Noch ein Grund mehr, keine Klassenfahrten mehr zu machen

  • An meiner Schule ist das Büchlein "Gute Lehrer müssen führen" bei einigen Kollegen recht populär. Da gibt es fern von Kuschelpädagogik klare Erläuterungen von Praxisbeispielen, um effektives classroom management umzusetzten.


    Bei Amazon reingesehen. Deutlich brauchbarer als das Gekuschele bei Cornelsen. Dort: "Hallo Tobias, grüß dich. Heb' doch bitte kurz deine Trinkpackung auf, okay?" Noch besser wäre jedoch: "Hallo Tobias, grüß dich. Möchtest du nicht bitte kurz deine Trinkpackung aufhaben, okay?" *schauder*

  • Das ist doch noch kein Gekuschel?! So spreche ich Schüler grundsätzlich erst mal an: "Hebst du das bitte mal auf?"
    Ich habe bis dato ganz, ganz selten erlebt (seit 2007 in der Schule), dass Schüler sich da geweigert haben. Danach werde ich dann auch deutlicher, aber ich kann ja erst mal ruhig höflich und nett bleiben.

    "Et steht übrijens alles im Buch, wat ich saje. ... Nur nit so schön." - Feuerzangenbowle

    • Offizieller Beitrag

    So spreche ich Schüler grundsätzlich erst mal an: "Hebst du das bitte mal auf?"
    Ich habe bis dato ganz, ganz selten erlebt (seit 2007 in der Schule), dass Schüler sich da geweigert haben.


    dein Satz ist auch noch mal was anderes als der mit dem nachgeschobenen "okay".


    Da weigern sich eure Schüler nicht? *Neid*
    Bei unseren kommt unweigerlich "Ich hab das aber nicht dorthin geworfen". :qualm:

  • Dort: "Hallo Tobias, grüß dich. Heb' doch bitte kurz deine Trinkpackung auf, okay?" Noch besser wäre jedoch: "Hallo Tobias, grüß dich. Möchtest du nicht bitte kurz deine Trinkpackung aufhaben, okay

    Frau Annie würde fruendlich sagen: Tobias, ich möchte, dass du deine Trinkpackung aufhebst.
    Wäre das jetzt besser oder schlechter als de Beispiele? :P :prost:

  • "Hebst du das bitte mal auf?"


    Tobias, ich möchte, dass du deine Trinkpackung aufhebst.


    Warum fragt ihr bzw. windet durch Nebensätze? Eine einfache und klare Aufforderung reicht doch.


    @Kalle29
    Hier ein paar Mordmerkmale von http://www.rechtsanwalt-louis.de/mord_und_totschlag.htm (fett von mir).

    Zitat


    Heimtücke setzt voraus, dass der Täter die Arg- und Wehrlosigkeit – genauer: die auf Arglosigkeit beruhende Wehrlosigkeit – des Opfers in feindlicher Willensrichtung bewusst ausnutzt. Arglos ist derjenige, der sich im Zeitpunkt der Tat, d.h. bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz durchgeführten Angriffs keines Angriffs von Seiten des Täters versieht. Wehrlos ist, wer aufgrund der Arglosigkeit keine oder nur eine reduzierte Möglichkeit der Verteidigung besitzt. Wehrlos ist z.B., wer aufgrund der Arglosigkeit keine oder nur eine reduzierte Möglichkeit der Verteidigung besitzt
    ...
    Niedrig sind die Beweggründe, wenn sie sittlich auf tiefster Stufe stehen und nach allgemeinen Wertmaßstäben besonders verwerflich und geradezu verachtenswert sind. Die Missachtung allein moralisch-sittlicher Postulate, die in der Rechtsordnung keinen Niederschlag finden, kann den Mordvorwurf nicht begründen. Erforderlich ist nach ständiger Rechtsprechung eine Gesamtwürdigung aller für die Handlungsantriebe des Täters maßgeblichen Faktoren. Die Tat sollte zeigen, dass der Täter den Wert eines Menschenlebens der krassen und bedenkenlosen Durchsetzung seiner egoistischen Interessen unterordnet. Aufgrund des höchsten Strafmaßes im deutschen Recht sollte dieses Merkmal restriktiv ausgelegt werden.


    Zum ersten fettgedruckten: Der Täter lauerte seinem Opfer auf und überfiel es von hinten.


    Zum zweiten fettgedruckten: Das Leben des Lehrers war dem Täter weniger Wert als sein Zugang zum Handy.


    Grüße
    Steffen

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :_o_P


    8_o_) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

  • Ich finde es überhaupt nicht problematisch, klare Anweisungen in einem höflichen Tonfall und mit "Bitte" und "Danke" verbunden zu geben. Es ist eine Frage der Haltung - da ist es auch nicht schwierig, Abendrealschüler davon abzuhalten, auf dem Schulhof zu rauchen.


    Die bei Cornelsen vorgeschlagenen Formulierungen empfinde ich übrigens einfach nur als unbeholfenes Sozialpädagogendeutsch.


    Nele

  • Noch besser wäre jedoch: "Hallo Tobias, grüß dich. Möchtest du nicht bitte kurz deine Trinkpackung aufhaben, okay?" *schauder*


    Führende universitäre Elfenbeinturm-Gutmenschen-Pädagogen haben nach jahrelanger steuerfinanzierte Forschung herausgefunden, dass die folgende Formulierung am besten dem schulischen Erziehungsauftrag entspricht, die Selbstverantwortung der Schüler stärkt und zugleich die Vorbildfunktion der Lehrkräfte betont:


    "Hallo Tobias, grüß dich. Möchtest du nicht eventuell vielleicht bitte kurz, aber nur wenn du Zeit hast und es auch wirklich willst, deine Trinkpackung aufheben,okay? Oder soll ich das für dich tun?"


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Zitat

    Da weigern sich eure Schüler nicht? *Neid*
    Bei unseren kommt unweigerlich "Ich hab das aber nicht dorthin geworfen". :qualm:


    Hab ich auch schon oft gehört. Ich sage dann meistens: "Das weiß ich. Aber heb es bitte trotzdem auf." Klappt eigentlich sehr gut.


    kalle 29: Danke, dass hier auch noch eine Stimme der Vernunft Platz hat. Der Fall ist wirklich kein Grund, hysterisch zu werden.


    Warum die Ermittlungen allerdings nicht wg. "versuchten Mordes" laufen, habe ich mich auch schon gefragt. Offenbar konnte sich der Lehrer ja nur mit Hilfe von Schülern befreien. Niemand weiß, was passiert wäre, wenn die nicht dagewesen wären.


    Und natürlich fragt man sich, was dieser Schüler an der Schule noch macht. Denn ein solcher Mordversuch kommt ganz sicher nicht aus dem Nichts. Wer weiß, was die Kollegen und auch die Mitschüler hier schon aushalten mussten (und was vielleicht außer den Betroffenen niemand weiß).

  • Icch finde es immer wieder erstaunlich, wie locker Kollegen dann trotzdem weiterhin zum Dienst gehen.
    Ich würde mich da erstmal sehr lange krnakschreiben und dann ggf. versetzen lassen. Nicht als Drückeberger und endlich ein Grund gefunden, sondern weil ich das psychisch nicht verkraften würde.

  • Zitat Anni111 :

    Zitat

    Ich würde mich da erstmal sehr lange krnakschreiben und dann ggf. versetzen lassen. Nicht als Drückeberger und endlich ein Grund gefunden, sondern weil ich das psychisch nicht verkraften würde.

    Naja, Panzernerven, dickes Fell, Resistenz gegenüber schrecklichen Schülern und Eltern, Durchsetzungsvermögen sowie natürlich eine übermäßig starke Psyche sind eh die wichtigen Voraussetzungen, wenn man unseren Job über Jahrzehnte durchhalten will.


    Und genau deswegen sind die wenigsten Menschen innerhalb unserer Bevölkerung für den Lehrerberuf geeignet. 8_o_)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

    3 Mal editiert, zuletzt von Elternschreck ()

  • Was mich mal interessieren würde, ist, ob die Klassenfahrt sofort abgebrochen oder noch weitergeführt worden ist.


    Weiß da wer was näheres?

  • Ich wollte mich eigentlich aus dieser unsäglichen Debatte raushalten. Leute wie Mikael werden auch in 50 Jahren noch über die bösen Linken wettern. Aber die Sache mit dem Mord scheint ja irgendwie unklar zu sein. Aber bevor ich auf ein paar Dinge eingehe (ich bin nämlich auch kein Jurist) nur einige allgemeine Anmerkungen:


    Alle Leute hier inkl. mir beziehen Informationen aus mindestens dritter Hand, nämlich in Form von Zeitungs- oder anderen Medienberichten. Allein das sollte jeden schon aufmerksam werden lassen - dort werden natürlich nicht alle Aspekte der Tat behandelt und beschrieben. Zusätzlich sind die Leute bei der Polizei und die Staatsanwaltschaft in diesem Bereich ausgebildet - vermutlich haben sie um einiges mehr Ahnung als wir von juristischen Themen. Zum Glück ist ja nicht die Volksmeinung bei Ermittlungen ausschlaggebend, sondern der Gesetzestext (der wirklich nicht ganz einfach zu verstehen ist). Anders gefragt: Wenn Leute ohne juristisches Wissen und auf Grund von Zeitungsartikeln meinen, Straftaten zuordnen zu können, dann kann auch der Staatsanwalt mit einem Buch über Lehrer und einem Spiegelartikel über das deutsche Bildungssystem uns erklären, wie wir Kinder zu erziehen und zu unterrichten haben.


    Die Entscheidung, ob es nachher Mord oder Totschlag war, und deren Begründung kann nachher jeder in der Anklageschrift und im Urteil nachlesen. Hier gibt es keine Geheimjustiz, wo willkürlich festgelegt wird. Zunächst wird juristisch jede Tötung auf die Erfüllung der Merkmale eines Mordes untersucht. Erst wenn dies verneint wird (weil eins oder mehrere Kriterien nicht zutreffen), dann kommt Totschlag in Frage. Da ich auch kein Jurist bin, vertraue ich dort zunächst mal studierten anderen Menschen, die sich öfter mit dem Thema beschäftigen.


    Damit es Mord ist, muss "aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen" getötet werden. Habgier klingt toll, er wollte ja sein Handy. Aber die Definition von Habgier durch die Gerichte ist nun mal nicht passend. Das Handy gehört dem Schüler, also kann keine "Vermögensmehrung" stattfinden. "Aus niedrigen Beweggründen" - wenn man sich da mal die entsprechende Rechtsprechung zu anschaut, dann sieht man unmittelbar, dass hiermit keine Fälle abgedeckt sind, die auf Rückerhaltung eines "einkassierten" Gegenstandes zielen. Wenn die Definition von niedrigen Beweggründen so einfach wäre, wäre jeder Totschlag Mord.


    Wir sollten wie erwachsene, gebildete Menschen nicht Urteile an Hand von dürftigen Fakten ohne Wissen im entsprechenden Bereich bilden. Wenn unsere Schüler sowas machen, würden wir das wohl kaum akzeptieren. Ich habe ein schönes Beispiel für ein solches Verhalten - ist aber im zweiten Link einiges zu lesen. Es geht um einen 20 jährigen, der laut einem Zeitungsartikel nur Bewährung und Sozialstunden für 160 Fälle von sexuellem Missbrauch bekommen hat.


    http://greiz.otz.de/web/lokal/…he-im-Kreis-Gr-1461555458
    http://www.theeuropean.de/hein…paradies-landgericht-gera

  • Die Einordnung des Tatbestands ist Sache der Juristen, klar. Dennoch machen sich auch Juristen in ihrer Freizeit Gedanken über den Zustand deutscher Schulen und Lehrer. Ist ja nicht verboten. Wer sagt denn zum Beispiel, dass das Motiv den "Rückerhalt des Gegenstandes" zum Ziel gehabt haben muss? Rache ist ein möglicher niedriger Beweggrund.

    "A lack of planing on your side does not constitute an emergency on my side."

  • Alle Leute hier inkl. mir beziehen Informationen aus mindestens dritter Hand, nämlich in Form von Zeitungs- oder anderen Medienberichten.


    Aber darüber, dass hier ein Kollege von einem Schüler mit einer Schnur fast erwürgt wurde und nur mit Verletzungen und der Hilfe von anderen Schülern davongekommen ist, besteht doch hoffentlich Einigkeit?

  • Zitat

    Anders gefragt: Wenn Leute ohne juristisches Wissen und auf Grund von Zeitungsartikeln meinen, Straftaten zuordnen zu können, dann kann auch der Staatsanwalt mit einem Buch über Lehrer und einem Spiegelartikel über das deutsche Bildungssystem uns erklären, wie wir Kinder zu erziehen und zu unterrichten haben.


    Bei aller Zustimmung im Ruf nach Sachlichkeit... Wenn hier gefragt (!) wird, weshalb nicht wg. versuchten Mordes ermittelt wird, dann imho aus zwei Gründen:


    (1.) Hier haben Leute den Eindruck, dass die zentralen Mordmerkmale vorliegen. Und dieser Eindruck ist ja offenbar nicht ganz unbegründet, wenn er auch möglicherweise auf unzureichenden Informationen basiert. Es scheint eine Tötungsabsicht vorzuliegen, es scheint Heimtücke vorzuliegen und die niederen Beweggründe sind nicht weit weg. Dass man da ins Grübeln kommt, ist naheliegend und im Übrigen ja auch von unseren Politikern begriffen worden, die genau deshalb den Mordparagraphen reformieren wollen.


    Lustig finde ich es dagegen, dass Du als Motiv einfach den - m. E. wenig wahrscheinlichen - Wunsch behauptest, der Schüler hätte durch Lehrertötung sein Handy zurück haben wollen. Dabei spricht natürlich auf der Informationsbasis, die wir alle haben, mehr für niedere Beweggründe, wie z. B. Rache.


    (2.) Stehen wir am Anfang der Ermittlungen. Um Anklagen oder Urteile geht es noch gar nicht. Und ich vermute mal ganz frech, dass manche hier den Eindruck haben, dass da ein Vorwurf etwas vorschnell vom Tisch gewischt wurde. Wie es ohnehin oft passiert, dass auf dem Weg bis zum Urteil der Tatvorwurf mehrfach reduziert wird. Auch hier wird sich noch zeigen, ob aus dem versuchten Totschlag nicht wundersamerweise gefährliche Körperverletzung werden wird. Das sieht hier vermutlich mancher Kollege voraus und empfindet es als unbefriedigend. Will man den Leuten das vorwerfen?


    Und was den Staatsanwalt angeht, der uns das Bildungssystem erklärt: Den gibt es natürlich. Und ich wüsste nicht, was daran verwerflich ist. Wichtig ist nur, dass professionell arbeitende Personen sich die Sicht des Staatsanwalts nicht zu eigen machen. Und dass sie ihm ggf. erklären, weshalb manche Dinge anders laufen, als er sich das vorstellt.

  • Ich finde das nicht unbedingt einen Grund, keine Klassenfahrten mehr durchzuführen - aber ein Argument, sich weniger Gedanken über Ausschlüsse von der Klassenfahrt zu machen. Auf meiner letzten habe ich einen Schüler nicht mitgenommen, obwohl noch nichts vorgefallen war. Aufgrund der Aktenlage - und da er erst kurz in der Klasse war, begründete ich das einfach mit mangelndem Vertrauen. Ich musste mich ein wenig belächeln lassen und zweimal fiel der Vorwurf, es würde ihm dadurch die Integration erschwert. Besagter Schüler wurde eine Woche nach der Fahrt von der Polizei aus der Schule geführt und muss sich nun auch nicht mehr integrieren, da er entlassen wurde. Und ich mache das in Zukunft immer so - kein Vertrauen - keine Teilnahme.

  • Meines Wissens war dies das erste "Schnürsenkel-Attentat" auf einen Lehrer.


    Daraus den Schluss zu ziehen, keine Schullandheimaufenthalte mehr durchzuführen, wäre so als ob nach dem Blitzschlag von Wald-Mittelbach keine Fußballspiele mehr stattgefunden hätten.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Die Threadüberschrift lautet: NOCH ein Grund MEHR ... sicherlich nicht der einzige Grund, aber wer schon jetzt lieber nicht auf Klassenfahrt fährt, hat möglicherweise ein Argument mehr.


    Möglicherweise, weil der Einzelfall an sich ja - wie zurecht angesprochen - noch kein Grund ist. Aber je nach Schule (Schulleitung) fahren anscheinend doch einige von uns mit dem Gefühl auf Klassenfahrt, nicht die volle Rückendeckung zu haben bzw. Schüler mitnehmen zu müssen, die man eigentlich lieber daheim lassen würde.


    Allerdings nicht vergessen: Die meisten Angriffe auf Lehrer, von denen ich bisher gelesen habe, fanden an der Schule statt ...

  • Allerdings nicht vergessen: Die meisten Angriffe auf Lehrer, von denen ich bisher gelesen habe, fanden an der Schule statt ...



    Das wäre ja dann (noch) ein Grund, nicht mehr an die Schule zu gehen.

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