Inklusion : Ich kann es nicht !


  • Aussderdem ist doch sehr oft so, dass eine Schule in einem Problembezirk in England mir vielen problematischen Kindern ein schlechtes Niveau hat! In meiner damaligen Schule gab es 1-2 schwer behinderte Kinder PRO Jahrgang (und halt noch andere mit weniger schlimmen Problemen). Ich weiß nicht an welcher Schule Djana unterrichtet aber ich würde mein Kind wahrscheinlich nicht dorthin schicken und habe auch damals, als ich noch in England gewohnt habe, weite Wege in Kauf genommen, damit meine Kinder auf "faith schools" gehen, die nicht so furchtbar sind.


    Wuerdest du hier in der Gegend wohnen, waere es sehr wahrscheinlich, dass du deine Kinder gerade an meine Schule schicken wuerdest. (Ich hab Schueler, die 25 Meilen von uns weg wohnen.) Erstens sind wir ne kirchliche Schule, zweitens eine der besten Schulen im county und drittens "feeder school" fuer eine sehr gute "upper school". Wir sind eine der Schulen, fuer die Eltern extra ein neues Haus kaufen um im Einzugsgebiet zu leben (und Hauspreise hier in der Gegend sind wahrlich nicht niedrig). Waehrend die meisten Grundschulen darum ringen Kinder am Ende der 6. Klasse auf Level 4 zu bekommen, ist unserer SL das ziemlich schnuppe. Unser Ziel ist es die meisten Schueler auf Level 5 zu haben. :rolleyes: Wir haben fuenf Parallelklassen und ca. 160 Schueler pro Stufe.


    Gerade weil ich ja nicht weiss, was in Schland als "Inklusionskind" bezeichnet wird, hatte ich als Beispiel gegeben, was fuer Foerderkinder ich in der Klasse habe. Ich sehe das jetzt nicht als ein Modell, welches in Deutschland unbedingt eingefuehrt werden solle. Wir haben in unserer Gegend nunmal keine Gymnasien/grammar schools, aber die, die es hier gibt sind ja auch akademisch selektiv. Die Mehrheit der Schulen hier sind nunmal Gesamtschulen. Allerdings arbeiten wir bestmoeglich mit den Beduerfnissen unserer Schueler. Es laeuft, und meine Schueler machen hervorragende Fortschritte (die Mehrheit schafft 3 sublevels pro Jahr, falls dir das noch was sagt). Wenn, wie jemand vorher gesagt hatte, viele meiner Foerderschueler in Deutschland eh an ner Regelschule waeren und nur bei uns als foerderbeduerftig zaehlen, dann sollte das sowieso kein so grosses Problem sein. Ich denke aber, man kann nicht von vorneherein sagen, man lehne jegliche Inklusion ab. So ist es fuer mich nunmal schwierig zu verstehen, warum ein Kind, welches anscheinend geistig fit aber nunmal koerperbehindert ist, nicht an ein normales Gymnasium gehen sollte. 8|
    Einer meiner Schueler wir akademisch nie mitkommen. Allerdings hat er seit September riesige Fortschritte gemacht,...vor allem im sozialen Bereich. (Seine vorige Grundschule hat ihn aus den meisten Stunden fuer Einzelunterricht rausgenommen. Kein Wunder, dass er keine Ahnung hatte, wie man mit anderen Kindern umgeht. :cursing: )


    Wir haben uebrigens "sets". Allerdings nur fuer Mathe...und auch die werden naechstes Jahr abgeschafft.

  • Du sagst also, du kannst mit 32 Kindern pro Klasse jedes Kind individuell fördern? Wie viele TAs hast du?
    Und diese Levels sind doch... naja.... viel zu vage und fürn A****. Wenn ein Kind weiß, wie man "Meiner Meinung nach" auf Deutsch sagt, steigt es ein Level auf.

  • Du sagst also, du kannst mit 32 Kindern pro Klasse jedes Kind individuell fördern? Wie viele TAs hast du?
    Und diese Levels sind doch... naja.... viel zu vage und fürn A****. Wenn ein Kind weiß, wie man "Meiner Meinung nach" auf Deutsch sagt, steigt es ein Level auf.


    Ich sage nicht, dass ich jedes Kind individuell foerdern kann. Ich hab einen TA, fuer 5 Stunden pro Woche, und zwar in Englisch. Nicht jeder meiner Schueler bedarf staendiger individueller Foerderung. Mein TA arbeitet unter Anleitung mit meinen 5 Schwaechsten Schuelern, waehrend ich den Rest der Klasse betreue. Wie gesagt, es klappt, so wie ich es derzeit mache und meine Schueler machen gute Fortschritte. Ueber die Methoden und Umstaende kannst du dich ja gerne auslassen, aber ich arbeite nunmal mit dem was man mir gibt und mit den Erwartungen meiner SL.
    Ausserdem unterrichte ich kein Deutsch als Fremdsprache, sondern ich unterrichte Faecher in der Primarstufe.


    Die meisten meiner Schueler arbeiten fuer's Jahresende entweder auf ein hohes Level 3 oder ein Level 4 hin. Die Kriterien find ich nun nicht unbedingt vage. (Sie lassen etwas Spielraum, aber ich geb meinen Schuelern, die es endlich einmal schaffen einen Punkt am Satzende zu haben, sicher kein Level 3. Ich halt meine Schueler lieber laenger auf nem niedrigeren Level, damit sie wenigstens sicher sind, wenn ich sie hoch schicke.)


    Level 4 Writing:
    - some variety in length, structure or subject of sentences
    - use of some subordinating connectives, e.g. if, when, because throughout the text
    - some variation, generally accurate, in tense and verb forms
    - sentences demarcated accurately throughout the text, including question marks
    - speech marks to denote speech generally accurate, with some other speech punctuation
    - commas used in lists and occasionally to mark clauses, although not always accurately
    - ideas organised by clustering related points or by time sequence
    - ideas are organised simply with a fitting opening and closing, sometimes linked
    - ideas or material generally in logical sequence but overall direction of writing not always clearly signalled
    - paragraphs / sections help to organise content, e.g. main idea usually supported or elaborated by following sentences
    - within paragraphs / sections, limited range of connections between sentences, e.g. overuse of ‘also’ or pronouns
    - some attempts to establish simple links between paragraphs / sections not always maintained, e.g. firstly, next
    - relevant ideas and content chosen
    - some ideas and material developed in detail, e.g. descriptions elaborated by adverbial and expanded noun phrases
    - straightforward viewpoint generally established and maintained, e.g. writing in role or maintaining a consistent stance
    - main purpose of writing is clear but not always consistently maintained
    - main features of selected form are clear and appropriate to purpose
    - style generally appropriate to task, though awareness of reader not always sustained
    - some evidence of deliberate vocabulary choices
    - some expansion of general vocabulary to match topic
    - correct spelling of
    - most common grammatical function words, including adverbs with -ly formation
    - regularly formed content/lexical words, including those with multiple morphemes

  • Achtung: Es wird politisch.


    Ich habe mir gerade mal die "Mühe" gemacht, mich mit den Wahlprogrammen der einzelnen Parteien in NRW auseinander zu setzen ("wir" "dürfen" ja demnächst mal wieder 5 Minuten Demokratie spielen).
    Spinn ich eigentlich oder ist wirklich keine Partei gegen die Inklusion?
    SPD:

    CDU :

    Grüne :

    Zitat

    Außerdem brauchen wir eine Bildungspolitik, die klug, vorausschau-end und dialogorientiert das Mensche n recht auf Inklusion für Kinder mit und ohne Handicap
    umsetzt.

    Die Piraten haben dazu keine Position. Die Meinung der Rechten dazu ist - hätte man sich auch denken können, ich habe trotzdem nachgelesen - einfach nur wahnwitzig.


    Die einzige Partei, die sich etwas kritischer Zeigt ist - und ich glaube nicht, dass ich das jetzt tatsächlich schreibe - die FDP :

    Kennt jemand von euch eine Partei, die offen sagt: Nein, keine Inklusion. Es soll wieder so werden, wie es noch vor ein paar Jahren war (Wir befinden uns ja nun schon mitten in der Umsetzung der deutsch interpretierten Inklusion. Daher ist vom Ist-Zustand ja auch abzuraten.). Würde mich mal interessieren.


    Achja: Diesen Artikel zur Inklusion kennen alle? Es wäre ja mal nett, die Politiker unseres Landes hierauf anzusprechen. Es kommt mir nämlich so vor, als ob die meisten nur auf einer Welle von Gutmenschsein mitsurfen wollen und eigentlich keine Ahnung von der Thematik haben (ja ich weiß, dass das die inoffizielle Definition eines Politikers ist).

  • Zitat Plattenspieler :

    Zitat

    Dennoch finde ich, dass dein letzter Beitrag doch sehr behindertenfeindlich klingt

    Jaja, alter rhetorischer Trick, eine moralische Keule hervorzuholen, um den Kritiker mundtot zu machen. Behindertenfeindlichlkeit habe ich an keiner Stelle geäußert ! Die übrigen Mitglieder sehen das vernünftigerweise genauso. Aber Kritik an die angedachte Inklusion werde ich selbstverständlich weiterhin äußern.


    Unseren Chef, der für die bevorstehende Inklusion nun absolut nichts für kann, haben wir in den letzten Wochen natürlich ganz schön gelöchert und unseren Unmut deutlich artikuliert. Er brabbellte im Lehrerzimmer mal was von "Politischer Korrektheit".


    Es sieht ja so aus, dass die Inklusion einer verbindlichen UN-Konvention folgt. Aber ich frag mich natürlich, warum wir Deutschen immer superkorrekt und pünktlich gehorchen müssen. Was würde denn eigentlich passieren, wenn wir jetzt keine Inklusion einführen ? Würden die UN-Truppen bei uns einmarschieren ? Müssten wir dann zusammen mit unseren Schülern um unsere Nicht-Inklusions-Schulen herum Schützengräben ausheben, bevor die Panzerverbände der UN-Truppen anrollen ?


    Ich denke, es kann einfach nicht sein, dass wir jetzt wegen einer UN-Konvention übereilig und völlig unausgegoren inkludieren müssen. So wie es jetzt geplant ist, ist das ganze Konzept zum Scheitern verurteilt. Aber wir (!) sind nachher die Leidtragenden und Buhmänner, wenn es nicht funktioniert. Eltern, Medien, Bildungspolitiker etc. werden uns (!) dafür tüchtig abwatschen. Und später wird man niemanden zur Rechenschaft ziehen können, die es von höherer Ebene aus wirklich verbockt haben.


    Man stelle sich ein neues Automodell vor, bei dem der Auto-Ingenieur aus Kostengründen keinen Motor vorgesehen hat oder die Konstruktion einer Brücke, deren Statik nicht bedacht wurde oder die Inbetriebnahme eines Flugzeugs bei dem in der Luft die Flügel abfallen, weil man kein Geld für die ausreichende Vernietung investieren wollte.


    Zitat HerrW :

    Zitat

    Es wäre ja mal nett, die Politiker unseres Landes hierauf anzusprechen.

    Die werden uns selbstverständlich helfen, wenn es in unserem Unterricht drunter und drüber geht ! Gerne bin ich bereit mir von diesen Damen und Herren Ratschläge geben zu lassen, wenn sie bei mir mal ein paar Stunden vorunterrichten. Das müsste ja gehen. Vom Umgang mit Förderschülern hab ich ja auch nicht mehr Ahnung als unsere lieben
    Politiker. 8)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • Ich möchte meinem Beitrag noch einmal voranstellen, dass ich die (momentane) Umsetzung und (vollständige) Umsetzbarkeit der Inklusion keineswegs unkritisch betrachte, aber so wie es hier manche darstellen, dass das ganz plötzlich, ist es nun wirklich nicht:
    Seit den 70er Jahren gibt es integrative Modellversuche (mit wissenschaftlicher Begleitung), seit spätestens 1994 geht die KMK auch von der integrativen Beschulung als bevorzugtes Modell gegenüber der separativen aus, und die UN-Konvention und Diskussionen darüber gibt es nun auch bereits einige Jahre. Zu sagen, dass das alles über Nacht gekommen sei, ist dann nun wirklich übertrieben.


    Und natürlich muss sich auch von politischer Seite und bezüglich der Ressourcen noch einiges ändern, keine Frage, aber gerade wenn ich diesen Thread lese, denke ich doch, dass sich vieles auch in der Köpfen der Leute noch ändern muss ("behindertenfeindlich" war aber sicher das falsche Wort; entschuldige das bitte, Elternschreck!). Es ist nun einmal durch die gewachsene Tradition des hochselektiven Schulsystems in Deutschland so, dass Lehrer sich für etwaige Probleme und Lernschwierigkeiten der Schüler nicht verantwortlich fühlen, weil sie die Schüler ja im Zweifel herabschulen können, da sie nicht auf diese Schulform "passen". (Gibt es hier im Forum ja passende Beispiele auch unter aktuellen Studenten...)


    Und dass eine gesellschaftliche Integration von behinderten/benachteiligten Menschen nur gelingen kann, wenn es auch Usus ist, dass diese im Kindesalter Regeleinrichtungen besuchen, sollte ja klar sein ... ? Man merkt ja, welche Vorstellungen da noch in den Köpfen vieler Lehrer hier vorzuherrschen scheinen. Ich habe ja schon darauf hingewiesen, dass mich diese Klischees etwas stören, aber es geht ja weiter mit den geistig Behinderten, die nicht lesen und schreiben (im konventionellen Sinne) lernen können.
    Klar, die gibt es, aber der überwiegende Anteil der zu integrierenden Schüler sind solche mit Lernbehinderung bzw. im Grenzbereich Verhaltensstörung, Sprachbehinderung, leichte geistige Behinderung. Mein Gott, mit den Schülern kann man reden, mit denen kann man umgehen, mit denen kann man Unterricht machen, auch wenn man nicht darauf spezialisiert ist. Ihr seid ja auch nicht auf jeden einzelnen Lerntyp auf euren Schulen spezialisiert, aber trotzdem klappt es?! Damit der Unterricht für diese Schüler effektiver wird, gibt es ja gerade die Beratung (dass das als "Klugscheißerei" abgetan wird (von SoPlern selbst) ist mir auch zuwider) und stundenweise Unterstützung. Und dass man die Arbeitsmaterialien auf ein paar Niveaus differenziert, sollte mittlerweile auch an einer Regelschule Standard sein (fragt mal eure Grundschulkollegen!).
    Aber wenn ein Schüler etwas nicht versteht, dann "ist er halt an der falschen Schule" (s.o.).


    So; jetzt wiederhole ich der Sicherheit halber noch einmal, dass ich die (momentane) Umsetzung und (vollständige) Umsetzbarkeit der Inklusion keineswegs unkritisch betrachte.

  • Zitat von Plattenspieler

    dass Lehrer sich für etwaige Probleme und Lernschwierigkeiten der Schüler nicht verantwortlich fühlen, weil sie die Schüler ja im Zweifel herabschulen können, da sie nicht auf diese Schulform "passen".

    Das "Herabschulen" ist allerdings systemimmanent verankert / teils notwendig:
    Schüler, die Probleme haben, erhalten am Gymnasium keine Hilfe.
    Sozialpädagogen oder Schulpsychologen? Fehlanzeige. Die kommen nicht an unsere Schulform. Und wenn Eltern beim Klassenlehrer anrufen, weil ihr suizidales Kind gerade durch sie fixiert werden muss, damit es sich nicht selbst verletzt, dann ist das immer noch kein Grund für externe Hilfe (Kinder- und Jugendpsychatrien haben lange Wartelisten).
    Externe Angebote? Schließen explizit Gymnasiasten aus. Z.B. erhalten schulentfremdungsgefährdete Schüler keine Hilfe, da bei diesen (angeblich) der Hauptschulabschluss nicht gefährdet ist.
    Die einzige Möglichkeit, Hilfe zu erhalten, ist für diese Schüler und deren Eltern der Wechsel der Schulform - und auf einmal sind schulintern und schulextern Hilfsangebote verfügbar.

  • Dejana, wie oft genau ist denn "sometimes"? Wie viel Variation ist "some"? Wenn das nicht vage ist, weiß ich auch nicht.

  • Um das mal klarzustellen - vom meiner Schule gibt es keine Herabstufung mehr. Ich habe mich auch immer bemüht, auch schwierige oder schwache Schüler im System zu halten und irgendwie fit für den weiteren Lebensweg zu machen. Überwiegend ist das auch gelungen, einige meiner Schüler haben irnzwischen Abitur, viele sind beruflich gefestigt. Das ist aber schon harte Arbeit - und ich wäre gerne auch weiter "erfolgreich" im Sinne von möglichst viele Schüler schulisch und persönlich weiter bringen.


    In meiner Klasse ist - nachdem jetzt noch die letzte verbliebene kompett "Normale" chronisch erkrankt ist - keiner ohne irgendeine Problematik. Es gibt genug zu tun. Auch bei nur 21 Schülern. Es ist einfach keine Kapazität mehr übrig - im Gegenteil - man könnte noch viel mehr Arbeit investieren. Gleichzeitig wurde aber die externe Unterstützung heruntergefahren, bzw. haben wir auch weniger Lehrerstunden, so dass Differenzierungsstunden kaum mehr eingeplant werden.


    Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass man so ein Kind mit noch mehr Förderbedarf angemessen beschulen kann. Irgendwie "nett" wären wir bestimmt und würden auch sozial integrieren können. Wenn´s nur das sein soll - ok. Aber beschulen soll man doch wohl auch noch, oder? Simultan mit all den anderen, für die ich jedes Arbeitsblatt aus meiner letzten Klasse noch einmal herunterreduzieren muss, weil das Niveau vor vier Jahren noch deutlich höher war. Wobei diese AB´s schon Reduzierungen der vorhergehenden Klasse sind. ?(

  • Dejana, wie oft genau ist denn "sometimes"? Wie viel Variation ist "some"? Wenn das nicht vage ist, weiß ich auch nicht.


    Bei uns muss es mindestens 5 Mal nachweislich sein, eigenstaendig, in verschiedenen Texten und Faechern.
    "Some..." Gelegentlich, aber nicht immer und auch nicht bestaendig innerhalb des Textes. Ich find also zwei oder drei "complex and compound sentences" pro Text, statt einer durchgaengigen effizienteren Satzwahl, die ich fuer Level 5 erwarten wuerde. Keine Sorge, wir sind damit inzwischen ziemlich sicher und unsere interne Moderation ist recht solide. ^^


    Wie hab ich's nur durch die Schule geschafft, in der man mir nicht einmal in 13 Jahren gesagt hat, was ich denn fuer ne 1, 2 oder 3 machen muesste und wo die Mehrheit meiner Lehrer Noten wie Sympathiepunkte vergeben haben? :rolleyes: Ich denke eigentlich nicht, dass ich mich fuer APP rechtfertigen muss. Hat mit dem Thema auch eigentlich nichts zu tun. Nochmal, meine Schueler machen gute Leistungsfortschritte, sie kommen ueberwiegend gerne in die Schule und ihre Eltern sind sehr zufrieden. Meine Klasse ist sicher nicht perfekt und auch nicht mit einer dt. Gymnasialschulklasse vergleichbar. Dafuer ist es ja auch eine Primarstufenklasse. :rolleyes:

  • So ist es fuer mich nunmal schwierig zu verstehen, warum ein Kind,
    welches anscheinend geistig fit aber nunmal koerperbehindert ist, nicht
    an ein normales Gymnasium gehen sollte


    @ dejana
    Von GEISTIG fitten Kindern redet keiner! Wir am Gymnasium sollen aber geistig behinderte, lernbehinderte oder verhaltensgestörte Kinder inkludieren! Wir sollen Kinder inkludieren die niemals in einer Secondary School in England in einem Top oder Middle Set kommen würden! Normalerweise suchen sich die "faith schools" schon ihre Kandidaten aus, daher ist das Niveau dort auch höher... Wie gesagt, 2-3 autistische Kinder pro Jahrgang ist ja zu verkraften wenn man noch TAs hat. Bei uns aber sollen es 5-6 geistig behinderte oder verhaltensauffällige Kinder in einer KLASSE sein!!! Und noch 15 "normale" Kinder und man kriegt vielleicht 4-5 Stunden pro Woche Hilfe, nix mit TAs die dauerhaft im Unterricht sitzen... Ach ja, wir müssen hier in Dland auch dauernd vertreten, das muss man in England auch eher selten... Auf dem Gymnasium ist auch einfach ein anderes Niveau, wir haben G8 usw...


    Aber dass Schüler mit learning difficulties oder autistische Kinder Level 5 erreichen, das glaube ich nicht, der Lehrer kann sich sonst noch auf den Kopf stellen, wenn der Schüler es nicht blickt, dann blickt er es nicht. Ich habe ehrlich gesagt noch nicht gehört, dass sich die faith schools
    so viele Probleme ins Haus holen, vermutlich sind deine Schüler schon
    eher normal und die Mischung entspricht einer normalen deutschen Grundschule... Im Übrigen war meine Tochter in England auch auf einer katholischen Schule und ziemlich viele Eltern haben ab Year 3/4 mit Nachhilfe angefangen, damit die Kinder auch ja in einem top set in der Secondary school landen. Die Eltern die ihre Kinder auf einer faith school schicken sind auch eher bemüht, dass das Kind Fortschritte macht und unterstützen somit die Arbeit der Lehrer anstatt sie zu behindern... Ich denke du hast an deiner Schule trotz allem wenige Kinder die so
    behindert sind, dass bei uns als "Inklusionskinder" gelten...


    Ich weiß nicht wie es mit den Levels in Englisch aussieht aber ich kann nur vom Fach Deutsch sagen, dass man schon level 5 oder 6 bekam wenn man "3 tenses" benutzt hat und seine Meinung sagen konnte. Sorry, aber 3 tenses können meine dt. Schüler nach spätestens 1,5 Jahren Sprachunterricht benutzen und zwar richtig, nicht nur in der "je" Form. Und dazu können sie auch noch so komplizierte Sachen wie Possessivbegleiter oder so "Horrorverben" wie "devoir", "pouvoir" schon nach 6-7 Monaten, auch in allen Formen, lernen sogar Verben auf "ir" in ersten Lernjahr UND können die Sätze verneinen... Vom normalen Futur (nicht mit "aller") oder Conditionnel hören die englischen Schüler erst wenn sie A-Level machen und vom Subjonctif wahrscheinlich wenn sie auf die Uni kommen... (wobei das Niveau der A-level Schüler eigentlich nicht schlecht, aber es machen auch nur sehr, sehr wenige Schüler A-level in Französisch oder Deutsch)
    Fremdsprachenunterricht ist in England absolut lächerlich verglichen zu deutschen Gymnasien...


    Aber zurück zum Thema, ich denke es gibt Lehrer die sehr gut mit schwierigeren Schülern umgehen können, die auch in meiner englischen Schule sehr gut mit "bottom sets" umgehen konnten, ich konnte es nicht, ich will es auch nicht, ich bin auch einfach keine Hauptschul- oder Grundschullehrerin! Du hast auch einfach ein anderes Lehramt gewählt, ganz bewußt, ich und diejenigen im Forum die sich über Inklusion beschweren haben Gymnasiallehramt gewählt, auch ganz bewußt, und jetzt sollen wir uns mit geistig behinderten oder schwer auffälligen Kindern auseinandersetzen??


    Und wenn es nicht klappt sind wieder die Lehrer Schuld... Viele Schulen in Hull (wo ich mein PGCE gemacht habe) sind "under special measures" und wer kriegt es ab, die Lehrer! Die sind dann wieder schuld! Dabei hat auch kaum einer von ihnen eine richtige Ausbildung wie man mit solchen Kindern umgehen soll, man macht das PGCE, das dauert ca. 9 Monate und dann soll man mit JEDE Art von Kindern umgehen können, ganz super! Und wenn du eine richtig schlimme und laute Klasse hast, dann kannst du noch so viele detentions geben, die kommen dann auch einfach nicht bzw du kannst auch nicht jede Stunde die Hälfte der Klasse in detention schicken... Die Lehrer die gut mit den "bottom sets" umgehen konnten, hatten auch meiner Meinung nach ein Art, die ich schon fast beängstigend fand, also so kann ich nicht mit meinen Schülern umgehen. Die fingen sehr viele Sätze mit "don't you ever DARE...", also so mag ich nciht mit meinen Schülern sprechen, aber bei den bottom sets wirkt es halt... Ich weiß noch als der Deutschland-Austausch bei uns war und mich deutsche Schüler mit "Hallo" oder noch schlimmer "Hi" begrüßt haben, ich fand es sooo frech... Jetzt begrüßen mich viele Schüler mit "Hallo" und manchmal mit "Hi" und das finde ich nicht frech. Ich habe halt keine Lust so "hart" sein zu müssen...


    Also jedenfalls, wie man sieht, ich fand das System ganz furchtbar und kenne auch viele andere die das System furchtbar finden. Meine engl. Freundin z.B muss total viele - natürlich unbezahlte- Überstunden machen, damit ihr bottom set Kind sein "predicted D" bekommt denn sonst ist sie ja eine schlechte Lehrerin!
    Lehrer in England ist einfach ein ganz anderer Job! Ich kann hier auch nicht plötzlich Sozialarbeiterin sein oder Psychologin, es liegt mir einfach nicht.


    Plattenspieler
    Wenn die Grundschullehrer für jedes Kind ein Arbeitsblatt erstellen können, sollen sie es machen! Eine Grundschullehrerin hat durchschnittlich 26 Kinder, oder? Diese Kinder sieht sie jeden Tag, diese Kinder schrieben auch keine 12-15 Seitige Facharbeiten (ich habe in den letzten Tage 6 Facharbeiten korrigiert und habe mindestens 7 Stunden pro Tag wirklich gearbeitet) oder Oberstufenklausuren. Wenn ich 26 Kinder hätte und NUR 26 Kinder, DANN könnte ich vielleicht auch für jedes Kind ein eigenes Arbeitsblatt erstellen...


    Ich finde unser System auch nicht gerecht, es ist nun mal so, dass wir Kinder auf andere Schulen "abschieben" können wenn sie nicht mitkommen. Aber solche schwachen Kinder kommen halt nur dann mit, wenn man sich mit ihnen hinsetzt und es ihnen nochmal 100 Mal erklärt!! Woher soll ich denn bitteschön die Zeit haben das zu leisten?? Und auch dann gibt es Kinder, die es einfach nicht blicken. Ich bin ein "böser" Lehrer, ich gebe es zu... Bei mir haben schon in jeder Klasse so 1-5 Kinder Nachhilfe aber ganz ehrlich, ich finde wenn das Kind nun mal nicht wirklich gymnasialgeeigent ist, dann muss es halt Nachhilfe bekommen. Ich erkläre es vielleicht 10 Mal auf unterschiedliche Art und Weise und gebe 10 Übungen zu einem Thema und wenn das Kind es immer noch nicht blickt, dann sorry, dann muss es zur Nachhilfe oder auf eine andere Schule... Meine eigene Tochter bekommt übrigens auch Nachhilfe, weil ich keine Lust habe, dass die schulischen Probleme unser Familienleben beeinträchtigen... Meine Tochter ist zwar nicht doof aber total verträumt, chaotisch usw und ich gebe ganz sicher nicht dem Mathelehrer die Schuld dafür.


    Das System ist unfair aber ICH kann es nicht ändern. Von mir wird erwartet, dass die SuS gut Englisch/Französisch sprechen und schreiben und ich denke das Niveau in meinen Klassen ist schon ganz gut und Nachhilfe ist der Preis den manche Eltern zahlen müssen... Ich muss mich schließlich auch andauernd mit meiner Tochter hinsetzen
    und für Französisch lernen, ich persönlich finde es ganz normal, dass Schule nicht so funktioniert, dass man sein Kind dort abgibt und nach 12 Jahren mit Abi wieder abholt. Es ist halt unfair, wenn Kinder, die so intelligent/chaotisch usw. sind wie meine Kinder aber keinerlei Unterstütung zu Hause haben, das Gymnasium nicht schaffen! Aber ich kann die Gesellschaft nun mal auch nicht ändern und in England und anderen Ländern ist es auch nicht viel anders. Ich KANN mich halt nicht mit den 5-6 schwachen Kindern in meiner Klasse nachmittags hinsetzen und ihnen alles nochmal erklären...


    Aber dank "Teilhabe- und Bildungspaket" können sich das zum Glück auch
    einkommenschwache Familien Nachhilfe leisten. Ich finde das ist mal eine gute
    Maßnahme! Sowas muss ausgebaut werden und dann kommen auch schwächere Schüler mit! Aber man kann wohl nicht von mir verlangen, dass ich jetzt für den letzten Deppen differenziere... Ich jedenfalls mache es nicht! Ich habe schon genug zu tun!


    Ich muss mal aufhören, habe mich ja in Rage geschrieben:-). Bin zum Glück ab morgen im Urlaub (wo ich übrigens auch ca. 40 Klausuren mitnehme, obwohl ich diese Woche ziemlich viel gearbeitet habe, da meine Kinds bei Oma/Opa sind) und dann habe ich wieder so viel Arbeit, dann ich mich gar nicht mehr über das Thema "Inklusion" aufregen kann... WIr bekommen im nächsten Schuljahr eine Inklusionsklasse, ich bin da eh nicht drin, daher... Bei uns bekommt jedes Gymnasium jedes Jahr so eine Klasse...
    Vielleicht bekommen wir in 10 Jahren die nächste Klasse, dann versuche ich mich auch zu drücken und so mache ich es bis zur Rente... That's the plan:-)
    Schöne Ostern!!

  • Hallo Ihr Lieben,
    im sinnigen Italien konnte ich mich anfangs von der drohenden "Inklusionskeule", die da immer tiefer über mir schwebt, ein wenig erholen. Ich konnte es dennoch nicht lassen, mal im Forum nachzuschauen, was die Kolleginnen und Kollegen so bewegt. Die Inklusionsdiskussion finde ich ausgesprochen spannend, auf die ich eigentlich schon sehr lange gewartet habe. Ich denke, dass es inzwischen in allen Schulformen angekommen ist.Grundsätzlich finde ich, dass man darüber nicht so pauschal reden kann. Für mich als Sonderschullehrerin mit über 30 Jahren Berufserfahrung, davon 12 in einer Schule für geistig behinderte Kinder, steht es eigenlich fest, dass inklusiver Unterricht nur Sinn macht, wenn annnähernd zielgleich unterrichtet werden kann, bzw. die Aussicht darauf besteht, dass Defizite aufgeholt werden können. Sebstverständlich gehört ein normal begabtes, körperbehindertes Kind ins Regelschulsystem. Mit einigen baulichen Veränderungen sicherlich machbar. Wenn Hörhilfen von Nutzen sind, können auch hörgeschädigte Kinder in die Regelschulen. Problematisch wird es bei kognitiven Einschränkungen. Es wird pauschal beauptet, dass die EU-Konvention verlangt, dass alle Kinder gemeinsam beschult werden sollen. Davon ist aber gar keine Rede. Inklusion meint im schulischen Sinne, dass alle an Bildung teilhaben sollen.


    http://www.youtube.com/watch?f…r_embedded&v=x9q_IjzH4Icn


    Das tun unsere Förderschüler in unserem ausdifferezierten Schulsystem, um das wir im Ausland sehr beneidet werden, in einem besonderen Maße. Mir läuft regelmäßig die Galle über , wenn ich höre, dass man den Förderkindern Bildung vorenthält. Als wenn wir den ganzen Tag nichts machen würden, als wenn unsere Schülerinnen und Schüler bei uns gemobbt, ausgesondert und für ihr Leben gezeichnet wären.
    Das Gegenteil ist der Fall. Ich arbeite nun seit über 20 Jahren an F-Schulen mit dem Förderschwerpunkt Lernen: Einem Sammelbecken von im Regelschulsystem gescheiterten Kindern. Die Spannbreite der kognitiven Voraussetzungen ist enorm. Viele Kinder sind bei uns, weil sie woanders einfach nicht mehr zu beschulen waren. Die Gründe dafür sind genauso vielfältig. Auch wenn ich mich hier wiederhole: Meine Arbeit ist in einem sehr großen Maße Beziehungs-bzw. Erziehungsarbeit. Oftmals gelangt man erst zu Erfolgen, wenn es gelungen ist, die Kinder fürs Lernen zu öffnen, wenn die Versagensänste reduziert und Selbstvertrauen aufgebaut ist. Das ist oftmals ein sehr,sehr langer Prozess. Ebenso sind bei uns Kinder, die aufgrund von gentischen Anlagen, Erkrankungen oder sonstigen kognitiven Einschränkungen wirklich nicht in der Lage sind, abstrakte Inhalte zu verstehen, obwhl sie im lebenspraktischen Bereich teils wirklich super sind. Unsere Aufgabe ist es, wirklich individuell auf die Bedürfnisse einzugehen. Das Ganze ohne den Druck der Richtlinien im Nacken. Wären die Rahmenbedingungen im Regelschulsystem so wie wir sie haben, wären sicherlich einige meiner Schüler auch im Regelschulsystem erfolgreich.
    -Kleine Klassen (in der Oberstufe meist 16 bis 17 Schüler)
    -Klassenlehrer verbringen ihre meisten Stunden in der eigenen KLasse
    -Arbeit im Team mit festen Kollegen ( fällt meistens aus wegen Vertretung)
    -Feste Klassenräume, die man sich für Jahre für sich einrichtet mit genügend lagermöglilchkeiten für vielfältige Arbeitsmaterialien und Anschauungshilfen
    -Differezierungsräume, um Arbeitsgruppen "auslagern" zu können.


    Nur so kann ich differenziert arbeiten. Bei Bedarf wird eben einfacheres Material eingesetzt. Das steht bereit und ist verfügbar. Welche Regelschule kann mir das bieten?
    Was ich von meinen "inklludierenden" Kollegen mitbekomme, gleicht einer Katastrophe. Die Schulen sind in keinster Weise auf die von oben schön geredete und übergestülpte Aufgabe vorbereitet. Bei meinem Beruf spricht man vom "Paradigmenwechsel" auch so ein schönes Unwort. Ich soll aufeinmal Aufgaben übernehmen, die ich weder gelernt habe, noch machen möchte: Netzwerke knüpfen und pflegen, Konzepte entwickeln, beratend tätig werden, als Handelseisende unterwegs sein und mit wenigen Stunden an verschiedenen Orten als bestbezahlte, degradierte Nachhilfelehrerin arbeiten. Das will ich und kann ich nicht. Zudem kommt noch, dass wir nicht überall willkommen sind und zum Teil den politisch verursachten Unmut ausbaden müssen. Was soll das Ganze bitte brigen. Geistig behinderte ins Regelschulsystem zu stopfen grenzt an Körperverletzung. Wie bereits in einem anderen Beitrag beschrieben vereinsamen diese armen Kinder und bleiben erfahrungsgemäß ohne soziale Konakte. Abgesehen davón ist es meisten völlig sinnlos ist ihnen Kulturtechniken beibringen zu wollen. Das Kochen nach Bildrezepten wäre da schon sinnvoller, aber ohne Küche oder alleine mit der 1€ Integrationskraft? Das Nachmalen von Hohlbuchstaben und Zahlen führt hier auch nicht zum gewünschten Erfolg. Meiner Meinung nach ist diese UN-Konvention für die Politik eine willkommene Gelegenheit das teure Förderschulsystem abzuschaffen und so auch dem demographischen Wandel entgegenzuwirken. Welche Auswüchse die Auflösung von Förderschulen hat, kann man ja in Bremen und Hamburg schon erleben. Audiodateien zu diesem Thema habe ich an anderer Stelle schon verlinkt. Das Märchen vom mehr Personal, dass demnächst eingestellt wird, kann auch kein Insider mehr glauben. Der Sonderschullehrermarkt ist so leergefegt, dass nun auch alle anderen Lehrer in den GU abgeordnet werden können. Prima, dass dann keiner eine Ahnung hat. Der NC für Sonderpädagogik war und ist enorm hoch, so dass nur wenige dieses Lehramt studieren und auf inklusiven Unterricht auch nicht vorbereitet werden. Wie auch, wenn keiner weiß wie es gehen soll. Selbst díe UNIS nicht:


    http://www.landtag.ltsh.de/inf…/2800/umdruck-17-2894.pdf


    Weiß nicht was ich machen werde, wenn man mich im nächsten Schuljahr als Handelsreisende in Sachen Inkusion vor die Wand fahren lässt. Vielleicht sollte ich doch INKLUSIONSBEAUFTRAGTE werden.

  • @ Plattenspieler:
    Natürlich hat es seit den 70er "Integrationsmodelle" gegeben. Diese waren personell aber komplett anders ausgestattet. Wir reden hier aber über ein Inklusionsmodell, dass trotz des viel zu niedriegen Stundenkontingents schon rein rechnerisch nicht funktionieren kann. Rotherstein hat es schon angedeutet: der "markt" an Sonderpädagogen ist leergefegt. Wir haben keine Ahnung wo wir die 2-3 Förderschullehrer für unsere Schule herbekommen sollen, wenn 2013 nur für die ersten Klassen eine Grundversorgung aller Grundschulen im Bezirk mit zwei Stunden pro Woche eingerichtet werden soll. Von den Folgejahren und Integrationsklassen mal ganz zu schweigen. Wie sinnvoll das ganze ist erlebe ich gerade in einer Grundschulklasse in der ich mit den glorreichen zwei Stunden eingesetzt bin. Ich beziehe das nur mal auf den Bereich Mathematik: In der Klasse sind zwei Kinder, die im Zahlenraum bis 4 (!) keinen gesicherten Zahlbegriff haben. Die Klassenlehrerin strickt zu Hause ein eigenes Programm für diese beiden (es gibt natürlich noch viele andere Förderbedürfnisse in der Klasse, die kann ich jetzt aber nicht alle beschreiben) natürlich gibt es dazu nichts "fertiges" mal ganz davon abgesehen, dass keiner ein zusätzliches Lehrwerk bezahlen möchte, weder die Eltern, noch die Klassenlehrerin, noch die Schule. Natürlich benötigen diese beiden Kinder stets Erläuterungen zu den Aufgaben, denn das Aufgabenverständnis ist sehr erschwert. Die Klassenlehrerin hat ihre Stundenzahl auf 16 Stunden reduziert, um mehr Energie in ihre Aufgabe zu stecken, was im Umkehrschluss nichts anderes bedeutet, als dass sie zwar noch genauso viel arbeitet, aber weniger Geld bekommt. Wie gesagt, das ist nur ein minimaler Auszug aus den Förderbedürfnissen der Klasse. Meine zwei Stunden wurden schwerpunktmäßig der Förderung der phonologischen Bewusstheit zugeschoben, so dass ich sie im Bereich Mathe nicht einmal sinnvoll unterstützen kann.
    Es kann nicht oft genug erwähnt bleiben. Ich glaube keiner ist ernsthaft gegen eine Inklusion, sie muss aber inhaltlich und ressourcenmäßig besser ausgestattet sein.


    Ich hatte vor zwei Jahren mal einen Vortrag zum Thema "Inklusion konkret" besucht, dachte mir, vielleicht erfahre ich dort wie es funktionieren soll. Wie sich herausstellte kamen die Referentinnen aus einer Integrationsklasse, die bei 19 Schülern zwölf Stunden doppelt gesteckt waren. Wenn das "Inklusion konkret" ist bitteschön, dass hört sich schon besser an!

  • Zitat dacia :

    Zitat

    Du hast auch einfach ein anderes Lehramt gewählt, ganz bewußt, ich und
    diejenigen im Forum die sich über Inklusion beschweren haben
    Gymnasiallehramt gewählt, auch ganz bewußt, und jetzt sollen wir uns mit
    geistig behinderten oder schwer auffälligen Kindern auseinandersetzen??

    Und genau so geht es den meisten Kollegen und mir ! Wenn ich vorgehabt hätte, mit geistig behinderten und schwer auffälligen Kindern zu arbeiten, wäre ich Förderschullehrer geworden. Ich denke, dass jeder Kollege bestimmte Neigungen und Begabungen vor (!) dem Studium mitgebracht hat. Z.B.ist der Typus Gymnasiallehrer, der Leistungskurse unterrichtet, völlig anders gestrickt als der Förderschullehrer. Und beide haben andere Zielsetzungen und arbeiten auch völlig anders. -Und ich persönlich kann einfach nicht mit geistig behinderten und schwer auffälligen Schülern erzieherisch umgehen, weil es mir auch von vornherein nicht liegt.


    Ich finde es einfach nur dreist und unserem Berufsstand gegenüber respektlos, wenn man uns Lehrern Aufgaben aufdrücken will, die wir nicht bewältigen können und bei der "normalen" Bevölkerung den Anschein erwecken, als seien wir beliebig austauschbar, weil man das ja alles irgendwie Pädagogik nennt.


    So könnte ja z.B. unser geehrter und künftiger Kollege Silicium später eine 1. Klasse an einer Grundschule übernehmen, auch wenn er Gymnasiallehramt studiert hat. Die hiesigen Grundschulkolleginnen könnte man dafür an Gymnasien abordnen, wenn noch eine Leistungskurse versorgt werden müssen. Die Förderschulkollegen könnten ja an einem Elite-Gymnasium tätig werden und künftige Harvard-Absolventen zum Abitur geleiten.


    Ich erinnere nochmal an meinem o.g. Zahnarzt. Ich würde gerne seine Reaktion beobachten, wenn er von der Ärztekammer ein Schreiben bekäme, dass er künftig verpflichtet sei, auch Blinddarmoperationen durchzuführen. Ich bin mir auch nicht sicher, dass er weniger ungehalten reagieren würde, wenn er von der Ärztekammer ein paar Ressourcen (Skalpelle, Handbuch über Blinddarmoperationen) mitbekäme. 8)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • Hallo!
    Bei so viel Skepsis zum Themap "Inklusion" von denjenigen, die sie dann umsetzen sollen / müssen, kann es doch nicht sein, dass theoretisch erdachte Konzepte stillschweigend angenommen und umgesetzt werden. Wir sind doch diejenigen, die es "Ausbaden" müssen und vor allen Dingen die Schüler werden darunter leiden...


    Aber können wir etwas machen, damit unsere Position mehr Beachtung findet??

    • Offizieller Beitrag

    Wahrscheinlich gar nichts. Außer reden und zusehen, wie der Karren, wenn er dann fährt, vor die Wand fährt.
    Geht auf Kosten der inkludierten Kinder, deren Lernzuwachs und spätere Chancen dann bei 0 liegen werden, leider.
    Aber: ich habe es so nicht gewollt, und ich fühle mich nicht verantwortlich, wenn es schief geht. Die Verantwrtung für das Scheitern der Kinder muss dann wer anders tragen. (Wobei fast zu befürchten ist, dass sie das nicht tun werden. :( )


    kleiner gruener Frosch

  • Zunächst: Einer der besten und wichtigsten Threads seit langem!

    Aber können wir etwas machen, damit unsere Position mehr Beachtung findet??


    Dieses scheint mir die dringendste Frage zu sein, welche ich sicherlich nicht erschöpfend beantworten kann und welcher ich mich daher zunächst anschließe. Dennoch einige Gedanken dazu:


    1) Aufklärung: Das Thema "Inklusion" muss, ähnlich wie in diesem Thread, viel deutlicher in das Bewusstsein aller Beteiligten rücken. Ich war erschrocken, als ich vor einigen Monaten die ersten Male mit Kollegen über dieses Thema sprach, wie wenige von ihnen bislang davon überhaupt gehört hatten, bzw. darüber näher informiert waren, was unter diesem "Zauberwort" zu verstehen sei.
    Gut, was uns Lehrer angeht, scheint sich da etwas in den letzten Monaten getan zu haben – das zeigt auch dieser Thread.
    Das alleine wird allerdings nicht reichen!
    Sehr viel wichtiger wird es sein, dass dieses Thema auch in den Fokus der Medien (die ihren Standpunkt noch nicht gefunden zu haben scheinen) und der Eltern rückt.
    Eine Möglichkeit dazu hat hier vor Monaten die Userin rotherstein versucht, allerdings erfolglos, wie man hier leider lesen konnte.
    Dennoch bleibt dieses die wichtigste "Aufgabe"! Eltern und Medien müssen erfahren, was Schulpolitik hier letztendlich mit allen Kindern vorhat! Lehrer haben keine Lobby – Eltern haben durch das Gewicht ihrer Wählerstimmen da durchaus ein gewichtiges Wort mitzureden. (Wobei es natürlich problematisch ist, wenn nahezu alle Parteien Inklusion befürworten. Aber hier prognostiziere ich, dass die eine oder andere Partei ihre Fähnlein durchaus in den Wind setzen würden, wenn deutlich spürbar wäre, dass die Eltern in Majorität gegen Inklusion sind. Schwupps - sind wir wieder bei der Wichtigkeit der Aufklärung!)


    2) Kein vorauseilender Gehorsam: Ein Beispiel: Wir inkludieren derzeit noch nicht. Dennoch stand dieses Thema als Infotop (So nach dem Motto: Zwar weiß man nichts Genaues – aber stellt euch schon mal alle darauf ein, dass das kommen wird.) auf der Tagesordnung der LK. Wenn dann als erste Reaktion eine Kollegin (guten Willens) nach Fortbildung "schreit" und der Schulleiter, der gerne schon freiwillig am Inkludieren wäre, dieses als Notiz (später dann als gefühltes Meinungsbild interpretiert) aus der Konferenz mitnimmt, ist dieses ganz sicher nicht der richtige Weg und führt dann zu...


    3) Nein sagen! Und zwar immer, wann dieses innerhalb rechtlicher Parameter möglich ist. Der Dienstherr (und seine Vasallen) muss merken, dass der Widerstand gegen Inklusion groß ist. Wenn dieses – wie so viele Dinge – in vielen Lehrerzimmern einfach abgenickt würde, wäre das katastrophal. Inklusion muss unbequem sein!
    In diesem Zusammenhang interessierte es mich auch, inwieweit das Ganze rechtlich auf einem stabilen Fundament fußt. Das heißt, ist es eigentlich legitim, dass eine ganze Berufsgruppe gezwungen wird, Arbeiten durchzuführen, für die diese nicht ausgebildet ist? Hieran darf sich dann gerne die Frage anschließen, ob dieses gesellschaftlich verantwortbar sei!

    Die Wahrheit liegt im Blickwinkel des Betrachters.

  • Wie hab ich's nur durch die Schule geschafft, in der man mir nicht einmal in 13 Jahren gesagt hat, was ich denn fuer ne 1, 2 oder 3 machen muesste


    Ist ja bei sozialer Bezugsnorm auch gar nicht vorhersehbar - woher hätte es der Lehrer also wissen sollen?

    Ich denke eigentlich nicht, dass ich mich fuer APP rechtfertigen muss. Hat mit dem Thema auch eigentlich nichts zu tun. Nochmal, meine Schueler machen gute Leistungsfortschritte, sie kommen ueberwiegend gerne in die Schule und ihre Eltern sind sehr zufrieden. Meine Klasse ist sicher nicht perfekt und auch nicht mit einer dt. Gymnasialschulklasse vergleichbar. Dafuer ist es ja auch eine Primarstufenklasse. :rolleyes:


    Ich denke auch nicht, dass du dich rechtfertigen musst - aber was an eurer Schule "some" bedeutet, kann an einer anderen Schule wieder was ganz anderes sein, oder nicht?
    Deine Schüler sind ja doch auch noch ein bisschen jünger als deutsche Fünftklässler (wenn auch nicht viel). Und natürlich ist euer Anspruch ein anderer als der eines Gymnasiums.
    Deine Schüler mit Förderbedarf haben diesen natürlich auch in Deutschland - und es ist klar, dass kein Kind auf eine Förderschule geht, nur weil es Lese-Rechtschreib-Schwäche hat. Diese Kinder gelten auch nicht als Inklusionskinder (wäre ja noch schöner....). Bei Dyspraxie käme es natürlich darauf an, wie stark das Kind beeinträchtigt ist. Man findet an deutschen Schulen schon so einige Kinder, die als behindert gelten (würden). Asperger-Autisten zum Beispiel (das bleibt ja ohnehin oft unerkannt). Ob die einen Schulbegleiter brauchen oder nicht, hängt ja auch wieder davon ab, wie schwer die Störung ist.


    Inklusion treibt in Deutschland aber ohnehin seltsame Blüten. Meine Tante hat in einer ihrer Klassen ein Integrationskind mit Schulbegleiter (zum Schultasche tragen, schreiben, wenn das Kind nicht mehr kann...). Sie wollten das auf Inklusion umstellen. Die Folge wäre gewesen: normalgroße Klasse, kein Schulbegleiter mehr. Das Kind soll schließlich am normalen Schulleben teilnehmen. Super, Ingo. Man hat es dann bei Integration belassen....

  • Leider haben sich nur 2 Lehrer bereit erklärt und der Stern inzwischen das Intgeresse verloren.

    Bei so viel Skepsis zum Themap "Inklusion" von denjenigen, die sie dann umsetzen sollen / müssen, kann es doch nicht sein, dass theoretisch erdachte Konzepte stillschweigend angenommen und umgesetzt werden. Wir sind doch diejenigen, die es "Ausbaden" müssen und vor allen Dingen die Schüler werden darunter leiden...


    Aber können wir etwas machen, damit unsere Position mehr Beachtung findet??

    Kann man nicht das Interesse von Stern wieder wecken?

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