Benotung - talentierter Schüler aber faul

  • Ich verstehe deine Sichtweise auch, Palim. Wenn wirklich Überforderung da ist, tut man dem Kind mit dem Gymnasium natürlich auch keinen Gefallen. Beim Durchschnittsschüler mit durchschnittlicher Unterstützung finde ich die schriftliche Note aber erheblich aussagekräftiger als die Zeugnisnote, die ggf. durch Mündlichkeit verfälscht wurde. Ich hatte in meiner Vertretungszeit an der Realschule mal den Fall, dass in einer Erprobungsstufenkonferenz einem schriftlich superguten, aber sonst sehr stillen Schüler kein Wechsel aufs Gymnasium empfohlen werden sollte. Das fand ich so grotesk, weil der Junge wirklich fit und einfach nur introvertiert war. Ich empfand den als deutlich gymnasialgeeigneter als viele Kandidaten, denen ich am Gymnasium begegnet bin und die zwar in der Sonstigen Mitarbeit sehr präsent waren, aber schriftlich eher mau.


    Die Anmerkung, dass mit 3en oder 4en durchzurutschen nicht der Anspruch sein kann, verstehe ich je nach Schule allerdings auch. Das, was ich an meinem letzten Gymnasium mit leistungsschwachem Klientel mit 4 bewertet habe, wäre an der Vorgängerschule mit angemessenerem Gymnasialklientel vielleicht noch eine 5 gewesen. Vielleicht. Viele Gymnasien sehen die Leistungserosion halt auch deutlich und die 4 ist dann im Hinblick auf tatsächliche Kompetenzen schon arg schwach. Nicht überall wahrscheinlich, aber an einige Schulen eben schon.

  • ...

    Ich frage euch eben, was ihr dazu denkt, ob ihr ähnlich benotet (1/3 Mitarbeit und Heft, 1/3 HÜs, 1/3 Tests für die Note) ...

    Es ist egal, wie andere es handhaben und du weißt auch nicht, ob die Lehrkraft so bewertet.


    Ich würde mit den Eltern sprechen, ohne mich auf die Noten zu beziehen, die dich m.E. nichts angehen. Erzähle ihnen davon, was dir am Verhalten auffällt, wie intensiv und selbständig das Kind sich in der Schach-AG verhält, dass du sogar über Hochbegabung nachgedacht hast. Schlüsse können diese dann selbst ziehen.

  • Finde nur ich die Geschichte merkwürdig?


    Wenn du tatsächlich neben deinem Einsatz als Lehrer an einer anderen Schulform als Schachtrainer an einer Grundschule arbeitest und dich da intensiv mit den Schulleistungen der Schüler in deiner AG auseinandersetzt, würde ich dafür plädieren, dass du die dortigen Lehrer ihre Arbeit machen lässt, auf die sie spezialisiert sind, und dich auf deine eigenen Schüler konzentrierst. Wenn du aber der stolze Vater eines Schachtalents bist, mach doch einfach einen Termin mit den Lehrkräften aus und lass dir die Noten deines Sohnes erklären.

  • Ich auch. Und anmaßend den Kollegen gegenüber. Deshalb habe ich mich zurückgehalten.


    Falls es interessiert:

    Fehlende HÜ (=Hausübungen =Hausaufgaben), schlechte Heftführung usw werden in Österreich in die Note über die Mitarbeit einbezogen. Kriterien dafür gibt jeder Lehrer zu Beginn jedes Schuljahres bekannt. Das kann je nachdem eine Note auch mal verschlechtern, aber auch verbessern.

  • Läuft das in NRW tatsächlich so anders? Gibt es bei euch keinerlei Abschulungen an SEK.I- Schularten?

    Doch gibt es und das ist immer die absolute Katastrophe für die Kinder.

    Wir haben zunehmend auch das Problem, dass die Zielschulen voll sind. In der Realschule geht quasi keiner mehr, weil es keine Hauptschulen mehr gibt. Entsprechend können wir auch nur extrem wenige abgeschulte Schüler vom Gymnasium aufnehmen. Bei denen, die kommen, brauchen wir mindestens ein halbes Jahr, bis wir die psychisch wieder aufgebaut haben.


    Der Eingangsbeschreibung nach würde ich das Kind auf die Realschule empfehlen. Vermutlich mit guter Perspektive dann später in die Oberstufe zu wechseln. Solche Kandidaten kriegen wir gut hin. ;)

    • Neu
    • Offizieller Beitrag

    Deswegen haben wir leistungsschwache Laberbacken in den Gymnasien und leistungsstarke, aber introvertierte Kinder in anderen Schulformen.

    willkommen im Club der Pauschalurteile :autsch:

  • Umgekehrt umfassen gute, fachbezogene mündliche Noten zumindest in meinem Bundesland nicht die simple Frequenz der Beteiligung, sondern natürlich ausschließlich die fachliche Qualität der Beiträge.

    Wer also „munter labert“ bekommt auch bei mir an der Realschule nicht automatisch eine mündliche 1, wohingegen SuS, die sich weniger eigenaktiv beteiligen, dafür aber prinzipiell richtige Antworte geben, egal ob sie sich selbst gemeldet haben oder unerwartet aufgerufen wurden natürlich die Eins vor dem Komma haben bei der mündlichen Fachnote.

    Okay, dann würde ich die Aussage für BW zurücknehmen. In NRW zählen Qualität, Quantität und Kontinuität. Jemandem, der kontinierlich Geringqualitatives beiträgt ein Mangelhaft zu geben, dürfte schwierig zu rechtfertigen sein. Genauso sieht es aus bei Schülern, die sich selten, aber dafür mit sehr guten Beiträgen beteiligen.


    Zitat

    Läuft das in NRW tatsächlich so anders? Gibt es bei euch keinerlei Abschulungen an SEK.I- Schularten?

    Auf dem Papier gibt es das natürlich. In der Kommune meiner letzten Schule hatte man in den anderen Schulformen ein Schulplatzproblem und es kamen Ansagen, wie dass man als sechszügige Schule 6-8 Schüler abgeben darf. Wenn man schon mit einem Drittel ohne Gymnasialempfehlung startet, kann man sich ausrechnen, in welchem Niveaulimbo das endet.

    Wobei ich bis heute nicht ganz verstehe, wie man sich von diesen Vorgaben unter Druck setzen lassen kann. 5 ist 5 und wenn es statt 8 hinterher 50 Kinder sind, ist das allein das Problem des Schulträgers. Lief in der Praxis aber anders und es wurden viele passende Noten erzeugt.

  • 5 ist 5 und wenn es statt 8 hinterher 50 Kinder sind, ist das allein das Problem des Schulträgers.

    Leider eben nicht Problem des Schulträgers, sondern der abgebenden Schule.

    Das Kind verbleibt solange an seiner bisherigen Schule bis es einen anderen Schulplatz erhalten hat. Geschickt oder mies gemacht, je nachdem wie man das sieht. ;)

  • Kann es ja meinetwegen. Aber dann doch zumindest mit authentischen Noten und nicht ungerechtfertigt regulär versetzt durchgeschummelt. Es sollte schon sichtbar sein, dass keine Eignung bestätigt werden kann.


    Im Idealfall setzt man die Klassen neu zusammen und gruppiert diese Leute in einer gesonderten Klasse, damit derRest wenigstens auf angemessenem Niveau arbeiten kann.

  • Okay, dann würde ich die Aussage für BW zurücknehmen. In NRW zählen Qualität, Quantität und Kontinuität. Jemandem, der kontinierlich Geringqualitatives beiträgt ein Mangelhaft zu geben, dürfte schwierig zu rechtfertigen sein. Genauso sieht es aus bei Schülern, die sich selten, aber dafür mit sehr guten Beiträgen beteiligen.

    Ruf die sehr guten Leute zusätzlich auf, dann kannst du auch Quantität und Kontinuität bejahen. Dabei geht es schließlich nicht nur darum, wer sich selbst meldet, sondern auch wer ohne vorherige Meldung generell sehr gute Beiträge erbringt. Umgekehrt bei Leuten, die nur labern ohne Substanz würde ich deutlich machen, dass bei generell mangelhafter bis ungenügender Qualität der Beiträge ungeachtet wie häufig diese erfolgen keine bessere fachliche Bewertung als ein mangelhaft herauskommen kann. Genau dokumentieren, dann lässt sich das auch ausreichend belegen und damit rechtfertigen.

    Zumindest die reine mündliche Fachnote sollte das entsprechend abbilden, was fachlich geleistet wird. Was ihr dann noch in NrW über eure SoMi- Noten macht, was wir in BW über Kopfnoten abbilden, dass würde ich dann an deiner Stelle getrennt von der Fachnote bewerten und dann entsprechend geringer gewichtet einfließen lassen in die Gesamtnote. Auch in NRW muss es doch schließlich möglich sein, fachliche Qualität und Leistung als solche zu bewerten und wertzuschätzen im Rahmen der Notengebung.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • danke für den Input. Ich habe ja kein Wort über die Lehrer des Kindes geschrieben und auch die Benotung als grundsetzlich rechtens bezeichnet, trotzdem war es provokant und anmaßend. Meine Eindruck ist eben, dass die Noten, die bei unserem System nun mal entscheidend sind, oft nicht das zeigen, was ein Schüler kann (und noch könnte - das wäre meiner Meinung nach schon mal vorhersehbar). Wollte wissen, ob es Appetit auf diesen Austausch gibt - wenig, wie auch hier vor Ort.


    Ich lass es jetzt mal hier, und auch in der Schule selber bringe ich mich zu diesem Thema nicht ein. Ich bin nicht der Lehrer dieser Klasse und auch nicht der Bildungsminister.

  • Meine Eindruck ist eben, dass die Noten, die bei unserem System nun mal entscheidend sind, oft nicht das zeigen, was ein Schüler kann (und noch könnte - das wäre meiner Meinung nach schon mal vorhersehbar). Wollte wissen, ob es Appetit auf diesen Austausch gibt - wenig, wie auch hier vor Ort.


    Ich lass es jetzt mal hier, und auch in der Schule selber bringe ich mich zu diesem Thema nicht ein. Ich bin nicht der Lehrer dieser Klasse und auch nicht der Bildungsminister.

    Wenn du genau genommen über Notengebung an sich einen Austausch wünschst oder darüber, wie es möglich sein kann im Rahmen der Leistungsmessung besser zu erfassen, was SuS können und wissen als das bestimmte Formate zumindest isoliert betrachtet vermögen oder irgendeine andere, allgemeinere Debatte über das Schulsystem anstoßen möchtest, dann wirst du hier sicherlich sehr viele Interessierte finden.


    Dass es dir um solch eine allgemeinere Debatte gehen könnte war zumindest mir jedoch nicht klar ersichtlich. Mein Eindruck war, dass du den Fall eines Schülers diskutieren willst, den du aus dem Unterricht gar nicht kennst sondern lediglich aus dem AG- Bereich, sowie die Notengebung einer anderen Lehrkraft pauschal infrage stellst, ohne das Kind im Unterricht zu kennen, dich mit der Lehrkraft auszutauschen oder auch sonst in irgendeiner Weise die Noten, die dieses Kind erhält basierend auf seinen Unterrichtsleistungen ausreichend und angemessen einschätzen zu können.


    Nein, du bist nicht der Lehrer dieser Klasse und auch kein Bildungsminister. Deshalb ist es gut, den von dir aufgebrachten Einzelfall nicht weiter zu diskutieren, sondern stattdessen vielleicht eine Debatte anzustoßen, um die es dir angeblich wirklich geht, über diesen von dir nicht beurteilbaren Einzelfall hinaus. Das wäre konstruktiver und zielführender, als dich aus Debatten komplett zurückzuziehen, nur weil diese sich bedingt durch deinen in dem Fall fehlleitenden Input völlig weg entwickeln von dem Thema, das du im Sinn hattest, aber letztlich nicht zielführend genug angestoßen hast.

    Ich empfehle das auch in deinem Kollegium einmal kritisch zu prüfen, ob du vielleicht auch da an manchen Stellen dir wichtige Debatten nicht zielführend genug angestoßen hast oder zu schnell aufgegeben hast, weil es nicht so gelaufen ist, wie du es dir wünschen würdest.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

Werbung