Gefährdungsbeurteilung - so ein Schmarrn

  • Wir müssen uns jetzt am Buß- und Bettag Gedanken machen zur sog. "Gefährdungsbeurteilung", sprich, alle Eventualitäten berücksichtigen, die es bei einem Ausflug zu gibt, was halt alles so passieren könnte. Denn wenn man was nicht vorher super durchdacht hat, und es passiert was, ist man selbst haftbar. So habe ich das verstanden. Leute, ehrlich, wer macht denn dann noch einen Ausflug? "könnte vom Klettergerüst fallen", "könnte auf der Straße überfahren werden", "könnte in die UBahnschienen fallen"... Da hab ich doch gar keinen Bock mehr auf irgendwas. Wenn ich realistisch bin, ist jeder Ausflug mit unsren Superchaoten ein riesiges Wagnis und klappt meist nur durch die Vorbildfunktion einiger weniger. Manche Schüler sind so lahm beim Gehen, dass der Rest der Klasse schon 1km weiter ist und die eh obligatorische Zweitkraft halt mit dem einen dackelt, aber dann ist die Gruppe weiter vorn ja nur entweder vorne oder hinten geschützt (ich versteht, was ich meine).

    Erfahrungswerte? Hab ich schon erwähnt, dass ich Versicherungen HASSE...:uebel::daumenrunter::staun::autsch::sauer::schreien:

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

    • Offizieller Beitrag

    Wir könnten sammeln:

    - Herr Lohse rollt eine Palette Senf über den Bürgersteig. Einige Chaoten springen auf, öffnen die Senfgläser und es gibt eine Senfschlacht. Die Mutter von Nathanael-Baldrian fordert die Erstattung der weißen Gucci-Hose. (Lösung: Es sind nur noch senffarbene Klamotten erlaubt.)

    - eine Gruppe Mönche läuft in sich versunken betend in die Chaotentruppe, Veromola-Maleficia stolpert dabei versehentlich über ihr Pentagramm und rammt es sich in den Handballen. Not-OP. (Lösung: Sobald die Kinder Mönche sehen, kreischen sie laut: Büßet, ihr Betenden! Heute ist Buß- und Bettag. Das irritiert die Mönche so sehr, dass sie erst einmal in den Kalender schauen müssen und dabei auf die Klasse aufmerksam werden.)


    Edit: Aber ist heute nicht Faschingsanfang oder sowas? Gab heute Pfannkuchen beim Schulessen. War dann büßen und beten nicht gestern? Oder kommt das erst nach den ersten fröhlichen Feiern?

  • Vielleicht beruhigt dich das?


    Wir Chemiekollegen müssen ja zu jedem Versuch eine GBU schreiben (und da laut meines Seminarausbilders eine Chemiestunde ohne Versuch keine Chemiestunde ist ...) Bei Einführung gab es auf jeden Fall viele Fragen und Sorgen. Unser RP-Verantwotlicher beruhigte uns mit den Worten, wenn etwas passiert, wird klar unterschieden, ob fahrlässig, grob fahrlässig oder gar bedingt vorsätzlich gehandelt wurde.


    Wenn trotz guter GBU etwas passiert, wirst du nicht haftbar gemacht. Ich gebe mein bestes, fülle die GBU sorgfältig aus (wir haben ein Programm als Hilfe) und das reicht. Am Anfang war es lästig (und ich empfand es als unnötig), inzwischen schätze ich es (meistens ist es schnell ausgefüllt, ein paar Versuche habe ich geändert, weil mir die Gefahr bewusst wurde und dafür bin ich dankbar).

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  • Der Ansatz, mögliche Gefahrenpotentiale die bei einer Klassenfahrt auftreten könnten vorweg zu bedenken, ist ja sinnvoll - schließt jedoch Gefahrenquellen nicht per se aus. Ich hätte (und bin dabei vermutlich nicht allein) nie vermutet, dass ein Schüler der Abschlussklasse seinen Fuß bei der Berlinfahrt so zwischen Bahnsteig und S-Bahn verklemmt, dass er nur durch tatkräftige Hilfe von zwei Mitschülern (und unter Verlust seines Schuhes) vor der (un)freiwilligen Totalamputation bewahrt wurde.

    Dass die Deutsche Bahn es bei einer Klassenfahrt schafft, den Zugplan so zu ändern, dass wir mit 25 Schülern innerhalb von 2 Minuten von Gleis 2 auf Gleis 5 (treppab-treppauf) den Zug wechseln mussten, war in der Prognose nicht vorgesehen. Es war nur eine Randnotiz, dass sich nach der Ankunft auf dem Heimatbahnhof eine Mutter über eine Stunde Zeit ließ, ihre Tochter vom Bahnhof abzuholen.

    Beim Besuch des Stuttgarter Fernsehturms bekam eine Schülerin der 8.Klasse auf der Aussichtsplattform eine Panikattacke mit Schnappatmung. Hätte ich einige Tage zuvor nicht zufällig einen Fernsehbericht über dieses Phänomen gesehen und als Hundehalter ebenso zufällig eine Kötteltüte in der Jackentasche gehabt, die ich ihr für die Rückatmung vor den Mund gehalten habe, hätten wir den Weg nach unten vielleicht nicht mehr geschafft.

    Kann man als Lehrer vorhersehen, dass ein Schüler auf der Klassenfahrt nach Elba kurz vor der italienischen Grenze massive Unterleibsschmerzen bekommt? Laiendiagnose von Busfahrer und KuK: Mögliche Hodenverdrehung - absoluter Notfall - ab in die Klinik. Da die Fähre für den Bus gebucht ist, bleibt der Klassenlehrer mit dem Schüler in der Notaufnahme , die Karawane zieht weiter. Glücklicherweise hatte sich der Schüler den Hoden nur durch das lange Sitzen geklemmt - und der Klassenlehrer schaut, wie er mit dem Schüler von Norditalien per Bahn zur Insel Elba kommt.
    BTW: Kosten für derartige Abenteuerreisen werden als Dienstreise erstattet. Immerhin.

    Auch der Chemieunterricht bietet Anlass für Abenteuer. Herstellung von Natronlauge. Natrium reagiert mit Wasser, danach Lackmustest. Standardversuch. Im Chemiesaal gibt es keine Schutzscheibe gegen mögliche Laugenspritzer - also verwendet der Lehrer ein Terrarium, in das die Petrischale platziert wird. Alles gut. Natrium saust mit Flamme auf der Wasseroberfläche herum - eindrucksvoll und gewollt. Plötzlich ein Ohren betäubender Knall. Das Natrium hängt an der Zimmerdecke, die Schüler unter den Tischen. Nach einer Schrecksekunde: "Geil! Herr Autenrieth, machen Sie das nochmal?" Werde mich hüten.
    Was der Lehrer nicht bedacht hatte: Na + H2O gibt NaOH ...so weit so beabsichtigt ... doch hoppla ... da bleibt ein H übrig. Das sammelt sich im Terrarium und ergibt mit der Natriumflamme en passant einen zweiten chemischen Standardversuch: Die Knallgasreaktion ;)

    Man/frau erlebt als Lehrkraft die erstaunlichsten Dinge. Das Wenigste ist vorhersehbar oder wird in jeder Konsequenz zu Ende gedacht ;)

    Das Diskutieren von Tatsachen ist eine "wunder"bare Sache.
    Dieser Beitrag kann Spuren von Ironie und Sarkasmus enthalten.



  • Auch der Chemieunterricht bietet Anlass für Abenteuer. Herstellung von Natronlauge. Natrium reagiert mit Wasser, danach Lackmustest. Standardversuch. Im Chemiesaal gibt es keine Schutzscheibe gegen mögliche Laugenspritzer - also verwendet der Lehrer ein Terrarium, in das die Petrischale platziert wird. Alles gut. Natrium saust mit Flamme auf der Wasseroberfläche herum - eindrucksvoll und gewollt. Plötzlich ein Ohren betäubender Knall. Das Natrium hängt an der Zimmerdecke, die Schüler unter den Tischen. Nach einer Schrecksekunde: "Geil! Herr Autenrieth, machen Sie das nochmal?" Werde mich hüten.
    Was der Lehrer nicht bedacht hatte: Na + H2O gibt NaOH ...so weit so beabsichtigt ... doch hoppla ... da bleibt ein H übrig. Das sammelt sich im Terrarium und ergibt mit der Natriumflamme en passant einen zweiten chemischen Standardversuch: Die Knallgasreaktion ;)

    Man/frau erlebt als Lehrkraft die erstaunlichsten Dinge. Das Wenigste ist vorhersehbar oder wird in jeder Konsequenz zu Ende gedacht ;)

    War euer Terrarium nach oben geschlossen? Ein Kollege hat es im Abzug gemacht, weil er unsere Schutzscheibe für zu klein hielt und diesen dabei zerstört (da war sogar bedingter Vorsatz im Gespräch, er hätte es lt. Polizei wissen müssen). Die Druckwelle war Räume weiter noch spürbar. Ein anderer Kollege öffnet seitdem sogar die Fenster, um das Raumvolumen zu vergrößern. 7 % Wasserstoff reichen, wenn ich es richtig in Erinnerung habe. Aber ich hatte auch einmal eine gefährliche Situation mit Wasserstoff (Daniellscher Hahn). Zum Glück hatte ich eine zusätzliche Sicherung zur Wasserstoffflasche eingebaut.


    Manches kann man nicht vorhersehen (deine Elbafahrt), manches schätzt man falsch ein (Abzug), aber Wissen und Nachdenken über Risiken hilft. Fahrlässig oder bedingter Vorsatz ist juristisch ein Riesenunterschied.

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  • Kurze Zwischenfrage: Warum ausgerechnet am Buß- und Bettag? :/

    Vielleicht pädagogischer Tag? Früher war es Feiertag und die Schüler haben immer noch frei?:weissnicht:



    Ich kenne dies von meiner früheren Schule, die Eltern akzeptieren es an einem solchen Tag eher, wenn Unterricht ausfällt.

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  • NEIN!
    Die Schüler haben an dem Tag frei - damit sie eben büßen und beten können. ;)
    Die Arbeitnehmer haben ganz normalen Arbeitstag, können aber - wenn sie evangelisch sind - freinehmen, ist dann halt ein Urlaubstag.
    Lehrkräfte spielen eine Sonderrolle, weil eben die Schüler nicht da sind. Sie haben keinen Unterricht, aber in der Regel finden dann ganz "tolle, spannende" pädagogische Tage statt. (Ich hatte schon oft dann eine verpflichtende ganztägige Veranstaltung, oft von 9-16 Uhr, obwohl ich als Teilzeitlehrkraft nur 3-4 Stunden am Mittwoch hätte.)

  • An meiner alten Schule hatten wir auch meistens einen rechten Schmarrn an dem Tag, jetzt, an meiner neuen, gab es bisher im Treffen in Kleinteams und da gibt es tatsächlich immer Redebedarf (Planung Ausflüge, Feste, schwierige Schüler etc.). Nur dieses Jahr dürfen wir den Versicherungska... machen.

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    Aldous Huxley

  • Aber die meisten Schüler:innen sind doch in BY katholisch.

    Warum haben dann alle frei?

    Bei uns hat ja auch niemand frei, wenn Katholiken Hl. 3 Könige Fronleichnahm, Maria Lichtmess oder anderes feiern.

    Und die muslimischen Schüler:innen haben an ihren Feiertagen frei, die anderen Schüler:innen aber nicht.


    Es gab bei uns früher eine ähnliche Regelung für den Reformationstag.

    Für den Besuch eines GoDi konnte man als Schüler:in vom Unterricht befreit werden. Der GoDi war direkt neben der Schule. Vorher und hinterher hatte man Unterricht.


    Gerade beim Buß- und Bettag ist es aber so, dass es unbedingt dieser evangelische Feiertag sein musste, obwohl diverse katholische zur Auswahl gestanden hätten. In Sachsen ist der Buß- und Bettag offizieller Feiertag geblieben, dafür müssen die Sachsen mehr Geld für die Pflegeversicherung bezahlen.

  • Es hängt davon ab, wo du in Bayern bist. In Franken ist der Großteil evangelisch. Ich habe z. B. kein einziges katholisches Kind in meiner Klasse. Und auch in den anderen Klassen unserer Schule sind es zwischen 1-3 katholische Kinder pro Klasse.

    Andererseits gehe ich davon aus, dass die wenigsten Familien den Mittwoch mit Beten verbringen werden. Die meisten Kinder sind im Hort und die Eltern arbeiten.

  • 7 % Wasserstoff reichen, wenn ich es richtig in Erinnerung habe

    Rechne mal, wie viel Natrium du nehmen musst um auf 7 vol% Wasserstoff zu kommen. Wenn der Abzug funktioniert, saugt er das nach oben weg. Das *ist* Vorsatz, aber sowas von. Ich habe sowas noch nie gehört, geschweige denn erlebt. Die einzige Unfallquelle, die mir in dem Zusammenhang bekannt ist, ist dieser dämliche Sieblöffel. Mit dem hat es ein Kollege auch schon geschafft, einen Messzylinder zu sprengen. Ich habe den längstens aus der Sammlung entfernt.

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