Mal im Jahr Besäufnisse zelebriert sich weitestgehend zurückhalt. Letzteres könnte daran liegen, dass das nun einmal ein berufsbezogenes Forum und Alkoholismus eine Krankheit ist, die zu einem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Dienst führen kann. In einem Partyforum würden womöglich andere Wortmeldungen im Vordergrund stehen..

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Immerhin, es wird weniger. Das heißt aber, dass viele Menschen täglich ein bisschen trinken, oder wenige exorbitant viel, wenn viele gar nichts trinken.

    Das denke ich mir seit Jahren bei der Statistik, wie erschreckend viel und regelmäßig manche trinken müssen angesichts von Wenigtrinkern wie z. B. mir.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

    • Offizieller Beitrag

    wenn ich sehe, was der 10köpfige Kegelklub meines Mannes an einem Abend oder einem Tag verdrücken kann (mit einem, der 2 Bier pro Jahr trinkt und meinem Mann, der bei 80% der Treffen wegen Fahrerei nicht trinkt, aber Kassenwart ist, weswegen die Abrechnungen immer bei uns liegen), hebt es meinen Durchschnitt erheblich jenseits von 0.
    Die meisten trinken in der Größenordnung einmal in der Woche (sehr ländlicher Bereich. Über die irgendwo erwähnten 800 Einwohner*innen würden einige Gemeinden dort Freudesprünge machen (natürlich gehören sie einer größeren Gemeinde an, aber sorry, wenn man erstmal 1km Landstraße mit Feldern fahren muss, nenne ich es nicht mehr Nachbarn.)

    • Offizieller Beitrag

    Kegelclub und freiwillige Feuerwehr, hach, das kenne ich von zuhause. Das sind Euphemismen für regelmäßige Sauftreffen.

    :D
    Im Kegelklub sind 3 freiwillige Feuerwehrmänner :D

    Es war für mich eine völlig neue Welt, als ich da reingestolpert bin.
    Fast alle total vernünftige, zuverlässige Menschen. Nur einen würde ich als funktionalen Alkoholiker bezeichnen, bei ihm ist es eher 3 mal die Woche, dass er feiern muss.
    Aber so ein großer Männerkörper verträgt wohl einiges, wenn er trainiert ist :D

  • CDL , hast du etwas in den falschen Hals gekriegt? Ich beschwere mich doch nicht darüber, dass du oder sons wer zu wenig trinkt. Ich stelle nur fest: Die Realität ist, dass Deutsche im Schnitt sounds viel trinken, der Thread aber suggeriert: keiner im Forum trinkt täglich ein Bier oder mehrmals die Woche Wein zum Essen oder so. Das wundert mich, beschrieb doch jemand weiter oben, und das kennen viele abstinent Lebende, dass sie sich auf Events regelmäßig erklären muss, warum sie nichts trinkt. Als ob man ständig erklären müsste, warum man nicht raucht.


    Da sehe ich eine Diskrepanz, liegt aber wahrscheinlich, wie ich vermutete, eher daran, dass das niemand hierherschreiben mag, was natürlich nachvollziehbar ist.

  • Nur einen würde ich als funktionalen Alkoholiker bezeichnen:D

    Ja und ich würde den Großteil der Männer auf dem Dorf als Alkoholiker bezeichnen, das meine ich mit "Stadtdefinition". Man sagt nicht umsonst, dass der "Komasäufer" in der Stadt der "Fahrer" aus dem Dorf wäre.

    • Offizieller Beitrag

    Es ist definitiv eine Frage des Alters (Adoleszenz-Mitter 20, Rest), des Milieus, der Region (Wein/nicht Wein), der gesellschaftlichen Strukturen (welche Angebote), usw... Es spielt viel zu viel rein, dass man jetzt pauschal aus 6 Seiten Forum auf die Gesellschaft extrapolieren könnte.
    Ich habe eine Kollegin (keine Lehrkraft), die ziemlich sicher 3-5 mal die Woche ein Glas Wein trinkt. Einfach so abends mit Musik und einem guten Buch.
    In Frankreich kenne ich seeeeeeeeeeeeeeeeeehr viele Menschen, die mittags ein Glas Wein trinken (fast alle im Rentenalter), auf dem Land musste ich mich wieder genauso viel "rechtfertigen" wie damals im Wohnheim / im Studium, aber außer hier und da Vermutung (offen, Witz oder nicht offen), dass ich schwanger sein könnte, habe ich im Lehrer-/akademischen Milieu in den letzten 15 Jahren kaum was mitbekommen. (Ausnahme: Land schlägt "Lehrerkollegium").

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