Bewertung von nicht gemachten Hausaufgaben von den Eltern entschuldigt

  • Liebes Forum,


    Ich bin Gesamtschullehrerin und etwas verwundert über das Vorgehen einiger Grundschulkolleg*innen:


    Ist es zulässig, Hausaufgaben als nicht erledigt zu bewerten, wenn Eltern diese wegen Krankheit schriftlich entschuldigen? Gerade Grundschüler*innen können ja nachmittags schon mal echt krank sein und morgens dann wieder fit.


    Ich weiß, dass dies kein Elternforum ist und normalerweise lasse ich meine Lehrerinnen-Gefühle als Mutter echt bei mir. Aber ich würde selbst nie so handeln. Selbst wenn mir ein sonst zuverlässiger Schüler versichert an der Gesamtschule, er hätte die Hausaufgaben einmal nur zur Hälfte geschafft, weil er krank war am Vortrag (und die Hausaufgaben von einem Tag auf den nächsten waren), würde ich sie nicht als "teilweise unerledigt" werten.


    Ich werd deshalb nix unternehmen, frage mich aber tatsächlich, ob das pädagogisch so sinnvoll ist. An der Gesamtschule habe ich häufiger mit Kindern zu tun, die sich für blöd halten, weil sie aus der Grundschule mit dem Gefühl kommen, dass sie eh immer nur alles falsch machen. Es kostet mich dann 1-2 Schuljahre um das Selbstvertrauen wieder etwas aufzubauen. Es sind nicht viele Schulen, aber bei einigen kommt es oft vor in meiner Erfahrung. Muss das so sein? Ist das echt hilfreich für die Schullaufbahn? Ich find die Lehrer*innen sonst übrigens echt cool und gut. Nur diese Überstrenge bei Hausaufgaben und Bewertungen und der Druck in der 3. und 4., der fällt mir schwer nachzuvollziehen. Vielleicht kann mir jemand ja eine andere Sichtweise darauf geben.



    Danke!

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    Vielleicht ist das aber auch der Unterschied zwischen Gesamtschullehrkräften, die versuchen möglichst viele zu einem guten Abschluss zu fördern und Grundschullehrkräften, die eine Auslese treffen müssen

    *hüstel*


    Ich würde ja gerne antworten, aber ich bin gerade damit beschäftigt, noch dem notwendigen und geforderten Drittel Fünfen und Sechsen reinzudrücken, um das von oben geforderte Auslesen zu erfüllen.


    Kl. Gr. Frosch, der sich über manche Ansichten doch etwas wundert.

  • 1. Solche Kleinigkeiten sind doch bei der Empfehlung der Grundschule eh nicht relevant. Kein Kind bekommt eine vier, weil es zwei, drei Mal die Hausaufgaben nur halb gemacht und zwei, drei Mal "vergessen"/warum auch immer nicht gemacht hat. Die Gymnasialempfehlung scheitert daran sicher auch nicht.

    2. Die Empfehlung ist in RLP nicht bindend. Wenn es "nur" eine Realschulempfehlung wird und du (reflektiert, möglichst ohne mütterliche Emotionen und nach Rücksprache mit den Lehrern deines Kindes) zu dem Schluss kommst, dass das unangemessen ist, dann meldest du dein Kind eben am Gymnasium an.

    3. Rede mit deinem Kind und erkläre, welche Bedeutung die Bewertung von Lehrern (nicht) hat. Das hilft auch dabei, generell im Leben mit Meinungen anderer Menschen besser klar zu kommen.

    4. Wegen sowas würde ich mir und dem Kind wirklich keinen Stress machen.

  • Verständnisfrage:

    Meinst du mit "bewerten" benoten? In Bayern darf man keine HA benoten und so wie nachgelesen habe, in RP auch nicht.


    Wenn es um das Aufschreiben von fehlenden HA geht:

    Wenn die Lehrerin eine nicht vollständige Hausaufgabe als "nicht gemacht" notiert, ist das wohl Ansichtssache. Fände ich in dem Zusammenhang, wie du schreibst, schon sehr streng bzw. schlecht nachvollziehbar und deswegen kann ich mir nicht so richtig vorstellen, dass das wirklich so gesagt wurde.


    Woher hast du die Information? Direkt von der Lehrkaft? Wenn du die Info "nur" von deinem Kind hast, würde ich ganz neutral bei der Lehrkraft nachfragen, wie das gehandhabt wird bei Krankheit. Die Kinder erzählen zuhause doch öfter etwas anders wie es die Lehrerin gemeint hat. Kommt bei Grundschülern öfter vor, muss nicht Absicht sein, sie haben es einfach falsch verstanden.


    Ich glaube, dass du mit dem Wort "Auslese" einen falschen Blickwinkel hast. In der Grundschule geht es darum am Ende der Grundschulzeit einzuschätzen, für welche Schulart das Kind am Ende der Grundschule geeignet zu sein scheint. Es geht sehr reduziert ausgedrückt um Begabungen bzw. Kompetenzen, die ein Kind in verschiedenen Gebieten zeigt und die Arbeitshaltung. Viele fehlende Hausaufgaben zählen zur Arbeitshaltung.

    Dass Schüler in der Gesamtschule bzw. in Bayern in der Mittelschule (= Hauptschule) erstmal wieder aufgebaut werden müssen, ist ein offenes Geheimnis. Es ist ja auch klar: Die Schüler haben immer mehr gemerkt (vor allem im 4. Schuljahr), dass es kognitiv Bessere gibt, die dann das Gymnasium geschafft haben. Gymnasium ist in den Köpfen als "beste Schule" verankert und das spüren schon die kleinen Grundschüler, falls das zuhause angesprochen wird. Bei meinen Viertklässlern konnte ich vor dem Übertritt öfter mal Freizeitgespräche hören, wo es um die weiterführenden Schulen und die Einschätzung ging. Letztendlich wird die Ansicht der Eltern übernommen.

  • Danke für die Informationen. Das hilft tatsächlich. Ich wollte übrigens auch echt nicht unterstellen, dass alle Grundschullehrkräfte so handeln oder denken.


    Dass die Schulempfehlung nicht bindend und wahrscheinlich in unserem Fall auch nicht gefährdet ist, weiß ich. Mich bringt das nur alles zum Grübeln, ob ich vielleicht wirklich als Lehrkraft irgendwo am anderen Spektrum der Strenge stehe und wie ich das alles einordnen kann und ob es da schulformspezifische Vorgaben/"Kulturen" gibt oder nur persönlichkeitsbedingt einen anderen Umgang. Wahrscheinlich ist es letzteres und es hilft tatsächlich am meisten, das transparent zu machen. Ich mag nur eigentlich wirklich niemand sein, der daheim gegen die Entscheidungen der Lehrkräfte spricht.


    Mich verwundert nur, wie stark das hier immer wieder kommuniziert wird von den Lehrkräften an die Schüler*innen, dass:

    a) gute Noten allein in Klassenarbeiten nicht fürs Gymnasium reichen

    b) super sorgfältiges, möglichst perfektes und vollständiges Arbeiten super wichtig sind ab Mitte der 3

    Zumindest ist es das, was bei mir ankommt und es deckt sich auch mit dem, was beim Elternabend gesagt wurde.

    Von zu Hause bekommt das Kind in unserem Fall immer nur vorgerechnet, dass es mit den in der Regel 1en und 2en sich keine Sorgen machen soll, aber es weint dann, weil in der Schule gesagt wird, Noten wären nicht alles und dass es bestimmt eine 4 bekommt nur wegen der Hausaufgaben. Die Hausaufgaben an sich dürfen nicht bewertet im Sinne von benotet werden, aber ob und wie die Hausaufgaben gemacht werden, darf wohl in Mitarbeitsnote einbezogen werden.


    Warum wird so viel Druck aufgebaut?


    Ich spreche an der Gesamtschule ab Mitte der 8 halt regelmäßig mit den Schüler*innen und wir überlegen gemeinsam auf Basis des Notenbildes, wohin die Reise gehen kann und was konkret passieren muss, damit sie das erreichen können, was sie sich wünschen oder ob es vielleicht doch gut wäre, sich nochmal einen anderen Weg anzusehen für nach der 10. Da kommt es sehr selten vor, dass jemand das in der 10 noch völlig falsch einschätzt. Natürlich sind 4. Klässler keine 10. Klässler, aber vielleicht würde ich mir das wünschen. Dass man sich zusammensetzt mit den Kindern und sagt "Wenn du weiterhin einen Schnitt von 1,3 hast, dann brauchst du dir keine Sorgen machen. Lass einfach nicht nach und achte noch etwas besser auf die Vollständigkeit deiner Aufgaben". Statt zusammengefasst, was beim Kind hängen blieb: Gute Noten alleine heißen noch nichts. Hausaufgaben müssen immer erledigt werden, auch krank, und zwar zu 100% vollständig, weil sonst wird aufgeschrieben und wer aufgeschrieben wird, der bekommt Notenabzug.


    Nachfragen möchte ich nicht, da ich mich nicht in die pädagogischen Entscheidungen der Kolleg*innen einmischen will. Ich finde wir haben es alle schwer genug als Lehrkräfte, ohne dass jemand von einer anderen Schulform ankommt und irgendwas in Frage stellt.

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    Hausaufgaben: ich bewerte sie nicht. Sie sind mir auch mehr oder weniger egal. Sie dienen üblicherweise nur der Übung und Vertiefung und haben für mich dann nicht so die Relevanz. Wichtiger sind sie für die Kinder. Daher sage ich den Eltern immer: "Sehen Sie zu, dass die Hausaufgaben gemacht werden. Aber wenn was zeitlich nicht mehr klappt - alles gut. Ihr Kind muss am Tag nur 45 Minuten Hausaufgaben machen (in NRW, Klasse 3/4) und wenn die Zeit um ist und ihr Kind nicht 45 Minuten lang Löcher in die Luft geguckt haben, darf es gerne aufhören."


    Noten: Noten sind nicht alles. Ich habe auch schon Kinder mit einem Dreier-Zeugnis aufs Gymnasium geschickt, wenn ich mir sicher war, dass es klappt. (Hat es auch.)

    Andersherum ist ein Zweier-Schnitt auch nicht zwingend ein Hinweis auf eine "Gymnasial-Fähigkeit". Wichtiger als die reinen Noten sind die "Softskills".

    • - Selbstständiges Arbeiten,
    • - Frustrationstoleranz,
    • - Eigenmotivation, ...

    Sprich: wenn ein Kind gute Noten hat, die aber nur entstehen, weil die Eltern ständig dahinter sitzen, sehe ich fürs Gymnasium Probleme.

    Das wird also in der Schule ganz richtig kommuniziert.


    Gespräche über den Weg mit den Kindern: hm, weiß nicht. Der Fokus in der Grundschule sollte eher auf dem entspannten Lernen und dem Spaß an der Schule und an diversen anderen Dingen liegen, aber nicht auf dem "was muss ich machen, damit ich welche Schulform-Empfehlung bekomme"-Fokus. Da machen die Eltern die Kinder (und die Kinder sich auch dann irgendwann selbst) schon früh genug verrückt genug.


    Noch eine Anmerkung am Rande, die ich immer mache, wenn Lehrerinnen hier als Mutter schreiben. Wir sind das größte deutschsprachige Lehrerforum. Es besteht eine (sicherlich nur geringe, aber vorhandene) Wahrscheinlichkeit, dass sich (d)eine Grundschullehrerin in deiner Frage wiedererkennt.


    kl. gr. frosch

  • Gespräche über den Weg mit den Kindern: hm, weiß nicht. Der Fokus in der Grundschule sollte eher auf dem entspannten Lernen und dem Spaß an der Schule und an diversen anderen Dingen liegen, aber nicht auf dem "was muss ich machen, damit ich welche Schulform-Empfehlung bekomme"-Fokus. Da machen die Eltern die Kinder (und die Kinder sich auch dann irgendwann selbst) schon früh genug verrückt genug.

    Dich hätte ich auch gerne als Grundschullehrer gehabt.

  • Wenn die Note zu 50% von den schriftliche Leistungen bestimmt wird, zu denen unter anderem Klassenarbeiten gehören,

    sind Noten in Klassenarbeiten allein nicht alles.


    Das versucht man Kindern in Klasse 3 und 4 zu erklären, weil sie es nicht überblicken. Häufig verstehen sie etwas falsch, auch das Besprechen eines Zwischenstandes führt nicht selten zu Missverständnissen.


    Einerseits müssen sie verstehen, dass die Einzelnote nicht so viel Gewicht hat, andererseits sollen sie aber auch verstehen, dass jede Note zählt und zum Gesamtbild gehört und die erbrachten Leistungen nicht egal sind.

    Manchmal hören diejenigen, die immer alles haben, dass die Lehrkraft sich über unerledigte HA beschwert, während die, die diese nie haben, hören, dass Noten nicht so wichtig sind.

  • "Gute Noten alleine heißen noch nichts. Hausaufgaben müssen immer erledigt werden, auch krank, und zwar zu 100% vollständig, weil sonst werdet ihr aufgeschrieben und wer aufgeschrieben wird, der bekommt Notenabzug und dann nützen auch 1en nix."

    Bei uns würde es eine solche Aussage nicht geben, denn wir haben eine Notenvereinbarung, wo das Verhältnis zwischen schriftlichen, mündlichen und praktischen Leistungen festgelegt wird und auch sonstige Kriterien zur Notenfindung erläutert und eingepreist werden.

    Palim hat schon recht, die Kinder verstehen unterschiedliche Schwerpunkte. Vielleicht braucht mancher Schlamper, der sich zu sicher fühlt, mal eine klare Ansage. (Wobei ich die Ansage, sollte sie wirklich so gefallen sein, restlos übertrieben finde.)

    In By wäre egal, ob einer auf Einsen oder 2en steht, der Schnitt von den 3 Hauptfächern ist 2,33 fürs Gymnasium. Rein mündlich beziehe ich in den Beratungsgesprächen noch andere Kriterien mit ein. Wie ich schon oben geschrieben habe: Leistungsvermögen, Auffassungsgabe, Arbeitsverhalten und Lernmotivation. Es macht einen Unterschied, ob die Einsen oder Zweien ein Kind von sich aus erbringen kann oder ob es darauf getrimmt wird. Das haben wir ja öfter in Bayern. Diese Eltern müssen i.d.R. in den weiterführenden Schulen weiterhin einige Energie aufbringen und mit ihren Kindern weiterlernen.

  • Die Noten werden bei uns in Klasse 3 und 4 nur zu 60 bzw. 70% aus den Klassenarbeiten errechnet. Der Rest ergibt sich aus dem Unterricht: Hausaufgaben, Material dabei, Mitarbeit, Qualität der Beiträge, Motivation, Selbstständigkeit. Auf die Klassenarbeiten werden sie von den Eltern hintrainiert.


    Eigentlich habe ich im Kopf, dass die Grundschule eine eigenständige Schulform ist. Leider sind wir aber nur Zubringer für die weiterführenden Schulen. Es wird viel zu sehr auf Noten und weiterführende Schulen geschaut von allen. Von Eltern und Lehrern, von den Kindern dann auch. Schade, dass es so ist. Schade, dass man nicht einfach Raum hat, mit den Kindern zu lernen und zu arbeiten, dass es so volle Lehrpläne gibt, die man abarbeitet.


    Während es bereits am Ende von Klasse 2 eine Note in Deutsch und Mathe und in Klasse 3 in jedem Fach gibt, sind in unseren Gemeinschaftsschulen in Klasse 5,6 und 7 dann erst einmal wieder die Noten verschwunden, die gibt es dann erst ab Klasse 8 wieder. So war es zumindest bis vor Kurzem. Vllt. hat sich das ja wieder geändert.

  • Okay, das macht alles Sinn, was ihr schreibt. Ich kenn mich mit der Altersgruppe leider halt auch nicht so gut aus. Ich finde die Diskussion, dass Grundschulen eigenständigere Schulformen sein sollten und mehr ein geschützter Raum total spannend. Auch eure Argumente gegen solche Perspektivgespräche überzeugen mich voll. Vielen Dank dafür. Letztlich wäre es allen Schüler*innen zu wünschen, dass alle Beteiligten entspannter blieben.


    Bei meiner Bonustochter war das übrigens so, an einer Grundschule in NRW. Vielleicht trägt das hier manchmal zu den Verständnisproblemen bei, dass da auch noch ein Teenie mitdiskutiert und sagt: Aber Frau X hätte das nie gemacht und Hausaufgaben gab es bei uns auch nicht.


    Mir ging es hier explizit auch nicht um ein Bashing von spezifischen oder allgemein Grundschullehrkräften, sondern darum das besser zu verstehen und positive Ansätze zu finden, das für mich zu sortieren. Dabei habt ihr geholfen, danke.

  • Ich finde, die angeblichen Äußerungen der Lehrerin hören sich massiv aufgeputscht an, von wem auch immer. Wenn ich mir über etwas Gedanken machen würde, was mein eigenes Kind betrifft, würde ich das Gespräch mit der Lehrerin suchen und dabei wahrscheinlich feststellen, dass sie eine ganz vernünftige Person ist. Wenn andere sich in der Whats-App-Gruppe über etwas echauffieren, was mein Kind nicht betrifft, würde ich das einfach mal nicht mehr lesen. Im Übrigen würde ich mir eher Sorgen machen, wenn die Lehrerin die Kinder NICHT dazu anhalten würde, die Aufgaben sorgfältig und vollständig zu erledigen. Und doch, in RLP können Hausaufgaben benotet werden, jedenfalls an den weiterführenden Schulen, natürlich nicht direkt, wenn das Kind krank war, aber nachgemacht werden müssen sie. Ob für die Grundschulen etwas Anderes gilt, weiß ich nicht. Ich würde den Ball flach halten und nicht alles glauben, was so im Umlauf ist. Ich wette, du würdest staunen, wenn du den Chat über dich lesen würdest, was du alles gesagt und getan haben sollst.

  • Hallo @TwoRoads , ich habe mich wegen deines Beitrags angemeldet und dann viele andere interessante Themen entdeckt:zahnluecke: Jetzt wollte ich aber noch darauf antworten, weil ich auch des Öfteren diesen Rollenkonflikt erlebe. Manche Dinge schätzt man als Lehrkraft eben anders ein als es Eltern mit anderen Berufen tun. Ist doch auch klar, wenn man Architekt ist, erkennt man auch Pfusch am Bau sofort und würde nicht schweigen und die Immobilie trotzdem kaufen, um bloß den anderen Architekten nicht zu verletzen.


    Und seine eigenen Kinder verteidigt man im Zweifel wie eine Löwin. Ob das immer gut ist, lasse ich mal offen :angst:


    Mir fällt andererseits auf, dass du selbst ständig mit deinem Kind irgendwelche Noten ausrechnest und meinst, gut zureden zu müssen. Wie wäre es, auch andere Gedanken zuzulassen? Was würde z.B. passieren, wenn du zum "voll ungerecht! Meine Hausaufgabe wurde mit 6 bewertet!" sagen würdest: "Ah ja, okay." oder "Frag morgen mal freundlich nach, ob du sie wiederholen darfst." oder "Lass dir den Schulrechtsparagraphen zeigen, wo das steht!" oder "Tja, nächstes Mal setzt du dich eben abends noch hin und machst das fertig. Entweder du bist krank, dann darfst du im Bett bleiben, oder du gehst zur Schule, dann kannst du auch deine Aufgaben erledigen." Es gibt viele Möglichkeiten und mit jeder, die man wählt, beeinflusst man die Wahrnehmung und das Verhalten des Kindes, so ist halt Erziehung, die man genauso reflektieren sollte, wie die pädagogische oder schulrechtliche Grundfrage, um die es geht.


    Man muss übrigens selbst den Notenwahn, der natürlich existiert, nicht bis zum Exzess mitmachen. Dafür hilft es, sich zu fragen, ob man möglicherweise selbst Angst vor der Realschulempfehlung hat und nicht das Kind?


    So, viele Gedanken zu einem Thema, das mich auch umtreibt.


    Aber zur inhaltlichen Ausgangsfrage, was noch okay ist: das ist weniger eine Persönlichkeitsfrage als eine der Schulkultur, behaupte ich. Und die kann mit dem Einzugsgebiet durchaus stark variieren. Es gibt Lehrkräfte, die keine Hausaufgaben geben, weil sie sowieso niemand macht, das sind dann Erfahrungswerte und Resignation, auch nicht nur super.

  • Vielen Dank für eure Beiträge, sie sind wirklich interessant. Ich wollte nochmal betonen, dass wir es mir weniger um mein konkretes Kind geht als um ein generelles Verständnis/die Diskussion um den Umgang mit Druck & Hausaufgaben am Ende der Grundschulzeit vs. in der Gesamtschule. Ich erlebe da einfach zwei völlig unterschiedliche Welten, was aber auch an meinem Dienstort (Brennpunkt-Gesamtschule) liegen mag. Ich bin froh, wenn alle Stift und Heft dabei haben und vielleicht sogar Vokabeln lernen. Schriftliche Hausaufgaben gibt es bei uns nicht. Ich entlasse nächstes Jahr meinen zweiten Durchgang nach 6 Jahren als Klassenlehrerin zur Hälfte in die Oberstufe - obwohl nur einer von 27 eine eingeschränkte Gymnasialempfehlung hatte vor 5 1/2 Jahren. Das ist meine berufliche Realität, die kann man kritisch sehen, aber ich stehe da voll dahinter.


    Grundschulen kannte ich bisher nur bei uns im Schulbezirk von den Hospitationen und Gesprächen vor Übernahme der neuen 5. Klasse und da schienen die meisten ähnlich mit dem Thema Hausaufgaben umzugehen, wie kleiner grüner Frosch das beschreibt.


    Ich selbst wohne in einem anderen Schulbezirk und da ist es nun mal anders. Deshalb fand ich den Beitrag von Quittengelee so interessiert. Es liegt mit Sicherheit nicht an der Schulform und wohl auch nicht an der Lehrerpersönlichkeit, sondern an der durchs Einzugsgebiet geprägten Schulkultur.


    Der Rollenkonflikt spielt sicher jedoch natürlich auch eine Rolle und ich muss da schon gestehen, dass ich da an mir arbeiten muss. Beim Bonuskind ist das irgendwie immer einfacher, aber das ist auch auf der Gesamtschule, da kann ich die meisten Sachen nachvollziehen. Gerade dass Grundschüler*innen vielleicht nochmal Sachen ganz anders verstehen und insbesondere anders emotional aufgeladen kommunizieren als 9.Klässler*innen, leuchtet aber voll ein.


    Ansonsten ist es natürlich auch ein Thema, ob man selbst Angst vor einer Realschulempfehlung hat. Ich hab sie jedoch nicht, beim Bonuskind war sie völlig richtig zum Beispiel und auch Kind 3 scheint eher dahin zu tendieren. Aber bei diesem Kind fände ich sie falsch. Wir sind auch keine Eltern, die auf Klassenarbeiten pauken. Das gibt unsere familiäre Konstellation gar nicht her und ich halte es auch für falsch, weil die Selbstständigkeit ja auch in der Sekundarstufe da sein muss.


    Aber Hausaufgaben immer zu machen, ist für mich halt auch kein großes Kriterium für Selbstständigkeit und damit für mich nur begrenzt valide als Kriterium für die Schullaufbahnempfehlung. Deshalb finde ich es auch falsch, sie in die Notengebung einzubeziehen. Denn letztlich könnten bei den Hausaufgaben doch noch mehr als bei den Tests die Eltern dahinter her sein.


    Das Thema treibt mich professionell schon länger um. Es ist ja auch nicht so, als gäbe es keine Kolleg*innen an meiner Schule, die eine Zeugnisnote in der schullaufbahnentscheidenden Konferenz mit Strichlisten zu Hausaufgaben und vergessenem Material begründen würden. Nur das finde ich auch falsch und argumentiere dann massiv dagegen. (Was vielleicht auch falsch ist..)


    Vielleicht hätte das Thema einfach nicht mit meiner persönlichen Erfahrung als Mutter verknüpfen wollen. Ich wollte echt niemandem auf die Füße treten und kann verstehen, dass man vieles aus meinem Ursprungspost falsch lesen kann.


    Danke für die vielen Impulse.

  • @TwoRoads

    Was ist ein „Bonuskind“? Oder ist die Frage unangemessen? Dann ignoriere sie bitte.

    Die Weisheit des Alters kann uns nicht ersetzen, was wir an Jugendtorheiten versäumt haben. (Bertrand Russell)

  • Ah, Danke! Und ich dachte evtl ein Adoptivkind oder ein sehr spät bekommenes, ungeplantes Kind.

    Hätte ich ja auch selbst googeln können 🤦🏼‍♀️

    Die Weisheit des Alters kann uns nicht ersetzen, was wir an Jugendtorheiten versäumt haben. (Bertrand Russell)

  • ... Das Thema treibt mich professionell schon länger um. Es ist ja auch nicht so, als gäbe es keine Kolleg*innen an meiner Schule, die eine Zeugnisnote in der schullaufbahnentscheidenden Konferenz mit Strichlisten zu Hausaufgaben und vergessenem Material begründen würden. Nur das finde ich auch falsch und argumentiere dann massiv dagegen. (Was vielleicht auch falsch ist..)

    Das müsste doch aber geregelt sein. Entweder, vergessenes Material zählt in irgendeiner Form in die Fachnote ein oder nicht. Wenn es das tut, dann kann es eben das Zünglein an der Waage sein und aus der 4 eine 5 machen und am Ende schullaufbahnentscheidend sein. So super sind die Leistungen des Schülers oder der Schülerin dann eben sonst auch nicht. (Und ehrlich gesagt sieht man in manchen Bundesländern auch, wozu das Durchhieven zum Abi führt.)


    Aber. Ich habe derlei Diskussionen bereits geführt, weil es mir eben auch ums Prinzip ging. Es gibt schlicht Kolleg*innen, die es nicht durchgängig schaffen, ihre Bewertungskriterien ausreichend zu reflektieren. Manchmal gibt es ja fähige Elternvertretungen, die nachhaken können, ohne dass man selbst die Buhfrau sein muss...

  • Bei uns ist es halt in der Schule so festgelegt, dass die Hausaufgaben zur "Unterrichtsnote" zählen. Kann man nichts ändern.


    Ich persönlich fand die Hausaufgaben meiner Kinder immer eine Super-Rückmeldung für mich, was sie gerade in der Schule machen und ob sie das auch können. Ich habe immer kurz die Hausaufgaben kontrolliert und wusste Bescheid. Mittleres Kind hat alles selbst erledigt, bei den anderen beiden sah ich manchmal Unterstützungsbedarf. So war ich immer auf dem Laufenden und wir mussten für Klassenarbeiten gar nicht extra lernen. Die Lehrerin meines Sohnes meinte Immer: "Da haben Sie sicher viel geübt." Ich immer: "Nö, ich habe die Hausaufgaben begleitet." Das hat meinem Sohn viel gebracht. Deshalb bin ich auch keine Gegnerin der Hausaufgaben. Mir ist dabei durchaus bewusst, dass manche Eltern sich darum nicht kümmern. Aber sie könnten, wenn sie wollten. Klar sind da manche Kinder benachteiligt. Aber man kann die Welt nicht retten. Nur das Seil hinhalten. So ist wenigstens etwas da, was man üben könnte.

  • Bei uns ist es halt in der Schule so festgelegt, dass die Hausaufgaben zur "Unterrichtsnote" zählen. Kann man nichts ändern.

    Die Schule kann nichts festlegen, was rechtlich nicht erlaubt ist. Ich glaube mich zu erinnern, dass in fast allen Bundesländern die Benotung von Hausaufgaben nicht zulässig ist. Für NRW ist das definitiv so.

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