Neulehrer und Probleme mit homophoben und rassitischen Kollegen

  • Als politisch Linke Lesbe fühle ich sehr mit dir. Das geht gar nicht! Mein Herz sagt „Sprich Klartext“, mein Verstand sagt „Kauf dir für 69 €/Monat einen 1. Klasse-Zuschlag für das Deutschlandticket, komm ein bisschen in der Schule an und reagiere dann“.


    https://www.vrr.de/de/deutschl…zung-und-fahrradmitnahme/


    Da du die Fahrtkosten als Kilometer abrechnen kannst, sparst du im Vergleich zum Auto auch in der 1. Klasse immer noch eine Menge Geld.

  • Mehr als dem Typen aus dem Weg gehen kannst du nicht tun und zu mehr würde ich dir auch nicht raten.


    Zum einen bist du der neue Kollege, mit 3? Jahren Probezeit und ein etablierter anderer Kollege kann ziemlich unangenehm werden, wenn man sich direkt zum Einstand mit diesem anlegt oder zum Personalrat/SL rennt, zumal die damit nichts zu tun haben, da seine private Meinung.


    Das Thema Outing ist bei den meisten Kollegien sicher kein Problem, in wenigen hingegen schon. Da du die anderen Kollegen und deren Einstellungen nicht kennst, würde ich das vllt. erstmal sein lassen zumal sich niemand für sowas interessiert! Was versprichst du dir in der Situation von einem Outing in einem Lehrerzimmer? Entweder die Leute ignorieren es, da ihnen einfach egal oder es sind homophobe dabei und du wirst direkt gemobbt.


    Privat darf er homophobe Tendenzen haben wie er möchte, so lange er es nicht an seinen Schutzbefohlenen auslässt. Damit musst du klar kommen, auch das er vielleicht die AFD wählt. Ich finde es sogar eher befremdlich, dass in deinem Text hier eine Negativität mitschwingt. Die Partei ist nicht verboten und solange das der Fall ist, wäre ich auch vorsichtig mit Äußerungen gegen irgendeine Partei im Lehrerzimmer. Gerade an der BBS gibt es den ein oder anderen sehr frustrierten Kollegen aus "WIllkommensklassen"/Berufsvorbereitungsklassen, die diese Partei wählen (und nicht nur die, nach neuesten Umfragen).

    Fakt ist, dass wir im Unterricht Neutralität zu wahren haben, sofern die eigene Aussage nicht eindeutig als private Meinung geäußert wird und als solche erkennbar ist. Letzteres kann sehr schnell von anderen Erwachsenen (BBS-Schülern oder Kollegen) verdreht werden, daher hält man sich einfach zurück.


    Ich schreibe das deshalb so ausführlich, da wir in meiner alten Schule den Fall von extremsten AFD-Bashing hatten, bis die erste Anzeige eingetrudelt ist (und zwar zu Recht!). Die Empörung war natürlich größer als wenn jemand einen SPD-Rufmörder angezeigt hätte aber das Ergebnis war dasselbe.


    Du findest in jeder gesellschaftlichen Schicht, mit jedem Bildungshintergrund Menschen die rassistisch sein können oder homophob/transfreundlich/transfeindlich/querverachter. Davon sind Lehrer nicht ausgenommen.

  • Nachdem der Threadstarter die Notbremse gezogen hat, kann ich wohl die Gefahr eingehen, den Thread mit zwei Ergänzungen zu derailen: Vermutlich interessiert es erstens wirklich nicht viele im Kollegium, ob jemand heterosexuell ist oder nicht. Aber beim Outen geht es nicht darum, anderen grundlos etwas über sich zu erzählen, sondern weil die Alternative im Rumdrucksen oder in Notlügen besteht. Zumindest wenn man einen Partner oder eine Partnerin hat, muss man sich verkneifen, von zuhause zu erzählen, oder von Dingen, die man am Wochenende getan hat. Bei uns im Kollegium ist das durchaus Thema, man lädt einander auch zum Essen ein; kann sein, dass das an anderen Schule nicht so ist.


    Zweitens gibt es kein "Neutraliätsgebot" an der Schule, Schule ist nicht politisch neutral und darf es nicht sein. Schule will und darf nicht nur Fakten vermitteln und Naturgesetze, sondern auch erziehen - zugegeben, eher bei allgemeinbildenden Schulen, ich weiß nicht genau, welche Art BBS hier gemeint ist, weil das je nach Bundesland unterschiedlich ist. (Exkurs: Ist das ein Ex-DDR-Relikt, dass man nicht möchte, dass die Schule die Kinder erzieht, weil zu viel schlechte Erfahrung damit gemacht? In meinem Blog und auf Twitter selig bin ich immer nur mit Leuten mit DDR-Hintergrund deswegen aneinander geraten.) Es gibt den Beutelsbacher Konsens, der aber kein Neutralitätsgebot ist, schon gar nicht gegenüber demokratiefeindlichen Parteien. Ich darf sehr wohl aufzählen, was AfD-Mitglieder und -Funktionäre an rassistischen und homophoben Aussagen von sich gegeben haben. Das darf ich auch bei anderen Parteien; bei der AFD gibt es nun mal deutlich mehr davon. Es stimmt zwar, dass diese Partei nicht verboten ist, aber sie ist "in Teilen" rechtsextrem, faschistisch und wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Das darf man selbstverständlich auch in der Schule sagen. (Ob man es sollte, also ob es etwas bringt, hängt vom Einzelfall ab.)


    Zum Threadstarter selber: Du musst machen, was für dich selbst am besten ist. Das ist das Wichtigste. Was das ist, können wir hier schlecht sagen, nur die verschiedenen Möglichkeiten aufzeigen. Den Kontakt vermeiden oder konfrontieren, im Kollegium nach Vertrauten suchen, das hängt von dir und dem Kollegium ab. Ich würde immer nach Vertrauten suchen, aber vielleicht ist das an dieser Schule oder Schulart schwer.


    (War im Sabbatjahr und nicht im Forum. Ich hoffte auf Veränderungen, da wie dort.)

    Seit 2004 unter dem gleichen Namen im Forum, weitgehend ohne ad hominem.

  • Nachdem der Threadstarter die Notbremse gezogen hat, kann ich wohl die Gefahr eingehen, den Thread mit zwei Ergänzungen zu derailen: Vermutlich interessiert es erstens wirklich nicht viele im Kollegium, ob jemand heterosexuell ist oder nicht. Aber beim Outen geht es nicht darum, anderen grundlos etwas über sich zu erzählen, sondern weil die Alternative im Rumdrucksen oder in Notlügen besteht. Zumindest wenn man einen Partner oder eine Partnerin hat, muss man sich verkneifen, von zuhause zu erzählen, oder von Dingen, die man am Wochenende getan hat. Bei uns im Kollegium ist das durchaus Thema, man lädt einander auch zum Essen ein; kann sein, dass das an anderen Schule nicht so ist.

    Genau darum geht es beim Outen, man erzählt Leuten grundlos etwas über sich. Die Alternative ist, einfach ganz normal, wie alle anderen auch über sein Zuhause zu sprechen. Schon der Begriff ist merkwürdig. Als wäre es etwas Besonderes oder Schlimmmes, auf das eigene Geschlecht zu stehen.

    Das hat bspw. einer unserer Referendare gemacht. Kein "Outing", in dem er uns darüber informiert hat, dass er homosexuell ist, kein Rumgedruckse, kein gespanntes Abwarten, wie die Menschen reagieren. Er redet einfach ganz selbstverständlich über seinen Freund und fertig. Wenn damit jemand ein Problem hat, ist das nicht sein Problem. Vielleicht ist das an einer sächsischen Dorfschule mit starker AFD und starker katholischer Kirche anders. Da würde ich allerdings nicht tot überm Gartenzaun hängen wollen. Es gibt einen Haufen schöne Regionen in Deutschland.

    Zitat

    (War im Sabbatjahr und nicht im Forum. Ich hoffte auf Veränderungen, da wie dort.)

    Willkommen zurück

  • Hm ... ich sehe nicht, warum ich meinem Kollegium gegenüber betonen sollte, dass ich verheiratet bin und zwei Kinder habe ... das kriegen die im normalen Umgang miteinander auch so mit.

    Und genau so - normaler Umgang - würde ich das auch handhaben, wenn ich homosexuell wäre. Nicht verschweigen, aber auch kein Thema draus machen ... dann sag ich halt statt "meine Frau" "mein Mann", dann sieht man schon, wie die Leute reagieren. Man muss auch im Kollegium nicht mit allen super auskommen. Professionelle Zusammenarbeit muss immer gehen, aber mit wem ich mehr rede / Zeit verbringe ist dann meine Sache.

  • Man macht heutzutage noch ein formales Outing? Wo man alle versammelt und erzählt, dass man homosexuell ist. Ehrlich? Wow, hätte ich nicht gedacht…

    Leider ja

    Das musste ich schon mehrfach erleben.

    Geht aber auch anders.

  • Manchmal ist ein Outing eben doch ganz angebracht, nämlich dann wenn einem ständig unterstellt wird heterosexuell zu sein. "Hast du eine Freundin?" etc kommt doch gerade wenn man neu ist recht häufig vor. Und das finde ich nervig. Sind dann in der Regel auch die, die ein Outing albern finden.

  • Kann man da nicht einfach sagen "Nö, einen Freund"? Könnte man nicht genau so als Hetero eine solche Frage nervig / übergriffig finden? Ich frag das ernsthaft und ohne "Hintergedanken".

  • Die Frage an sich ist schon übergriffig. Und wenn ich zu dem Zeitpunkt einen Freund hätte, würde ich das auch sagen. Aber wenn nicht, dann ist es schwieriger.

  • Ja, aber die Frage ist für Heteros u.U. auch schon übergriffig ... Naiv wie ich als Hetero wohl bin, würde ich auf die Frage - wenn ich keinen Freund habe - auch einfach mit "Nö" antworten ... Frage wahrheitsgemäß beantwortet.

  • Zweitens gibt es kein "Neutraliätsgebot" an der Schule, Schule ist nicht politisch neutral und darf es nicht sein

    Hier wurde mein Beitrag eventuell missverstanden. Man kann/sollte (je nach Fach) seine Schüler durchaus informieren, was Sachlage ist in der Parteienlandschaft. Was allerdings nicht geht ist eine Partei derart zu verunglimpfen, dass Schüler mit negativen Konsequenzen (schulseitig) rechnen müssen, sofern diese eine andere Meinung als der Lehrer/in vertritt. Die Anzeige gegenüber entsprechendem Kollegen hat auch Wirkung gezeigt, da man sich hier eben nicht mehr in der Legalität bewegt. Das eine Partei unter Beobachtung steht macht sie nicht direkt zum Kriminellen und auch nicht jeder AFD-Wähler ist ein biertrinkender, bildungsferner, stammtischdauerbesucher.


    Ich denke es findet sich in jeder Partei gut und schlecht Ideen und Ansätze (bei der einen mehr, bei der anderen weniger). Wenn die AFD nach jüngsten Umfragen auf 20%+- kommt muss sich die Politik Gedanken machen warum das so ist und man wäre sehr gut beraten das nicht weiter abzutun in der Hoffnung, dass sich das wieder von selbst gibt.


    Daher war es lediglich ein nett gemeinter Rat an einen jungen, neuen Kollegen bevor solche Aussagen auch ins Auge gehen können. Dasselbe gilt für das sehr aufgeheizte Gender-Thema. Ich möchte damit nicht sagen, dass man seine eigene Meinung nicht vertreten darf, allerdings sollte man die in seiner Situation (neuer Kollege an der Schule, Probezeit) bei Themen unterlassen (Parteien, Gender/Sexualität), die sehr schnell eskalieren können.

  • Gerade an der BBS gibt es den ein oder anderen sehr frustrierten Kollegen aus "WIllkommensklassen"/Berufsvorbereitungsklassen, die diese Partei wählen (und nicht nur die, nach neuesten Umfragen)

    So so.... Haste mal einen Link zu diesen "neuesten Umfragen"?


    Nach dem, was du hier in der letzten Zeit so über deine Schule schreibst, hoffe ich, dass ich mit dieser nie näher zu tun haben werde... :(

    Zum Glück gibt es viele BBSn, wo es nicht derart "zugeht".

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • "Hast du eine Freundin?" etc kommt doch gerade wenn man neu ist recht häufig vor.

    Tatsächlich? Ich kenne es eigentlich nicht so, dass man jemandem, die/der irgendwo neu ist, solch eine - auch in meinen Augen übergriffige - Frage stellt.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Manchmal ist ein Outing eben doch ganz angebracht, nämlich dann wenn einem ständig unterstellt wird heterosexuell zu sein. "Hast du eine Freundin?" etc kommt doch gerade wenn man neu ist recht häufig vor. Und das finde ich nervig. Sind dann in der Regel auch die, die ein Outing albern finden.

    Mich hat noch nie ein Erwachsener im Job gefragt, ob ich eine Freundin habe. Weder an der Schule noch in anderen Jobs. Fände ich auch nervig und übergriffig. Vollkommen unabhängig davon, ob ich hetero-, homo-, was-auch-immer-sexuell bin. Wenn du auf die Frage antworten willst, sagst du eben, dass du einen Freund hast. Oder du antwortest mit nein. Wozu braucht es da ein "Outing"?


    Von Kindern und Jugendlichen wird manchmal gefragt, das finde ich nicht so schlimm. Auch die "Unterstellung" von Heterosexualität ist bei denen verständlich, das ist eben das, was sie kennen. Auch hier kannst du antworten, dass du einen Freund hast, wenn du das möchtest. Homosexualität ist echt nichts besonderes mehr.

  • Aber wenn nicht, dann ist es schwieriger.

    Warum?

    Ich bin selbst nicht 100%ig heterosexuell und habe nie ein Problem darin gesehen, einfach über meinen Freund zu sprechen, wenn ich einen hatte, oder über meine Freundin wenn es eine war oder darüber, dass ich gerade keinen Partner habe. Ab und zu reagiert mal jemand doof (im Sinne von negativ, nicht im Sinne von unbedarft), aber es ist doch gut, wenn sich solche Menschen gleich zu erkennen geben und man einen Bogen um sie machen kann.

  • Ich kenne es eigentlich nicht so, dass man jemandem, die/der irgendwo neu ist, solch eine - auch in meinen Augen übergriffige - Frage stellt.

    Genau das habe ich in unserem Kollegium mal mitbekommen, als ich direkt daneben saß. Mann will ja wissen, wie der neue Kollege so ist, da werden so manche Fragen gestellt (vielleicht auch auf der Grundlage dessen, was für einen selbst wichtig ist, für den fragenden Kollegen war halt seine Freundin/bevorstehende Hochzeit wichtig).

    Der neue Kollege wich aus (ist unter anderem ja eine übergriffige Frage), druckst rum, der alte Kollege ließ nicht locker. Ich habe dann an der Stelle von meiner Ex-besseren-Hälfte erzählt. Noch mal ein wenig mehr erzählt. Also eigentlich die Frage des alten Kollegen mit Bezug auf meine Person beantwortet. Der alte Kollege reagiert so gar nicht. War dann ein Zeichen für den neuen Kollegen, dass ein Outing kein Problem wäre - hat er aber an der Stelle nicht gemacht, denn es ist immer noch eine übergriffige Frage, der Beziehungsstatus geht niemanden etwas an.

  • Warum?

    Ich bin selbst nicht 100%ig heterosexuell und habe nie ein Problem darin gesehen, einfach über meinen Freund zu sprechen, wenn ich einen hatte, oder über meine Freundin wenn es eine war oder darüber, dass ich gerade keinen Partner habe. Ab und zu reagiert mal jemand doof (im Sinne von negativ, nicht im Sinne von unbedarft), aber es ist doch gut, wenn sich solche Menschen gleich zu erkennen geben und man einen Bogen um sie machen kann.

    Ich habe auch kein Problem über meinen Freund zu reden. Aber wenn ich gefragt werde, ob ich eine Freundin habe und nicht wahrheitsgemäß sagen kann, dass ich einen Freund habe, dann bleibt mir ja nur das nein. Nur oute ich mich ohne Klarstellung dann eben auch passiv als Heterosexueller. Und das ist wirklich das letzte was ich will.

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