Eure Erfahrungen- Grundschullehramt ja oder nein?

  • Und gleich weiter mit Punkt 3, mit dem ich mich "Herr Bernd" anschließe:

    Die Grundschule ist nach wie vor das natürliche Habitat von Frauen, Männer werden dort überwiegend geduldet - da hat sich seit Jahrzehnten kaum etwas geändert!

    Das hat vielfältige Auswirkungen, die fast immer zu Lasten der männlichen Lehrkräfte gehen: Männern wird nach wie vor weniger Einfühlungsvermögen und Kompetenz gerade im Umgang mit Grundschulkindern zugetraut.

    Da Männer zahlenmäßig total unterrepräsentiert sind, werden sie auch von den SuS - insbesondere an kleinen Schulen - häufig als exotisch wahrgenommen, was für den Lehrer zu Akzeptanzproblemen und Schwierigkeiten bei der Disziplinierung der SuS führen kann.

    Nicht zuletzt ist der männliche Grundschullehrer oft auch im Kollegium nur eine "geduldete" Randfigur.

    Kurz und gut: wenn sich die negativen Auswirkungen des Matriarchats irgendwo eindrücklich beobachten, dann in der Grundschule!

  • TOP 2 folgt sogleich:

    Als Lehrer ist man - zumindest im Rahmen des Unterrichts - komplett fremdbestimnt. Nicht inhaltliche Erfordernisse oder spezifische Bedürfnisse der SuS besimmen die Arbeitsabläufe, sondern IMMER ist es das Stundenklingeln, das die Arbeitsphasen vorgibt und taktet.

    Das ist eine Form der Entfremdung, die es so starr ansonsten nur in großen Industriebetrieben gibt.

    Diese unnatürliche Taktung torpediert nicht nur Lern- und Arbeitsabläufe, sie macht auch die so wichtige kommunikative Interaktion mit den KuK fast unmöglich. Die strikte Einteilung des Unterrichts in 45-Minuten-Einheiten versklavt Lehrer und Schüler gleichermaßen!

    Man kann doch sehr offen arbeiten. Offener Anfang, gemeinsamer Stuhlkreis, besprechen des Tages, gemeinsame Lernzeit, freies Arbeiten an den Themen (differenziert mit individueller Hilfe) usw. Mit vielen Fachlehrern in der Klasse ist es schwieriger, aber da kann man sich je nach Tag darauf einstellen und entsprechend/anders planen. Es gibt auch Tage, an denen man die einzige Lehrkraft in der Klasse ist. Wenn die Klasse gut eingeführt ist, läuft der Vormittag notfalls fast ohne dich. Eine Schulklingel habe ich in BaWü noch nie gehört und da arbeite ich jetzt immerhin schon 18 Jahre. Die weiterführenden Schulen haben hier immer Doppelstunden, damit die Fachlehrer auch freier bei den Methoden sind.

  • Die Grundschule ist nach wie vor das natürliche Habitat von Frauen, Männer werden dort überwiegend geduldet - da hat sich seit Jahrzehnten kaum etwas geändert!

    Das hat vielfältige Auswirkungen, die fast immer zu Lasten der männlichen Lehrkräfte gehen: Männern wird nach wie vor weniger Einfühlungsvermögen und Kompetenz gerade im Umgang mit Grundschulkindern zugetraut.

    Da Männer zahlenmäßig total unterrepräsentiert sind, werden sie auch von den SuS - insbesondere an kleinen Schulen - häufig als exotisch wahrgenommen, was für den Lehrer zu Akzeptanzproblemen und Schwierigkeiten bei der Disziplinierung der SuS führen kann.

    Nicht zuletzt ist der männliche Grundschullehrer oft auch im Kollegium nur eine "geduldete" Randfigur.

    Kurz und gut: wenn sich die negativen Auswirkungen des Matriarchats irgendwo eindrücklich beobachten, dann in der Grundschule!

    Wenn das nicht Ironie ist - dann ist es ausgesprochener Schwachsinn.

  • Die Aussicht, über lange Jahre hinweg immer wieder den in etwa gleich alten SuS gegenüberzustehen (seien sie nun 8, 9 oder 12 Jahre alt) und dabei selbst fortwährend älter, grauer und lethargischer zu werden, finde ich quälend und widerwärtig!

    Hmmm. Finde ich nicht, gut gealtert und grau wie ich bin.

  • Die Aussicht, über lange Jahre hinweg immer wieder den in etwa gleich alten SuS gegenüberzustehen (seien sie nun 8, 9 oder 12 Jahre alt) und dabei selbst fortwährend älter, grauer und lethargischer zu werden, finde ich quälend und widerwärtig!

    Was ist denn das für eine merkwürdige Aussage? Dass sich das Alter der SuS, die man unterrichten wird, nicht ändern wird, weiß doch wohl jede/r, bevor sie/er sich für diesen Beruf entscheidet! In diesem Zusammenhang von "widerwärtig" zu sprechen ist ja wohl mehr als übertrieben.

    Als Lehrer ist man - zumindest im Rahmen des Unterrichts - komplett fremdbestimnt. Nicht inhaltliche Erfordernisse oder spezifische Bedürfnisse der SuS besimmen die Arbeitsabläufe, sondern IMMER ist es das Stundenklingeln, das die Arbeitsphasen vorgibt und taktet.

    Das ist eine Form der Entfremdung, die es so starr ansonsten nur in großen Industriebetrieben gibt.

    Diese unnatürliche Taktung torpediert nicht nur Lern- und Arbeitsabläufe, sie macht auch die so wichtige kommunikative Interaktion mit den KuK fast unmöglich. Die strikte Einteilung des Unterrichts in 45-Minuten-Einheiten versklavt Lehrer und Schüler gleichermaßen!

    Du weißt aber, dass es Schulen gibt, wo es a) gar keine Schulklingel gibt, b) nicht in 45- sondern in 90-Minuten-Einheiten (oder anderen) unterrichtet wird und/oder c) dieselbe Lehrkraft eine Klasse mehrere Stunden hintereinander unterrichtet, also selbst für die "Taktung" verantwortlich ist?

    EDIT: Ach, ich sehe gerade, dass Zauberwald das auch schon geschrieben hat. Da war ich zu langsam ;) ...


    Ich frage mich wirklich immer mehr, warum du dich jemals für den Beruf der Lehrkraft entschieden hast (wenn du überhaupt Lehrkraft bist). Kann ich echt nicht nachvollziehen bei den Argumenten, die du hier gegen diesen Beruf äußerst. Zu deinem Besten und dem deiner SuS und auch Kolleg*innen solltest du dich mMn langsam, aber sicher nach 'nem anderen Job umsehen.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

    2 Mal editiert, zuletzt von Humblebee ()

    • Offizieller Beitrag

    Sind dir solche Aussagen eigentlich nicht peinlich?

  • Trotzdem haben von den GSL-Studierenden, mit denen ich bisher in Kontakt gekommen bin, etwa 90% Sachunterricht als wählbares Fach; damit sticht man später dann halt nicht heraus, außer man hat sehr gute Noten.


    PS: In Hessen sind Mathe und Deutsch verpflichtend.

    Das ist bestimmt sehr unterschiedlich.

    An meinem Uni-Standort war Englisch beliebt als eines von 3 Fächern und auf Grund eines jungen Teams der Dozierenden. An einer anderen Uni war Englisch sehr schwierig, eigentlich beliebt, aber sehr demotivierend, da schlecht organisiert.

    Zu der Zeit wurde Englisch an Grundschulen ausgebaut, man hatte also verstärkten Bedarf, da die bisherigen Lehrkräfte Englisch nicht belegt hatten.


    In letzter Zeit wird bei jedem Problem vorgebracht, man möge Englisch in der Grundschule streichen. Hat man nur ein wählbares Fach, würde man Englisch dann vielleicht eher ausschließen.


    In NDS war Englisch ein paar Jahre lang ein Wahlpflicht-Hauptfach, dann hat man viele Englisch-Lehrkräfte, denen aber D und Ma fehlen, wenn sie als 2. Fach etwas anderes wählen.

  • Trotzdem haben von den GSL-Studierenden, mit denen ich bisher in Kontakt gekommen bin, etwa 90% Sachunterricht als wählbares Fach; damit sticht man später dann halt nicht heraus, außer man hat sehr gute Noten.

    In Bayern hat man 4 Fächer und eins davon MUSS aus dem Sachunterrichtsblock sein (Bio, Geschichte, Erdkunde, Sozialkunde).

  • Aber, liebe/r Anka00, das ist ja noch längst nicht alles...

    Kommen wir also zu Punkt 4:

    Schule - und insbesondere Grundschule - macht auf Dauer stumpf und dumpf und hohl. Und ich rede jetzt von den Lehrkräften (wenngleich dieses Diktum in abgewandelter Form auch für die SuS gilt...).

    Du wirst im Normalfall über viele Jahre hinweg Inhalte und Themen unterrichten, die sich kaum verändern. Die vier Fälle bleiben die vier Fälle, die Malfolgen bleiben die Malfolgen und der Lebensraum Wald bleibt der Lebensraum Wald. Die Veränderungen sind höchstend graduell, dein inhaltlich-intellektuell Spektrum unterliegt nur minimalen Veränderungen.

    Für die Kinder ist natürlich jedes Modul neu und frisch, für dich als Lehrer wird jede Lereinheit mit jedem mit jedem "Durchgang" vertrauter, und das heißt auch: langweiliger!

    Du wirst, je länger du den Job machst, umso mehr intellektuell veröden und geistig abbauen. Aber vielleicht bist du genau dann, wenn dieser Prozess weit genug fortgeschritten ist, genau das, was viele zu Beginn ihrer Laufbahn unbedingt sein woll(t)en: "ein wirklich guter Lehrer".

  • :rotfl:Na, dann sollten am besten alle Lehrkräfte Fächer wie Politik, Wirtschaft(skunde) o. ä. unterrichten, wo sich die Themen und Inhalte immer mal ändern. Und am Gym/BG ändern sich in vielen BL in der Oberstufe in Englisch, Deutsch usw. die Themengebiete auch alle zwei Jahre.


    HappygoluckygoamAr : Du bist wirklich ein lustiger Troll, der uns hier über die Sommerferien amüsiert! Mach' mal weiter damit, bitte!

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Kommen wir also zu Punkt 4:

    Schule, insbesondere Grundschule, wird nie langweilig, weil immer etwas Neues hinzukommt, neue Fächer, neue Schüler:innen, neue DaZ-Kinder mit neuen Sprachen.


    Es gibt Menschen, die denken, Grundschule sei von den Inhalten her immer gleich. Das täuscht von außen, wer es unterrichtet, weiß, dass sich Themen, Schwerpunkte und Vorgehensweisen ändern. Ja, man kann sich sicher selbst langweilen und fertige Ordner mit fertigen AB abarbeiten, aber realistisch ist das nicht.


    Für die Kinder ist alles neu, sie sind zumeist begeisterungsfähig, staunen und lernen, entdecken … und du mit ihnen, wenn du offen dafür bist und bleibst, das Lernen mit ihnen zu teilen.

    Neu bleiben auch immer die Herausforderungen, die jeden Tag auf dich warten können, weil ein Kind aus der Klasse eine besondere Herangehensweise oder Hilfe braucht.


    Zudem muss man bedenken, dass der Anteil an Pädagogik und Psychologie, Klassenleitung und Förderung viel Raum einnehmen in der Grundschule. Je nach Bundesland übernimmt man viele Aufgaben aus anderen Bereichen, multiprofessionelle Teams wären schön, es gibt sie aber noch nicht überall. Es wird um so wichtiger, im Team zu arbeiten, sich abzusprechen und in Absprache Wege zu finden. Da können die Impulse der anderen wichtig sein, deine Expertise als Lehrkraft erweitert sich mit jedem Kind und jedem Aspekt. Wer Stillstand liebt, sollte den Beruf eher meiden.


    Sollte dir das alles nicht ausreichen, kannst du dich in vielen zusätzlichen Aufgaben zusätzlich engagieren, Schulentwicklung, Materialentwicklung, Integration, Inklusion, Ausbildung, Uni …


    Ja, das alles braucht viel Zeit und viel Kraft. Der Beruf ist fordernd und man kann sich selten zurücklehnen und zuschauen, hat häufig viele Aufgaben auf einem. Auf die Dauer zehrt es sehr. Die Arbeitsbedingungen sind schlecht und wurden zu lange still hingenommen und von Lehrkräften auf ihre eigenen Kosten ausgeglichen. Deshalb gibt es nun lautere Kritik, damit sich endlich etwas ändert.

    Dazu kommt, dass immer wieder behauptet wird, es sei ein bisschen Basteln und Spielen, was jeder leisten könnte, eine Deprofessionalisierung, die den Anforderungen und Ansprüchen nicht gerecht wird, gerade zu Beginn der Schulzeit Kindern zu guten Grundlagen zum Lernen zu verhelfen und ihnen nach fundierter Diagnostik auf unterschiedlichen Wegen das notwendige Rüstzeug mitzugeben.


    Ich überlege, ob es andere Berufe gibt, die auf Dauer so interessant und spannend bleiben. Grundschullehramt bleibt einer der schönsten Berufe überhaupt.

  • Interessant. Ich hätte es anders ausgedrückt, aber Happygos TOP1 hat auch an mir ein bissi genickelt. Ohne es begründen zu können und ohne dass es jemals irgendwer hätte nachvollziehen können...,aber ich hab mich nach ein paar Jahren Sek I auch wahnsinnig alt und jedes Jahr älter gefühlt 😅 Wenn man umgeben von Erwachsenen durchs Leben geht, wird einem das eigene Altern selten so bewusst, wie wenn man täglich von Kindern umgeben ist, von denen man immer weiter entrückt.

    Ja, das weiß man vorher. Ich fands trotzdem unangenehm.

  • Ich finde TOP1 und TOP4 stimmen.


    Ich finde es auch unangemessen und würdelos, dass man mit 55+ noch die Klassen 1-7 unterrichten soll. Gut, dass ich das auch mit 32 nicht tue.


    Und zu TOP4 kann es doch keine ernsthafte Widerrede geben. Fachlich verkümmert man.

  • Ich unterrichte zwar nicht an einer Grundschule, aber in einem Brennpunktbereich. Und es hat einige Vorteile im Vergleich zu meiner vorherigen gutbürgerlichen Schule. Es gibt hier nur wenige Helikoptereltern, Kinder haben noch Geschwister und teilen gelernt, schreien nicht nur "ich, ich, ich". Der einzige problematische Vater war prompt einer der wenigen "Studierten".


    Also auch eine Schule im Brennpunktbereich kann gute Arbeitsbedingungen bieten. Wir erhielten viel früher als andere Schulsozialarbeiter usw. Im Kollegium herrscht Offenheit und wir arbeiten zusammen. Ich weiß von einigen Kollegen, die es genau wie ich wertschätzen.


    Freunde und Familie haben vor 17 Jahren nicht verstanden, dass ich hierher will (und nicht in das "reiche Nachbarstädtchen"). Aber ich mag meine Schüler, die Vielfalt. Ich möchte nicht täglich dasselbe tun müssen (wie in vielen anderen Jobs). Lasse dir keinen Blödsinn einreden von Leuten, die selbst keine Ahnung haben.

    Meine Beiträge werden auf einer winzigen Tastatur eines Tablets mit Autokorrektur geschrieben. Bitte entschuldigt Tippfehler. :mad:

  • Und noch ein letzter Punkt für heute, Anka00, dann soll's genug sein.

    Als Lehrer bist du den halben Tag von vielen (oft hunderten) Menschen umgeben, bist aber tatsächlich mitten im allergrößten Trubel ein Einzelkämpfer. Das setzt sich nach dem Unterricht in anderer Form fort - die Kinder sind weg, aber du arbeitest jetzt erst recht allein.

    Meiner Erfahrung nach ist der fachliche Austausch, das ausführliche Gespräch über einzelne Kinder oder die grundsätzliche Debatte über "Fehler im System" ganz überwiegend nicht gewünscht...und wird nicht gesucht.

    Ich staune immer wieder, wie schnell das Lehrerzimmer nach Ende der letzten Stunde verwaist. Jeder will nach Hause, um alleine für sich den nächsten Tag vorzubereiten - wer fünf Minuten nach Ende der sechsten Stunde IMMER NOCH im Klassenzimner sitzt, der hat entweder ein Elterngespräch anberaumt oder er/sie kann seine/ihre Arbeit nicht effektiv managen.

    Gerade wenn man den Vergleich mit anderen Berufsfeldern heranziehen kann, wird deutlich, wie sehr das System Schule auf Einzelkämpfer-Mentalität beruht. Wer den befruchtenden Austausch mit Kollegen schätzt und wer das, was er macht, auch gerne kritisch hinterfragt und kreativ verändert, der/die steht im System Schule häufig auf verlorenem Posten.

    Oder um es mit den Worten einer altgedienten Ex-Kollegin zu sagen, die ich nach mehrwöchigem Krankheitsausfall bezüglich wichtiger Ereignisse der vergangenen Zeit befragte - : "Ach, das geht hier alles seinen gewohnten Gang. Sie haben nichts verpasst."

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