Klassenlehrerprinzip - oder doch nicht?

  • Ich habe weiter vorne schon geschrieben, dass ich eine fundierte Ausbildung in allen zu unterrichtenden Fächern sehr schätzen würde (ich hatte Mathe an der Uni, aber kein Kunst zB), mir ging es bei meiner Aussage um das kritisierte Klassenlehrerprinzip.

  • Mit Englisch kann man in der Grundschule nicht viel kaputt machen

    Natürlich kann man mit schlechtem Fremdsprachenunterricht in der Primarschule sehr viel kaputt machen.

    • Offizieller Beitrag

    Warum sollte sich jemand verteidigen müssen? Wenn Menschen, die Kinder aus der Grundschule "bekommen" und diese unterrichten sollen, erklären, was beim Übergang problematisch ist und was nicht, kann man das auch einfach mal annehmen.

    Das Problem wäre "Die Kinder können schlecht Mathe". Das kann man annehmen.

    Hier wird aber gleich auch erklärt, warum:

    - weil die Grundschullehrer, die das fachfremd machen, das nicht können.

    - weil die Grundschullehrer aus Bequemlichkeit fachfremd unterrichten, damit sie in möglichst vielen Stunden in der eigenen Klasse sind.

    Und da können die Grundschulehrer eher was zu sagen. Da muss man sich von den Lehrern, die die Kinder hinterher bekommen, nichts annehmen.

  • Zu Musik und Kunst:

    Es ist noch nicht lange her, da konnte jeder singen oder ein Instrument spielen. Da haben viele in ihren Klassen den Musikunterricht übernehmen können.

    Das ist heute leider nicht mehr so. Und ich meine, dass man für einen Musikunterricht in der Grundschule ein Rhythmusgefühl braucht. Von Vorteil wäre ein Instrument spielen zu können und/oder singen zu können. Wer das nicht kann, kann keine Noten lesen, geschweige denn vermitteln und hört nicht, ob in der Praxis die Kinder richtig oder falsch sind. Der macht nur Theorieunterricht, also Werkbetrachtung oder Instrumentenkunde. Und das ist nicht der Sinn eines Musikunterrichts in der Grundschule.

    An meiner Schule gibt es Kolleginnen, die sagen, sie können keinen Musikunterricht geben, da sie völlig unmusikalisch sind und keine Ahnung haben. Für mich stellte sich die Frage nicht, weil Musik eines meiner Studienfächer war. So hatte ich den Vorteil, zwischendrin immer wieder musikalische Spiele und Lieder zur Auflockerung einzubringen. Bezüglich des Nichtunterrichtenkönnens ist die Schulleitung immer froh, wenn sie es anders abdecken kann. Allerdings kann schon vorkommen, dass dann eine Klassenlehrkraft, die Spezialfächer hat, mit gewissen Stunden aus der eigenen Klasse raus muss.

    Kunst finde ich machbar fachfremd zu unterrichten. Man muss sich natürlich erst in das Fach reinfuchsen. Als sich der Lehrplan geändert hat und andere Aspekte dazukamen, musste ich mich erstmal damit auseinandersetzen, was überhaupt gewollt war. Es gibt für die Grundschule schöne Vorschläge mit Anweisungen. Manchmal habe ich diesbezüglich eine Fortbildung mitgemacht, doch irgendwie hat das, was ich so hatte, meistens ausgereicht. Meiner Meinung nach ist gerade das Fach Kunst ziemlich anfällig für Trends, wenn man so in die sich wandelnden Lehrpläne schaut.

  • Es hat schon einen Grund, warum unsere Fachmittelschülerinnen im Berufsfeld Pädagogik weder Musik noch Bildnerisches Gestalten abwählen können. Sind beides Berufsfeldfächer mit Abschlussprüfung. Warum man sie nötigt auch noch Chemie zu lernen, wird sich mir nie erschliessen.

  • Ich war jahrelang in einem Team aus GS- Lehrkräften verschiedener Zubringerschulen und dem hiesigen Gymnasium. Wir beschäftigten uns mit dem Übergang in den Fächern D, M, E.

    In Deutsch tauschten wir uns über bestimmte Inhalte aus, da ging es um fachliche Inhalte, Bewertungen und Korrekturen. Das war notwendig, damit die Gymnasiallehrkräfte wussten, wie weit wir kamen bzw. was bei uns gemacht wurde und was nicht. (Z.B. hatte einmal eine Lehrerin in der Sekundarstufe fälschlicherweise vor Eltern behauptet, dass wir ein bestimmtes Grammatikthema nicht geübt haben und das müssten. Doch das war gar nicht in unserem Lehrplan. Für uns sehr ärgerlich. )

    In Mathematik gab es nach den Aussagen der Lehrkräfte keine nennenswerten Probleme beim Übergang.

    In Englisch mussten die Gymnasiallehrer erst einmal unseren Unterricht verstehen lernen. Sie dachten, wir würden den Englischunterricht so aufziehen, wie am Gymnasium (mit Vokabellernen und Grammatik z.B.) und setzen Dinge voraus, die gar nicht in der Grundschule Schwerpunkte waren.

    Man muss aufpassen mit Aussagen der Schüler (und Eltern) zum vorhergehenden Unterricht. Oft wird behauptet, das hätte man noch nie gemacht oder anders gemacht. Das hatte ich schon öfter, als ich eine 3. Klasse übernommen habe. Da habe ich meine Kollegin gefragt und die hat mir gesagt, wie es wirklich war.

    • Offizieller Beitrag

    Nicht?

    Die Sprache wird doch immer mit bewertet, in jedem Fach … und kann sogar zum Ausschluss führen, fand ich damals sehr unfair und diskriminierend für die Referendarin.

    Selbst bei mir in der Sek II meinte meine Fachleiterin, sie sei nicht mehr da, um die Sprache zu bewerten (und ich weinte innerlich bei meiner Mitreferendarin). Es wäre sowieso unfair, wenn ich als Muttersprachlerin einen Bonus hätte.
    Dass man mir in PoWi-Stunden dann einen mündlichen (!!) Fehler bei Minute 13 in der Nachbesprechung "einfach so beiläufig" wiedergibt, war natürlich was ganz Anderes.

  • Da kann einiges schief gehen.

    Joah, bestes Beispiel der Mathe-Didaktik-Professor, der die Eigenschaften von bestimmten Vierecken mit Winkeln usw. beweisen wollte im Unterricht und dem das Haus der Vierecke nicht ausreichte. Nunja, blöd nur, dass den Schülern dazu wohl einiges fehlen würde. Aber ja, auch ein Studium und eine Professur schützt eben davor nicht, wenn man von den Klassenstufen usw. eben keine Ahnung hat.

  • Man muss aufpassen mit Aussagen der Schüler (und Eltern) zum vorhergehenden Unterricht

    Man muss auch aufpassen damit zu behaupten, die Lehrpersonen an den weiterführenden Schulen würden Fehler nicht erkennen, die vorher gemacht wurden. Wenn mir seit 12 Jahren Schüler*innen aus den immer gleichen abgebenden Schulhäusern den immer gleichen Stuss erzählen, ist das die Schuld der zugehörigen Lehrperson. Ich kann dir am ersten Schultag nach der ersten Lektion Chemie ohne auf die Klassenlisten zu schauen, sagen, wer von welchem Progymnasium kommt. Ich weiss, welche Fragen ich stellen muss um das sehr zuverlässig beurteilen zu können.

  • Du hast dir für ein Studium Zeit genommen

    Mein Kommentar bezog sich auf die Aussage, früher sei die Vorbildung besser gewesen. War sie in meinem Fall in meinen Unterrichtsfächern absolut nicht. Ich kann mich nicht mal erinnern, was ich in Physik gelernt haben hätte sollen.

  • Zu Musik und Kunst:

    Es ist noch nicht lange her, da konnte jeder singen oder ein Instrument spielen. Da haben viele in ihren Klassen den Musikunterricht übernehmen können.

    Das war noch nie so. Das mag einem vielleicht so vorgekommen sein, wenn man aus einem entsprechenden Milieu kam, aber jeder konnte sicher nicht singen oder ein Instrument spielen. Vergangenheitsromantik.

  • Klar gibt es leider immer wieder LK, die etwas falsch unterrichten. In der Klasse meines Kindes stellte sich in der 5. Klasse raus, dass einige Kinder einer bestimmten GS das Abziehverfahren falsch beigebracht bekommen hatten. Ja, so etwas passiert und es wäre wirklich sehr schön, wenn man passende Fobis anbieten würde, für alle Fächer.

  • Das war noch nie so. Das mag einem vielleicht so vorgekommen sein, wenn man aus einem entsprechenden Milieu kam, aber jeder konnte sicher nicht singen oder ein Instrument spielen. Vergangenheitsromantik.

    Ich bezog mich auf Grundschullehrkräfte. Natürlich kann nicht jeder richtig singen. Mit Vergangenheitsromantik hat das nichts zu tun, das empfinde ich als eine Unterstellung. An meiner Grundschule und derjenigen meines Wohnortes wird die Musikalität durch Musikgruppen wie Bläserklassen gefördert, damit eben viele die zusätzliche Gelegenheit bekommen, einen nicht medienorientierten Zugang zur Musik zu bekommen.

    Als eingeführt wurde, dass der Musikunterricht früh abgewählt werden konnte, litt natürlich auch der musikalische Zugang und die Gelegenheit sich in vielfältiger Musikpraxis zu üben. Allerdings ist es auch gut für die Unterrichtsdisziplin, nur noch mit interessierten Schülern den Musikunterricht machen zu können.

  • Was anderes als Klassenlehrerprinzip finde ich in den Klassen 1-3 (die ja bei uns eh eine JÜL sind) schwierig, denn es gibt ja offiziell gar keinen Fachunterricht, sondern nur vorfachlichen Unterricht und somit muss eigentlich Deutsch, Mathe, Sachunterricht in einer Hand sein (tut es bei uns leider auch nicht immer), weil eben gar nicht festgelegt ist, was in welcher Stunde dran ist.

    Bei uns ist das sehr wohl festgelegt, welches Fach in welcher Stunden stattfindet. Also ich kenne durch meine Kinder jetzt nur zwei Grundschulen, aber ich habe auch von niemand anderem was anderes gehört.

  • Bzgl. Mathe: Ich glaube sogar, dass es hilfreich ist, wenn man als Mathelehrer selber nicht der beste (Oberstufen-)Schüler in Mathe war. Denn dann verfällt man nicht so leicht ins "Mathe ist ja ein Kinderspiel'-Denken.

    Verstehe ich ehrlich gesagt nicht. Man hat sicherlich Probleme, wenn man in Mathematik nicht ausgebildet ist. Was vor etlichen Jahr in der Oberstufe gewesen ist, spielt eigentlich keine Rolle.

  • Klassenlehrer mit fachfremden Unterricht zu sein ist eben nicht bequem, sondern man muss dann wissen, was man tut

    Wieso lasst ihr das dann nicht bleiben? Ist das Klassenlehrprinzip denn so wichtig? Gibt's dazu Studien? Bisher überwiegen für mich, als Außenstehender, die Nachteile.

  • @ Antimon: Das war aber nur in Bayern so. In BW musste vor 30 Jahren Deutsch und Mathe bis zum Schluss belegt werden und beides war als Abiturfach verpflichtend. Ich habe mich damals schon gefragt, warum sich die Bayern so viel auf ihr Abi eingebildet haben, wo die doch anders als wir abwählen konnten.

    Vor 20 Jahren konnte man in Hessen auch noch Abitur ohne Mathematik machen. Also als Prüfungsfach, belegen musste man es trotzdem.

  • Bisher überwiegen für mich, als Außenstehender, die Nachteile.

    Ein Stück weit wird es auch Gewohnheit sein, so wie an manchen Schulen nach der Hälfte der GS-Zeit gewechselt wird, für einige gut, für andere unvorstellbar.

    Aber die Grundschullehrkräfte, die sich auf Klassenlehrkraft- oder Fachunterricht in der Grundschule bezogen haben, haben auch die Vorteile des KL-Unterrichts benannt und viele geben diesen Vorteilen mehr Gewicht, in der Abschätzung dazu, dass man weiß, dass man sich einarbeiten muss und in der Erfahrung, über Jahrzehnte im Team zu arbeiten und sich auszutauschen. Zudem unter Berücksichtigung dessen, dass man Klassen mit und ohne KL-Unterricht kennt und die Auswirkungen bzw. Nachteile beobachten kann, wenn dies mehrfach ist, kommt man irgendwann zu einer Generalisierung.

    Da die Ausgangsfrage sehr offen gestellt ist, habe ich mich in Beiträgen darum bemüht, Vor- und Nachteile einzubeziehen und auch darzulegen, dass man oft gar keine Wahl hat.

    Selbst wenn man zu dem Schluss kommt, dass man nicht allein der Klassenlehrkraft möglichst viele Stunden gibt, sondern ein oder mehrere Fächer abgibt, bedingt ein Wechsel übrigens nicht, dass dieser Fachunterricht von jemandem erteilt wird, der das Fach studiert hat.

    Wenn man tauschen muss, aber für das Fach keine Fachlehrkraft Stunden übrig hat, muss ja dann eine weitere Lehrkraft fachfremd diese Stunden übernehmen.

    Und wenn die Schule gar keine Lehrperson mit diesem Fach hat, fällt das Fach entweder ganz weg oder es wird fachfremd erteilt.

    Die Bedingungen sind je nach Schule andere, aber auch je nach Bundesland bzw. Studienordnung, ob man im Haupt- oder Nebenfach umfangreicher oder weniger studiert hat, ob man 2 oder 6 Fächer im Studium abdeckt.

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