(NRW) Darf man Schüler unterrichten, die im eigenen Haushalt leben?

  • Hallo allerseits,


    der Sohn meiner Verlobten, der mit uns in einem Haushalt lebt, wechselt vom Gymnasium auf meine Realschule in den Jahrgang 9.

    Wir sind dreizügig, ich unterrichte zwei der drei Klassen. Sofern ich ihn nicht unterrichten darf, müsste er in die Klasse, die ich nicht unterrichte, die ist aber schon ziemlich voll (30 oder 31 SuS)… und ich bezweifle, dass meine Bedenken ihn zu unterrichten die SL interessieren.

    Ich wäre dankbar, wenn mir jemand einen Gesetzesartikel o.Ä. hier verlinken würde, falls es einen gibt.

    Wer sich selbst zum Schüler hat, hat einen Esel als Lehrer.

    • Offizieller Beitrag

    Generell gilt zur Klassenbildung (Verordnung zur Ausführung der $93 Abs 2 SchulG, $6):

    • die Bandbreite an der Realschule in den Klassen 5 - 9 liegt bei 25 - 29 Kinder.
    • unter gewissen Umständen darf die Zahl 29 auch (um bis zu 5 Kindern) überschritten werden. Da geht es aber um die Klassengrößen in Verbindung mit der Klassenrichtzahl.
    • Unabhängig davon habe ich es auch schon erlebt, dass nach Einverständnis des Schulamtes, der betroffenen Kolleginnen und der Eltern der Klasse die zahl überschritten wird.

    Andersherum: gegen das Unterrichten von eigenen Kindern spricht rechtlich nichts. Laut ADO $3, Abschnitt 2 gehört es zu den beamtenrechtlichen Verpflichtungen, das Amt unparteiisch UND gerecht zu führen. Also: auch gerecht, wenn sie die Schüler auch außerhalb des Unterrichts kennen. Alle sind gleich zu behandeln.


    Ich weiß, das ist Theorie. Aber aufgrund der Regeln zur Klassenbildung und der ADO ist zumindest die rechtliche Antwort: das Kind geht nicht in die große Klasse, sondern du kannst es unterrichten.

  • Ich würde auch eher davon ausgehen, dass du eine der anderen Klassen dann eben abgeben wirst müssen Lucky Luke , weil die SL, solange sie eine Alternative hat (und darum weiß, dass dieser im selben Haushalt lebt), den Jungen wohl nicht in deinen Unterricht setzen wird. Das schafft im Zweifelsfall Probleme, die vermeidbar wären. Nachdem es eine dritte 9. Klasse gibt einerseits und dein Deputat nicht in Stein gemeißelt ist andererseits, wird das wohl eher die Lösung sein.


    Dies geschrieben: Weiß deine SL denn, dass der Junge mit dir in einem Haushalt lebt und du größte Bedenken hättest, diesen selbst unterrichten zu müssen, weil das ganz unabhängig von deinem beruflichen Ethos und deiner Professionalität unnötige private Spannungen, sowie Probleme in der Klasse schaffen könnte, weshalb du dringend darum bittest eine alternative Lösung zu finden, indem du beispielsweise eine der anderen 9. Klassen abgibst?

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

    • Offizieller Beitrag

    Ich war übrigens nicht konkret in einer solchen Situation, hatte aber ein immer größeres Verhältnis zu einer Schülerin, die ich rein technisch nicht mehr unterrichten würde (außer ein Kollege hätte gekündigt usw..) und habe dann recht schnell, als besagte Schülerin angefangen hat, bei mir ein- und auszugehen, der Oberstufenleitung ein Schreiben gegeben, dass ich darum bitte, aus allen möglichen Prüfungen rausgehalten zu werfen (von den Fakultäten her hätte ich in zwei ihrer Abiprüfungen sein können), ich wollte nicht, dass man mir irgendetwas, egal in welcher (positiven oder negativen) Richtung unterstellen kann.

    Wenn man ein eigenes Kind im Jahrgang hat, ist es sicher sehr schwierig, alle Freund*innen auszuschließen, aber man kann eine Stufe auslassen, für mich war es einfach die sauberste Lösung, alles auf den Tisch zu legen. Zu meinem eigenen Schutz.
    Das würde ich in deinem Fall auch so machen. (und zum Schutz des Kindes)

  • Ich habe mal vor x Jahren ein Bericht gesehen, bei dem ein Lehrer gezeigt wurde, der ~4 Kinder auf der Hallig unterricht hat; darunter war auch sein eigenes Kind.

    • Offizieller Beitrag

    Ja gut, es ist aber echt eine Sondersituation, oder? Wenn man auf einer Hallig wohnt, muss man eh damit rechnen, dass am Ende alle verwandt sind oder eh alles zusammen machen, oder?

    Und ehrlich gesagt halte ich es für einfacher, mein eigenes Kind zu unterrichten, als mein Stiefkind.

  • @chilipaprika: Mein Post sollte sich nicht auf dein Post beziehen. Ich hätte genau so gemacht wie du es geschrieben hast und finde es auch gut, wenn man es so lösen kann. Mein Post sollte sich nur auf die grundsätzliche Frage beziehen "darf man das?". (Wobei die Hallig ja nicht zu NRW gehörrt :)

  • Ich vermute es war (ist?!) bei einzügen Schulen in ländlichen Gegenden ganz normal.


    Wenn es verboten wäre, dann würden sich Internate anbieten, oder wohnen bei einem Verwandten, oder eine andere Art von betreutem Wohnen. Letztendlich müssen die das auch ab einer bestimmten Stufe machen. Die haben da ja keine Oberstufe. Von unterricht über Funk oder Internet, wie in Australien, habe ich zumindest in D noch nicht gehört.

  • In meiner eigenen Schulzeit hatte eine Mitschülerin ihre Mutter in einem Nebenfach. Das war lustig, weil sie ihre Mutter hat im Unterricht. Bei einer Eins mit Sternchen Schülerin war das generell kein Problem, schwierig stelle ich es mir vor, wenn man der Lehrkraft unterstellen könnte, zu gute Noten zu geben.


    Bei uns im Kollegium gibt es viele Lehrerkinder, keines von denen hatte bei den Eltern. Das hätten die auch nicht gewollt. Ein Paar hat ihre Kinder aus diesem Grund sogar an die Nachbarschule geschickt, da sie die einzigen Lehrer für ein Fach waren.

  • interessante (existentielle) Frage: aber selbst wenn es in NDS verboten wäre, wie würde man es auf einer Hallig machen?

    Mal abgesehen davon, dass es in NDS meines Wissens ebenfalls nicht verboten ist, im eigenen Haushalt lebende Kinder zu unterrichten: Die Halligen liegen im nordfriesischen Wattenmeer und gehören daher zu SH ;) (hier nachzulesen: Hallig – Wikipedia).

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Noch ein relativierender Aspekt:

    Je "wichtiger" ein Zeugnis, desto weniger sollte man mMn eigene Kinder (oder sehr gut bekannte Kinder) selbst unterrichten. In der Grundschule also vielleicht rechtlich/moralisch "problemlos", in der 10. Klasse der Realschule (mit Schulabschluss) auf gar keinen Fall.

    Am Gymnasium gibt ein Schulleiter den Prüfungsvorsitz ab, wenn sein eigenes Kind in dem Jahrgang sein Abitur macht. Andere reguläre Mitglieder der Prüfungskommission sind in einer solchen Situation nicht Mitglied der Prüfungskommission.


    Unterrichtet man als Lehrkraft im identischen Jahrgang des Kindes, könnte bei jeder Klassenarbeit (Jahrgangsarbeit) durch irgendwen unterstellt werden, dass das Kind im Vorfeld Zugriff auf diese Arbeit hatte (ob erlaubt oder heimlich) und deshalb besser abgeschnitten hat als es eigentlich ehrlicherweise hätte sein können.

    • Offizieller Beitrag

    Unterrichtet man als Lehrkraft im identischen Jahrgang des Kindes, könnte bei jeder Klassenarbeit (Jahrgangsarbeit) durch irgendwen unterstellt werden, dass das Kind im Vorfeld Zugriff auf diese Arbeit hatte (ob erlaubt oder heimlich) und deshalb besser abgeschnitten hat als es eigentlich ehrlicherweise hätte sein können.

    Alle anderen Argumente: okay.
    Das: naja.

    Nur, weil ich dieses Jahr keine 8. Klasse habe, heißt es nicht, dass ich quasi aus dem FF sagen kann, welche Kurzgeschichte für die Klassenarbeit in Frage kommt, nachdem im Unterricht schon 2 anderen geübt wurden. Oder dass ich mich wahnsinnig einlesen muss, um Übungsgedicht zur Stadtlyrik in der 9 zu finden.

    Beim Abitur oder Abschlussprüfungen mit Zugang zu Prüfungsunterlagen: klar. Deswegen darf man sie eben auch vorher nicht sehen.

  • Nur, weil ich dieses Jahr keine 8. Klasse habe, heißt es nicht, dass ich quasi aus dem FF sagen kann, welche Kurzgeschichte für die Klassenarbeit in Frage kommt, nachdem im Unterricht schon 2 anderen geübt wurden. Oder dass ich mich wahnsinnig einlesen muss, um Übungsgedicht zur Stadtlyrik in der 9 zu finden.

    Deshalb schrieb ich ja auch: Jahrgangsarbeit. Gemeint ist, dass man ja vielleicht auch als Lehrkraft mit den Kollegen kooperieren kann. Und eine gemeinsame/identische Klassenarbeit im gesamten Jahrgang in einem Fach schreibt.

    Hat sich meiner Meinung nach bewährt. Man erstellt sucht nicht für jede KA die Kurzgeschichte, das Gedicht für die jede einzelne Klassenarbeit, erstellt nicht alle Erwartungshorizonte selbst. Sondern jede Lehrkraft im Jahrgang entwirft nur eine Klassenarbeit. (Hat auch was von Entlastung etc. Zudem kann man so ein wenig schauen, dass alle SuS einen ähnlichen Stand haben, wenn sie z.B. für die Sek II in anderen Klassen & gemischten Kursen landen.)

  • Wobei wir in M im Jahrgang im Stundenplan die Stunden auch nicht parallel haben und trotzdem schreiben wir z.T. die gleiche Arbeit.

    Wenn es Parallelarbeiten sind, dann schreiben wir sie anfangs einfach durchaus an verschiedenen Tagen. Die Schüler merken dass oft gar nicht, weil wir es ihnen nicht sagen. Manchmal lasse ich auch die Nachschreiber genau die gleiche Arbeit nachschreiben. Habe da dann trotzdem oft 5en dabei, weil die einfach nicht fragen was in der Arbeit der eigenen Klasse vorkam bzw. sie es trotzdem nicht können.

    In höhren Jahrgägne werden die Schüler dann manchmal "schlauer". Das fällt dann aber auf und ab dann bekommen die Nachschreiber auch andere Arbeiten und Parallelarbeiten werden dann einfach prallel gelegt, indem man mit Kollegen tauscht. (Ja, ist bei Kursen schwierig. Aber hat bisher immer irdendwie geklappt. Notfalls hat dann auch schon mal ein Lehrer die 3+4 geschrieben und ein anderer schon in der 2+3; da konnten sich die Schüler auch nicht absprechen.)

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